Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Montag, 9. September 2019

Kaffee & Laudes - Das Wochen-Briefing (23. Woche im Jahreskreis)

Was bisher geschah: Wie berichtet, landete ich am Montag in aller Frühe in Zürich und fuhr von dort aus mit der Bahn weiter nach St. Gallen, wo mich der Pfarrer von Lustenau (Vorarlberg), Thomas Sauter, mit dem Auto abholte. In Lustenau wurde ich im Hotel "Krönele" untergebracht, wo ich fast unmittelbar nach meiner Ankunft mit Rod Dreher zusammentraf. Obwohl dies erst unsere zweite "Real Life"-Begegnung war  und die erste über zwei Jahre zurücklag, fühlte es sich an wie ein Wiedersehen unter alten Freunden. Zum Mittagessen wurden wir vom Pfarrer und einem jungen Mann aus seiner Gemeinde abgeholt, der bei der Veranstaltung am Abend die Publikumsdiskussion moderieren sollte; wir fuhren über die Schweizer Grenze nach Berneck zum Gasthaus Ochsen, denn "da ist das Fleisch besser", versicherte uns Pfarrer Thomas. "Und teurer!", warf sein junger Mitarbeiter ein. (Das Fleisch war wirklich ausgezeichnet.) Über den Montagabend in Lustenau müsste ich eigentlich an anderer Stelle ausführlicher berichten; so viel sei aber doch verraten, dass ich von Pfarrer Tomas Sauters Predigt in der Abendmesse ausgesprochen bewegt war und dass Rods Vortrag, bei dem ich als Übersetzer agierte, sehr gut besucht war und, soweit man es von der Bühne herab beurteilen konnte, beim Publikum überwiegend positiv aufgenommen wurde. Anschließend saßen wir noch eine ganze Weile mit einigen Besuchern des Vortrags - darunter drei reformierten Pastoren aus der Schweiz - in der eigentlich montags geschlossenen Hotelbar und tranken Bier, das uns die nette Dame von der Rezeption trotzdem zapfte. Am nächsten Morgen flog ich zurück nach Berlin und hatte dabei den gänzlich unzeitgemäßen, geradezu politisch inkorrekten Gedanken, das Fliegen sei eigentlich eine sehr angenehme Art zu reisen, besonders wenn man nur Handgepäck bei dich hat. -- Das "Dinner mit Gott" am Mittwoch war - zum Teil bedingt durch ein paar kurzfristige Absagen, aber wohl auch, weil wir keine Zeit gehabt hatten, groß die Werbetrommel zu rühren - eines der am schwächsten besuchten in der Geschichte dieses Veranstaltungsformats, aber ein schöner Abend war es trotzdem; Quantität ist schließlich nicht alles. Am Donnerstag ließen wir erneut beide Veranstaltungen sausen, die wir zur Auswahl gehabt hätten; am Freitag besorgte meine Liebste nach der Arbeit einen "neuen" (gebrauchten) Kinderwagen, und dann begegneten wir unserem nigerianischen Pfarrvikar, der gerade auf dem Weg zur Abendmesse war. Kurzentschlossen gingen wir daraufhin ebenfalls zur Messe - schließlich war Herz-Jesu-Freitag. Ich übernahm die Lesung, meine Liebste die Fürbitten, und gemeinsam gingen wir der Küsterin zur Hand, die nämlich einen Arm im Gips trug. Irgendwie, ich kann's nicht anders sagen, wirkte diese Messe auf anrührende und schöne Weise familiär und improvisiert. Ein bisschen wie Untergrundkirche eben. So könnt's von mir aus öfter sein. Am Samstag machten meine Liebste und das Kind zusammen mit den Omas einen Ausflug zum Musikfest am Kulturbahnhof Biesenthal, derweil ich zu Hause blieb, um mal ein bisschen Zeit und Ruhe zum Schreiben zu haben. Zwischendurch machte ich allerdings einen Abstecher zum Franz-Neumann-Platz, wo die christliche Suchthilfe-Initiative "Teen Challenge" ihr 49jähriges Bestehen in Berlin feierte, aus welchem Anlass die beiden Lobpreismusiker Jörg Hausmann und Thilo Teschendorf ein Konzert gaben. -- Am Sonntagabend war in unserer Pfarrkirche , wie jeden zweiten Sonntag im Monat, "Jugendmesse", da gingen wir hin, weil im Anschluss "Firm-Informations-Treff" (FIT) war. Die Messe war noch schlimmer als sonst, insbesondere die Predigt des neuen Diakons regte mich auf --- darüber werde ich mich womöglich noch mal separat äußern müssen; aber bei der anschließenden Infoveranstaltung für den künftigen Firmkurs zeigte sich, dass die angehenden Firmlinge ganz entzückende junge Leute zu sein scheinen, und das überzeugte mich, nicht unnötig Porzellan zu zerschlagen, eine freundliche und kooperative Miene aufzusetzen und zu versuchen, das Beste draus zu machen
Mal sehen, in welchem Umfang meine Liebste und ich uns in den Firmkurs "einbringen" können. Möglichkeiten scheint es einige zu geben. Aber wie gesagt, mehr dazu wohl an anderer Stelle. 

