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Mittwoch, 20. Dezember 2017

Das Canisius-Kopftuch und der Parallelgesellschaftsneid

Unpopular Opinion Time: Das Islamisierungs-Gejammere deutscher Konservativer - insbesondere solcher, die sich als christliche Konservative verstehen - geht mir auf den Kranz. Ich meine nicht die (zu einem gewissen Grad zweifellos berechtigte) Angst vor radikal-islamistischen Terroranschlägen, und ich will auch nicht zwingend auf die Flüchtlingsproblematik hinaus. Was ich meine, ist das ewige Barmen über eine angebliche schleichende Islamisierung des Alltags - womit ja zumeist nichts anderes gemeint ist, als dass Muslime in Deutschland mit dem Wachsen ihres Bevölkerungsanteils auch wachsenden gesellschaftlichen und politischen Einfluss ausüben bzw. einfordern. Das, liebe Freunde, ist in einer Demokratie völlig normal. 

Aber à propos "wachsender Bevölkerungsanteil": Derzeit machen Muslime in Deutschland meines Wissens ungefähr 5% der Bevölkerung aus. Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung lassen erwarten, dass daraus noch innerhalb unserer Lebenszeit 10% oder mehr werden könnten. Wird das dieses Land verändern? Sicherlich. Ist das schlimm? Ansichtssache. Aber wenn man diese Aussicht mit Unbehagen sieht, stellt sich die Frage, was man dagegen tun könnte -- genauer: welche Mittel zur Eindämmung eines wachsenden Einflusses des Islam legitim und welche überzogen wären. Wer sich darüber ärgert, dass im Verhältnis zur übrigen Bevölkerung Deutschlands die Muslime überdurchschnittlich viele Kinder bekommen, könnte zum Beispiel mal damit anfangen, selber mehr Kinder zu bekommen. Nur mal so als Vorschlag. 

Im Ernst: Ich lebe in Berlin und weiß daher aus eigener Anschauung, dass die gegenwärtig ca. 5% und zukünftig vielleicht 10% Muslime sich nicht so gleichmäßig über ganz Deutschland verteilen, dass sie überall eine überschaubare Minderheit bilden würden. Es gibt Wohngegenden, da sind sie schon jetzt zumindest gefühlt in der Mehrheit. Ich habe einige Jahre in unmittelbarer Nachbarschaft einer Grundschule gearbeitet, die dem äußeren Anschein nach nahezu ausschließlich von Schülern mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund besucht wurde. Es ist kaum zu bestreiten, dass solche Konstellationen die Entstehung sogenannter "Parallelgesellschaften" begünstigen, innerhalb derer Anschauungen gedeihen können, die mit den Wertvorstellungen der säkularen Gesellschaft nicht in Einklang stehen. 

Der Punkt ist nur: Wer oder was mit den Wertvorstellungen der säkularen Gesellschaft in Einklang steht oder nicht, ist nicht unser Problem - bzw. sollte es nicht sein. Und mit "uns" meine ich uns Christen. Unser Problem ist nicht, dass die Muslime - oder einige von ihnen - "Parallelgesellschaften" bilden, sondern dass wir selber keine haben. Das erzeugt Neid, oder zumindest etwas Ähnliches. Zum Beispiel, wenn Kantinen aus Rücksicht auf Muslime Gerichte mit Schweinefleisch von ihrer Speisekarte verbannen, Katholiken dort aber freitags keinen Fisch bekommen. Oder wenn Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens über sämtliche medialen Kanäle Grußbotschaften zum Ramadan verbreiten, nicht aber zur christlichen Fastenzeit. Oder wenn irgendeine Werbeagentur auf die "lustige" Idee kommt, Sophia Thomalla leichtbekleidet ans Kreuz zu schlagen. Da heißt es dann: "Mit uns kann man's ja machen - gegenüber dem Islam hätten die sich das nicht getraut!" --- Ja Moment. Erinnert sich noch jemand an "Charlie Hebdo"? Die Redakteure dieses Blattes haben sich dem Islam gegenüber so einiges getraut, und wir wissen, was dabei herausgekommen ist. Aber an dieser Methode, der eigenen Religion in der Öffentlichkeit Respekt zu verschaffen, wollen wir uns doch wohl bitte kein Beispiel nehmen. 

