Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Freitag, 27. September 2019

Acht Jahre "Huhn meets Ei" - und wie es weitergeht

Früher, wenn ich hörte, wie Leute von Erfahrungen sprachen, die ihr "ganzes Leben verändert" hätten, dachte ich oft: Ich weiß gar nicht, ob ich so eine Erfahrung machen möchte. Wer weiß, ob dieses andere Leben mir dann überhaupt gefallen würde. 

Heute kann ich sagen, dass das Bloggen mein Leben definitiv verändert hat, auf vielfältige Weise. Und ja, es gefällt mir. Sehr

Acht Jahre ist es jetzt her, dass ich mir ziemlich spontan und mit ein bisschen Hilfe meiner damaligen Freundin (wofür ihr auf ewig Dank und Anerkennung gebührt) einen Blog einrichtete und ihn "Huhn meets Ei" nannte. Da mein Blog, auch wenn ich das zunächst nicht unbedingt so geplant hatte, von Anfang an einen gewissen religionspolitischen (und entschieden katholischen) Schwerpunkt hatte, wurde im Laufe meines ersten Bloggerjahres die erz- und dunkelkatholische Blogger-Community deutscher Zunge, genannt "Blogoezese", auf mich aufmerksam und "adoptierte" mich gewissermaßen; aber das habe ich bereits vor sieben Jahren, zu meinem einjährigen Jubiläum, ausgiebig geschildert. Wo ich das schon erwähne, kann ich auch gleich auf meine Jubiläumsartikel zum vier-, fünf- und sechsjährigen Bestehen dieses Blogs hinweisen, denn da stehen ebenfalls Sachen drin, die ich hier ja nicht unbedingt noch mal wiederholen muss. 

Symbolbild, Quelle: Pexels 
Jedenfalls: Hätte ich seinerzeit nicht mit dem Bloggen angefangen (und es dann auch durchgezogen), wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Das geht schon damit los, wie das Bloggen die Entwicklung meines Glaubenslebens beeinflusst hat. Vor acht Jahren ging mein Verhältnis zum katholischen Glauben kaum über das eines intellektuellen Snobs hinaus, der jederzeit bereit ist, die Glaubenslehre der Kirche argumentativ zu verteidigen, solange er selbst nicht nach ihr leben muss. Das ist jetzt natürlich ein bisschen zugespitzt formuliert, aber nicht ganz weit weg von der Realität. Das Bloggen trug - durch den dadurch zustande gekommenen Kontakt zu anderen "Netzkatholiken", die Recherchen für meine Artikel und, ja, auch durch die unvermeidlichen Irritationen, die meine Online-Publikationstätigkeit in meinem nichtgläubigen Freundes- und Bekanntenkreis auslöste - erheblich dazu bei, meinen Glauben zu vertiefen, zunächst theoretisch, dann zunehmend auch praktisch, etwa indem ich Praktiken wie das Stundengebet und die Eucharistische Anbetung für mich entdeckte. 

Auch beruflich hat mir das Bloggen neue Perspektiven erschlossen, aber ehe ich darauf eingehe, möchte ich zunächst einmal hervorheben, dass ich mittels meines Blogs auch meine Liebste kennengelernt habe. Jetzt sind wir seit bald drei Jahren verheiratet und haben ein knapp zwei Jahre altes Kind. Wenn das mal keine einschneidende Veränderung des Lebens ist.  Natürlich hat das dann auch wiederum auf die inhaltliche Ausrichtung und sonstige Entwicklung meines Blogs zurückgewirkt, und auch das wieder in mehrfacher Hinsicht. Einmal bedingt eine solche Veränderung der Lebensumstände naturgemäß auch eine Veränderung der Interessenschwerpunkte, aber mindestens genauso wichtig ist, dass der tägliche Gedankenaustausch mit meiner Frau (und unsere gemeinsamen Aktivitäten in der Kirchengemeinde, aber das ist ein Thema für sich) erheblichen Einfluss auf so ziemlich alles hat, was mir durch den Kopf geht und dann auch aus der sprichwörtlichen Feder fließt. Gar nicht davon zu reden, dass ich eine Reihe von Erlebnissen, über die ich hier berichte, ohne meine Frau überhaupt nicht gehabt hätte; nicht ohne Grund gibt es auf diesem Blog die Rubrik "Dinge, zu denen mich meine Liebste überredet hat"

