Wie regelmäßige Leser meines Blogs wissen werden, hat mein Interesse bzw. meine Anteilnahme am Wohl und Wehe der katholischen Kirchengemeinde meines Heimatortes in jüngster Zeit erheblich zugenommen. Ich wohne zwar schon seit über 18 Jahren nicht mehr dort und war in den letzten Jahren immer nur für ein paar Tage über Weihnachten am Ort; aber Heimat bleibt eben Heimat, und die liegt in erster Linie im Herzen. Natürlich hat mein neu erwachtes Interesse auch nicht zuletzt damit zu tun, dass "da oben", seit die beiden langjährigen Ortspfarrer in den verdienten Ruhestand verabschiedet worden sind, so Einiges in Bewegung geraten zu sein scheint - nachdem ich lange Zeit, unterschwellig zumindest, davon ausgegangen war, "da oben" würde sich nie irgend etwas ändern. Wenigstens nicht zum Besseren.
Nachdem die letzten Neuigkeiten aus der Pfarrei St. Willehad, von denen ich Kenntnis erhalten hatte, doch recht dramatisch daherkamen, freue ich mich umso mehr, heute Erfreulicheres zu Protokoll geben zu können. -- Zunächst einmal: In Nordenham war an diesem Sonntag Erstkommunion. Mit sage und schreibe 30 Kindern. Acht weitere Kinder feiern ihre erste Heilige Kommunion am nächsten Sonntag in der Filialkirche Herz Mariae in Burhave. 38 Erstkommunionkinder in einer Pfarrei mit gerade mal 3.400 Katholiken, das scheint mir ein ziemlich beachtliches Zahlenverhältnis. Es liegt signifikant über dem Bundesdurchschnitt, und erst recht über den Zahlen, die mir aus Berlin-Neukölln bekannt sind. Vielleicht - das kann ich nicht einschätzen - handelte es sich um einen bei den örtlichen Katholiken besonders "geburtenstarken Jahrgang", aber wie dem auch sei, ein erfreuliches Bild geben die Nordenhamer Erstkommunionkinder allemal ab.
-- An dieser Stelle einige weiterführende Gedanken: Im von der Deutschen Bischofskonferenz herausgegebenen Dossier "Katholische Kirche in Deutschland - Zahlen und Fakten 2013/14" erfährt man auf S. 14f., dass "[k]atholisch getaufte Kinder [...] laut Statistik fast ausnahmslos zur Erstkommunion" gehen. Weiter heißt es, dass sich statistisch gesehen "sieben von zehn zur Erstkommunion geführten Kindern" vier bis sechs Jahre später firmen lassen. Man könnte diesen Sachverhalt auch anders ausdrücken: In den vier bis sechs Jahren zwischen Erstkommunion und Firmung gehen der Kirche 30% ihres Nachwuchses verloren. Nicht selten hört und liest man Klagen darüber, dass für viele Kinder die Erstkommunion zugleich die "Letztkommunion" sei. Man muss sich die Frage stellen, woran das liegt bzw. was man dagegen tun könnte. Einen Fingerzeig gibt da bereits das zitierte DBK-Dossier selbst: "Dieses Fest hat für die meisten Kinder eine besondere Bedeutung, mit seiner Vorbereitungszeit, der eigentlichen Feier und Gästen". Nun möchte man den Kindern, ihren Eltern und den Gästen dieses schöne Fest natürlich gern gönnen, ja, mehr noch: Es ist durchaus richtig und angemessen, die Erstkommunion zum Anlass für ein großes und fröhliches Fest zu nehmen. Nur sollte dieses Fest nicht der eigentliche Zweck der Übung sein - ebenso wie z.B. eine schöne Hochzeitsfeier nicht der Grund dafür sein sollte, dass man heiratet. Dies deutlich zu machen und - bei den Kindern selbst wie auch bei deren Angehörigen - ein Verständnis für die Eucharistie als "Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens" - wie es im Katechismus der Katholischen Kirche, Artikel 1324, heißt - zu schaffen, ist eine zentrale Herausforderung an die Erstkommunion-Vorbereitung.
Wie man der Nordwest-Zeitung entnehmen kann, begannen die Vorbereitungen auf die diesjährige Erstkommunion in St. Willehad im letzten November, geleitet von Diakon Christoph Richter und acht Katechetinnen in fünf Gruppen. Zur Verwendung kam dabei das Buch "Gott mit neuen Augen sehen. Wege zur Erstkommunion" von Albert Biesinger u.a.; das Buch kenne ich zwar nicht, habe aber ein interessantes Interview mit dem Hauptautor Biesinger gelesen, in dem dieser sein Konzept von Erstkommunion-Vorbereitung als Familienkatechese erläutert. Der Religionspädagoge und ständige Diakon hebt die Problematik der "Glaubensweitergabe in der Familie" hervor und wirft die Frage auf, "wie die nachwachsende Elterngeneration überhaupt noch motivierbar ist und lernt, ihre Kinder religiös zu erziehen".