Nehmen wir lieber ein anderes Beispiel. Am Gymnasium Johanneum, einer städtischen Schule in Lüneburg, hat sich offenbar eine muslimische Schülerin darüber beschwert, dass sie im letzten Jahr an einer schulischen Weihnachtsfeier teilnehmen musste, die als Pflichtveranstaltung in die Unterrichtszeit gelegt worden war und bei der christliche Weihnachtslieder gesungen wurden. Als Konsequenz aus dieser Beschwerde hat sich die Schulleitung entschlossen, dieses Jahr lediglich eine Weihnachtsfeier außerhalb der Unterrichtszeit zu veranstalten und den Schülern die Teilnahme freizustellen. --- Und da regen sich jetzt Leute drüber auf? Leute, was ist los mit euch? Wenn meine Kinder auf eine Schule gingen, die auf die Idee käme, eine religiös oder weltanschaulich orientierte nichtchristliche Feier als Pflichtveranstaltung in die Unterrichtszeit zu legen, würde ich aber auch ganz entschieden darauf bestehen, dass meine Kinder davon freigestellt werden können! 

Ich ahne. dass ein Teil der Leute, die sich über den geschilderten Vorgang am Johanneum ereifern, der Meinung sein werden, Weihnachten zu feiern sei nun mal ein Teil unserer Kultur, und wer da nicht mitmachen wolle, zeige mangelnde Integrationsbereitschaft. You-know-what? Ich scheiße auf diese "cultural appropriation" von Weihnachten einen riesengroßen Haufen! Dass Weihnachten in der Wahrnehmung einer breiten Öffentlichkeit längst jeglichen Bezug zur christlichen Heilsbotschaft verloren hat, ist eine Realität, mit der wir Christen zwar leben müssen, aber wir müssen diese Entchristianisierung von Weihnachten nicht auch noch verteidigen, so als ginge es um unser Kulturgut. Wir sollten froh sein, wenn es Leute gibt, die Weihnachten noch als etwas so spezifisch Christliches erkennen, dass sie beschließen, als Nichtchristen könnten sie da nicht guten Gewissens mitmachen. Umgekehrt könnten wir eigentlich auch ganz zufrieden sein, wenn Weihnachtsmärkte, die nichts spezifisch Christliches an sich haben, sich in "Wintermärkte" umbenennen. 

Letztendlich läuft es auf das Dilemma hinaus, dass man nicht gleichzeitig den gesellschaftlichen Mainstream repräsentieren wollen und sich von ihm abgrenzen - sprich: eine abgrenzbare Gruppenidentität mit Wiedererkennungswert haben - kann. Es scheint, dass ein nicht geringer Teil der christlichen Konservativen in diesem Land schlicht nicht wahrhaben will, dass Christen die gesellschaftliche Deutungshoheit längst verloren haben - oder aber annimmt, man könne sie zurückgewinnen, indem man beispielsweise gegen wegretuschierte Kreuze auf Käsepackungen protestiert. Oder gar indem man die AfD wählt.

Symbolbild; Quelle hier.

In Berlin erregte das Canisius-Kolleg, eine vom Jesuitenorden betriebene Privatschule, jüngst beträchtliches Aufsehen, indem die Schulleitung eine kopftuchtragende Muslima als Lehrerin einstellte - und diese Entscheidung gegenüber der Öffentlichkeit recht offensiv vertrat. "Wir wissen, dass wir mit dieser Entscheidung einen Pflock eingeschlagen haben. Wir wollten es so", gab der Rektor des Canisius-Kollegs, Pater Tobias Zimmermann SJ, zu Protokoll. Wenn dies der Anfang einer offenen Debatte über Religion in unserem Land wäre, "dann wäre ich glücklich", fügte er hinzu.

