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Mittwoch, 5. Februar 2025

DOSSIER: Gemeindeerneuerung

Wir erinnern uns: Während meiner Arbeit an dem zweiteiligen Dossier "Warum eigentlich 'Punkpastoral'?" hat sich herauskristallisiert, dass verschiedene daran angrenzende oder damit verbundene Themen jeweils ihr eigenes Dossier verdienen; und an erster Stelle betrifft das den Themenbereich "Gemeindeerneuerung". In nicht weniger als 30 Artikeln auf meinem Blog findet sich dieses Stichwort, acht Fundstellen gibt es für "Gemeindeaufbau" und sieben für den neutraleren Begriff "Gemeindeentwicklung"; wobei natürlich nicht alle diese Fundstellen gleichermaßen relevant und ergiebig sind. 

Erstmals tauchen die genannten Schlagworte, und zwar gleich alle drei auf einmal, im Frühjahr 2018 auf "Huhn meets Ei" auf; das ist relativ spät, was wohl ein recht deutliches Indiz dafür darstellt, dass die Idee der "Punkpastoral" – oder, anders ausgedrückt, der "christlichen Graswurzelrevolution" – ursprünglich nicht auf Gemeindeaufbau bzw. Gemeindeerneuerung ausgerichtet war. In dem allerersten Artikel auf meinem Blog, in dem diese Begriffe erwähnt werden, hat der Gemeindeaufbau es jedoch direkt in die Überschrift geschafft: "Gemeindeaufbau statt 'Churchhopping' – Es tut sich was!" heißt dieser Artikel vom 07.03.2018, und es liegt wohl auf der Hand, dass dieser Artikel ausgesprochen grundlegend für meine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist; also fangen wir damit mal an. 

Der Artikel kommt zunächst einmal als Erzählung darüber daher, wie meine Liebste und ich überhaupt dazu gekommen sind, uns in der damaligen Pfarrei Herz Jesu Tegel (die hier allerdings anonymisiert als "St. X" erscheint) zu engagieren; als richtungsweisende Inspirationsquellen für unser Engagement werden Rod Drehers "Benedikt-Option", Fr. James Mallons "Divine Renovation – Wenn Gott sein Haus saniert" sowie das von Johannes Hartl, P. Karl Wallner OCist und Bernhard Meuser herausgegebene "Mission Manifest"-Buch genannt; was diesen Blogartikel aber vor allem, auch über die konkreten Umstände seiner Entstehung hinaus, zu einem Grundlagentext für mein Verständnis von Gemeindeaufbau bzw. Gemeindeerneuerung macht, sind die beiden darin eingebetteten Konzeptpapiere, die ich seinerzeit den Mitarbeitern und Gremien von Herz Jesu Tegel vorgelegt habe. Das erste, mit der dem 1. Petrusbrief entnommenen Überschrift "Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen!", ist eher ein Thesenpapier zu Grundfragen der Gemeindearbeit; da dies dem Lokalausschuss von Herz Jesu nicht praxisorientiert genug war, folgte darauf noch ein "Brainstorming Gemeindeentwicklung" – "eine möglichst breit gefächerte Sammlung von Ideen", wie ich damals schrieb; mit ihrer Veröffentlichung auf meinem Blog verband ich die "Hoffnung, dass sie den einen oder anderen Leser dazu inspiriert, einzelne Punkte daraus selbständig weiterzudenken und womöglich in seiner eigenen Pfarrgemeinde zu verwirklichen", und die Hoffnung, dass dieses "Brainstorming" zu diesem Zweck taugt, habe ich auch heute noch. Auch wenn in der Tegeler Pfarrei kaum etwas davon umgesetzt wurde – wofür es sicherlich eine Reihe von Gründen gab, die zum Teil wohl auch nicht unbedingt spezifisch für diese eine Pfarrei sind. Aus heutiger Sicht glaube ich, ein nicht unwesentlicher Grund, warum das Ganze do mehr oder weniger im Sande verlaufen ist, liegt darin, dass in Pfarreigremien typischerweise Leute sitzen, die mit dem Prinzip "Brainstorming" nichts anfangen können. Die also nicht verstehen, dass es zunächst einmal darum geht, möglichst viele Dinge an die Wand zu werfen und zu gucken, was kleben bleibt. Anstatt also aus einer solchen per Brainstorming erstellten Liste von Vorschlägen einen oder zwei oder drei herauszugreifen und zu sagen "Damit fangen wir jetzt an, den Rest stellen wir erst mal zurück", sehen sie nur, wie umfangreich die Liste insgesamt ist, fühlen sich überfordert und fangen gar nicht erst an. 

– Dabei möchte ich betonen, dass es sich hier noch fast durchweg um "ganz einfache" Vorschläge handelte, die sich ohne großen Aufwand und ohne besondere Qualifikation hätten verwirklichen lassen, wenn man nur gewollt hätte. Also schaut mal rein in die Liste und macht was draus, Leser! – Zu den etwas anspruchsvolleren Ideen zählte das hier erstmals angesprochene Projekt einer "Garten-AG", aber das wäre wohl eher ein Thema für ein eigenes Dossier. 