- Diese Fragestellung erscheint in der Tat ausgesprochen wesentlich. Erst gestern kam mir ein Artikel der Berner Zeitung mit dem Titel "Das Problem der Kirche beginnt in den Familien" zu Gesicht, in dem die Religionspädagogik-Professorin Isabelle Noth einen in den Familien um sich greifenden "christlichen Analphabetismus" beklagt. Frau Prof. Noth widerspricht darin auch der verbreiteten Auffassung, die Vermittlung religiöser Inhalte an Kinder sei "Propaganda, der die Eltern ihre Kinder nicht aussetzen" sollten, und betont: "Wer den Kindern den Glauben und die religiösen Traditionen seiner Familie nicht näherbringt, enthält ihnen etwas Wichtiges im Leben vor". Der Forderung, man solle lieber "den Nachwuchs später selber über die Kirchenzugehörigkeit entscheiden [...] lassen", hält sie den Einwand entgegen: "Wie soll ein junger Erwachsener etwas beurteilen, das er gar nicht kennt?" Wohl wahr - wie aber sollen dann Eltern ihren Kindern etwas vermitteln, was sie selbst nur unzureichend kennen? (Darüber, was dabei herauskommen kann, wenn Kinder nicht-religiöser Eltern im - katholischen - Kindergarten mit religiösen Inhalten konfrontiert werden, war jüngst bei Alipius etwas zu lesen.)
Prof. Biesinger betont nun, Eltern seien "sehr wohl in der Lage, ihr Kind religiös zu begleiten, wenn sie selbst entsprechend begleitet werden". Erstkommunionvorbereitung als Familienkatechese, das bedeutet demnach, Eltern in die Glaubensunterweisung ihrer Kinder einzubinden und dadurch gleichzeitig auch zu motivieren, "sich selbst mit dem Glauben vertieft zu beschäftigen". Ein durchaus vielversprechendes Konzept.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass der "Arbeitskreis Theologie und Katechese" in seiner Evaluation von Erstkommunions-Vorbereitungsbüchern Biesingers oben genanntes Buch "[t]rotz einiger guter Einzelinhalte negativ" bewertet. Die 24 Seiten umfassende Begründung dieses Urteils habe ich nicht zur Gänze gelesen, aber überflogen; die Kritikpunkte kann ich zum Teil nachvollziehen oder sogar unterschreiben, zum Teil finde ich sie - mit Verlaub gesagt - aber auch etwas kleinlich bzw. erbsenzählerisch, besonders wenn man bedenkt, dass man es in aller Regel mit Drittklässlern zu tun hat (und mit deren Eltern, bei denen man, wie oben angedeutet, davon ausgehen muss, dass es mit ihren theologischen Grundkenntnissen auch nicht unbedingt zum Besten steht). Da muss man erst einmal eine Sprache finden, die verstanden wird, auch wenn manche Formulierungen dogmatisch nicht ganz korrekt oder zumindest missverständlich sein mögen. Und letztlich kommt es ja immer noch darauf an, wie man mit dem Buch arbeitet. Der Ansatz, Erstkommunionvorbereitung als Familienkatechese zu verstehen und zu gestalten, wird jedenfalls auch vom "Arbeitskreis Theologie und Katechese" ausdrücklich gelobt.
Wünschen wir den 38 diesjährigen Erstkommunionkindern aus Nordenham, Butjadingen und dem Stadland also alles Gute für ihren weiteren Glaubensweg und Gottes reichen Segen in allen Lebenslagen - und schauen mal, was es in der Pfarrei St. Willehad sonst noch Neues gibt. Zum Beispiel hat die von 111 Kindern besuchte katholische Kindertagesstätte St. Willehad in Nordenham einen neuen Spielhügel in Gestalt einer Ritterburg. Er wurde am Freitag mit einem "kirchlichen Segen von Pfarrer Torsten Jortzick und Diakon Christoph Richter" eingeweiht. Die vorherige Anlage war nach 30 Jahren komplett erneuerungsbedürftig. Und wer gern in geharnischtem Ton über die Finanzierung kirchlicher Einrichtungen debattiert, dem sei verraten, dass die Kosten in Höhe von rund 53.000 Euro zu zwei Dritteln von der Stadt Nordenham und zu einem Drittel von der Pfarrei getragen wurden. There you go. (Im Laufe des Jahres steht noch die Erneuerung der Waschräume an, die wird erheblich teurer. Wird dafür aber auch komplett von der Stadt bezahlt.)
Und dann habe ich der Pfarrei St. Willehad neulich eine Mail geschrieben, mit dem Angebot, ich würde gern mithelfen, die Pfarrei im Internet präsenter zu machen. Zum Beispiel durch Einrichtung und Betreuung einer Facebook-Seite. Am Samstag schrieb mir Diakon Richter dann sehr nett zurück: Tatsächlich sei das alles schon in Arbeit. Und richtig, noch am selben Abend ging die Facebook-Seite "Katholische Kirchengemeinde St. Willehad Nordenham-Butjadingen-Stadland" online. Habe ich gleich mal mit "gefällt mir" markiert und auch unter meinen Facebook-Kontakten kräftig die Werbetrommel gerührt. Schon ein paar Tage länger gibt es die Facebook-Seite "Willi's - Die Urlauberkirche in Butjadingen". Ein Projekt zur Urlauberpastoral auf dem Campingplatz. Aktuell sucht die Urlauberkirche Gruppenleiter für die Sommersaison.
Es bleibt also spannend in der alten Heimat. Ich bleibe dran und werde weiter berichten...!
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