Ich gestehe, dass ich diese mit so viel Stolz vertretene Personalentscheidung zunächst unverständlich und ein bisschen ärgerlich fand. Sollte eine katholische Schule nicht eher bestrebt sein, gezielt katholische Lehrkräfte zu beschäftigen? Zudem kannte ich Pater Zimmermann bisher nur als Moderator von Veranstaltungen der Katholischen Akademie, bei denen ergraute Linkskatholiken sich ihren Träumen von einer anderen Kirche hingaben, und war ihm gegenüber daher schon prinzipiell misstrauisch. Inzwischen haben mich allerdings gerade die zum Teil sehr ergrimmten Reaktionen, die das Canisius-Kolleg mit dieser Personalie auf sich gezogen hat, veranlasst, die Angelegenheit in einem anderen Licht zu sehen. In besonderem Maße gilt dies für einen Kommentar des ehemaligen Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD) in der Bildzeitung, auf den ich via Facebook aufmerksam gemacht wurde. Buschkowskys wütende Philippika gegen die Jesuitenschule, der er in bewährter - seinen Parteifreunden weitgehend abhanden gekommener - alt-sozialdemokratischer Manier wiederholt ihren "elitären" Charakter vorwirft, stellt nämlich eindrücklich heraus, worum es in dieser Sache eigentlich geht: Die Privatschule hat die Lehrerin mit dem Kopftuch nicht zuletzt deshalb eingestellt, weil sie eben aufgrund ihres Kopftuchs an einer öffentlichen Schule in Berlin schlechte Karten gehabt hätte. "Der Staat und damit auch die staatliche Schule haben die Lebensregeln unserer Gesellschaft glaubens- und anschauungsneutral, also für alle Bürger gleich, zu vermitteln", betont Buschkowsky; auf die philosophische Frage, wie das überhaupt möglich sein soll, ja, inwieweit "Lebensregeln" einer Gesellschaft überhaupt "glaubens- und anschauungsneutral" sein können, geht er vorsichtshalber nicht ein, sondern fährt fort: "Deshalb verbietet das Berliner Neutralitätsgesetz [...] Lehrern, Polizisten und Justizbediensteten das Tragen religiöser Symbole im Dienst. Und das ist auch richtig so." Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser, dass aufgrund desselben Neutralitätsgesetzes einer evangelischen Lehrerin an einer Schule in Berlin-Wedding im vergangenen Frühjahr das Tragen eines Kreuzanhängers untersagt wurde. Für Schulen in freier Trägerschaft gilt dieses Neutralitätsgesetz hingegen nicht, weshalb im Canisius-Kolleg, wie Buschkowsky hervorhebt, "in den Klassenzimmern [...] ein Kreuz" hängt. Liegt es nur an mir, das ich da ein gar-nicht-mal-so-leises Bedauern darüber heraushöre, dassdiedasdürfen?

Kurz und gut, das Berliner Neutralitätsgesetz ist ein Paradebeispiel für die schleichende Umwandlung der wohlwollenden Neutralität des Staates gegenüber den Religionsgemeinschaften in eine aggressive Ausgrenzung von Religion aus dem öffentlichen Raum. Und dagegen setzt das Canisius-Kolleg ein Zeichen. Dass sie dies ausgerechnet zugunsten einer muslimischen Lehrerin tun, kann man gewagt finden, man kann aber auch gerade darin einen ausgesprochen cleveren Schachzug sehen. -- Selbstverständlich gibt es erhebliche Differenzen zwischen Christentum und Islam. Sicherlich können diese in der Praxis zu allerlei potentiell gravierenden Interessenkonflikten zwischen Christen und Muslimen führen. Daher liegt es auf der Hand, dass man, wenn man taktische Bündnisse mit Muslimen gegen den gesellschaftlichen Säkularisierungsdruck schließen will, mit Vorsicht und Augenmaß vorgehen muss. In vielen Bereichen können solche Bündnisse aber dennoch sinnvoll sein - und zwar besonders im Bereich der Schule (ich werfe nur mal das Stichwort "Sexualerziehung" in die Debatte). Jedenfalls halte ich diesen Ansatz im Großen und Ganzen für erheblich sinnvoller als den umgekehrten, taktische Bündnisse mit dem Säkularismus gegen den Islam einzugehen.

Warum? Weil Religionsfreiheit unteilbar ist. Wer Einschränkungen der Religionsfreiheit gutheißt oder aktiv unterstützt, weil diese sich gegen den Islam richten (wie zum Beispiel die Berliner CDU, die aus diesem Kalkül heraus das Neutralitätsgesetz mitgetragen hat!), der darf sich nicht wundern, wenn dieselben Einschränkungen sich morgen gegen das Christentum wenden. Wer sich bewusst macht, wie rapide und entschlossen der säkulare Mainstream der Gesellschaft sich von seinen christlichen Wurzeln entfernt bzw. aggressiv gegen diese wendet, dem müsste klar sein, dass er im eigenen Interesse die Religionsfreiheit im breitest möglichen Sinne verteidigen muss. Es geht dabei um nichts Geringeres als um die Freiheit, innerhalb des säkularen Staates unsere eigenen Parallelgesellschaften zu bilden.