Langjährige Leser werden, so glaube ich, bestätigen können, dass sich auf diesem Blog in Sachen "Branding" in den letzten Jahren einiges getan hat. Der Welpenschutz, den man als "aufmüpfiger Jungblogger" eine Zeit lang genießt, ist ja schließlich irgendwann mal abgelaufen, und dann muss man zusehen, dass man sich ein eigenständiges, unverwechselbares Profil zulegt, um sich von den Mitbewerbern abzuheben. Diesbezüglich würde ich sagen, seit gut drei Jahren habe ich mit dem Label "Punkpastoral" - oder anders ausgedrückt: mit dem Themenkomplex "Neuevangelisation, Gemeindeaufbau und Gemeindeerneuerung als Graswurzelinitiative" - definitiv "mein Thema" gefunden. Inzwischen hat sich, verstreut über eine Vielzahl von Blogartikeln, wohl ausreichend Material für das eine oder andere Buch zu diesem Thema angesammelt; ich müsste nur mal dazu kommen, es zu schreiben (bzw. zu "kompilieren"). -- Was mich übrigens darauf bringt, dass ich ja noch etwas zum Thema "berufliche Perspektiven" sagen wollte. Den komischen Job, den ich vor acht Jahren ausgeübt habe, was ich seinerzeit vor mir selbst damit rechtfertigte, dass ich nun mal irgendwie meine Promotion querfinanzieren müsse, habe ich zwar einerseits noch eine ganze Weile  weiter ausgeübt, trotz des Bloggens und auch nach erfolgreichem Abschluss der Promotion, andererseits hätte ich es sicherlich auch (oder sogar gerade) ohne das Bloggen nicht ewig in diesem Job ausgehalten. Aber ich weiß beim besten Willen nicht, ob ich den Mut gefunden hätte, mir den Kindheitstraum zu verwirklichen, freier Autor zu werden, wenn mir mein Blog nicht eine Reihe von für ein solches Vorhaben hilfreichen Kontakten erschlossen hätte. Und ohne die Unterstützung meiner Frau hätte ich diesen Schritt wohl erst recht nicht gewagt, aber jetzt fange ich an, mich zu wiederholen. 

Und dann natürlich die Benedikt-Option. Dass mich Rod Drehers so betiteltes Buch, sobald ich einmal darauf aufmerksam geworden war, unmittelbar begeistert hat, war eine durchaus natürliche Folge meines zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich ausgeprägten Interesse am Thema "christliche Graswurzelrevolution"; zugleich wäre ich ohne meine Bloggertätigkeit und die direkt oder indirekt dadurch zustande gekommenen Kontakte wohl von vornherein gar nicht auf dieses Buch aufmerksam geworden, und erst recht hätte ich gar nicht die Möglichkeiten gehabt, mich in dem Ausmaß für die Rezeption dieses Buches und des dahinter stehenden Konzepts im deutschsprachigen Raum stark zu machen, wie ich es getan habe und weiterhin tue. Als ich vor ein paar Wochen Rod Dreher traf, sagte er zu mir: "You're not just the translator -- you're the one who made the BenOp happen in Germany. You are the Boniface of the Benedict Option!" Ich glaube, das möchte ich mir auf ein T-Shirt drucken lassen. Ich brauche nur noch jemanden, der mir ein geiles Artwork dafür entwirft. Irgendwas mit einem Baum und einer Axt

Was ich damit sagen will: Ohne den vor acht Jahren gefällten Entschluss zum Bloggen wäre das alles nicht passiert

