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Samstag, 4. Mai 2024

Creative Minority Report Nr. 28

Grüße aus Zinnowitz auf der Insel Usedom – wo ich gerade mit meinem Tochterkind an einem "Väterwochenende" in einer Begegnungsstätte des Erzbistums Berlin teilnehme. Näher werde ich darauf allerdings erst in der nächsten Ausgabe des Creative Minority Report eingehen können, denn über die zurückliegende Woche gibt es auch ohnedies mehr als genug zu berichten. 

Es steht übrigens zu befürchten, dass die vorliegende Creative Minority Report-Folge wieder einmal eine wird, mit der ich mir – besonders "im eigenen Lande", d.h. in der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland – nicht besonders viele Freunde mache, aber es ist durchaus nicht so, dass ich es darauf angelegt hätte; die "problematischen" Themen (Jugendgottesdienst, Erstkommunion) haben sich vielmehr förmlich aufgedrängt. Etwas Positives gibt es aber auch zu berichten, nämlich über die Wichtelgruppe. Aber mal der Reihe nach! 

Symbolbild: In der Erstkommunion ist der Wurm drin. 

Was bisher geschah 

Am vergangenen Samstag stand eine ganze Menge auf dem Programm: Vormittags war Wichtelgruppentreffen (der Bericht darüber folgt unter "Aus meinem Wichtelbuch"); am frühen Nachmittag gingen wir dann in Tegel ins Kino, zu einer Veranstaltung der Reihe "Mein erster Kinobesuch". Dieses Veranstaltungsformat zeichnet sich dadurch aus, dass der Saal nicht komplett verdunkelt wird, die Tonspur nicht so laut ist und ein Film gezeigt wird, der besonders für kleine Kinder geeignet ist und nur eine knappe Stunde dauert. Der Plan für den Rest des Samstags sah vor, dass ich in der Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen zum Jugendgottesdienst ging – hauptsächlich um mir die Band anzuhören, die da spielte – und wir uns danach alle bei der Community Networking Night im Baumhaus wiedertreffen und dort auch zu Abend essen wollten. Aber dann kam alles etwas anders: Etwa zwanzig Minuten nach Beginn des Gottesdienstes ereilte mich eine Nachricht meiner Liebsten, die Kinder seien total außer Rand und Band und mit ihnen könne man an diesem Abend wohl nirgends mehr hingehen; da fuhr ich dann doch lieber heim und besorgte fürs Abendessen Tiefkühlpizza. Ein paar Eindrücke aus dem Jugendgottesdienst werde ich (unter der Überschrift "Ich bin nur wegen der Band hier") trotzdem schildern müssen; um die nur einmal im Monat stattfindende Community Networking Night im Baumhaus ist es ein bisschen schade, aber direkt schlimm ist es wohl nicht, wenn wir da erst im nächsten Monat wieder teilnehmen – zumal ich zum Gartenprojekt in Haselhorst derzeit ohnehin nicht viel Neues zu berichten gehabt hätte, was nächsten Monat schon anders aussehen könnte. 

Am Sonntag wurde, wie bereits angekündigt, in St. Joseph Siemensstadt Erstkommunion gefeiert; was es darüber zu berichten gibt, könnte man in dem Satz "Hätte schlimmer sein können" zusammenfassen; man könnte auch Vieles von dem wiederholen, was ich schon früher dazu geschrieben habe, dass und warum die landläufige Erstkommunion-Praxis im Grunde eine Zumutung für alle Beteiligten und Nichtbeteiligten ist; aber ich werde unter der Überschrift "Glanz und Elend der Erstkommunion" mal einen Mittelweg versuchen. 

Am Montag fiel der sonst übliche "Omatag" aus, da meine Schwiegermütter verreist waren; also blieb unsere Große länger in der Schule, und mit dem Jüngsten ging ich zuerst zur #kindergartenfrei-Spielgruppe und dann, auf seinen ausdrücklichen Wunsch, nach St. Joseph Tegel, wo wir eine Lobpreisandacht zum Tag der Diakonin Fest der Hl. Katharina von Siena abhielten. Ich war gerade bei den Fürbitten, als sich das Kirchenportal öffnete – und prompt fühlte ich mich ertappt. Ein Reflex, den ich mir eigentlich schon längst mal abtrainieren wollte: So weit sind wir ja wohl doch noch nicht, dass man das Gefühl haben müsste, etwas Verbotenes oder Unangemessenes zu tun, wenn man in einer offenen Kirche betet. Es war auch keine ehrenamtliche Küsterin oder pensionierte Gemeindereferentin, die die Kirche betrat, sondern ein schätzungsweise zehn- bis zwölfjähriger Junge, der kaum Notiz von uns nahm, sondern zielstrebig die Orgelempore erklomm. Aha, dachte ich, der will hier wohl Orgel üben. Ich beendete also unsere Andacht mit Vaterunser, Tagesgebet und Segensbitte, aber, um Interessenkonflikte zu vermeiden, ohne nochmals Musik anzumachen. Stattdessen spielte der Orgelschüler auf der Empore zuerst die markanten Anfangstakte von Bachs "Toccata und Fuge in D-Moll" (BWV 565) – wie man das halt so macht, wenn man eine Kirchenorgel zu seiner freien Verfügung hat – und dann "Freude, schöner Götterfunken" , woraufhin ich unwillkürlich dachte: Na toll, da kürzt man eine Lobpreisandacht ab, damit hier in der Kirche Freimaurerlieder ertönen. Bloß gut, dass ich kein Verschwörungstheoretiker bin. – Aber als Argument für den Fall, dass sich doch mal jemand über unsere "Beten mit Musik"-Andachten beschwert, werde ich mir den Hinweis dann doch mal merken, dass eine Gebetsform, die vielleicht nicht jedem zugänglich bzw. nicht jedermanns Sache ist, dem Anliegen der offenen Kirche doch wohl mindestens ebenso sehr gerecht wird wie die Übungen eines Orgelschülers. Und wenn dann jemand erwidert, der Orgelschüler habe aber die Erlaubnis, in der Kirche zu üben, sage ich: "Wir haben die Erlaubnis vom heiligen Josef persönlich." Allein schon, um zu sehen, was mein Gegenüber daraufhin für ein Gesicht macht. 

Am Montagabend bereitete ich zusammen mit den Kindern eine Lasagne nach einem Rezept aus dem Buch "Kinderleicht kochen nach Bildern" zu, das das Tochterkind mal geschenkt bekommen hat, und sie wurde sehr lecker. Am Dienstag hatte meine Liebste erneut keinen Unterricht und nutzte dies, um mit den Kindern einen Ausflug in einen Freizeitpark im Umland von Berlin zu machen. Unsere Große nahm sich dafür spontan einen Tag schulfrei, ja, das darf sie, die Anwesenheits-Regeln ihrer Schule lassen das zu, innerhalb gewisser Grenzen natürlich. 

Am Mittwoch war das Fest Hl. Josef der Arbeiter, und was da so alles los war, bietet Stoff für einen eigenständigen Artikel – der auch schon in Arbeit ist, aber bis zur Fertigstellung noch ein paar Tage brauchen dürfte, da ich während des Väterwochenendes so wenig Zeit zum Schreiben habe. – Zum Ausgleich war am Donnerstag nichts besonders Berichtenswertes los. Am gestrigen Freitag ging ich vormittags wieder mit dem Jüngsten zur Eltern-Kind-Gruppe in der Gemeinde auf dem Weg und anschließend nach St. Joseph Tegel, um zur Feier des Herz-Jesu-Freitags (und des Fests der Apostel Philippus und Jakobus) eine kleine "Beten mit Musik"-Andacht abzuhalten. Unterwegs sahen wir auf dem Waidmannsluster Damm Pantomimen, Einradfahrer und Jongleure, die den an den roten Ampeln wartenden Autofahrern ihre Künste vorführten. Der Sommer kommt! – Als ich um die Mittagszeit die Große von der Schule abholen wollte, erhielt ich eine Katastrophenwarnung aufs Handy: In Lichterfelde brannte eine metallverarbeitende Fabrik, es wurde befürchtet, dass sich giftige Dämpfe bilden könnten. Zunächst beachtete ich das kaum, Lichterfelde war schließlich weit weg. Wie sich jedoch zeigte, galten unter Berücksichtigung von Wetterdaten weite Teile des Berliner Westens als "betroffenes Gebiet", an der Schule des Tochterkindes herrschte Ausnahmezustand, die Schüler sollten das Gebäude nicht verlassen, einige Schüler trugen von Corona übriggebliebene Atemschutzmasken. Eine Lehrerin teilte mir achselzuckend mit, "vor allem einige der älteren Jungen" hätten "wohl etwas übertriebene Panik verbreitet". Mitnehmen durfte ich meine Tochter jedenfalls, und so kamen wir ohne weitere Komplikationen rechtzeitig zum Abendessen (und bevor ein Gewitter ausbrach) im Haus St. Otto am Rand von Zinnowitz an. Mehr dazu, wie gesagt, im nächsten Wochenbriefing! 


Was ansteht 

Bis etwa morgen Mittag bin ich noch mit meinem Tochterkind in Zinnowitz, dann geht's zurück nach Berlin; und ich gehe bis auf Weiteres davon aus, dass die nächsten Tage dann erst mal "ganz normal" sein werden, mit Schule und Arbeit, "Omatag" am Montag und JAM am Mittwoch. Am Donnerstag ist dann Christi Himmelfahrt; konkrete Pläne für diesen Tag haben wir noch nicht, aber um 11 Uhr ist Messe in St. Joseph Siemensstadt, und ich vermute mal, dass wir da hingehen werden. Am Freitag, dem "Brückentag" zwischen Feiertag und Wochenende, feiert eine der liebsten Schulfreundinnen unseres Tochterkindes Geburtstag; Außerdem beginnt am Freitag die Pfingstnovene, da wäre zu erwägen, meine erstmals 2019 aus verschiedenen Texten und Liedern zusammengestellte, zuletzt 2021 überarbeitete Pfingstnovene abermals zu aktualisieren, wenigstens für den "privaten Gebrauch" in der Familie. Und dann ist am Samstag schon wieder Wichtelgruppentreffen...! 


