Willkommen zurück zur Blogoezese-Rundschau, Freunde! Vorweg möchte ich anmerken, dass ich ja sehr ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hatte, ein Special mit Reaktionen auf die Ermordung Charlie Kirks einzuschieben; aber das hat sich so ziemlich erledigt dadurch, dass es in der zurückliegenden Woche einerseits, durchaus erwartungsgemäß, eine Reihe von Artikeln zu diesem Thema gegeben hat, andererseits aber auch, weniger erwartungsgemäß, nur eher wenige erwähnenswerte Artikel, die nichts mit diesem Thema zu tun haben. Der vorliegende Artikel ist also sozusagen Charlie-Kirk-Special und reguläre wöchentliche Blogrundschau in einem.
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Charlie Kirk bei einem Auftritt in Tampa/Florida, Juli 2025; Foto: Gage Skidmore (Quelle und Lizenz hier) |
Beginnen wir mal mit einem Nachtrag zum vorigen Donnerstag: "USA: Trauer um christlichen Familienvater und Lebensrechtler Charlie Kirk" titelte Felizitas Kübles Christliches Forum und hob unter Berufung auf mehrere Artikel des Portals LifeNews besonders Kirks Einsatz für das ungeborene Leben hervor. "Der kaltblütige Mord an ihm hat nicht nur das gläubige Lager in den Vereinigten Staaten erschüttert, sondern auch viele andere Bürger fassungslos gemacht", heißt es dort weiter. Im Folgenden werden einige Würdigungen Kirks durch Politiker zitiert. Ein im Tonfall bemerkenswert unaufgeregter Artikel, jedenfalls im Vergleich dazu, wie die Debatte sich in den folgenden Tagen entwickelte.
Freitag, 12. September (Mariä Namen)
Unter der Überschrift "Dies ist kein zivilisiertes Land mehr" beklagt Claudia von Katholisch? Logisch! die "unzähligen Beifallsäußerungen zur Ermordung von Charlie Kirk", die von "milderen" Sätzen wie "Ich bin eigentlich gegen Mord, aber hier…" bis hin zu "Man darf diesen Menschen nicht betrauern" reichen. Ihre eigene Sicht auf Charlie Kirk beschreibt Claudia wie folgt:
"Kirk war Ehemann und Vater, er war für den unbedingten Schutz von Kindern in jedem Entwicklungsstadium. Er war begeisterter Christ. Er liebte gewaltlose Debatten.
In vielem bleibt er mir unverständlich, so in seinem angeblichen Rassismus (wie weit der tatsächlich ging, weiß ich nicht) und seiner liberalen Haltung zum Waffenbesitz sowie seiner Nähe zu Trump. Aber nichts davon rechtfertigt einen Mord."
Samstag, 13. September (Hl. Johannes Chrysostomus)
"Verkehrte Welt: Nationalspieler Felix Nmechas Beileid für Kirk sorgt für Wirbel" titelt das Christliche Forum und berichtet unter Berufung auf "das konservative Portal Apollo-News", der Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund wolle "die Beileidsworte des schwarzen Mittelfeldspielers Felix Nmecha nach dem Attentat auf Charlie Kirk 'intern aufarbeiten'": Nmechas Aussagen hätten einigen Wirbel ausgelöst und Widerspruch, besonders in Fankreisen, provoziert". Ja, was hat der junge Mann denn eigentlich gesagt?
"Möge der HERR der Familie Kirk in dieser Zeit mit besonderer Gnade beistehen. Jesus ist der wahre Weg zu Frieden und Liebe",
schrieb der 24-jährige Mittelfeldspieler und bekennende Christ auf Instagram, und:
"Den Mord an einem zweifachen Vater, einem Ehemann und einem Mann, der friedlich für seine Überzeugungen und Werte eingestanden ist, zu feiern, ist wahrhaft böse und zeigt, wie sehr wir Christus brauchen."
Schlimm? Es scheint so. Wie das Christliche Forum berichtet, wurden die zitierten Äußerungen Nmechas im Spiegel als "fragwürdige Einordnung" bewertet, wobei auch der Hinweis nicht fehlte, der Fußballer sei bereits in der "Vergangenheit damit aufgefallen, christlich-konservative Positionen in den sozialen Medien zu liken". Alles klar?