Gestalteter Tisch statt gestalteter Mitte 

Was ansteht: Beinahe hätte ich es verpeilt: Heute ist International Buy A Priest A Beer Day! Diesen Tag gilt es zünftig zu zelebrieren. Ich wüsste schon, welchen Priester ich am liebsten auf ein Bier einladen würde, aber vielleicht wäre es auch ein gutes Werk, die Einladung an jemanden zu richten, der auf der eigenen Favoritenliste nicht ganz so weit oben steht. Mal sehen. Schade ist, dass der wunderbare Falafelmann montags Ruhetag hat; da hätte man sonst prima hingehen und gegebenenfalls zum Bier noch etwas essen können... Davon abgesehen erweckt der Blick in meinen Terminkalender den Eindruck, es stünde eine vergleichsweise ruhige erste Wochenhälfte bevor, aber das hat sich schon öfter als Irrtum erwiesen -- warten wir's mal ab. Am Donnerstag ist "Mariä Namen", außerdem aber auch Community Networking Night im Baumhaus und, wie es scheint, ausnahmsweise mal keine damit konkurrierende andere Veranstaltung; vielleicht schaffen wir's also mal wieder dorthin. Am Freitag tagt nach Anbetung und Abendmesse der Lokalausschuss Herz Jesu Tegel, da könnte es durchaus interessante Tagesordnungspunkte geben. Am Samstag, dem Fest Kreuzerhöhung, sieht der Zelebrationsplan meiner Pfarrei keine besondere Messe vor, stattdessen gehe ich vielleicht in die Buchhandlung Moritzplatz, wo Emma Braslavsky ihren neuen Roman "Die Nacht war bleich, die Lichter blinken" vorstellt. Mit der Autorin hatte ich vor Jahren mal eine gemeinsame Veranstaltung auf einem Segelschiff auf der Weser, ich fand sie enorm sympathisch, habe außerdem ihre beiden ersten Romane "Aus dem Sinn" (2007) und "Das Blaue vom Himmel über dem Atlantik" (2008) gelesen und fand beide ganz großartig. In dem neuen Buch soll es, soweit ich es mitbekommen habe, um Transhumanismus und Cyborgs gehen, ein bisschen à la "Blade Runner". Auch wenn ich es nicht zu der Veranstaltung schaffen sollte, erwäge ich, beim Verlag nach einem Rezensionsexemplar zu fragen. -- Und am Sonntag ist in unserer Pfarrkirche Familienmesse, normalerweise ein Grund, lieber woanders zur Kirche zu gehen, aber diesmal werden dort die angehenden Erstkommunionkinder vorgestellt -- was zwar einerseits besonders schlimm zu werden verspricht, aber andererseits eben doch auch wichtig ist, wenn man an den Geschicken der Gemeinde Anteil nimmt. Nachmittags ist außerdem "Ökumenischer Waldgottesdienst" im Tegeler Forst; da waren wir letztes Jahr schon, und es war ausgesprochen bizarr. Mal sehen, ob wir uns das erneut antun. 