Und die werden wir brauchen.


9 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diesen Artikel.
    Ich habe die Sache mit der vom Canisius-Kolleg eingestellten Lehrerin nicht weiter verfolgt, finde auch, an eine katholische Schule gehören grundsätzlich katholische Lehrer. Andererseits geht es bei der Einstellung von Lehrern natürlich vorrangig um deren Können als Pädagogen. Wenn da die Muslima mit Kopftuch einfach besser ist als ihre katholischen Kollegen, kann ich das verstehen, aber der Satz mit dem Pfahl klingt für mich eher nicht nach einem vorrangigen Blick auf Qualifikation.
    Was die "schleichende Islamisierung" angeht, kann ich nur sagen: ich sehe nur eine gar nicht so langsam schleichende Entchristlichung. Wenn die Abendlandretter sich bittschön mal bekehren möchten und jeden (jeden!!!) Sonntag und jedes (jedes!!!) Hochfest in die Kirche gehen, zwischendurch gern auch mal, einfach so, zum demütigen Danken, dann wären die fünf bis zehn Prozent Muslime kein Thema mehr. Und wenn die Abendlandretter ihre muslimischen Nachbarn und Kollegen mal freundlich anschauen würden, bekämen die vielleicht auch Lust zu lernen, was es mit diesem Christentum auf sich hat.

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    1. Erhellendes über die Gesamtproblematik kann man in einem Käseblatt ("Niederrhein Nachrichten", Mittwoch 20. Dez.) lesen, welches bei mir auf dem Frühstückstisch gelandet ist. Da wird ein katholischer Weih-Bischof gefragt:
      "Zu Weihnachten werden die Kirchen wieder gut besucht sein. Im Rest des Jahres bleiben viele Bänke leer. Stört sie das?"
      "Wird dürfen das nicht kritisieren, denn wir haben den Menschen gar nichts vorzuschreiben....Wir fragen nicht, was die Menschen am darauffolgenden Sonntag machen."
      1. Wenn nun die Bischöfe, die Hirten der Kirche, von den sog. Abendlandrettern nichts fordern, kann man vom Fußvolk wohl nicht derartiges verlangen. Kann man zwar schon, aber es wird nix nützen, weil man von den Bischöfen beizeiten zurück gepfiffen wird.

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  2. Hm. Meine Meinung dazu ist erstaunlicherweise differenzierter, als ich zunächst gedacht hätte.

    Also: die folgende Feststellung ist natürlich richtig:

    >>Unser Problem ist nicht, dass die Muslime - oder einige von ihnen - "Parallelgesellschaften" bilden, sondern dass wir selber keine haben. Das erzeugt Neid, oder zumindest etwas Ähnliches.

    Mit Betonung auf „zumindest etwas Ähnliches“.

    Nur: Mir geht das „Islamisierungs-Gejammere deutscher Konservativer, insbesondere der christlichen“ nicht auf den Zeiger.

    Oder schon, aber in einer anderen Hinsicht.

    Mir geht auf den Zeiger, wenn politische Hetze damit betrieben wird, und zwar aus zwei Gründen: erstens, weil man sich so in den Dienst von Leuten stellt, die aus *ganz* anderen Gründen den Islam nicht mögen, nämlich weil er volksfremd ist. Zweitens, weil es immer hochexplosiv ist, gegen Leute Stimmung zu machen, ohne zu sagen, was man tun soll – weil dann die Leute auf alle möglichen unmoralischen Ideen kommen. Das sieht man ja an all den Parolen, die z. B. „wacht endlich auf“ sagen. Ja, und wenn wir die Lage checken würden (als ob wir das nicht längst getan hätten), was würden wir, was könnten wir denn dann guten Gewissens anders machen, als wir es jetzt tun? Äh, nichts (so gut wie)? Aber wofür dann die ganze Propaganda?

    Sofern aber das ausgeschlossen werden könnte, hätte das „Islamisierungs-Gejammere“ durchaus seinen guten Grund.