Derweil erscheint auf Die Christenheit ein Artikel mit dem ermutigenden Titel "Der Weg aus der Finsternis"; mit dem Fall Charlie Kirk hat der Text nicht direkt etwas zu tun, passt aber trotzdem irgendwie zum Thema. "Eine Bekannte ist ganz begeistert von den Galaxien, die sie auf der Sternwarte beobachtet", beginnt dieser Artikel meines bevorzugten "Elbenblogs": "Sie glaube nicht an einen Gott mit Bart, sondern an eine intelligente, feine Energie." Das ist doch ausgesprochen aufschlussreich in Hinblick auf das Umfeld, innerhalb dessen der Daxbacher Hannes (so der Name des Bloggers) sich als Repräsentant der Christenheit sieht und verhält; und das meine ich überhaupt nicht spöttisch, im Gegenteil. Auf das Eingangsstatement antwortet er: "Ich gebe ihr recht, auch ich glaube nicht an einen Gott mit weißem Bart, sondern an Gott, der die Milliarden Galaxien existieren lässt." Weiter bekennt er sich zu dem Glauben, dass Gott "zu unserer Orientierung [!] Mensch geworden ist" – das klingt ja nun sehr wischiwaschi und soteriologisch arg defizitär, aber ich kann mich nur wiederholen, bedenken wir das Umfeld, in dem bzw. in das hinein er solche Thesen vertritt. Jesu "Tod am Kreuz" zeige "eine finstere Macht, die Gott leugnet", heißt es dann weiter – auch wieder eine Aussage, über deren theologische Implikationen man lang und breit diskutieren könnte, aber unterstellen wir ruhig mal, dass er etwas grundsätzlich Richtiges meint. – "Aber Gott sei Dank stand Christus auf, erschien den Menschen und zeigte den Weg aus der Finsternis. Auch heute gilt: Wer auf ihn schaut, erlebt Rettung aus der Finsternis." Nun, zumindest darauf können wir uns wohl einigen.
Montag, 15. September (Sieben Schmerzen Mariens)
Beim Emmauspilger geht es erneut um Philosophiegeschichte: "Wie Epikur die Gegenwart prägt" heißt der aktuelle Artikel auf diesem Blog, und das ist ein ausgesprochen spannendes Thema – auch wenn ich finde, dass der Artikel seiner Überschrift nicht ganz gerecht wird: Zwar wird die Lehre des antiken Philosophen Epikur in ihren Grundzügen recht griffig dargestellt und die Rezeption dieser Lehre – von der Kritik der Stoiker und der Kirchenväter über die positive Neubewertung Epikurs in Renaissance und Aufklärung bis hin zu Marx und Nietzsche – übersichtlich nachgezeichnet, aber die Transferleistung, sich zusammenzureimen, wie die Entfesselung des autonomen Individuums, das die "woken" Ideologien unserer Tage prägt, in letzter Konsequenz auf Epikur zurückgeht, der "die Freiheit hauptsächlich dahingehend interpretiert, frei zu sein von Gottes- und Dämonenglauben", und lehrt, "es gäbe keine Vorsehung und keine Unsterblichkeit der Seele", bleibt dem Leser selbst überlassen. Nun spricht sicher grundsätzlich nichts dagegen, dem Leser etwas zum Selberdenken übrig zu lassen, aber der Artikel wirkt dadurch doch ein wenig unfertig und der Schluss arg abrupt.
Dienstag, 16. September (Hll. Kornelius und Cyprian)
Eine interessante Ergänzung zum gestrigen Emmauspilger-Artikel findet sich bei Tu Domine unter der Überschrift "Hochmut – heute ein Fremdwort": Einleitend wird Hochmut dort definiert als "Überschätzung des eigenen Wertes durch den Menschen". Gleich darauf wird hinzugefügt, diese Selbstüberschätzung gelange "zur Vollendung, wenn der Mensch niemanden, auch keinen Gott, über sich anerkennen will":
"Die Versuchung dazu stellt sich für den Menschen seit dem Beginn seiner Geschichte immer wieder ein. Die Selbstherrlichkeit ist die Ursünde der Engel und der Menschen."
Der in Hinblick auf aktuelle gesellschaftlich-politisch-ideologische Entwicklungen wohl zentrale Absatz dieses Blogartikels lautet:
"Ein 'postulatorischer Atheismus' der Gegenwart wähnt, der Mensch werde durch einen Gott, der seiner Freiheit Vorschriften machen könnte, um seine Herrlichkeit gebracht; so will er von Gott nichts wissen. Darin liegt aber eine Mißdeutung des Sinnes der Freiheit. Diese wurde dem Menschen nicht verliehen, damit er frei sei von allem, sondern frei zu etwas, zur Anerkennung und Verwirklichung seiner Bestimmung, zum Bild des liebenden Gottes zu werden."