Nun ist der Umstand, dass ich dem Bloggen so viel verdanke, natürlich an und für sich kein hinreichender Grund, bis in alle Ewigkeit damit weiterzumachen; zumal man zuweilen den Eindruck haben kann, das Medium "Blog" sei im Ganzen ein typisches Produkt der "nuller Jahre" und habe sich allmählich mal überlebt. Zuweilen frage ich mich durchaus, ob sich das überhaupt lohnt; ob ich nicht lieber mehr Zeit und Energie darauf verwenden sollte, für Publikationen zu schreiben, die mehr Reichweite haben und mich womöglich sogar für meine Mitwirkung bezahlen. Denn das tue ich zwar auch, aber da wäre durchaus noch Luft nach oben.

Wobei: Mit dem Verhältnis zwischen Reichweite und Relevanz ist das so eine Sache; darüber habe ich mir schon in meinem Jubiläumsartikel von vor zwei Jahren einige Gedanken gemacht. Dazu eine kleine Anekdote: Beim diesjährigen Forum Altötting traf ich einen Mitarbeiter des Bistums Münster (Pastoral- oder Gemeindereferent, glaube ich), der sich als Leser meines Blogs outete und erklärte, er sei ja nicht immer mit mir einverstanden (wer wäre das schon?), finde aber doch recht vieles von dem, was ich so schreibe, wertvoll und richtig -- könne das in seiner beruflichen Position aber nicht zugeben. Interessant. Abschließend meinte er noch: "Sie werden mehr gelesen, als Sie denken." Hm. Woher weiß er, was ich darüber denke, wie viel ich gelesen werde?

Aber, ganz ehrlich gesagt: Ich genieße es viel zu sehr, in meinem Blog schreiben zu können, was, wie, wann und wie viel ich will; wie mir der Schnabel gewachsen ist und ohne irgendwelche Rücksichten nehmen zu müssen, als dass ich ernsthaft erwägen würde, in absehbarer Zeit damit aufzuhören. Zwar gibt es beispielsweise bei der Tagespost und bei Radio Horeb Redakteure, die mir ziemlich freie Hand lassen und mir das Gefühl geben, voll hinter mir zu stehen, aber dass ich da nicht so schreiben kann wie hier, weiß ich trotzdem schon von alleine. 

Letzten Endes, glaube ich, könnte keine andere Publikationsform das bieten, was ich am Bloggen so mag. Aber ein bisschen 'rumspinnen kann man ja trotzdem mal, so kennen mich meine Leser schließlich. In den Weiten des Internets bin ich mal eher zufällig über das Magazin "Believer" gestolpert. Dem Titel zum Trotz ist das kein religiöses Magazin, jedenfalls nicht in einem konventionellen Verständnis von Religion. Trotzdem dachte ich spontan: So in dem Stil - in Hinblick auf die optische Gestaltung, die Themenvielfalt und die Ausrichtung darauf, das Gute, Schöne und Wahre in allen Dingen zu suchen und zu finden - würde ich mir ein deutschsprachiges #BenOp- bzw. Punkpastoral-Magazin vorstellen oder wünschen. Da könnte ich dann programmatische Essays über die christliche Graswurzelrevolution, lustige Anekdoten aus dem Alltag und Buch- und Musikkritiken ohne Rücksicht auf "Aktualität" veröffentlichen; Leute, die sich mit den jeweiligen Themen auskennen, könnten Artikel über Permakultur, Imkerei, Müllvermeidung und Food Coops beisteuern und wiederum andere Leute Gedichte, Comics und Kochrezepte. Das Ganze auf entschieden christlicher Grundlage, die aber nicht notwendigerweise in jedem einzelnen Beitrag explizit zur Sprache kommen muss. Für so ein Magazin könnte ich mir vorstellen, das Bloggen an den Nagel zu hängen.

Bis auf Weiteres ist damit aber wohl nicht zu rechnen.


1 Kommentar: