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Freitag, 4. Dezember 2015

"Noch Fragen, Schützenverein?"

Am Freitag letzter Woche erfuhr ich über Twitter, es gebe eine Schießerei vor einer Planned Parenthood-Klinik in Colorado Springs. Mein erster spontaner Gedanke war: Ach du Scheiße

Ich hatte einige Monate zuvor über Planned Parenthood gebloggt. PP ist der mit weitem Abstand größte "Anbieter" von Abtreibungen in den USA; in landesweit rund 700 Kliniken führt das Unternehmen jährlich über 300.000 Abtreibungen durch (also ungefähr alle eineinhalb Minuten eine). Anlass für meinen Blogartikel war eine Reihe von Undercover-Videos einer Lebensschutzorganisation, die enthüllte, dass Planned Parenthood Organhandel mit Körperteilen abgetriebener Kinder betreibt. Derzeit laufen infolge dieser Enthüllungen in mehreren US-Bundesstaaten Ermittlungen gegen PP, staatliche Fördergelder wurden gestrichen. Indessen stellt das Unternehmen sich unverdrossen als Opfer einer Schmutzkampagne dar, und sowohl Präsident Obama als auch seine Wunschnachfolgerin Hillary Clinton stellen sich demonstrativ hinter den sogenannten "Gesundheits(!)dienstleister". 

Bei der Nachricht von der Schießerei in Colorado Springs war mir innerhalb einer Sekunde klar, dass sich hier eine unschätzbare Gelegenheit für Planned Parenthood bot, sich mehr denn je zum Opfer zu stilisieren und die Lebensschutzbewegung in toto als fanatisch, militant und kriminell zu diskreditieren. Und natürlich kam es genau so

Immerhin dauerte es fast eine Woche, bis das auch auf mich zurückfiel - der ich ja mit meinem oben besagten Artikel zu der "Hetzkampagne" gegen Planned Parenthood beigetragen hatte, auch wenn ich wohl mit einiger Gewissensruhe davon ausgehen kann, dass der Attentäter von Colorado Springs nicht zu den Lesern meines Blogs gehört. Worauf es aber natürlich nicht ankommt, schon gar nicht aus Sicht der Lebensschutz-Gegner. Ein/e solche/r hinterließ gestern Abend unter meinem Planned Parenthood-Artikel einen Link zu einem zu diesem Zeitpunkt vier Tage alten Artikel der Süddeutschen Zeitung, versehen mit der Anmerkung: 

"Noch Fragen, Schützenverein?" 

Halten wir fest: Die Lebensschutzbewegung ist ein "Schützenverein". Und ich, der ich zwar kein ordentliches Mitglied irgendeines Lebensschutz-Verbands bin, mich aber zum Anliegen des Lebensschutzes bekenne, schon des Öfteren in diesem Sinne gebloggt habe und bei der einen oder anderen Veranstaltung von Lebensschutz-Gegnern unangenehm aufgefallen bin, gehöre by association diesem "Schützenverein" an und bin somit mindestens indirekt mitverantwortlich für die drei Toten und neun Verletzten von Colorado Springs. Gut zu wissen. 

Nun hatte ich ja inzwischen eine knappe Woche Zeit gehabt, mich umfassend über das Colorado Springs Shooting zu informieren; den im Kommentarbereich meines Blogs verlinkten Artikel der Süddeutschen hatte ich allerdings noch nicht gelesen und holte das nun nach. Und ich muss sagen, wenn der oder die anonyme Kommentator/in meines Blogartikels keine anderen Informationen über den Fall hatte als ebendiesen Artikel, kann man ihm oder ihr kaum einen Vorwurf daraus machen, zu welchen Schlussfolgerungen er oder sie gekommen ist. 