aktuelle Lektüre: Zunächst einmal gibt es hier einen schmerzlichen Verlust zu beklagen, denn am Dienstagabend habe ich aus Müdigkeit und Schusseligkeit meinen getreuen Leinentuchbeutel auf dem Kinderspielplatz vergessen, und als ich - weniger als eine halbe Stunde später - dorthin zurückging, war er nicht mehr da. Geklaut? Der hypothetische Dieb wird nicht viel Freude daran haben, denn abgesehen von einer kleinen Bluetooth-Lautsprecherbox (Ladenpreis: 7 Euro) waren nur Schreibzeug und Flyer darin --- und das Buch "So stark wie das Leben" von Francine Rivers, in dem ich noch gut 160 Seiten zu lesen gehabt hätte. Ein umso schwererer Verlust, als das Buch praktisch nirgends mehr erhältlich zu sein scheint, abgesehen von einem signierten Exemplar, das online zu einem horrenden Preis angeboten wird. Okay, die originalsprachliche Fassung gibt's als eBook. Ich werde es erwägen. Schließlich will ich wenigstens wissen, wie es ausgeht. 

Die anderen vier Bücher, an denen ich in der vergangenen Woche noch "dran" war, habe ich "just in time" fertig gekriegt. Was "Panter, Tiger & Co" von Kurt Tucholsky angeht, hat sich gezeigt, dass meine Liebste eine neuere Ausgabe (andere Schrifttype, etwas größeres Format) in ihrem Regal stehen hat; dem Büchereiprojekt spenden möchte ich das auf einer meiner Büchertouren aufgerissene Exemplar aber doch nicht, dafür steht neben einigen guten bis sehr guten Einzelbeiträgen dann doch zu viel Fragwürdiges drin. Zudem findet man die Texte ja bei Bedarf sowieso online. Angemerkt sei aber auf jeden Fall, dass man etwa "Ein Kind aus meiner Klasse" (Peter Panter, 1925) zumindest auszugsweise noch heute als Generalabrechnung mit dem staatlichen Schulwesen brauchbar wäre; sehr schön zu lesen ist auch "Hitler und Goethe. Ein Schulaufsatz" (Kaspar Hauser, 1932). Unter der Überschrift "Das A-B-C des Angeklagten" sind einige Texte versammelt, die ich auch schon in dem Auswahlband "Politische Justiz" gelesen hatte, die meisten davon tragen den Verfassernamen "Ignaz Wrobel". Die überwiegend unter dem Pseudonym "Kaspar Hauser" erstveröffentlichten Texte, die in dem Abschnitt "Der Mann am Spiegel" versammelt sind, sind von einer solchen Weltverdrossenheit und Lebensverachtung geprägt - und darin übrigens ganz unpolitisch - dass ich unwillkürlich denken musste: Kein Wunder, dass der sich am Ende umgebracht hat. In letzter Konsequenz waren daran nicht die Nazis schuld, sondern sein Atheismus. Und kommt mir jetzt nicht mit irgendwelchen Hypothesen darüber, dass er die Überdosis Schlaftabletten auch versehentlich eingenommen haben könnte.

