...oder: Warum es unter
allen Umständen eine gute Idee ist, auf einer Demo den Rosenkranz zu
beten
Claudia hat bereits berichtet: Bei der Aktion „Mit dem Rosenkranz zur Anti-Nazi-Demo“
waren wir nur ein kleines Häuflein, haben uns aber nicht davon
abhalten lassen, die Sache durchzuziehen (und haben, bevor es
losging, zur nicht ganz ironiefreien Selbstaufmunterung den
Kinder-NGL-Klassiker „Wo zwei oder drei...“ gesungen). Einmal den
freudenreichen und einmal den schmerzensreichen Rosenkranz haben wir
inmitten der von linken bis linksradikalen Gruppierungen dominiertenGegendemonstration zum Rudolf-Heß-Gedenkmarsch gebetet, dazwischen
eine von mir (mit einigem Aufwand) aus dem Martyrologium Germanicum
zusammengestellte Märtyrer-Litanei:
Heiliger Maximilian Kolbe
– bitte für uns!
Heilige Theresia Benedicta vom Kreuz – bitte für uns!
Seliger Bernhard Lichtenberg – bitte für uns!
Seliger Karl Leisner –
bitte für uns!
Seliger Johannes Prassek
– bitte für uns!
Seliger Eduard Müller –
bitte für uns!
Seliger Hermann Lange –
bitte für uns!
Seliger Franz Jägerstätter – bitte für uns!
Seliger Rupert Mayer –
bitte für uns!
Seliger Alois Andritzki –
bitte für uns!
Seliger Nikolaus Groß –
bitte für uns!
Seliger Edward Klinik –
bitte für uns!
Seliger Francziszek Kesy
– bitte für uns!
Seliger Georg Häfner –
bitte für uns!
Seliger Marian Górecki –
bitte für uns!
Seliger Bronislaw Komorowski – bitte für uns!
Seliger Francziszek Rogaczewski
– bitte für uns!
Seliger Gerhard Hirschfelder – bitte für uns!
Seliger Anizet Koplin –
bitte für uns!
Seliger Josef Cebula –
bitte für uns!
Auch wenn wir mangels
Masse nicht besonders auffällig waren, einige unserer unmittelbaren
Nachbarn im Demonstrationszug haben sich sicherlich gewundert – und
sich wundern ist ja oft schon die Vorstufe zu einem Denkanstoß. Aber
es kommt ja nicht allein und nicht in erster Linie auf die
Außenwirkung an.
Claudia beschrieb ja
bereits die große Ruhe inmitten des Demonstrationslärms. Ich kann
das bestätigen – und möchte hinzufügen: Wenngleich man
anerkennen muss, dass die Gegendemonstration zum Nazi-Aufmarsch –
soweit ich es aus nächster Nähe mitbekommen habe – gemessen am
Anlass als ausgesprochen friedlich bezeichnet werden darf und zum
Teil sogar von einer recht fröhlichen Stimmung geprägt war, waren
auf Plakaten und in Sprechchören zum Teil durchaus aggressive
Parolen zu lesen und zu hören, und für die über einen
Lautsprecherwagen verbreiteten Redebeiträge galt das nicht minder.
Dazu haben wir einen klaren Kontrapunkt gesetzt. Inwiefern? Nun ja: Wenn man 53mal (bzw. eigentlich sogar 106mal, es waren ja zwei
Rosenkränze) betet „...bitte für uns Sünder...“, dann wird zumindest
einem selbst (wenn es schon sonst kaum einer mitkriegt) ziemlich
deutlich, dass es nicht darum geht, dass die Anderen die Bösen sind.
Sondern dass es um unsere Sünden geht – um das Potential zum
Bösen, das in jedem von uns steckt.
Wird dann noch (was, wie
z.B. Tante Wiki weiß, vielfach üblich ist, auch wenn es nicht
zwingend zum Rosenkranz gehört) nach jedem Gesätz das Fatima-Gebet
einschaltet –
„O mein Jesus,
verzeih uns unsere
Sünden,
bewahre uns vor dem Feuer
der Hölle,
führe alle Seelen in den
Himmel,
besonders jene, die
Deiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen“ –
dann wird einem noch
etwas Anderes klar. Diejenigen, die der Barmherzigkeit Jesu am
meisten bedürfen, das könnten durchaus die Nazis auf der anderen
Seite sein. Oder auch die mehr oder minder gewaltbereiten Extremisten
in den eigenen Reihen, die man möglicherweise bei der nächsten
anstehenden Demo (i.e., dem Marsch für das Leben) auf der Gegenseite
wiedertreffen wird. Oder auch jemand ganz Anderes. Wer es tatsächlich
ist, der der Barmherzigkeit Jesu am meisten bedarf, darüber urteilt
das Gebet nicht; das weiß Jesus selbst am besten. Aber wer es auch
sei, man betet auch und ganz besonders für diese Personen.
Und deshalb denke ich, es
ist unter allen Umständen eine gute Idee, auf einer Demo den
Rosenkranz zu beten. Was mich betrifft: jederzeit gerne wieder – und beim
nächsten Mal gerne mit größerer Beteiligung...
Tatsächlich war dies die Gelegenheit, wo ich das Fatima-Gebet zum ersten Mal wirklich schätzen lernte. Aus eben diesen Gründen.
AntwortenLöschenIch kann mir nicht helfen, aber ich halte es für einen Fehler, als kath. Christ an einer linksradikalen Demo teilzunehmen und dadurch diese Kräfte zu stärken. Es gibt zwar eine Schnittmenge mit den Linksradikalen (um mal einen etwas pauschalen Begriff für diese Szene zu verwenden) was die Ablehnung der Rechtsextremen betrifft, aber m.E. wiegt die Tatsache schwerer, daß auch diese Leute unsere freiheitliche, demokratische Grundordnung ablehnen und -wie sie in Hamburg gezeigt haben- gewalttätig bekämpfen.
AntwortenLöschenWer die Extremismen jeglicher Colour kleinhalten will, sollte unsere freiheitliche, demokratische Grundordnung respektieren und schützen und -wie Bockenförde formuliert hat- die Vorraussetzungen erhalten, von denen unser freiheitlicher Staat lebt, ohne sie garantieren zu können. Die Teilnahme an linksradikalen Demos (inkl. der üblichen Sitzblockaden) gehört nicht dazu.
Konnten Sie wirklich einen klaren, wahrnehmbaren Kontrapunkt setzen? Hätten die linken Demonstranten Sie dann nicht mit „Haut ab, haut ab!“ Rufen hinausgeschubst?
Ich finde, ein eigenständiger Gebetszug wäre besser gewesen.
Ich nehme diesen Einwand ausgesprochen ernst. Allerdings waren evangelische und katholische Kirchengemeinden ausdrücklich Mitveranstalter dieser Demonstration, die Evangelischen waren auch mit einem großflächigen Banner vertreten. Gerade weil die Kirchen mit zu dieser Demonstration aufgerufen hatten, fand ich es wichtig, dass auch katholische Christen identifizierbar mit dabei waren.
LöschenZwar waren wir zu Wenige, um groß "aufzufallen", aber zumindest bei denjenigen anderen Demonstranten, die nah genug an uns dran waren, um unser Gebet wahrnehmen zu können, haben wir zwar verwunderte, aber keine feindseligen Reaktionen geerntet.