Der Artikel unter der Überschrift "Amoklauf in Frauenklinik" verliert keine Zeit, seinen Lesern zu suggerieren, wie der Vorfall zu bewerten sei: "Ein bewaffneter Mann erschießt in einer Abtreibungspraxis im US-Bundesstaat Colorado drei Menschen. Die Gewalttat zeigt, wie vergiftet das Klima bei diesem Thema ist. Entsteht daraus ein neuer Terrorismus?", lauten die ersten Zeilen. Im weiteren Verlauf übernimmt die SZ konsequent die talking points der PR-Abteilung von Planned Parenthood. Etwa, dass die "meisten Patienten [...] nicht für Abtreibungen zu Planned Parenthood" kämen, sondern sich "über Verhütung und Schwangerschaft beraten und vorsorglich untersuchen" ließen. "Viele der Patienten sind arm." Zum Organhandel-Skandal heißt es lapidar, PP habe "den Vorwurf zurückgewiesen und erklärt, die Aufzeichnungen der Gespräche seien manipuliert worden, um deren Sinn zu entstellen". Weiterhin wird unterstellt, der Todesschütze von Colorado Springs sei nur durch die massiven Sicherheitsvorkehrungen der Klinik daran gehindert worden, ein Massaker im Wartezimmer anzurichten:
"'Abtreibungskliniken müssen außergewöhnliche Sicherheitsvorkehrungen treffen, die bei anderen medizinischen Einrichtungen nicht notwendig sind', erklärte Vicki Saporta, die den Verband 'National Abortion Federation' leitet. 'Dies kann kugelsichere Westen beinhalten, gepanzerte Räume, Überwachungskameras und andere Sicherheitsvorschriften.' In der Klinik von Colorado Springs hätten die gut geschulten Mitarbeiter 'viele Menschenleben gerettet'."
Besonders beeindruckend an dem Artikel der Süddeutschen ist es, dass er zwar einräumt, bezüglich des Motivs des Täters bestehe Unklarheit - darüber aber souverän hinweggeht und erklärt: "Was auch immer Dear am Freitag bewegt hat: Seine Gewalttaten fallen in eine Zeit neuer Kontroversen um Abtreibungen in Amerika." Planned Parenthood-Mitarbeiterin Vicki Cowart wird mit der Aussage zitiert: "Wir teilen die Sorge vieler Amerikaner, dass Extremisten ein vergiftetes Klima schaffen, das den Terrorismus in diesem Land nährt." Weiter wird der Leser darüber informiert, dass "Kliniken wie die von Planned Parenthood und deren Mitarbeiter [...] immer wieder das Ziel von Drohungen, Einschüchterungen und Gewalt geworden" seien:
"In den vergangenen 20 Jahren ist es im Schnitt zu 257 Zwischenfällen pro Jahr gekommen, dazu gehörten überwiegend Landfriedensbruch, Vandalismus und Brandstiftung, wobei auch immer mal wieder [!] Ärzte erschossen wurden, weil sie Abtreibungen vorgenommen hatten, zuletzt 2009 in Kansas. Im Jahr 1994 hat Präsident Bill Clinton ein Gesetz unterschrieben, das Patienten und Angestellte auf dem Weg in die Kliniken schützt, wo sie regelmäßig bedroht und beschimpft werden." 
Fazit: Schlimme Leute, diese Lebensschützer. So ganz allgemein. Angesichts dieses Meisterwerks in Sachen Desinformation und Propaganda, das die SZ da vorgelegt hat, scheint es mir angezeigt, erst einmal ein paar Fakten zum Colorado Springs Shooting zusammenzutragen, ehe ich mich den an die Lebensschutzbewegung insgesamt gerichteten Vorwürfen und Unterstellungen widme.

