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Donnerstag, 14. Juni 2018

Kann die Politik uns nicht vielleicht bitte doch retten?

Irgendwann musste das ja mal kommen: "Die Benedikt-Option" hat auf Amazon erstmals eine nicht uneingeschränkt positive Kundenbewertung bekommen. Mit "nur" 3 von 5 Sternen. Das ist an und für sich natürlich überhaupt nicht schlimm. Auch dass Rezensent "Kuddel" sich - obwohl er einleitend feststellt, das Buch enthalte "tatsächlich viele hilfreiche, bedenkenswerte und gute Ratschläge" - in seinen Ausführungen weitgehend auf die wenigen Punkte konzentriert, mit denen er nicht einverstanden ist, wodurch die Rezension negativer wirkt, als die Punktewertung es vermuten ließe, ist zunächst einmal sein gutes Recht. Da ich seine Kritikpunkte aber so bezeichnend - und zugleich über weite Strecken schlichtweg falsch - finde, denke ich, im Interesse der Sache sollte ich darauf antworten. 

"Ein Lebensrezept für überzeugte Christen - aber ist es auch anwendbar?" ist "Kuddels" Rezension überschrieben, und die in dieser Formulierung anklingenden Zweifel beziehen sich im Wesentlichen auf die zwei Teilaspekte der BenOp, bei denen solche Zweifel zu erwarten waren: Politik und Bildungswesen. Fangen wir mal mit dem "kleineren" der beiden Kritikpunkte an: 
"Ein 'Homeschooling' oder die Gründung eigener kleiner Schulen, in denen authentische Glaubensinhalte weitergegeben werden, ist in Deutschland mit der Pflicht, eine staatlich zugelassene Schule zu besuchen, schlichtweg nicht machbar. Damit entfällt ein ganzer Themenblock, dem Dreher in seinem Buch sehr viel Aufmerksamkeit widmet." 
An diesen Ausführungen ist einiges richtig und einiges falsch, und diese Mischung sorgt dafür, dass im Endergebnis auch das Richtige falsch wird. Richtig ist: "Homeschooling" ist in Deutschland (nicht aber in Österreich und großen Teilen der Schweiz) verboten; es gibt (seltene) Ausnahmegenehmigungen, aber prinzipiell gilt in Deutschland die Schulpflicht, und damit basta. Das (schon im Original recht überschaubare) BenOp-Unterkapitel zum Thema "Homeschooling" habe ich für die deutsche Ausgabe daher - in Absprache mit dem Autor - nochmals leicht gekürzt und mit einer Fußnote versehen, die auf die Rechtslage in Deutschland hinweist. Insgesamt sind in der deutschen BenOp-Ausgabe knapp 2 Seiten (von 398!) dem Thema "Homeschooling" gewidmet; die könnte man, wenn man das Thema als irrelevant betrachtet, getrost überblättern, statt sich zu beschweren. 

Was hingegen die "Gründung eigener kleiner Schulen" angeht, so ist diese in Deutschland wohl schwieriger als anderswo - eine Geschichte wie die von Marco Sermarini und seiner Frau Federica, die innerhalb von nur drei Monaten die Gründung einer Schule realisierten, die angangs nur von ihren eigenen und zwei weiteren Kindern besucht wurde (S. 276f.), wäre so in Deutschland sicher nicht möglich. Aber dass die Gründung Freier Schulen, "in denen authentische Glaubensinhalte weitergegeben werden", hierzulande "schlichtweg nicht machbar" sei, ist ja nun Quatsch. Dass Schulen "staatlich zugelassen" sein müssen, damit durch ihren Besuch die gesetzliche Schulpflicht erfüllt werden kann, heißt nicht, dass an Schulen in freier Trägerschaft alles genauso laufen müsste wie in der staatlichen Regelschule. Es gibt schließlich auch Waldorf- und Montessori-Schulen und andere alternative Schulmodelle; da sehe ich keinen Grund, warum nicht auch das klassisch-christliche Schulmodell, wie es in Kapitel 7 der BenOp ausführlich vorgestellt wird, in Deutschland realisiert werden könnte. Zum Beispiel an einer Schule in kirchlicher Trägerschaft. Die müssten sich das nur trauen. Da liegt wohl eher das Problem. (Genaueres zur Rechtslage in Bezug auf Ersatz- und Ergänzungsschulen siehe hier.) 