    *Wir sind momentan nicht in der Lage, das zu bewältigen.*

    Eine Gesellschaft mit 70% Katholiken, davon 90% gläubig, und 20% Protestanten, davon 80% in altprotestantisch-orthodoxer oder evangelikaler Form gläubig, und dann vielleicht noch 5 % Atheisten vorzugsweise nicht der primitivsten Sorte… wobei alle hier „gläubig“ Genannten jeden Sonntag und jeden gebotenen Feiertag (wie es die Bloggerin von katholischlogisch erwähnte – mit den nichtgebotenen Hochfesten wäre ich nicht so streng) in die Kirche gehen, regelmäßig beichten, über ihren Katechismus bescheid wissen und schließlich auch mit dem Herzen dabei sind…

    ja natürlich könnte eine solche Gesellschaft 5 % Moslems bewältigen. Man würde sie hübsch tolerieren, dabei klarmachen, daß sie, solange sie Moslems sind, eben als solche nie mehr werden können als (in dieser Beziehung) Tolerierte, und vielleicht würde man den einen oder anderen auch bekehren.

    Nur, eine solche Gesellschaft *haben wir nicht*.

    Und, ja, wenn alle etc: *tun sie aber nicht*.

    Und daß man nichts dagegen zu *tun* weiß, ist kein Grund, es nicht zu beklagen. Oder wäre keiner… wenn nicht Leute mit dieser Klage eher eine Hetze betreiben würden, die letztlich unmoralische Dinge in der Hinterhand hat.

    >>eine angebliche schleichende Islamisierung des Alltags - womit ja zumeist nichts anderes gemeint ist, als dass Muslime in Deutschland mit dem Wachsen ihres Bevölkerungsanteils auch wachsenden gesellschaftlichen und politischen Einfluss ausüben bzw. einfordern. Das, liebe Freunde, ist in einer Demokratie völlig normal.

    Daß etwas ein bekanntes Problem der Demokratie ist, heißt nicht, daß es kein Problem ist. (Hindus und indische Moslems; Österreicher und Tschechen; Serben und Kroaten konnten ziemlich friedlich in einem Land zusammenleben, solange es a] unter Fremdherrschaft b] unter der Herrschaft eines absoluten Monarchen c] unter diktatorischer Herrschaft stand.)

    >>Wer sich darüber ärgert, dass im Verhältnis zur übrigen Bevölkerung Deutschlands die Muslime überdurchschnittlich viele Kinder bekommen, könnte zum Beispiel mal damit anfangen, selber mehr Kinder zu bekommen. Nur mal so als Vorschlag.

    Erstens ist nicht jeder verheiratet und zweitens ändert sich, wenn ein einzelnes Ehepaar vier statt zwei Kinder bekommt, statistisch gar nichts. Seit dem Kindergarten moralisiert man zwar an uns mit „ja wenn alle“ herum, aber das ändert nichts daran, daß es eben nicht alle tun.

    (wird fortgesetzt)

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  3. (Fortsetzung)

    >>Da heißt es dann: "Mit uns kann man's ja machen - gegenüber dem Islam hätten die sich das nicht getraut!" --- Ja Moment. Erinnert sich noch jemand an "Charlie Hebdo"? Die Redakteure dieses Blattes haben sich dem Islam gegenüber so einiges getraut, und wir wissen, was dabei herausgekommen ist. Aber an dieser Methode, der eigenen Religion in der Öffentlichkeit Respekt zu verschaffen, wollen wir uns doch wohl bitte kein Beispiel nehmen.

    Wer auf dem Schulhof verprügelt wird, hat im großen und ganzen zwei Möglichkeiten. Der nicht so brave Schüler schlägt zurück, ist im Regelfall schwächer (sonst hätte der andere gar nicht angefangen) und bekommt am Ende die wahrscheinlich noch größere Schelte vom Lehrer ab. Der brave Schüler rennt zum Lehrer. – Der Lehrer ist in der Beziehung speziell dafür da, den Schülern, die zu brav sind, zurückzuhauen, zu ihrem Recht zu verhelfen. (Wir diskutieren jetzt einmal nicht, ob das so sinnvoll ist.) – Sollte also nicht der Staat, wenn wir schon so nett sind, unsere Religion nicht mit kriminellen Aktionen Respekt zu verschaffen, diese doch besser unterbinden?