Nur drei Tage nach diesem Grundsatzartikel erschien der Artikel "Ein Jahr Mittwochsklub – und das ist erst der Anfang!", in dem die Schlagworte "Gemeindeaufbau" oder "Gemeindeerneuerung" zwar nicht explizit erwähnt werden, der aber trotzdem einige bemerkenswerte Schlaglichter zum Thema aufzuweisen hat. Dazu gehört einerseits der Hinweis, es sei wichtig, gemeindebezogene Aktivitäten im Gebet zu verankern, und andererseits eine weitere, kürzere Liste von Projektideen, unter denen insbesondere das hier erstmals dokumentierte Büchereiprojekt zu erwähnen ist – auch das ein Thema, das wohl sein eigenes Dossier verdient. 

Ein weiterer Artikel, bei dem das Schlagwort "Gemeindeaufbau" schon in der Überschrift auftaucht, erschien am 23. Juli 2018: "Das Stadtteilfest vor der Haustür – Eine Modellrechnung in Sachen Gemeindeaufbau". Den konkreten Anlass für diesen Artikel bildete das Tegeler Hafenfest bzw. die Tatsache, dass ich ziemlich spontan und improvisiert einen Infostand auf dem Kirchvorplatz von Herz Jesu Tegel organisiert hatte, um die zahlreichen Passanten auf die Kirchengemeinde aufmerksam zu machen. An diesen Erfahrungsbericht knüpfen sich allerdings allerlei grundsätzliche Überlegungen, die auch in späteren Artikeln zum Thema Gemeindeaufbau/ Gemeindeerneuerung immer wieder eine Rolle spielen. Ein zentraler Punkt ist hierbei die Frage der "Beteiligungsquote" – also die Frage, wie groß unter den nominellen Mitgliedern einer Pfarrgemeinde der Anteil derer ist, die für die aktive Mitarbeit "in der Gemeinde und für die Gemeinde" gewonnen werden können. In diesem Zusammenhang formulierte ich "die steile These: Für ein gutes, gesundes Gemeindeleben sollte eine Beteiligungsquote von 1% aller Mitglieder eigentlich das Minimum sein. Und dass wir uns daran gewöhnt haben, es als normal hinzunehmen, dass diese Quote nicht erreicht wird, ist ein wesentlicher Teil des Problems." Der Artikel enthält auch ein Zitat aus Father Mallons "Wenn Gott sein Haus saniert", in dem argumentiert wird, es sei "ein Irrtum, anzunehmen, man könne oder müsse anderen Menschen dadurch Wertschätzung zeigen, dass man es möglichst vermeidet, Ansprüche an sie zu stellen; tatsächlich sei das glatte Gegenteil der Fall". 

Bei alledem bleibt indes zu bedenken, "dass der Wert des freiwilligen Engagements gerade darin liegt, dass es eben freiwillig ist. Es wäre also ein Widerspruch in sich, daraus eine Pflicht machen zu wollen. Die Leute müssen schon selbst aktiv werden wollen." Was natürlich die Frage nach sich zieht: "Wie aber bringt man sie dazu, dass sie wollen?" – Mein Lösungsvorschlag hierzu lautet:

"Ich würde ja sagen, zur Mitarbeit in der Kirchengemeinde motiviert man Leute am besten, indem man ihnen bewusst macht, dass ein reichhaltiges, lebendiges, vielfältiges Gemeindeleben etwas Gutes, Schönes und Wertvolles ist; so gut und so wertvoll, dass es die Mühe wert ist, selbst etwas dazu beizutragen. Und indem man ihnen vermittelt, dass es so viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt, sich ins Gemeindeleben einzubringen, dass für jeden etwas dabei ist, was seinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Um das glaubwürdig vermitteln zu können, muss man allerdings erst mal dafür sorgen, dass die Realität in der Pfarrei wenigstens in Ansätzen diesem Bild entspricht. Das heißt, solange man die 1%-Hürde nicht übersprungen hat, müssen die wenigen Aktiven erst einmal ein überproportionales Maß an Arbeit investieren. Das erste Stück den Berg hoch ist das steilste". 

Nicht explizit erwähnt werden die Schlagworte Gemeindeaufbau, Gemeindeerneuerung oder Gemeindeentwicklung in dem Artikel "Was kommt nach der Volkskirche?" (05.04.2018), den ich aber dennoch als relevant für dieses Thema einstufen möchte – nicht nur, aber besonders wegen des Schlusssatzes: "Sich im Gebet Gottes Führung anzuvertrauen und dann im kleinen Rahmen selbst sein Möglichstes zu tun, ist ohne Zweifel fruchtbarer, als nur darüber zu zagen und zu klagen, was im Großen alles verkehrt läuft." 

Ganze 14 Artikel, in denen die Begriffe Gemeindeaufbau, Gemeindeerneuerung und/oder Gemeindeentwicklung auftauchten, erschienen auf meinem Blog im Jahr 2019; das ist ein einsamer Rekord, was allerdings auch damit zusammenhängen mag, dass im darauffolgenden Jahr Corona kam und jedwede sinnvolle Gemeindearbeit erst einmal zum Erliegen brachte. Zuweilen habe ich den Eindruck, viele Gemeinden haben sich von diesem Schlag bis heute nicht von diesem Schlag erholt. 