Davon abgesehen: Ganz allgemein würde ich behaupten wollen, wenn etwas unter den gegebenen Umständen "nicht machbar" ist, heißt das noch nicht zwingend, dass es sich nicht trotzdem lohnen könnte, sich damit gedanklich auseinanderzusetzen. Um beim konkreten Beispiel zu bleiben: Dass es in Deutschland eine strikte Schulpflicht gibt - die in ihrer bis heute gültigen Form übrigens eine "Errungenschaft" der NS-Zeit ist, aber das mal nur am Rande -, heißt ja noch nicht, dass man das gut und richtig finden muss, und übrigens auch nicht,  dass das für immer so bleiben muss. Es gab deswegen schon Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.  

-- Das leitet nun allerdings zum nächsten, umfangreicheren Kritikpunkt über. Für eine Abschaffung der strikten Schulpflicht bzw. ihre Ersetzung durch eine weniger stark regulierte Unterrichtspflicht, wie es sie in anderen zivilisierten Ländern gibt, einzutreten, wäre ja eine politische Forderung. Und ist es nicht gerade eine zentrale These der Benedikt-Option, dass Christen sich aus der Politik zurückziehen sollen? 

Würden Sie diesem Mann einen Gebrauchtwagen abkaufen? - Äh, welchem von den beiden?
(Bildquelle hier.)
-- Spoiler: Nö, ist es nicht. Ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, wieso sich dieses Missverständnis so hartnäckig hält, selbst bei Leuten, die das Buch gelesen haben und es daher besser wissen müssten. Leserrezensent "Kuddel" jedenfalls regt sich furchtbar auf über die Vorstellung, "die Christen zögen sich alle aus der Politik zurück"; das wäre "[g]eradezu fatal", ja "eine grauenhafte Vorstellung". 