In letzter Konsequenz versteht der Artikel unter dem Phänomen Hochmut den "(vielleicht unbewußten) Versuch des Menschen, die unbeschränkte Herrschaft Gottes nachzuahmen und dadurch jene Verehrung der Mitmenschen zu erhalten, die nur Gott zukommt" – in dem Sinne, wie bereits die Paradiesesschlange Adam und Eva einredete, sie könnten werden wie Gott (Genesis 3,5):
"Das ist eine Karikatur jener Gottverähnlichung, zu der der Mensch tatsächlich bestimmt ist, der Verähnlichung in dienender Liebe. Der Mensch verzerrt damit die wahre Selbstliebe, die mit der Liebe zu Gott und der Nächstenliebe in Einklang steht."
Ich kann nur empfehlen, den Artikel im Ganzen zu lesen. Es lohnt sich.
Bei sacerdos viennensis gibt es einen Beitrag zu Ehren eines der beiden Tagesheiligen: "Cyprian – über das Vaterunser". Es handelt sich um einen Auszug aus einer Katechese des Hl. Cyprian von Karthago "über das Gebet des Herrn"; ein schöner und tiefgründiger geistlicher Impuls.
Auf vaticarsten kehrt derweil Blogoezesen-Urgestein Carsten Leinhäuser, nachdem er sich zuletzt hauptsächlich als Verfasser heiter-besinnlicher Glossen über Hund und Herrchen profiliert hat, zu seiner alten Spezialität zurück: anderen Hass und Hetze vorzuwerfen, während er selbige im selben Atemzug selbst produziert. "Das bisschen Hassen ist doch (k)ein Problem" ist sein Artikel durchaus stimmig betitelt, und wie man sich vorstellen kann, geht es darin – nach einem einleitenden Rundumschlag im Sachen AfD, Trump, Bolsonaro und Putin und einem Seitenhieb gegen Israel (!) – hauptsächlich um Charlie Kirk. Dabei ist Hochwürden Leinhäuser sich nicht zu schade, sich das wohl zynischste Argument derer zu eigen zu machen, die meinen, Kirk sei an seiner Ermordung letztlich selber schuld: Schließlich habe er selbst explizit die Auffassung vertreten, "dass einige Tote durch Schusswaffen jedes Jahr es wert sind, damit wir den zweiten Verfassungszusatz behalten können und so unsere von Gott gegebenen Rechte schützen"; und so sei er nun eben selbst zum Opfer "des 'gottgegebenen Rechts'" geworden, "für das er lautstark einstand". –
Zugegeben: Das Internet ist so voll mit verkürzten und skandalisierten Versionen der betreffenden Äußerung Kirks, dass es gar nicht so einfach ist, eine unverkürzte Version zu finden. Wer die Äußerung im Kontext nachlesen möchte: bittesehr. Unter anderem kann man da feststellen, dass in Vaticarstens Wiedergabe des Zitats ein entscheidendes Wort ausgelassen wurde: Kirk erklärt, der 2. Verfassungszusatz – das Recht auf Waffenbesitz – sei dazu da, "unsere anderen gottgegebenen Rechte zu schützen". Deswegen, und nicht weil Waffenbesitz an sich so geil ist, betrachtete Kirk den 2. Verfassungszusatz als so wertvoll, dass man auch bereit sein müsse, dafür Opfer zu bringen. Im weiteren Verlauf des Statements, aus dem das Zitat stammt, zieht er einen Vergleich dazu, dass man trotz einer hohen Zahl von Verkehrstoten nicht das Autofahren verbietet. Man mag das als eine provokante Argumentation betrachten, aber immerhin ist sie schlüssig begründet. (Übrigens erinnert mich das daran, dass mich vor Jahren mal ein ehemals befreundeter Blogger – nicht Vaticarsten – auf seinen Social-Media-Kanälen blockiert hat, weil ich geäußert hatte, es sei eine legitime und vertretbare Position, für ein Grundrecht auf Waffenbesitz einzutreten; diese unverhältnismäßige Reaktion irritiert mich immer noch.) – Weiter urteilt Vaticarsten über Kirk:
"Seine Haltung hat er bis zuletzt bewahrt: Antisemitisch [!], frauenverachtend, gegen People of Color gerichtet und [!] menschenfeindlich."