    (Der Gedanke dürfte da so ungefähr dahinterstecken.)

    >>Nehmen wir lieber ein anderes Beispiel. Am Gymnasium Johanneum, einer städtischen Schule in Lüneburg, hat sich offenbar eine muslimische Schülerin darüber beschwert, dass sie im letzten Jahr an einer schulischen Weihnachtsfeier teilnehmen musste, die als Pflichtveranstaltung in die Unterrichtszeit gelegt worden war und bei der christliche Weihnachtslieder gesungen wurden. Als Konsequenz aus dieser Beschwerde hat sich die Schulleitung entschlossen, dieses Jahr lediglich eine Weihnachtsfeier außerhalb der Unterrichtszeit zu veranstalten und den Schülern die Teilnahme freizustellen. --- Und da regen sich jetzt Leute drüber auf? Leute, was ist los mit euch? Wenn meine Kinder auf eine Schule gingen, die auf die Idee käme, eine religiös oder weltanschaulich orientierte nichtchristliche Feier als Pflichtveranstaltung in die Unterrichtszeit zu legen, würde ich aber auch ganz entschieden darauf bestehen, dass meine Kinder davon freigestellt werden können!

    An der Geschichte kommen mit Verlaub schon ein paar Dinge falsch herüber – aber der Reihe nach.

    1. „in Lüneburg“. Lüneburg ist in Niedersachsen – m.a.W. nicht in Berlin (und auch nicht in Brandenburg). Das vom mächtigen, mächtigen König Bär insbesondere auf die Mitwirkung der CDU (aber Kurzsichtigkeit von Politikern ist leider auch in der Geschichte schon vorgekommen) völlig zu Recht kritisierte Neutralitätsgesetz von Berlin gilt eben nur in Berlin (in Brandenburg könnte es ähnliche Regelungen geben). Der Säkularismus gehört (anders als in Frankreich) nicht zur deutschen Staatsideologie, und der Katholik braucht auch nicht, sollte vielleicht sogar nicht (ich sage mal nur „Syllabus“) dafür sein, daß er das *wird*. Zumal die Religionsfreiheit zwar *so wie sie gegenwärtig besteht* nach offizieller Lesart unteilbar ist, aber die Religionsfreiheit ohnehin *wenn überhaupt* in einem hinreichend christlichen Land Zukunft hat. Ich will mich jetzt nicht über die schwierige Frage auslassen, inwieweit Christen hier tolerant sein sollten und wo die Grenzen für solche Toleranz liegen, aber jedenfalls haben historisch nur Christen die Toleranz als Haltung an sich, zur Sicherstellung der Freiheit der religiösen Entscheidung usw., *überhaupt* als bedenkenswerten Faktor bedacht: *jede andere Ideologie* kann selbstverständlich das ignorieren, was sie für irrelevant hält, und sich auch in taktischen Waffenstillständen üben, aber natürlich verlangt sie aus eminenten praktischen Gründen, daß eine Gesellschaft sich über die wirklich wichtigen Dinge einig ist und das im Zweifelsfall auch erzwingt – und was dann in einem historischen Text von 1949 oder sonstwann steht, wird im Zweifelsfall den Kürzeren ziehen oder bis zur Unkenntlichkeit weginterpretiert werden.

    (wird fortgesetzt)

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  4. (Fortsetzung)

    Wer's nicht glaubt, kann ja mal einem heutigen Säkularisten auf den Zahn fühlen, was er denn zu Leuten sagt, die *wirklich* glauben, daß auch der demokratische Souverän irren kann, daß es Situationen gibt, in denen man ihm den Gehorsam verweigern muß, und daß er letztlich von den unter dem Gerichte Gottes steht, der vor zweitausend Jahren gesprochen hat. (Die innertheologische thomistisch-skotistische Debatte lassen wir hier einmal weg, sie würde in dem Zusammenhang die Profile verunklaren!) Und was er tun würde, wenn er einerseits könnte, wie er wollte, und andererseits damit rechnen würde, daß sie nicht immer so irrelevant bleiben würden, wie sie (scheinbar) jetzt sind.

    Man sieht übrigens, gutmöglicherweise zumindest unter anderem aus genau diesem Grund, auch jede Menge säkular gesinnte junge Deutsche nach Berlin *auswandern* (es dürfte sich um eine Auswanderung handeln) - und doch den einen oder anderen religiös gesinnten Menschen (übrigens nicht notwendigerweise; ich kenne jemanden, der das *nicht* ist, nur so geprägt, und der dennoch diese spezielle Berliner Atmosphäre nicht für gut geeignet zum Kindergroßziehen hält) nach Berlin wieder anderswohin zurückkehren.

    2. Das Problem entstand nicht bei einer schulischen Weihnachtsfeier, sondern daß ein Lehrer mit seinem für im alten Jahr eingeplanten Stoff wohl schon fertig war und dann die letzte oder vorletzte Stunde zum gemütlichen Beisammensein genutzt hat, zumindest wurden Weihnachtslieder gesungen. Das ist üblich; in ähnlichem Zusammenhang ist auch schon von Tee und Plätzchen, in höheren Klassen wohl sogar schon von Glühwein gehört worden.

    Es ist nun ein schmaler Grat zwischen dem, was man vom Nichtchristen verlangen soll und was tatsächlich eine Negierung des spezifisch Christlichen durch Degradierung zu einem allgemeinen Kulturzeugs wäre; aber hier wird man sie relativ einfach beschreiben können. Ähnlich wie beim Schulgebet (jou, gibt es auch an öffentlichen Schulen): Man erwartet vom Schüler nicht das Amen und auch nicht die gefalteten Hände, wohl aber erwartet man von ihm eine gerade, respektvolle Haltung; aus Respekt vor der heiligen Handlung, wenn aus keinem anderen Grund. So bei der Weihnachtsfeier: man wird nicht das Mitsingen erwarten, aber man wird erwarten, daß er die Feier nicht stört.

    Im Zweifelsfall kann man ihn immer in die Bibliothek schicken oder so.

    Genau bei so etwas den Spielverderber zu machen zieht völlig zu Recht normalerweise den Zorn der Mitschüler auf sich.

    3. Anschließend hat sich die Schulleitung vermutlich gewunden und nach dem Motto „wer schreibt, der bleibt“ irgendeine im großen und ganzen nichtssagende, aber im Zweifel lieber etwas zu vorsichtige Direktive „betreffs Umgang mit christlichen Weihnachtsliedern im Unterricht“ herausgegeben. So zumindest liest sich der Bericht zwischen den Zeilen.

    4. Anschließend hat die Religionsfachkonferenz – bestehend aus Schülern, Elternvertretern und Lehrern, laut Bericht, aber normal wird eine Religionsfachkonferenz von den Religionslehrern zumindest dominiert – beschlossen, die (davon verschiedene) Weihnachtsfeier abzusagen. Oder in a slightly earthier phrase (um Rita Skeeter zu zitieren), sie hat beschlossen, die beleidigte Leberwurst zu spielen. „Christliche Religion, das sind doch wir; und wenn ihr uns gängeln wollt, dann könnt ihr gleich schauen, wo ihr bleibt.“

    Das sind natürlich dann auch so Schüsse, die nach hinten losgehen. Aber wir wissen ja, daß Religionslehrer nicht immer das tun, was sie tun sollten.

    (wird fortgesetzt)

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  5. (Fortsetzung)

    5. An und für sich ist es selbstverständlich üblich, daß so etwas während der Unterrichtszeit stattfinden kann (übrigens gibt es in Bayern klassischerweise *keine* Weihnachtsfeier während der Unterrichtszeit, dafür aber einen Adventsanfangsgottesdienst während der Unterrichtszeit), der nichtreligiöse Schüler aber davon befreit wird und dann eben in der Bibliothek sitzt (gut, bei den Gottesdiensten hatten die im Zweifelsfall dann bei uns immer *ganz* frei, was von den paar Kirchgängern durchaus dann bemäkelt wurde, zumal wenn die sich mit höherem Alter klarmachten, daß sie statt dem ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Kirche jetzt zur genau gleichen Zeit auch in der katholischen Messe in der nahen Pfarrkirche hätten sitzen können, aber ich schweife ab).

    6. Wo es übrigens solche Weihnachtsfeiern gibt (und es sich nicht gerade um Gottesdienste handelt), machen Moslems und andere, das muß man auch mal sagen, in der Regel mit.