Nur ist das ja wie gesagt gar nicht das, worauf die BenOp abzielt. In einem achteinhalb Seiten langen Unterkapitel mit der Überschrift "Traditionelle Politik: Was weiterhin getan werden kann" (S. 137-145) widmet sich Rod Dreher einlässlich der Feststellung, dass konventionelle Formen politischen Engagements nach wie vor möglich und auch notwendig sind; gleich im ersten Satz dieses Unterkapitels heißt es explizit: "Christen können es sich nicht leisten, sich vollständig aus dem öffentlichen Diskurs zurückzuziehen" (S. 137). "Die eigentliche Frage" sei "nicht, ob wir die Politik gänzlich aufgeben sollten, sondern wie wir politische Einflussnahme besonnen einsetzen" (ebd.). Und auf S. 161 betont er erneut: "Es geht nicht darum, dass wir aufhören sollten, wählen zu gehen oder uns anderweitig in der konventionellen Politik zu engagieren. Es geht vielmehr darum, dass das allein nicht mehr genügt."
Dieser letzte Satz ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis dessen, was die Benedikt-Option zum Gesamtbereich "Politik" zu sagen hat. Genauer führt Rod Dreher dies auf S. 146 aus:
"Die Politik der Benedikt-Option beginnt damit, anzuerkennen, dass die westliche Gesellschaft post-christlich ist und dass – wenn kein Wunder geschieht – keine Hoffnung besteht, dass sich dieser Zustand in der absehbaren Zukunft ändert. Das bedeutet, dass die Möglichkeiten für rechtgläubige Christen, auf dem Wege konventioneller Politik etwas zu erreichen, sich erheblich verringert haben."
Und nicht nur das; ganz grundsätzlich betont Rod Dreher:
"Gläubige müssen die gewöhnliche Falle meiden, zu glauben, Politik könne kulturelle und religiöse Probleme lösen. […] Die tiefgreifenden kulturellen Kräfte, die den Westen seit Jahrhunderten von Gott entfernt haben, werden nicht durch eine einzige Wahl aufgehalten oder zurückgedrängt werden – oder überhaupt durch Wahlen." (S. 161f.)
Demgegenüber  weist schon allein der Stellenwert, den "Kuddel" in seiner Kritik dem Thema Politik einräumt, auf genau den Umstand hin, den mein Freund Rod als "eine falsche Idolisierung, ja Vergötzung von Politik" (S. 135) kritisiert: dass nämlich ein bestimmter Typus von -- sagen wir nicht "konservativen Christen", sondern, um die Gewichtung deutlich zu machen, "christlichen Konservativen" dazu neigt, die Bedeutung und die Möglichkeiten von Politik massiv zu überschätzen. Zugespitzt bezeichnet Rod sie als "diejenigen konservativen Christen, die die Kirche als die Republikanische Partei beim Gebet betrachten oder mit mehr Überzeugung in die Wahlkabine gehen als zum Sonntagsgottesdienst" (S. 130). Wenn "Kuddel" fordert "Christen gerade HINEIN in die Parteien und sich dort engagieren!", dann wäre darauf zu erwidern: Mach das ruhig, und viel Erfolg dabei, aber glaub nicht, dass darin die Lösung aller Probleme zu finden wäre -- geschweige denn, dass das wichtiger wäre, als dass Christen sich der Aufgabe widmen, "in ihren kleinen Heimatgemeinden vor sich hinzuwurschteln".
"Christen müssen sich klar vor Augen halten, dass konventionelle amerikanische Politik das, was in unserer Gesellschaft und Kultur falsch läuft, nicht beheben kann. Sie ist dazu ungeeignet, weil sowohl ihr linker wie ihr rechter Flügel davon ausgeht, das eigentliche Ziel aller Politik sei es, die individuelle Entscheidungsfreiheit zu begünstigen und zu erweitern. Die Linke und die Rechte sind sich bloß darin uneinig, wo die Grenzen zu ziehen sind. Das Programm keiner Partei ist völlig vereinbar mit der christlichen Wahrheit.“ (S. 158)
Geradezu tragikomisch wird es, wenn "Kuddel" Rod Drehers Argumentation mit dem Einwand abschmettern zu können meint, das möge ja wohl für die USA - "mit ihrem recht undemokratischen Mehrheitswahlrecht und dem daraus resultierenden Zwei-Parteien-System" - gelten, nicht aber für Deutschland. Während die Auffassung, das "Mehrheitswahlrecht" in den USA sei, da es in einem "Zwei-Parteien-System" resultiere, "recht undemokratisch", wohl für eher geringe Sachkenntnis oder zumindest für ein sehr spezielles Demokratieverständnis spricht, scheint mir die Vorstellung, ausgerechnet in Deutschland ("In Deutschland haben wir [...] eine Vielzahl an Parteien, die sich ausdrücklich 'christlich' nennen, ein an christlichen Grundsätzen ausgerichtetes Programm aufweisen oder sich wesentlich den Schutz des christlich geprägten Abendlandes auf die Fahnen geschrieben haben") seien die Aussichten, die Politik im christlich-konservativen Sinne beeinflussen zu können, besser als in den USA, derart illusorisch, dass ich mich frage, unter was für einem Stein der Rezensent die letzten Jahre gelegen hat. Oh, ich vergaß: Söder lässt Kreuze in den bayerischen Amtsstuben anbringen! Jetzt wird alles gut! 