  • Der - wie man bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung sagen muss - mutmaßliche Täter, der 57jährige Robert Lewis Dear aus North Carolina, war in seinem Heimatort als Eigenbrötler und Wirrkopf bekannt, der in einer Hütte ohne Wasseranschluss hauste und, wenn er überhaupt einmal mit jemandem sprach, allerlei Verschwörungstheorien zitierte; hingegen zeigte er kein besonderes Interesse am Thema Abtreibung oder an Religion. Es besteht keine bekannte Verbindung zwischen Dear und irgendeiner Lebensschutz-Organisation -- oder einer Kirche. Dear war wegen verschiedener Delikte, darunter Voyeurismus, häusliche Gewalt und Tierquälerei, polizeibekannt. Ein typischer Abtreibungsgegner also? Na ja, aus Sicht der Gegner der Lebensschutzbewegung vermutlich schon. 
  • Laut Aussage der Polizei lässt sich aufgrund der unzusammenhängenden Aussagen des anscheinend geistig verwirrten Festgenommenen kein klares Motiv für die Tat feststellen. Es ist nicht einmal sicher, ob der Angriff überhaupt gezielt gegen die Planned Parenthood-Klinik gerichtet war. Die Schüsse wurden nicht in der Klinik, sondern außerhalb dieser abgefeuert.
  • Unter den drei Toten und neun Verletzten des Anschlags sind keine Mitarbeiter oder Patientinnen der Planned Parenthood-Klinik. 
  • Der bei der Schießerei getötete Polizist Garrett Swasey war Prediger in einer presbyterianischen Kirchengemeinde und entschiedener Abtreibungsgegner. 
  • Führende Lebensschutz-Organisationen der USA haben den Anschlag entschieden verurteilt und klargestellt, dass Gewalt gegen Menschen in klarem Widerspruch zu ihren Zielen steht; gleiches gilt für Lebensschutzinitiativen vor Ort in Colorado Springs
Das alles ändert freilich nichts daran, dass viele Beobachter - von Hillary Clinton über die PP-Geschäftsführerin Cecile Richards und diverse US-amerikanische und deutsche Medien bis hin zu zahlreichen Nutzern sozialer Netzwerke - mit ihrem Urteil über den Fall schnell fertig waren: Der Täter könne ja nur ein militanter Abtreibungsgegner gewesen sein, aufgehetzt durch die "manipulativen" Organhandel-Videos, und der Vorfall zeige exemplarisch den Extremismus der Lebensschutzbewegung. (Sogar die Katholische Nachrichtenagentur KNA ging dieser Deutung zumindest tendenziell auf den Leim.) Was für bizarre Blüten diese Auffassung trieb, zeigte sich wenige Tage später, als im kalifornischen San Bernardino zwei oder mehr schwer bewaffnete Personen die Betriebsfeier einer Sozialeinrichtung für Behinderte stürmten, 14 Menschen töteten und zahlreiche weitere verletzten. Kaum liefen die ersten Meldungen über eine Schießerei über die Newsticker, da suggerierte der Nachrichtensender CNN auch schon einen Zusammenhang mit dem Anschlag in Colorado Springs und warf die Frage auf, ob es in der Nähe des Tatorts etwa eine Planned Parenthood-Einrichtung gebe. Das Magazin Bloomberg Business beantwortete diese Frage via Twitter: Tatsächlich gebe es im Umkreis von zwei Meilen (ca. 3,2 Kilometer) um den Ort der Schießerei eine PP-Klinik. Aha. Da werden sich die Täter wohl verlaufen haben. Der Bloomberg-Tweet löste kontroverse Diskussionen aus, in deren Verlauf jemand anmerkte, nur eine Meile vom Tatort entfernt gebe es ein Starbucks-Café. Leider lenkt auch dieser Umstand den Verdacht abermals auf radikale Christen. (Nein, nicht wirklich.) Das Lebensschutz-Nachrichtenportal LifeNews.com bewies Galgenhumor, indem es - abermals einen Tag später - eine obskure Nachricht über ein bösartiges Eichhörnchen, das bereits acht Menschen verletzt habe, mit der Frage konterte: "Ist eine Planned Parenthood-Einrichtung in der Nähe?"

Aber so lustig ist das Ganze ja in Wirklichkeit nicht. Dass die tödlichen Schüsse von Colorado Springs zum Anlass genommen werden, Abtreibungsgegner pauschal unter Terrorismusverdacht zu stellen, könnte man absurd finden ("Lebensschützer, die beten und Plakate hochhalten, sind für diese Schießerei genauso verantwortlich, wie die Beatles für die Gewalttaten Charles Mansons verantwortlich waren, und die meisten Leute wissen das", schrieb Ben Domenech am Montag in seinem Magazin The Federalist); aber Presseartikel wie derjenige der Süddeutschen Zeitung, die diese Mär unverdrossen weiterverbreiten und damit offenbar Zustimmung finden, beweisen, dass es Menschen gibt, die das ganz und gar nicht absurd finden. Eine umfassende Kritik solcher Thesen veröffentlichte der katholische Journalist und Blogger Pascal-Emmanuel Gobry am Dienstag im Magazin The Week; einige zentrale Aussagen dieses Texts möchte ich hier teils paraphrasieren, teils in freier Übersetzung zitieren.

Gobry bezeichnet die Strategie der Medien, die Lebensschutzbewegung für den Anschlag von Colorado Springs verantwortlich zu machen, als nicht nur "fernab der Realität", sondern auch "zutiefst betrüblich", da sie einen tief verwurzelten Mangel an Empathie verrate. Was den mutmaßlichen Schützen Robert Lewis Dear betreffe, so sei dieser allem Anschein nach geistesgestört. Das schließt nicht aus (auch wenn es, wie gesagt, keinesfalls sicher ist), dass er durch die Enthüllungen über die Organhandel-Machenschaften bei Planned Parenthood - oder allgemein durch eine kompromisslos ablehnende Haltung zum Thema Abtreibung - zu seiner Tat veranlasst wurde. Sehr wohl aber verbietet dieser Umstand es, ihn und sein Handeln als repräsentativ für die Lebensschutzbewegung zu betrachten. Ebensowenig - möchte man hinzufügen - sind andere Fälle von Gewaltakten gegen Abtreibungskliniken, deren Personal oder deren Patientinnen (wie sie etwa die Süddeutsche Zeitung anführt) repräsentativ für die Lebensschutzbewegung. Gobry betont, rund die Hälfte der US-Bevölkerung definiere sich als pro-life. Ziehe man in Betracht, dass Psychopathen rund 1% der Bevölkerung ausmachen, müsse man, so Gobry, davon ausgehen, dass es mit statistischer Wahrscheinlichkeit allein in den USA eineinhalb Millionen "Pro-Life-Psychopathen" gebe. Im Verhältnis zu dieser reinen Anzahl - bei der geistig gesunde, aber durch die Propaganda von Lebensschutzorganisation radikalisierte Menschen ja noch gar nicht mitgerechnet seien - sei die Zahl von Gewaltakten durch Lebensschützer doch bemerkenswert gering.