Aber mal der Reihe nach: Bereits Ende Januar 2019 veröffentlichte ich unter der Überschrift "Ins Wasser fällt ein Senfkorn (...oder so)" einen Artikel, der im einleitenden Absatz "interessante und durchaus gemischte Eindrücke und Anregungen in Hinblick auf mein Dauerbrennerthema 'Gemeindeentwicklung/ -erneuerung'" verspricht. Im ersten Teil des Artikels geht es um eine Buchvorstellung zur "Benedikt-Option" in einer Pfarrei in Prenzlauer Berg; relevant für das Thema dieses Dossiers ist hier, dass die Publikumsreaktionen bei dieser Veranstaltung mir den Eindruck vermittelten, Gemeinden, die von einer "Besserverdienenden"-Klientel dominiert werden, seien für die Idee einer "geistliche[n] Erneuerung als Graswurzelbewegung" besonders wenig zugänglich: 

"Man ist gutbürgerlich, arriviert, vom Gemüt her eher konservativ, dabei aber moderat -- auch und gerade in Glaubensdingen. Auf keinen Fall möchte man irgendwie für radikal gehalten werden." 

Im zweiten Teil geht es dann um den Neujahrsempfang für die Ehrenamtlichen der Tegeler Pfarrei; dieser Teil ist nicht so ergiebig, wie man hätte denken bzw. hoffen können, enthält aber doch immerhin allerlei interessante Details zum Gemeindeverständnis, zur Bedeutung des Ehrenamts und auch zu konkreten Projekten in der Tegeler Pfarrei (z.B. zum Büchereiprojekt). 

Im weiteren Verlauf der ersten Jahreshälfte 2019 erschienen noch einige für das Thema Gemeindeerneuerung eher marginal relevante Artikel, auf die zum Teil jedoch weiter unten noch zurückzukommen sein wird; richtig interessant wird es dann wieder mit dem Artikel "Das Hüpfburg-Dilemma" vom 07.07.2019, der durch Konflikte bei der Planung und Vorbereitung eines Gemeindefests in Herz Jesu Tegel veranlasst wurde. Der Artikel ist unverkennbar mit sehr viel Frust geschrieben – z.B. über Gremiensitzungen, in denen "regelmäßig eine Menge Zeit und Energie damit vergeudet" wird, "durcheinander und aneinander vorbei zu reden"; über einen Kirchenvorstand, der es offenbar als seine Aufgabe" betrachtet, "so zu tun, als sei kein Geld da", auch wenn das nachweislich nicht stimmt; und nicht zuletzt über die "mal mehr, mal weniger explizit geäußerte Einstellung 'Wir sollten nicht so viel Aufwand betreiben, nachher kommt sowieso nur eine Handvoll Leute'" ("meiner Überzeugung nach die verlässlichste self-fulfilling prophecy der Welt") –, aber ich würde sagen, das spricht nicht gegen ihn; im Gegenteil, das alles sind Dinge, die auch über den konkreten Einzelfall hinaus relevant sind. Eine zentrale Erkenntnis dieses Artikels, die auch in späteren Texten immer wieder eine Rolle spielen wird, besteht in der Feststellung, wie wichtig es für die Gemeindearbeit ist, eine Vision zu haben und diese auch klar zu kommunizieren – oder andersherum ausgedrückt: wie schädlich es ist, keine zu haben – denn dann "wird nur ziel- und lustlos herumgewurschtelt" und "Potentiale werden vergeudet". Im konkreten Fall der Vorbereitung des Gemeindefests in Herz Jesu identifizierte ich es als ein zentrales Problem, 

"dass wir uns nicht zunächst einmal darüber verständigt hatten, warum und wozu wir überhaupt ein Pfarrfest wollen. Wir hatten stillschweigend vorausgesetzt, wir wären uns darüber einig, aber das war nicht der Fall. Meine Liebste, und mit ihr auch ich, hatte das Pfarrfest in erster Linie als eine Chance betrachtet, die Gemeinde mit ihren Nachbarn im Kiez in Kontakt zu bringen und ein Publikum anzusprechen, das von sich aus eher nicht den Kontakt zur Kirche suchen würde. Und wir waren naiv davon ausgegangen, es herrsche Konsens über diese Zielsetzung. Nun zeigte sich aber, dass die Alteingesessenen im Lokalausschuss eher an Kaffeeklatsch für die Kerngemeinde gedacht hatten". 

Auch dies verweist auf ein Problem, das über den konkreten Einzelfall hinausweist: das Problem, "dass selbst die Gutwilligen unter den aktiven Gemeindemitgliedern ganz grundsätzlich nicht auf die Idee kommen, Angebote für Leute zu machen, die nicht sowieso schon zur Kerngemeinde gehören. Das ist nicht böse gemeint, aber es kommt in ihrem Denken schlichtweg nicht vor." 

Diesem Problem widmet sich auch der Artikel "Dein Tegelprojekt, mein Tegelprojekt" vom 07.09.2019. Den Aufhänger für diesen Artikel bildet die Tatsache, dass auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel eine neue Wohnsiedlung für über 10.000 Menschen entstehen soll; zu dem Zeitpunkt, als ich davon erfuhr, gehörte das betreffende Gebiet zur Pfarrei St. Rita, die inzwischen aber in der Großpfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd aufgegangen ist. Der Ausgangspunkt meiner Erwägungen in diesem Artikel war: Das neue Wohngebiet wird der örtlichen Pfarrgemeinde aller Voraussicht nach einen erheblichen Mitgliederzuwachs bescheren; hat die Pfarrei das überhaupt auf dem Schirm, hat sie irgendwelche Pläne, wie sie sich auf diese Situation einstellen will? Meine Vermutung lautete: wohl nicht