Aber mal im Ernst: Ich kann durchaus verstehen, dass und warum gerade der politische Teil der Benedikt-Option so viel ergrimmten Widerspruch hervorruft. Wir sind alle mehr oder weniger mit der Überzeugung aufgewachsen, die Demokratie löse alle Probleme. Festzustellen, dass das nicht stimmt, ist schmerzhaft -- zumal das für konservative Christen die Erkenntnis beinhaltet, dass ihre Anliegen in der Gesellschaft nicht mehrheitsfähig sind. Es kommt jedoch noch etwas anderes hinzu: Das Prinzip der repräsentativen Demokratie passt einfach so perfekt in unsere Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft, es appelliert an unsere Bequemlichkeit. Es wäre so schön, wenn man einfach nur wählen gehen müsste, und "die Politik" kümmert sich um alles Weitere. Und dann kommt ein Rod Dreher und sagt Dinge wie:
"Politik ist kein Ersatz für persönliche Heiligung. Das Beste, was rechtgläubige Christen heute noch von der Politik erhoffen können, ist, dass sie einen Freiraum schafft oder bewahrt, innerhalb dessen die Kirche ihre Werke der Nächstenliebe, des Kulturaufbaus und der Bekehrung betreiben kann." (S. 136)
Natürlich ist das eine Zumutung. Umso mehr, als man nicht damit rechnen kann, dass das eigene Bemühen um "Werke der Nächstenliebe, des Kulturaufbaus und der Bekehrung" im persönlichen Nahbereich unmittelbar sichtbare Früchte trägt. Aber da müssen wir durch. 

Noch ein paar Sätze extra muss ich zu "Kuddels" Einschätzung loswerden, in Deutschland gebe es im Unterschied zu den USA "migrationsbedingt auch eine ganz andere Bedrohungslage im Hinblick auf eine Verdrängung des Christentums". Da könnt' ich mich ja schon wieder aufregen. Ich will nicht leugnen, dass die Migrationskrise eine Reihe von gesellschaftlichen Problemen verursacht oder verschärft hat, aber die Gefahr einer "Verdrängung des Christentums" gehört sicherlich nicht dazu. Im Gegenteil würde ich hier tendenziell eher eine Chance für das Christentum in unserem Land sehen. Die Gefahr einer "Verdrängung des Christentums" geht hierzulande nicht von Zuwanderern aus, sondern vom Säkularismus in unserer eigenen Gesellschaft, und wenn das heimische Christentum nicht zu großen Teilen so müde, kraftlos und von der Tendenz zur Selbstsäkularisierung angekränkelt wäre, wäre es ausgesprochen albern, von ein paar Millionen Muslimen in der Bevölkerung eine "Islamisierung" zu befürchten. 

Aber nun gut: Zusammen mit dem betonten Bekenntnis, es gelte "für den Erhalt dessen zu kämpfen, was unsere Kultur und unsere Werte geprägt hat", und dem Umstand, dass die Politik der Regierung Ungarns als "leuchtendes Beispiel" herausgestellt wird, lässt der Hinweis auf die "migrationsbedingt[e] [...] Bedrohungslage" darauf schließen, dass "Kuddel" politisch irgendwo zwischen dem innerparteilich ins Abseits geratenen rechten Flügel der Union und der AfD zu verorten ist, und so gesehen finde ich es nicht nur folgerichtig, dass er mit der "antipolitischen Politik" der BenOp eher wenig anfangen kann, sondern bin im Grunde sogar ganz froh darüber. Es erspart einem Arbeit, wenn die Leute, von denen man sich abgrenzen müsste, das schon von sich aus tun. 



5 Kommentare:

  1. Also bevor irgendein Mitleser etwas anderes vermutet, Kuddel bin sicher nicht ich. :D

    Eine differenzierte Auseinandersetzung von mir mit der Benedikt-Option steht noch aus und kommt auch noch irgendwo in irgendeiner Form; ob sie jemanden interessiert, ist eine andere Frage.

    Generell scheint mir entgegen dem, was er selber meint propagieren zu müssen, daß mir Rod Dreher sogar *zu viel* Wert auf Politik legt.

    >>Das Beste, was rechtgläubige Christen heute noch von der Politik erhoffen können, ist, dass sie einen Freiraum schafft oder bewahrt, innerhalb dessen die Kirche ihre Werke der Nächstenliebe, des Kulturaufbaus und der Bekehrung betreiben kann.

    Hoffen kann man auf alles Legitime. Sofern es aber um realistische Hoffnung geht, die Mr. Dreher ja meint: nein, gerade das können wir realistischerweise von der Politik *nicht* erhoffen. Wir haben von der real existierenden Politik nichts zu erwarten im Bestfall Untätigkeit, Schlupflöcher und das Einfordern von Lippenbekenntnissen zu modernen Werten pp., die wir, wenn wir klug sind, gerade noch mit unserem Gewissen vereinbar abgeben und uns an den entscheidenden Quellen ausschweigen können; im zweitbesten Fall Knüppel zwischen die Beine.