Ja sicher. – Als Kommentar zu diesen Anwürfen möge es genügen, auf den weiter oben verlinkten, einige Tage zuvor erschienenen Artikel auf Katholisch? Logisch! zu verweisen. Was mich bei alledem aber immer wieder wundert und offen gestanden auch etwas beunruhigt, ist, dass Leute wie Hochwürden Leinhäuser sich selbst für die Guten halten. Mir scheint, es hat durchaus eine gewisse innere Folgerichtigkeit, dass ein solcher Hang zur moralischen Selbstüberhebung im liberalen Christentum (oder was sich so nennt) besonders verbreitet ist, aber diesen Zusammenhang präzise herauszuarbeiten, würde zweifellos einen längeren Atem erfordern. Einstweilen bleibt zu hoffen, dass "Vaticarsten" Leinhäuser sich zukünftig wieder mehr darauf konzentriert, sich mit seinem Hund zu unterhalten.
Mittwoch, 17. September (Hl. Lambert von Maastricht)
Damit dies aber nicht das letzte Wort in dieser Blogrundschau-Ausgabe bleibt, sei zumindest noch der jüngste Beitrag auf Pro Spe Salutis erwähnt, der den schönen Titel "Lektüre über Mond und Arche ... nach Kreuzerhöhung" trägt. Worum geht's? Der Verfasser hat in einer Festschrift für Kardinal Koch geblättert und darin einen Beitrag der "auch bloggenden" Schwester Christiana Reemts OSB über die "Realsymbolische Ekklesiologie" der Kirchenväter gefunden. Besonders geht er in seiner Besprechung dieses Essays auf zwei in der patristischen Literatur präsente Bilder für die Kirche ein, nämlich eben den Mond und die Arche Noah. Besonders angesprochen hat mich dabei das folgende Zitat aus Sr. Christianas Aufsatz:
"Noach wird geschildert als der vollkommen Glaubende [...]. Sein Glaube zeigte sich darin, dass er auf Befehl Gottes etwas tat, was in den Augen seiner Umgebung sicher völlig sinnlos, ja lächerlich war: Bei normalem Wetter, möglicherweise bei Sonnenschein ... eine Arche zu bauen und auch noch in sie hineinzugehen: '... bevor das Wasser der Flut kam'. Wer tut denn sowas?"
Tja, wer tut sowas? Mit diesem Gedanken lasse ich euch jetzt erst mal allein, Freunde; mehr Neues aus der Blogoezese gibt's, so Gott will und wir noch leben, nächste Woche...
Übrigens: Die Aussage „daß wir für den zweiten Verfassungszusatz behalten können und so unsere von Gott gegebenen Rechte schützen“ ist, selbst ohne das Wort „andere“, so zu lesen, als stünde „andere“ da. Was übrigens eine für einen rechten Debatteur, der auf das heiße Wortgefecht in kurzen Sätzen ohne große Denkpausen aus ist, *erstaunliches* Ausmaß an Präzision und Detailgenauigkeit ist. Hut ab. Ich finde sowas toll.
AntwortenLöschen(Auch wenn ich inhaltlich - was nicht einmal heißt, daß ich gegen Waffenbesitz bin - doch jedenfalls das spezielle Argument „wenn das Volk bewaffnet ist, traut sich der Staat nicht es zu knechten“ nicht für stichhaltig halte. Warum nicht? Der Staat hat immer das größere Waffenarsenal; unterdrückerische Maßnahmen haben üblicherweise die ggf. durch Propaganda erzeugte Zustimmung einer Mehrheit; und dann halte ich es zugegeben auch irgendwie für unsportlich, das *Restgewissen eines halbschärigen Unterdrückers* - nur da kann das etwas bringen - als Schwäche auszunützen, die ein völlig unmoralischer Tyrann nicht hätte.)
Das würde mich auch mal ernsthaft interessieren, wie man sich mit Waffen im Besitz von Privatpersonen heutzutage gegen einen tyrannischen Staat verteidigen will. Aber das muss doch wohl auch zu Zeiten der Entstehung der US-Verfassung schwierig gewesen sein, weil auch da die Staaten ein gut organisiertes und ausgebildetes Militär hatten. Ist damit gemeint, dass man die Möglichkeit haben muss, bei Bedarf halbwegs schnell eine halbwegs gut bewaffnete Guerilla zusammenstellen zu können? Wer entscheidet, wann das gemacht werden soll / darf?
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