(Ziehen wir hier noch einmal den oben zitierten SZ-Artikel zu Rate, der für einen Zeitraum von 20 Jahren durchschnittlich 257 Fälle von Landfriedensbruch, Vandalismus und Brandstiftung pro Jahr errechnet. Das sind etwas mehr als 20 Fälle pro Monat in den gesamten USA, wo, wie gesagt, allein Planned Parenthood rund 700 Kliniken betreibt. Lassen wir die Tatsache, dass es auch noch andere Abtreibungskliniken gibt, für das Rechenexempel einmal unter den Tisch fallen, dann heißt das, dass im Durchschnitt jede PP-Klinik einmal in drei Jahren angegriffen wird, oder anders ausgedrückt, einmal pro 1.300 Abtreibungen. Man verstehe mich nicht falsch: Ich will keinen einzigen dieser Angriffe gutheißen oder auch nur verharmlosen. Aber aussagekräftig finde ich die Zahlenverhältnisse doch. Eine Aufstellung von "Straftaten mit rechts- und linksextremistisch motiviertem Hintergrund in Deutschland im Jahr 2013" weist für das genannte Jahr 744 rechts- und 867 linksextremistische Straftaten aus, darunter versuchte Tötungsdelikte, Körperverletzungen, Brandstiftungen, Sprengstoffanschläge, Landfriedensbruch, Freiheitsberaubung, Raub und Erpressung. In Deutschland, das nur rund ein Viertel der Einwohnerzahl der USA hat. Und jetzt rechne man mal.)

"Jede Massenbewegung, so friedlich ihre Ziele und die Methoden ihrer Anführer auch sein mögen, hat ihre gewaltbereiten Splittergruppen", stellt Gobry fest. "Das liegt einfach in der menschlichen Natur." Allerdings scheinen, rein statistisch gesehen, die gewaltbereiten Splitter der Lebensschutzbewegung doch deutlich kleiner zu sein als diejenigen anderer Bewegungen. Tatsächlich, so Gobry, "zeichnet sich die Lebensschutzbewegung gerade dadurch aus, wie erstaunlich wenig Terrorismus sie hervorbringt". Schauen wir uns in diesem Zusammenhang ruhig auch einmal die Morde an Abtreibungsärzten an, von denen die Süddeutsche Zeitung schreibt, sie kämen "immer mal wieder" vor. "Immer mal wieder" ist natürlich keine besonders präzise Angabe. Also, wie viele waren es denn nun tatsächlich? -- Acht. Seit 1977. Sagt die National Abortion Federation, die wahrlich keinen Anlass hat, in dieser Hinsicht tiefzustapeln. Noch einmal: Ich will keinen einzigen dieser Fälle gutheißen oder auch nur beschönigen. Aber eine generelle Gewaltbereitschaft von Lebensschützern lässt sich an dieser Zahl nun nicht gerade ablesen. -- Dass es nicht wesentlich mehr solcher Fälle gibt - und das trotz der Tatsache, dass Jeder, der der Überzeugung ist, das menschliche Leben beginne bei der Zeugung und sei von Beginn an schützenswert, in Abtreibungskliniken wie denen von Planned Parenthood monströse Tötungsfabriken sehen muss -, hat natürlich einen ganz einfachen Grund: Wenn man für das bedingungslose Lebensrecht jedes Menschen eintritt, wäre es einfach hochgradig widersinnig, für dieses Ziel Menschen zu töten. Dass es vereinzelte Irrläufer gibt, die genau das eben doch tun, beweist nur, zu welch widersprüchlichem Verhalten Menschen fähig sind - aber mehr auch nicht.

Eher nebenbei spricht Gobry auch "den Elefanten im Raum" (ich liebe diese Redewendung!) an: den islamistischen Terrorismus. Nach jeder von fanatischen Muslimen verübten Gräueltat wird eindringlich - und zu Recht - darauf hingewiesen, dass dieser Extremismus nicht repräsentativ für den gesamten Islam sei und dass man die zahllosen friedfertigen Muslime nicht für den Terror radikaler Splittergruppen verantwortlich machen dürfe. Wieso gesteht man dasselbe eigentlich nicht auch der gewaltlos agierenden Mehrheit der Abtreibungsgegner zu?

Allgemeiner gefragt: Woher kommt dieser Drang, gerade die Lebensschützer in ein möglichst schlechtes Licht zu rücken, sie als Extremisten, Terroristen, Mörder abzustempeln? Man könnte das für gezielte, interessegeleitete Verleumdung halten, und zum Teil ist es das wohl auch. Aber meine persönlichen Erfahrungen mit Lebensschutz-Gegnern haben mir den Eindruck vermittelt, dass viele von ihnen wirklich, ehrlich glauben, dass Lebensschützer böse sind. Man kann das vielleicht als eine Art psychologischen Schutzmechanismus betrachten: Wer von vornherein gar nicht in Erwägung zieht, dass die Lebensschützer Recht haben könnten, braucht sich mit ihren Argumenten gar nicht mehr inhaltlich auseinanderzusetzen und läuft somit nicht Gefahr, den eigenen Standpunkt in Frage zu stellen. Pascal-Emmanuel Gobry sieht das offenbar ähnlich: Auch er stellt fest, dass Lebensschützern von ihren Gegnern gern unlautere Motive unterstellt werden - und sieht darin ein Zeichen fehlender Empathiefähigkeit:
"Pro-Lifer glauben wirklich an das, wovon sie sagen, dass sie es glauben: Sie glauben, dass das Leben mit der Empfängnis beginnt und dass menschliches Leben wertvoll ist, und sie möchten es beschützen. Ihnen etwas Anderes zu unterstellen zeigt eine völlige Unfähigkeit, andere Standpunkte als den eigenen nachzuvollziehen." 
Den politischen Gegner als menschliches Wesen anzuerkennen und ihm prinzipiell gute Absichten zuzubilligen, fügt Gobry hinzu, sei ein Erfordernis staatsbürgerlichen Verhaltens - auch und besonders gegenüber Menschen und Standpunkten, bei denen einem das nicht leicht falle. Ich schätze, dies ist eine Mahnung, die sich Jeder, auf welcher Seite er auch stehen mag, immer mal wieder vor Augen führen und zu Herzen nehmen sollte. Nicht nur in Bezug auf das Thema Abtreibung. Aber da eben auch.


3 Kommentare:

  1. Auf denen von Ihnen verlinkten Videos lassen sich zumindest zwei Straftaten einwandfrei erkennen. Erstens ist es in den USA verboten als "Agent Provokateur" andere zu Straftaten zu verleiten und zweitens ist es in den USA strafbar Gespräche ohne Einverständnis mitzuschneiden und zu veröffentlichen. Außerdem reicht ein bloßes Hinschauen um zu erkennen, dass die Videos nachgeschnitten, nachsynchronisiert und verändert worden sind insofern wird man auch über Verleumdung reden müssen. Leute wie Daleiden sind einfach nur gewöhnliche Kriminelle, die sich irgendwelche prägnante Themen umhängen um damit Hass zu schüren, Gewalttaten miteingerechnet. Es handelt sich hier auch nicht um "Lebensschützer", denn sie schützen niemanden außer ihr eigenes Ego. Das gilt im Übrigen auch für Klaus Günter Annen. Seriöse Lebensschutzorganisationen wie zum Beispiel die "Aktion Leben" der öst. Bischofskonferenz haben sich längst deutlich von diesen Leuten distanziert. Es würde auch dem Dampfplauderer Martin Lohmann gut anstehen sich von Hasspredigern dieser Art deutlich zu distanzieren.

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    1. Sie haben die Videos angesehen und bringen es fertig, sich mehr über die Art und Weise des Zustandekommens der Aufzeichnungen zu empören als über das Zerstückeln von Kindern? Ernsthaft?

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    2. Wenn es nun nicht um abgetriebene, noch gerade lebende Kinder handelte, die säuberlich kleingeschnitten werden, sondern - sagen wir mal, um Tiere in Versuchslabors - wäre es dann auch schlimm, undercover zu drehen?
      Ich fürchte, das würde mit größerer Wahrscheinlichkeit als Heldentat angesehen.

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