    Aufgeben dürfen wir die Politik trotzdem nicht (ganz); und nein, ich unterstelle Mr. Dreher nicht, daß er das fordert (er sagt nur sehr ausführlich und oft, daß wir sie gewissermaßen *halb* aufgeben sollen ;-) ). Klar ist aber: Es handelt sich hierbei um den Gedanken, den C. S. Lewis in der nordischen Mythologie so schätzte und der sich so anhört:

    "The whole point of Odin was that he had the right but not the might. The whole point about Norse religion was that it alone of all mythologies told men to serve gods who were admittedly fighting with their backs to the wall and would certainly be defeated in the end. 'I am off to die with Odin' said the rover in Stevenson's fable, thus proving that Stevenson understood something about the Nordic spirit which Germany has never been able to understand at all. The gods will fail. The wisdom of Odin, the humorous courage of Thor (Thor was something of a Yorkshireman) and the beauty of Balder will all be smashed eventually by the realpolitik of the stupid giants and misshapen trolls. But that does not in the least alter the allegiance of any free man. Hence, as we should expect, real Germanic poetry is all about heroic stands, and fighting against hopeless odds ..."

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  2. Recht zu geben ist Kuddel allerdings darin, daß er das Mehrheitswahlrecht undemokratisch nennt - zumindest dann, wenn man unter "Demokratie" nicht "etwas, dem von der Tradition der Name Demokratie verliehen worden ist", sondern "etwas, das der Sache nach demokratisch ist" versteht. Insofern ist schon der Verhältniswahl-Parlamentarismus höchstens ein "demokratisches Element", das zu einer im Grunde genommenen aristokratischen Gesellschaft führt, das Mehrheitswahlrecht völlig undemokratisch - was für antike Philosophen aber ein Lob gewesen wäre.

    (Etwas völlig anderes ist, ob man die amerikanische *Gesellschaft* demokratisch nennt. Das ist eine Frage der gesellschaftlichen Grundkonventionen mindestens ebenso wie des politischen Systems, und in *dieser* Hinsicht spricht einiges dafür, daß Amerika in einer Weise eine Demokratie ist, die von Deutschland weit entfernt ist. Das eigentliche Deutsche in der Politik ist der *Rechtsstaat*; wir sind, und ich meine das gar nicht despektierlich, von Herzen gern Untertanen einer (möglichst) wohlwollenden nach Eignung, Leistung und Befähigung ausgewählten Beamtenbürokratie, bei der die wesentlichen Fragen im Zweifelsfall durch ein Gericht geklärt werden. - Aber daß Amerika als Gesellschaft demokratischer ist, macht nicht das System demokratischer.

    Freilich übersieht Kuddel, daß wir in Deutschland insbesondere eine Fünfprozenthürde haben, was, wie wir kürzlich gesehen haben, unter anderem dazu führt, daß vernünftige Kritikpunkte von rechts erst *dann* eine Chance haben, wenn sie einen Pakt mit dem Pöbel schließen, um dann vom Pöbel aufgefressen zu werden ("Pöbel" hier als Geisteshaltung, nicht als Vermögens- oder Dialektfrage verstanden) - *dann* aber eine sehr gute.

    Auch gibt es nicht "eine Vielzahl von christlichen Parteien", sondern genau zwei in einer Union verbundene, plus Kleinparteien, die Kuddel nicht meint. Hierfür gilt im Guten wie im Schlechten ziemlich dasselbe wie für die amerikanischen Republikaner, außer, im Guten, daß unsere Union sich weder einem Trump noch wirtschaftlichem Radikalliberalismus hingegeben hat und, im Schlechten, daß sie schneller als die Republikaner bei den berühmten Schlachten circa sextum nachgegeben hat.