"Es liegt nicht an bösem Willen und auch nicht im strikten Sinne an Inkompetenz, sondern vielmehr daran, dass die Leute von vornherein nicht so weit denken. Es liegt schlichtweg außerhalb ihres Horizonts, dass eine Ortspfarrei mehr oder etwas anderes tun könnte (geschweige denn müsste) als das volkskirchliche Standardprogramm 'runterzuspulen: regelmäßige Gottesdienste für die schrumpfende Kerngemeinde und lebensabschnittsbezogene Familienfeiern für distanzierte Kirchensteuerzahler. Ach so, es ziehen neue Leute in unser Gemeindegebiet? Na, wenn die was von uns wollen – zum Beispiel heiraten oder ein Kind taufen lassen –, dann werden sie sich schon bei uns melden. – Im Ernst: Es wird ja nicht einmal der Versuch unternommen, Leute, die nur zu solchen Anlässen ausnahmsweise mal in der Kirche auftauchen, dazu zu motivieren, auch mal ohne einen solchen Anlass wiederzukommen. Wie sollte man dann erwarten, dass jemand auf die Idee käme, etwas für Leute zu tun, die von sich aus überhaupt nicht in der Kirche auftauchen, ja womöglich nicht einmal Kirchensteuer zahlen?" 

Bemerkenswert ist dieser Artikel nicht zuletzt auch deshalb, weil ich in diesem Zusammenhang erstmals die Absicht äußere, in Herz Jesu Tegel für den Pfarrgemeinderat zu kandidieren – wobei auch der Hinweis nicht fehlt, mein Freund Rod Dreher habe das als ein Zeichen von Masochismus bezeichnet. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, mit meiner Kandidatur für den Pfarrgemeinderat verfolgte ich vorrangig die Absicht, "eine Leitbilddebatte anzustoßen"; Spoiler: Diese Absicht scheiterte am hartnäckigen Widerstand der anderen Ratsmitglieder, die lieber weiter plan- und ziellos herumwurschteln wollten. Immerhin enthält der Artikel "Dein Tegelprojekt, mein Tegelprojekt" ein Zitat aus "Wenn Gott sein Haus saniert", in dem Fr. Mallon bekräftigt, dass eine Pfarrei eine "formulierte Vision" braucht, und ich formuliere selbst einem Entwurf zu einer Zielerklärung, an dem ich auch über fünf Jahre später noch nichts zu verbessern gefunden habe: 

"Unser Ziel ist es, den Menschen in unserem Stadtteil die Begegnung mit Jesus Christus in Wort und Sakrament zu ermöglichen und eine Gemeinschaft zu bilden, deren Mitglieder sich gegenseitig darin unterstützen, im Glauben und in der Liebe zu wachsen".

Zudem äußerte ich die Ansicht, man müsse "alle Aktivitäten der Pfarrei danach evaluieren, ob sie diesem Ziel dienen oder nicht oder wie sie diesem Ziel besser dienen könnten". – Erwähnen wir schließlich noch die Idee zu einer "Hausaufgabe für die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Pfarrei – nicht nur unserer, sondern jeder beliebigen Pfarrei": 

"Geht mal in die Fußgängerzone oder ins Shopping-Center, schaut euch die Leute an, die euch da begegnen, und horcht mal in euer Herz hinein, ob da irgendwo der Wunsch ist, diese Leute sollten Jesus kennenlernen. Und wenn ja, dann fragt euch, was ihr dafür tun könnt." 

Eine Art Ergänzung oder Fallbeispiel zu diesem letzten Punkt stellt der rund sechs Wochen später veröffentlichte Artikel "Rocket Man und die Jugendlichen vom Brunowplatz" dar. Den Aufhänger bildet hier eine Begegnung mit "Jugendliche[n], die nachts vor der Kirche sitzen und singen": 

"Die Frage, die sich mir dabei [...] aufdrängt, ist: Wie bekommt man sie in die Kirche hinein? Und ich könnt' mich schon wieder aufregen, wenn ich daran denke, dass die meisten (haupt- wie ehrenamtlichen) Mitarbeiter der Pfarrei, trüge man diese Frage an sie heran, erst einmal zurückfragen würden: 'Ja sind die denn überhaupt katholisch?'"

Damit knüpft dieser Artikel natürlich auch an die in "Das Hüpfburg-Dilemma" festgehaltene Beobachtung an, "dass selbst die Gutwilligen unter den aktiven Gemeindemitgliedern ganz grundsätzlich nicht auf die Idee kommen, Angebote für Leute zu machen, die nicht sowieso schon zur Kerngemeinde gehören". Diesen Umstand tadele ich hier als "Schrebergartenvereinsmentalität", die sich "an tausend Kleinigkeiten" zeige: 

"wie zum Beispiel auch daran, dass an der Tür zur Außentoilette der Kirche (die seit Kurzem, dank des tatkräftigen Einsatzes meiner Liebsten und meiner bescheidenen Person, auch mit einem Babywickeltisch ausgestattet ist), kein Toilettensymbol angebracht ist, damit bloß niemand diese Toilette benutzt, der nicht zur Gemeinde gehört. Wie gesagt: Ich könnt' mich schon wieder aufregen." 