Wie ich wohl schon mehrfach angemerkt habe, ist auch "Ein Yankee in der Mark" von Joachim Seyppel nicht frei von ideologischen Ärgerlichkeiten, aber das Buch ist so herrlich skurril und außerdem allem Anschein nach eine Art Rarität, dass ich ihm - bzw. seinem Autor - so einiges verzeihe. Zumal es immer wieder auch sehr denkwürdige Passagen gibt. Bei der Schilderung der beiden LPGs Großzerlang (Typ I) und Kleinzerlang (Typ III) in der Prignitz fühlte ich mich stark an den Nebenhandlungsstrang von "Spur der Steine" erinnert; sehr schön ist Seyppels Fazit zu diesem Thema: 
"Was, nun endlich, ist denn eine LPG? [...] Ein Komplex aus Wetter, Mathematik, Rationalität, Schwierigkeiten, Agrochemie, Sommerfrischenkonkurrenz, Ministeriumsplanung, Landflucht, Technologie, Menschen und Tieren, Chronik und Futurologie und vor allem dem unabdingbaren Heute, dem hic et nunc, sei es auf dem fetten Oderbruchboden oder dem mageren der prignitzschen Streusanddose." (S. 266) 
Unter der Überschrift "Leitsätze zum Wald" liest man zudem Manches, was den Anschein erwecken könnte, an dem bekennenden Sozialisten Seyppel sei eigentlich ein "Crunchy Con" verlorengegangen: 
"Urwald ist der Wald, der sich selber erhält; erst der Eingriff des Menschen zerstört die Balance von Aufbau und Zerstörung. Da ist der Urmensch von Anfang an gefährdeter.
[...] Im Urwald gingen weder ganze Pflanzenfamilien durch Insektenarten ein, noch war es nötig, ganze Insektenarten durch künstliche Einwirkung zu vernichten. Jetzt muß der Mensch gewisse Wirkungen, die er selber hervorgebracht hat, durch neue Ursachen rückgängig machen, was wir für Fortschritt halten.
[...] Unser Wald wurde vor hundert und mehr Jahren von unseren Vorvätern angepflanzt, der Wald unserer Urenkel muß von uns angepflanzt werden. Natur als Planwirtschaft." (S.257) 
-- Der letzte Satz ist natürlich ein Witz. Wie auch immer, ich fälle hier und jetzt eine einsame Entscheidung: "Ein Yankee in der Mark" wird in den Büchereibestand aufgenommen, mit Stempel, basta! 

Mein Gesamteindruck von Christy Browns "Mein linker Fuß" ist zwiespältig. Im Kapitel "Die Schreibfeder" schildert der Autor, wie er im Alter von 18 Jahren einen ersten Anlauf nimmt, seine Autobiographie zu schreiben -- und zwar im Stil von Charles Dickens, weil das der Autor ist,  von dem er bisher am meisten gelesen hat, und er folgerichtig annimmt, so müsste "Literatur" aussehen. Er zitiert einige Auszüge aus diesem ersten Entwurf, und ich muss sagen, ich finde sie entzückend. Fast würde ich mir wünschen, er hätte diese Version fertiggestellt und veröffentlicht. Aber dann kommt sein Arzt und bringt ihm bei, "zeitgemäße", "moderne" Prosa zu schreiben, und dieser Arzt ist kein anderer als Robert Collis, der auch das Vor- und Nachwort zu dem Buch verfasst hat und der mir schon im Vorwort instinktiv unsympathisch war. Christy Browns Professor Higgins, gewissermaßen. Immerhin bin ich, als ich der Frage "Was ist eigentlich dieser Robert Collis für einer?" nachgegangen bin, auf seinen Zwillingsbruder John Stewart Collis aufmerksam geworden, der ein Buch über Landwirtschaft und Ökologie mit dem entzückenden Titel "The Worm Forgives the Plough" geschrieben hat. Das gibt's als eBook. Sollte ich vielleicht auf meine Leseliste setzen. Aber erst für die Zeit nach Weihnachten. Mein abschließendes Urteil über "Mein linker Fuß" lautet derweil: Nicht schlecht, reißt mich aber nicht wirklich vom Hocker. Man kann es ruhig ins Büchereiregal stellen, aber nur vorläufig -- nur so lange, bis der Platz für etwas Besseres benötigt wird.