    Zum Thema Canisiuskolleg nur die drei Dinge:

    1. An sich gehören an eine katholische Schule katholische Lehrer. Und übrigens auch katholische Schüler. Keines von beiden muß hundert Prozent sein, aber es sollte sich nicht allzuweit davon entfernen, und im Falle der Lehrer muß man natürlich sicher sein, daß sie die katholische Ausrichtung nicht konterkarieren.

    2. In der Situation mit so einem Neutralitätsgesetz kann das bewußte Einstellen einer kopftuchtragenden Muslimin, als Provokation gedacht, ein guter Schachzug sein. Ich würde nie sagen, daß Provokation immer schlecht ist (ich würde mir freilich auch wünschen, daß auf die Frage „wollt ihr provozieren?“ dann auch „ja klar“ geantwortet würde, aber das ist eine andere Geschichte).

    3. Es ist übrigens bekannt, daß insbesondere katholische Mädchenschulen bei Moslems durchaus beliebt sind…

    (wird nicht mehr fortgesetzt)

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  6. Was mir ein bisschen aufstößt ist die am Anfang fest gestellte Angst der sog. christlichen Konservativen. Was genau ist ein christlicher Konservativer, der ja als Abschreckungsbeispiel diesem Artikel vorangestellt wird? Ich frage nach, weil mir das Atribut "konservativ" zeit meines, nun doch schon 57jährigen Lebens vorgehalten wird. Das Gejammer um die angebliche Islamisierung Deutschlands geht mir allerdings ebenso auf den Senkel, wie es beim Autor der Fall ist. Allerdings halte ich es z. B. für falsch, dass eine Weihnachtsfeier aus dem regulären Unterricht verschwindet, weil sich eine(!!!) muslimische Schülerin angeblich über die Weihnachtslieder die dort gesungen wurden, gestört fühlte. Das arme Mädchen. Angstzustände weil es "stille Nacht" hören musste? Zitternde Hände und schlaflose Nächte weil dort Maria durch einen Dornwald ging? Kein Wort im Artikel, warum die Menschen Angst haben müssen, auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen, und sei es nur um dort einen Glühwein zu trinken oder schöne Gefühle auszuleben. Als konservativer Christ stelle ich fest, es ist gut schon mal Angst zu haben, egal ob sie religiös, politisch oder einfach nur gesellschaftlich bedingt ist. Selbst Jesus greift zu drastischen Beispielen um den Menschen deutlich zu machen, dass es schlimm ist in die Hölle zu gelangen. Wer sollte denn keine Angst haben, sich das Auge auszureißen, weil es ihn unter Umständen direkt ins Verderben führt.

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    1. Betreffs Weihnachtsfeier: Der Ablauf nach Berichten war so:

      1. Die Schülerin hat sich nicht über die Weihnachtsfeier, sondern über das Singen von Weihnachtsliedern im Musikunterricht aufgeregt. (Sonstiger Stoff wohl schon durch.)

      2. Darauf muß die Schulleitung etwas über Weihnachtslieder um Unterricht herausgegeben. Was, wird in den Berichten nicht genau gesagt; nach Lage der Dinge müßte es einerseits rechts Weihnachtslied-kritisch gewesen sein, andererseits würde ich mich im Zusammenhang wundern, wenn es irgendsoetwas klar und Deutliches wie ein klares Verbot gewesen wäre.

      3. Anschließend hat die Religionsfachkonferenz von sich aus beschlossen, die Weihnachtsfeier abzusagen.

      (Es stimmt aber natürlich: wegen einer Schülerin!

      Normalerweise sagt man der einen Schülerin dann dasselbe, was wir seinerzeit zu unserem Möchtegern-Satanisten sagten, als der ankündigte, das Kreuz aus dem Klassenzimmer wegzubeantragen, nämlich sinngemäß: Moineherrn, jetzt gib halt eine Ruhe, das das ist doch ein Unfug. Und normalerweise gibt sich sowas dann. Die Schule wäre allgemein ziemlich unangenehm, wenn alles nach Gesetz ginge.)

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  7. Ach ja, interessanter Artikel aus Tradiland:

    https://rorate-caeli.blogspot.com/2017/12/fiuv-position-paper-islam.html

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