Das Thema Kandidatur für den Pfarrgemeinderat wird knapp zwei Wochen später in "Isch kandidiere!" wieder aufgegriffen; in diesem Artikel gebe ich die gewagte Prognose ab, wenn die Pfarrei Herz Jesu Tegel "nicht ihre sämtlichen Ressourcen darauf ausrichtet, Neuevangelisation zur obersten Priorität zu machen", dann werde sie "die nächsten zehn Jahre nicht überleben" ("und ich möchte hinzufügen: dann verdient sie auch nicht zu überleben"). Nachdem nun gut die Hälfte der angegebenen Zeitspanne vorbei ist, wäre vielleicht mal ein Statusbericht angebracht: Also, technisch gesehen besteht die Pfarrei tatsächlich schon seit 2023 nicht mehr, allerdings nur, weil sie in der Großpfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd aufgegangen ist. Und dieser traue ich es durchaus zu, länger als weitere fünf Jahre zu überleben – auch wenn ich nicht überzeugt bin, dass sie es verdient. Ich schätze, ich habe damals einfach die Langlebigkeit institutioneller Strukturen unterschätzt; wie es in meinem Lieblingsroman, "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt, heißt: Auch das Römische Imperium führte sich in einem gewissen Sinne selbst weiter, nachdem längst niemand mehr da war, der es führte, und nachdem der Grund für seine Existenz sich längst restlos verflüchtigt hatte. – Aber lassen wir das mal beiseite; jedenfalls ist Neuevangelisation (inzwischen sage ich ja lieber Neuevangelisierung, aber von der Sache her bleibt sich das ja gleich) ein zentraler Begriff dieses Blogartikels: Es gibt Hinweise zur Begriffsgeschichte, es wird auf verschiedene päpstliche Dokumente von "Evangelii nuntiandi" (Hl. Paul VI., 1975) bis hin zum Schreiben "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" (Papst Franziskus, 2019) Bezug genommen, und nicht zuletzt enthält der Artikel einen bezeichnenden Auszug aus "Wenn Gott sein Haus saniert", in dem Fr. Mallon die Aufgabe der Kirche mit der Funktionsweise eines Fotokopierers vergleicht. Derweil laden diejenigen Passagen des Artikels, in denen ich darlege, wozu ich mein Mandat als Pfarrgemeinderatsmitglied (denn daran, dass ich gewählt werden würde, bestand kein realistischer Zweifel) zu nutzen gedachte, zu einem ernüchternden Vergleich damit ein, was meine Arbeit im Pfarrgemeinderat tatsächlich "gebracht" hat. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, ich hatte die Entschlossenheit der anderen Ratsmitglieder, um jeden Preis im alten Trott zu verharren, schlichtweg unterschätzt. 

Weitere vier Wochen später war die Wahl über die Bühne gegangen, und ich postete einen weiteren Grundsatzartikel – mit einer für manche Leser vielleicht überraschenden Stoßrichtung: "Gemeindeerneuerung als Fertigbausatz?" lautet der Titel, und darin bewerte ich es als "eine Versuchung, sich einzubilden, man könnte Gemeindeerneuerung quasi als Fertigbausatz kaufen und hätte damit die Lösung aller Probleme in Sack und Tüten". Auslöser für diese Stellungnahme war eine Diskussion auf Twitter, in der mir die Einschätzung mitgeteilt wurde, dort, wo in den Gremien und Institutionen der katholischen Kirche in Deutschland "Neuevangelisierung überhaupt ein Anliegen ist", würden aktuell "überwiegend zwei Ansätze" diskutiert, nämlich einerseits "REBUILT" und andererseits "Divine Renovation". Wozu ich etwas übellaunig anmerkte, ich könne mir "kaum eine gruseligere Kombination vorstellen als 'Rebuilt plus deutscher Gremienkatholizismus'". – Über das REBUILT-Modell von Gemeindeerneuerung hatte ich mich schon ziemlich zu Beginn des Jahres 2019 in einem Artikel mit dem vielsagenden Titel "Rebuilt? Ich weiß ja nicht..." ausführlich und kritisch geäußert; auffällig ist jedoch, dass ich hier auch das bisher immer nur mit ausgesprochen positiver Bewertung erwähnte "Divine Renovation"-Konzept nicht aus meiner Kritik ausnehme: 

"Vor meinem geistigen Auge tauchen Szenarien auf wie in handelsüblichen 'Home Improvement'-Fernsehshows à la 'Einsatz in vier Wänden': Ding-dong macht es an der Pfarrhaustür, und draußen steht nicht Tine Wittler, sondern entweder Fr. Mallon oder Fr. White, im Hintergrund steht ein Möbelwagen, auf dem entweder der Schriftzug 'REBUILT' oder 'Divine Renovation' prangt, und im Handumdrehen wird aus der verschnarchten deutschen Pfarrkirche eine amerikanische Megachurch mit Band, Videoleinwänden, Nebelmaschine und einem Espresso-Vollautomaten im Foyer. Okay, ich übertreibe." 