Zu John Fischers "Und Gott schuf Ben" nur soviel: Am Ende habe ich geweint. Also, fast. Ich hatte jedenfalls Tränen in den Augen. Ein sehr schönes Buch, auch wenn es mir (wofür es im Grunde nichts kann) einen hartnäckigen Ohrwurm eingebracht hat, nämlich das Michael-Jackson-Frühwerk "Ben". Ja, ich weiß, in dem Song geht es um eine Ratte. Im Buch nicht. Das Buch hat sich den Büchereistempel redlich verdient.

Heute oder spätestens morgen fange ich mit "Die Zeit des Feuers" von Heike Behrend an; das ist nicht, wie der Titel vermuten lassen könnte, ein Fantasy-Roman, sondern eine ethnographische Studie über das Volk der Tugen in Ostafrika. Als nächstes stehen dann "Manhattan Transfer" von John Dos Passos, Dorothy Days Autobiographie "The Long Loneliness" sowie "Ein Garten liegt verschwiegen" von Mely Kiyak, ein Büchlein über den Klostergarten der Fuldaer Benediktinerinnen, auf meiner Leseliste. Die Abteilung "zeitgenössische Trivialliteratur" wird vertreten durch "Obsession" von Simon Beckett. Das hatte ich vor Jahren mal als Hörbuch. Ich weiß also, wie es ausgeht, und das sollte mich davor bewahren, es aus lauter Spannung auf den Ausgang unkritisch zu verschlingen.


Linktipps: 
Nanu: Schon wieder ein Artikel von häretisch.de in den Linktipps? Ja, aber es ist nicht so, wie Du denkst, Leser. Dieser Beitrag aus der berüchtigten "Standpunkt"-Rubrik ist schlechterdings ein MUST-READ für alle, die womöglich noch im Zweifel darüber sind, wo das Medienportal der Firma APG, nun ja, steht. Zwar liest man am Fuß der Seite wie üblich "Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion [...] wider", aber das darf man als reine Formalität betrachten, schließlich ist Odendahl "Chef vom Dienst" des Portals. Nachdem erst neulich dem postchristlichen Freiburger Theologen Magnus Striet weidlich Raum gegeben wurde, sein Unverständnis darüber darzulegen, was diese Neuevangelisation eigentlich sein solle, nimmt nun also Odendahl die Forderung unter die Lupe, beim künftigen "Synodalen Weg" nicht nur über "Macht, Sexualmoral, Zölibat und die Rolle der Frau in der Kirche" zu sprechen, sondern eben auch über Neuevangelisierung. Und was meint er dazu? 
"Schließlich erscheinen die allzu weltlichen Strukturfragen - egal ob Zölibat oder Frauenweihe - als beinahe unbedeutend, rückt man das fast schon prophetische Verkünden des Wortes Gottes in den Fokus der Aufmerksamkeit." 
Hat er Recht, oder? Ich muss sagen, ich war verblüfft über diese Einsicht. Aber welchen Schluss zieht Odendahl daraus? Man halte sich fest: Er meint, genau deshalb müsse man das Thema Neuevangelisation tunlichst aus dem synodalen Prozess 'raushalten, damit man sich ungestört mit Strukturfragen befassen könne. Wem sich hier die Frage "Ist der doof?" aufdrängt, dem kann man im Grunde nur antworten: Entweder das, oder er hält seine Leser für doof -- wahrscheinlich aber beides. Aber wenn's nur das wäre, wär's ja harmlos. Im Grunde möchte man fast dankbar sein, dass er sich gar nicht erst die Mühe macht, seine wahren Absichten zu verbergen -- oder die Absichten derer, in deren Auftrag er schreibt. Das sind nämlich offenkundig jene Vertreter bzw. Gehaltsempfänger des institutionellen Apparats der Kirche, die in der gegenwärtigen Kirchenkrise in erster Linie eine Krise der Institution sehen, die um ihre Jobs oder um die Budgets ihrer Abteilungen fürchten und die deshalb erpicht darauf sind, die Strukturen der Kirche zu "modernisieren"; Glaube und dergleichen Kinkerlitzchen sind dafür eher hinderlich