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  3. Was übrigens das Folgende betrifft:

    >>"migrationsbedingt auch eine ganz andere Bedrohungslage im Hinblick auf eine Verdrängung des Christentums". Da könnt' ich mich ja schon wieder aufregen. Ich will nicht leugnen, dass die Migrationskrise eine Reihe von gesellschaftlichen Problemen verursacht oder verschärft hat, aber die Gefahr einer "Verdrängung des Christentums" gehört sicherlich nicht dazu.

    Deine politischen Bedenken teile ich sehr wohl. Diese Art von unheilsschwangerer Rede wird in der Regel von Leuten vom Stapel gelassen, die gegen die Ausländer gern auch mal die Moral beiseitelassen. An dieser Stelle muß man einfach auch mal sagen, daß man tun muß, was man tun muß, auch und gerade wenn man dadurch jämmerlich untergeht.

    Der Sache nach kann man allerdings eine gewisse Berechtigung der Befürchtung nicht leugnen. *Natürlich*

    >>wenn das heimische Christentum nicht zu großen Teilen so müde, kraftlos und von der Tendenz zur Selbstsäkularisierung angekränkelt wäre, wäre es ausgesprochen albern, von ein paar Millionen Muslimen in der Bevölkerung eine "Islamisierung" zu befürchten.

    ja, das stimmt, aber das heimische Christentum *ist* eben müde, kraftlos und von der Tendenz zur Selbstsäkularisierung angekränkelt. Und das wird sich so schnell auch nicht ändern.

    Und der Punkt ist, ohne Moslems würde ein religiöses Revival, wenn es irgendwann einmal kommen könnte und soweit es im kleinen stattfindet, recht sicher zugunsten der alten Religion ausfallen, aber *mit* einer Menge von eifrigen und überzeugten Moslems kann das durchaus anders sein. Nature abhors a vacuum. Ein wirklich christliches Deutschland *hätte* die Kraft gehabt, mit so vielen Moslems vernünftig, tolerant und liebevoll umzugehen, aber ob die Kraft des Deutschlands, wie es ist, dafür ausreicht?

    (Übrigens vermutlich der Grund, warum zu dem allerdings von dem "es ist nie erlaubt, Böses zu tun, auch wenn"-Prinzip verbotenen Alternative, die AfD zu wählen, ausgerechnet dort so viele greifen, wo es besonders viele Areligiöse und besonders wenige Moslems gibt. Nicht die Menschen sind das Problem, sondern das Prinzip, deswegen ist letzteres irrelevant; und die Areligiösen würden gern so bleiben, wie sie sind, und wissen unterschwellig, daß sie gegenüber einer kraftvoll auftretenden Religion keinen Bestand haben werden. Da ist selbst das schwache, kränkelnde Christentum noch besser.)

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    1. Übrigens ein Nachtrag OT zum letzten Punkt:

      Was aber mit dem Einwand "ja, aber die AfD hat doch auch sehr viele, wenn auch nicht ganz so viele, Stimmen in Bayern geholt"?

      Gewiß; der Grund hierfür ist vermutlich ein anderer, nämlich eine gewisse - manche sagen katholische - Vorliebe der Bayern für ein gewisses Rabaukentum verbunden mit Ausgegrenztwerden. Das hat schon bei der doch beachtlichen, wenn auch letztlich nicht entscheidenden Sympathie vieler, wenn auch nicht der Mehrheit der Bayern für die vor allem vor-1923er NSDAP eine entscheidende Rolle gespielt (wobei damals noch unterstützend hinzukam, daß "Nazi" damals als geselliger Rufname für "Ignaz" allgemein verbreitet war).

      Klammer zu. Tut hier zum Thema ja nichts zur Sache.

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  4. "und wenn das heimische Christentum nicht zu großen Teilen so müde, kraftlos und von der Tendenz zur Selbstsäkularisierung angekränkelt wäre, wäre es ausgesprochen albern, von ein paar Millionen Muslimen in der Bevölkerung eine "Islamisierung" zu befürchten."

    Nun ist allerdings das heimische Christentum müde, kraftlos und von der Tendenz zur Selbstsäkularisierung todkrank.

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