Dabei ging es mir, wie ich betonte, gar nicht darum, zu "bestreiten, dass ein ästhetisches Makeover der Selbstrepräsentation einer Pfarrei, bessere Musik im Gottesdienst, ja sogar eine bessere Kaffeemaschine sinnvoll und nützlich sein kann": 

"Aber letztlich ist das alles von nachrangiger Bedeutung.  Was eine Pfarrei wie beispielsweise 'meine' – und ich bin ziemlich überzeugt, dass sie in dieser Hinsicht repräsentativ für viele Pfarreien hierzulande ist – wirklich braucht, ist eine Erweckung; und das ist etwas, was man nicht auf administrativem Wege 'machen' kann. Man kann allenfalls die Rahmenbedingungen dafür verbessern, dass die Gemeindemitglieder eine Erweckung erleben oder, umgekehrt, dass Menschen, die eine Erweckung erlebt haben, in der Gemeinde Heimat finden. [...] Was tun wir dafür, dass Menschen [...] zu uns kommen, und wie tragen wir Sorge dafür, dass sie bei uns gut aufgehoben sind? Wenn ich ehrlich bin, könnte ich meine Pfarrgemeinde in ihrer jetzigen geistlichen Verfassung keinem neu- oder wiederbekehrten Christen guten Gewissens empfehlen. Schlimmer noch, ich habe zunehmend den Eindruck, die Verantwortlichen der Pfarrei würden solche Leute gar nicht haben wollen; mit Begeisterung oder Leidenschaft für Christus können die überhaupt nicht umgehen." 

Diese Einschätzung über eine Pfarrei, in der ich mich just in den Pfarrgemeinderat hatte wählen lassen, vermittelt natürlich bereits einen recht farbenprächtigen Eindruck davon, warum das mit mir und dem Pfarrgemeinderat nicht lange gut ging, aber das sei mal nur am Rande bemerkt. Näher eingehen möchte ich hingegen auf den in diesem Artikel enthaltenen Hinweis auf das Buch "So stark wie das Leben" von Francine Rivers, in dem es "wiederholt und treffend heißt: Wachstum ist nicht zwingend ein Zeichen von Gesundheit – Krebs wächst auch." Von diesem Buch, das ich leider nie zu Ende gelesen habe, da es mir auf unglückliche Weise abhanden gekommen ist, ist ausführlicher in der Kaffee & Laudes-Folge vom 02.09.2019 die Rede: Es handelt sich dabei um einen Roman, in dem ein "junge[r], hochmotivierte[r] Pastor [...] angeheuert wird, um einer überalterten, vom Aussterben bedrohten Vorstadtgemeinde neues Leben einzuhauchen", sich jedoch "überraschend schnell zur Negativfigur" entwickelt – "und dies gerade durch seine Erfolge": So zeigt sich, dass dieser Pastor "sich allzu sehr an weltlichen Erfolgsmaßstäben orientiert, auch im Umgang mit Gemeindemitgliedern und Mitarbeitern ein allzu pragmatisches Kalkül an den Tag legt und alles in allem eher wie ein Manager agiert als wie ein Seelsorger". Während ich einerseits anmerkte, der Roman bestärke mich "in meiner Skepsis gegenüber Gemeindeerneuerungs-'Erfolgsrezepten' à la 'Rebuilt'", hatte ich andererseits durchaus auch etwas an der Message des Buches auszusetzen – nämlich, dass "die Autorin für meinen Geschmack erheblich zu viel Sympathie für die Fraktion der alten Säcke" zeige, "die sich aus Prinzip gegen jede Art von Veränderung sträuben": 

"Deren Verhalten ist schließlich offenkundig widersinnig: Sie sehen zwar, dass es in ihrer Gemeinde nicht so weitergehen kann wie bisher – genau deswegen engagieren sie ja den neuen Pastor –, aber gleichzeitig wollen sie, dass alles so bleibt, wie es schon immer war. Vielleicht reagiere ich nicht zuletzt deshalb so allergisch darauf, weil solche Leute mir bei der Basisarbeit zu Hause in Tegel mehr zu schaffen machen als irgendwelche 'progressiven' Kryptohäretiker". 

Ich fügte noch hinzu, diese Beobachtung erinnere mich daran, "dass ich meinen angefangenen Lang-Essay zum Thema 'Lagerdenken in der Kirche' mal weiterschreiben muss" – wozu ich indes bis heute nicht gekommen bin... 

Zu der Bemerkung, bei der Basisarbeit in Tegel machten mir die Leute, "die sich aus Prinzip gegen jede Art von Veränderung sträuben", mehr zu schaffen als Leute mit einem "progressiven" Selbstverständnis, passt auch der in der Kaffee & Laudes-Folge vom 16.12.2019 enthaltene Bericht über die konstituierende Sitzung des Pfarrgemeinderats von Herz Jesu Tegel, der in mehr als einer Hinsicht dokumentiert, dass mein Versuch, das Anliegen der Gemeindeerneuerung in dieses Gremium hineinzutragen, von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Als den Kernsatz der Schilderung betrachte ich rückblickend immer noch die Aussage, ich hätte mich in der Sitzung gefühlt "wie Atréju im Dialog mit der Uralten Morla"; bemerkenswert ist zudem auch die folgende – ziemlich sicher nicht nur auf diese eine Pfarrei zutreffende – Beobachtung: 

"Konflikte gibt es innerhalb der Kerngemeinde – auch und nicht zuletzt unter den wenigen 'Aktiven' sowie zwischen diesen und dem Pfarrer – zwar mehr als genug, aber wenn es gilt, den Status quo aufrecht zu erhalten und alles, was irgendwie neu oder anders ist, zu marginalisieren und abzuwürgen, halten sie alle zusammen. Symptomatisch dafür ist, dass aus dem alten Pfarrgemeinderat zunächst niemand für den neuen kandidieren wollte und nun mit wenigen Ausnahmen doch wieder dieselben Leute im Rat sitzen wie vor der Wahl." 

Der Punkt mit dem Zusammenhalten fand übrigens bald darauf eine eindrucksvolle Bestätigung, als der Pfarrer die Tatsache, dass ich die Pfarrgemeinderatssitzung auf meinem Blog erwähnt hatte, zu einem Skandal aufblies und androhte, die weiteren Sitzungen dieses erlauchten Gremiums zu boykottieren: Der ganze Rat, abgesehen von meiner bescheidenen Person natürlich, schlug sich auf die Seite des Pfarrers. 

Es ist somit wohl kaum als zufällig zu betrachten, dass gerade in der Zeit, in der ich Mitglied im Pfarrgemeinderat war, das Thema Gemeindeerneuerung auf meinem Blog erst einmal nur noch sporadisch eine Rolle spielte: Im gesamten Jahr 2020 tauchte dieses Schlagwort nur in zwei Artikeln auf, im Jahr 2021 bis zu meinem Rücktritt aus dem Pfarrgemeinderat noch viermal. Natürlich spielte dabei auch die Corona-Panik eine gewichtige Rolle, insofern, als sie die praktische Basisarbeit in Sachen Gemeindeerneuerung weitestgehend zum Erliegen brachte. Wie ich in meinem Artikel "Ein Herz-Jesu-Monat voller Abenteuer" (31.05.2021) schrieb, "liebäugelte ich" in dieser Zeit "mit der Vorstellung, mich wie einst der Hl. Benedikt für eine Weile in eine Höhle zurückzuziehen, um anschließend die Welt aus den Angeln zu heben": 

"Keine buchstäbliche Höhle natürlich, aber eine metaphorische. Zweifellos hatte ich da etwas übertrieben romantische Vorstellungen vom Lockdown, denn im Großen und Ganzen ging das Leben ja doch relativ normal weiter. [...] Was von der Idee mit der 'Höhlenzeit' praktisch übrig blieb, wenn man alle pathetische Übertreibung abzieht, war der Entschluss, eine Zeit, in der viele Aktivitäten wegfallen, dafür zu nutzen, umso mehr konzeptionell zu arbeiten." 

Die bedeutendste "Frucht dieses Entschlusses" war ein "16 Seiten langes Konzeptpapier zur Gemeindeerneuerung aus dem Geist von Evangelisierung, Katechese und Jüngerschaft, das ich den Hauptamtlichen unseres Pastoralen Raums sowie den Mitgliedern des örtlichen Pfarrgemeinderats am Heiligabend 2020 per Mail zukommen ließ. Wie man sich vorstellen kann, löste dieses Weihnachtsgeschenk keine ungeteilte Begeisterung aus, gab aber immerhin den entscheidenden Anstoß zur Gründung einer 'AG Neuevangelisierung' im Pastoralausschuss", die in der Folgezeit auch tatsächlich Einiges auf die Beine stellte. Den Link zum Thesenpapier gibt's hier; und damit ist dann auch schon das meiste gesagt, was ich zu diesem Thema zu sagen habe. 

– Aber noch nicht ganz: Im Juni 2023 veröffentlichte ich unter dem Titel "Hol dir deine Kirche zurück!" einen Artikel, der speziell die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Gemeindeerneuerung unter den Bedingungen des "Schmutzigen Schismas" ins Auge fasst. Angeregt worden war dieser Artikel durch ein YouTube-Video mit dem Titel "How and why to retake the Mainline Churches", und so besteht der rote Faden dieses Blogbeitrags im Wesentlichen in einer differenzierten Auseinandersetzung mit den Thesen dieses Videos – was ich daran gut und richtig finde und wo ich Einwände habe. Ich möchte diesen Artikel jedem, der meinen Ideen zum Thema "Neuevangelisierung als Graswurzelrevolution" – ob man nun Benedikt-Option, Punkpastoral oder sonstwas dazu sagt – grundsätzlich etwas abgewinnen kann, sehr ans Herz legen. 

Einen Einwand gegen die Thesen des besagten YouTube-Videos, der in diesem Blogbeitrag lediglich anklingt, hatte ich knapp zwei Jahre früher schon einmal deutlicher formuliert, nämlich im dritten Teil meiner dreiteiligen Artikelserie "Camino de Willehado – Der Prophet im eigenen Land":  "Es mag ein naheliegender Gedanke sein, auf dieselbe oder ähnliche Weise, wie die liberalen 'Boomer'-Katholiken im Laufe der vergangenen Jahrzehnte in [...] vielen [...] Gemeinden das Ruder übernommen haben, müsste es einer Handvoll engagierter und glaubensfester junger Leute möglich sein, das Ruder der Gemeinde wieder in eine andere Richtung zu drehen", schrieb ich da, und aus heutiger Sicht finde ich es geradezu verblüffend, wie präzise dieser Satz eine Grundannahmen des "How and why to retake the Mainline Churches"-Videos beschreibt, das es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab. Als meinen "wesentliche[n] Einwand" dagegen formulierte ich: 

"Wenn man Gemeindeerneuerung als Machtkampf betrachtet und betreibt, dann liegt da kein Segen drauf. Dass die hypothetische 'Handvoll engagierter und glaubensfester junger Leute' eine Menge dafür tun kann, dem kirchlichen Leben in einer Pfarrei oder Ortsgemeinde eine neue Richtung zu geben, ist sicherlich richtig und auch gut so; aber dabei darf nicht es nicht darum gehen, Schlüsselpositionen in der Gemeinde zu besetzen, um eigene Vorstellungen durchzudrücken und andere Interessengruppen innerhalb der Gemeinde an den Rand zu drängen. Das Ziel muss vielmehr sein, in erster Linie dem Wirken des Geistes Gottes in der Gemeinde Raum zu geben. Dafür ist es wesentlich, dem Gebet und dem Hören auf Gottes Wort Priorität einzuräumen. Und schließlich sollte uns gerade das [...] Gleichnis vom Wachsen der Saat daran erinnern, dass wir mit allem, was wir tun, letztlich nur Samen ausstreuen können; und dann müssen wir es Gott überlassen, was Er daraus wachsen lässt." 


(Das Symbolbild stammt aus der Kirche Herz Mariä in Burhave.) 

Im ersten Teil von "Camino de Willehado – Der Prophet im eigenen Land" – und damit komme ich jetzt abschließend zu einigen anekdotischen Einzelfundstücken zum Thema Gemeindeerneuerung – findet sich eine geharnischte Polemik gegen langwierig in Gremien ausgebrütete "Pastoralpläne": 

"Aus der Thermodynamik wissen wir, dass jede Form von Energie schließlich in nicht mehr nutzbare Wärmeenergie umgewandelt wird. Das ist ein natürlicher Prozess, den man eigentlich nicht noch künstlich forcieren müsste. Aber genau das passiert, wenn man Pfarreien dazu verpflichtet, einen lokalen Pastoralplan zu erarbeiten: Wertvolle und zumeist knappe Ressourcen an Arbeitszeit und -kraft, Kreativität und Motivation werden verheizt, um nichts anderes zu erzeugen als heiße Luft - oder oftmals wohl sogar nur lauwarme." 

Empfehlen möchte ich nicht zuletzt auch meinen im Juli 2023 in zwei Teilen veröffentlichten Artikel "Der Traum von der erneuerten Gemeinde", der in den Blick nimmt, was für Konzepte oder Impulse zur Gemeindeerneuerung in der sogenannten "Nachkonzilszeit" im Schwange waren. Im ersten Teil wird dazu vorrangig das 1966 erschienene Buch "Heiße (W)Eisen" des damaligen Frankfurter Stadtjugendpfarrer Lothar Zenetti als Quelle herangezogen, im zweiten Teil der "Komm-mit-Kalender" für das Jahr 1970. In meiner Besprechung setze ich auseinander, welche der dort diskutierten Anregungen mir auch heute noch bedenkenswert erscheinen und welche ich eher problematisch finde, und natürlich geht es auch um die Frage, warum davon in den zurückliegenden knapp sechs Jahrzehnten so wenig umgesetzt wurde. 

Im Creative Minority Report Nr. 43 vom 21.09.2024 findet sich ein Abschnitt, der – unter Verweis auf ein Chesterton-Zitat, das auch in meinem "großen" 16-Seiten-Thesenpapier vorkommt ("Wenn man einen weißen Pfosten sich selbst überlässt, wird er bald schwarz sein. Will man, dass er weiß bleibt, muss man ihn immer neu anstreichen") – erläutert, warum es notwendig, ist, Gemeindeerneuerung "als einen permanenten Prozess zu betrachten und zu betreiben": nämlich weil man nur so der Milieuverengung entgegenwirken kann, die ihrerseits "ein sich selbst erhaltendes, ja sich selbst verschärfendes Problem ist". 

Schließen möchte ich mit einem Auszug aus einem in dem australischen Magazin Catholic Weekly erschienenen Artikel von Simcha Fisher, den ich, eigenhändig übersetzt, in meinem Blogartikel "Baumhaus Berlin – Be the Change you want to see in the World" vom 20.02.2020 – kurz vor dem ersten Corona-Lockdown – zitiert habe; darin schildert sie eine Kirchengemeinde, der sie und ihre Familie früher mal angehört haben und die "eine echte Gemeinschaft" gewesen sei:

"Die Gemeinde war wirklich divers, es gab dort reiche und arme Leute, alte und junge, gesunde und kranke, und sie war auch ethnisch und kulturell sehr gemischt. [...] Nachdem wir uns auf dem E-Mail-Verteiler der Gemeinde eingetragen hatten, erhielten wir regelmäßig Mails: Der und der braucht jemanden, der ihn am Donnerstag zum Arzt bringt. Der und der braucht Hilfe beim Ölwechsel. Zufällig habe ich in dem Zeitraum, in dem wir zu dieser Kirchengemeinde gehörten, kein Kind zur Welt gebracht, aber ich kann mir die Lawine von Eintopfgerichten und selbstgehäkelten Strampelhöschen gut vorstellen, die über uns hereingebrochen wäre, wenn das der Fall gewesen wäre." 

Simcha Fisher resümierte: "Im Grunde ist es tragisch, dass ich diese Gemeinde als etwas so Besonderes erlebt habe -- und nicht als den Normalfall." Wozu ich anmerkte: 

"Tja. Isso. Es sollte eigentlich der Normalfall sein. Aber solange das nicht der Fall ist, muss es halt Leute geben, die mit gutem Beispiel vorangehen." 

 

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