Die deutsche Fassung eines bereits im Juli im Crisis Magazine erschienenen Essays; wer es lieber im Original lesen möchte: bittesehr. Der Autor, ein Literaturwissenschaftler, der - nebenbei bemerkt - auch im Hochschul-Kapitel der "Benedikt-Option" zu Wort kommt, schildert hier zunächst, wie er zusammen mit seiner Frau ein ehemaliges Pfarrhaus aus viktorianischer Zeit als Sommerhaus instandsetzt, und geht dann ausgiebig auf den Inhalt eines Buches aus dem Besitz des Pfarrers ein, der dieses Haus früher bewohnt hat: "Talking to Teenagers" von F.H. Drinkwater. Die Erwähnung der Renovierungsarbeiten hat aber nicht nur einleitende Funktion. Esolen beschreibt den Leitgedanken seiner Arbeit am Haus als "Denovation": als das "Entfernen wertloser oder banaler oder hässlicher Dinge, die einst als neu begrüßt worden", wie beispielsweise eines Linoleum-Fußbodenbelags, unter dem ein wertvoller alter Holzfußboden zum Vorschein kommt. Natürlich hat diese Schilderung eine metaphorische Dimension. Ebenso betrachtet Esolen auch den von unerschütterlicher Rechtgläubigkeit, gesundem Menschenverstand und praktischem Realitätssinn geprägten Jugendpastoral-Ansatz von Drinkwater als einen Schatz, der von modischen, aber billigen und geschmacklosen Neuerungen überdeckt worden ist. -- Man könnte kritisieren, Esolens Perspektive sei rein rückwärtsgewandt, ja nostalgisch, aber ich zumindest verstehe den Text nicht so; es geht nicht darum und kann nicht darum gehen, einen früheren Zustand eins zu eins wiederherzustellen -- weder im Haus noch in der Gesellschaft, sei es der Zustand von "vor '68" oder ein noch früherer. Davon, dass früher™ auch nicht "alles besser" war, geben gerade die Zitate aus Drinkwaters Buch beredtes Zeugnis ab. Hingegen sehe ich in Esolens Artikel ein starkes Plädoyer dafür, aus dem reichen Fundus von Tradition und Erfahrung Wertvolles und Nützliches für Gegenwart und Zukunft zu schöpfen; Wertvolleres und Nützlicheres womöglich als so Manches, was uns zu seiner Zeit als Innovation verkauft wurde,  wo inzwischen aber auch der Lack ab ist. (Also beispielsweise NGL, "Schweizer Hochgebete" und Altarbilder im Stil von Sieger Köder, auch wenn Esolen das nun nicht unbedingt gemeint hat.) 


Heilige der Woche:

Heute, Montag, 09. September: Hl. Petrus Claver (1580-1654), Ordenspriester und Missionar. Gebürtiger Spanier, trat 1602 in den Jesuitenorden ein und war ab 1610 im heutigen Kolumbien tätig, wo er sich vor allem der seelsorgerischen und auch medizinischen Betreuung der aus Afrika eingeführten Sklaven widmete. Wird als Nationalheiliger Kolumbiens und "Patron der Menschenrechte" verehrt. 

Freitag, 13. September: Hl. Johannes Chrysostomos (ca. 344-407), Bischof, Kirchenvater. Ab 398 Patriarch von Konstantinopel, starb in der Verbannung. Gilt als einer der bedeutendsten Prediger der Kirchengeschichte  sowie als Urheber der bis heute gebräuchlichen Liturgie der Eucharistiefeier im byzantinischen Ritus.


Aus dem Stundenbuch: 

Singt dem Herrn und preist seinen Namen, * verkündet sein Heil von Tag zu Tag! (Psalm 96,2)



1 Kommentar:

  1. Pfarrer Thomas Sauter hat mich als einer von vielen sehr guten Radio-Horeb-Referenten durch mein Studium begleitet.

    AntwortenLöschen