Aus meinem Wichtelbuch 

Nachdem ich während der ganzen Woche nicht dazu gekommen war, meine unlängst begonnene Werbeoffensive fortzusetzen, das Wichtelgruppentreffen abermals nicht in den Vermeldungen der Gemeinde erwähnt worden war und zudem turnusmäßig der für mein Empfinden weniger attraktive Standort St. Joseph Siemensstadt an der Reihe war (weniger attraktiv deshalb, weil es da nicht so einen schönen großen Garten gibt wie in St. Stephanus Haselhorst), hatte ich an das Wichtelgruppentreffen am vergangenen Samstag keine besonders hohen Erwartungen. Zudem waren wir im Vorfeld informiert worden, dass wir den Saal nicht nutzen konnten, da zeitgleich die Probe für die Erstkommunion stattfand. Immerhin war das Wetter schön, und auch wenn es immer noch keine Neuzugänge gab, erschien wenigstens die bisherige Kernbesetzung vollzählig. Es waren also vier Kinder da, was für den Anfang ja schon mal eine ganz ordentliche Gruppengröße ist. Zur Einstimmung spielte ich per Handy und Lautsprecherbox das Lied "Vor mir, hinter mir" von Mike Müllerbauer ein; das kam gut an, und anschließend wünschten sich meine Kinder ein weiteres Müllerbauer-Lied, nämlich "Ich mach mich locker". Danach wurde die Gruppenstunde mit einer kurzen Begrüßung eröffnet (eine Vorstellungsrunde erübrigte sich, weil sich ja alle schon kannten), meine Co-Gruppenleiterin spielte ein Lied auf der Gitarre; auf Vorschlag meiner Tochter wurden zwei Lauf- und Fangspiele gespielt, dazwischen gab's ein kleines Quiz über Pflanzen. Zum Abschluss erzählten meine Co-Gruppenleiterin und meine Liebste abwechselnd eine Geschichte, die sie sich spontan ausdachten (eins der Mädchen hatte sich eine Geschichte über "zwei Katzen, die Eis essen gehen" gewünscht), dann wurde noch ein weiteres Lied gesungen und die Gruppe endete mit einem Segenswunsch und einem vom JAM übernommenen "Abschlusskreis". Insgesamt war das, wider Erwarten, eine der gelungensten Gruppenstunden, die wir bisher hatten – vielleicht sogar die beste überhaupt. So kann's weitergehen – wenn auch gerne mit ein paar mehr Kindern... 


Ich bin nur wegen der Band hier 

Eins vorweg: Man sollte ja eigentlich denken, ich wäre der letzte, den man davon überzeugen müsste, dass das, was im volkskirchlichen Normalbetrieb unter der Bezeichnung "Jugendgottesdienst" läuft, in aller Regel den Charme eines Autounfalls hat. Aber ich kann und mag die Hoffnung nicht ganz aufgeben, man könnte mal ein gelungeneres Exemplar erwischen, eins, das einem eine Ahnung davon vermittelt, wie man's besser machen könnte. Etwas weniger optimistisch betrachtet birgt ein Jugendgottesdienst natürlich immer auch die Chance, dass er so bizarr sein könnte, dass es sich lohnt, über ihn zu bloggen. – Dass ich meist doch keine Lust habe, es darauf ankommen zu lassen, kann man u.a. daran ablesen, dass ich es bisher noch kein einziges Mal geschafft habe, zu den seit Dezember letzten Jahres im monatlichen Wechsel in St. Joseph Tegel und in St. Rita stattfindenden Jugendgottesdienst-Reihe unter dem Motto "Meet you at Church" zu gehen. 

Für die Jugendgottesdienst-Reihe in der Spandauer Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen interessierte ich mich indes aus einem anderen, spezifischeren Grund: Wie man dem (übrigens durchaus ansehnlich gestalteten) Flyer mit den Jugendgottesdienst-Terminen der ersten Jahreshälfte entnehmen konnte, kam bzw. kommt die musikalische Gestaltung jedes der drei in diesem Zeitraum stattfindenden Jugendgottesdienste von einer anderen Band, und das machte mich neugierig – nicht nur, weil ich es bemerkenswert finde, dass es in dieser Pfarrei überhaupt drei Bands gibt. Ich habe wohl schon ein paarmal zumindest andeutungsweise erwähnt, dass ich in Siemensstadt/Haselhorst auf mittlere Sicht gern eine Lobpreisband aufbauen würde, idealerweise mit Jugendlichen aus der Gemeinde; und da schien es mir sinnvoll bis notwendig, mir erst mal einen Eindruck davon zu verschaffen, was die innerhalb der Pfarrei bereits bestehenden Bands so spielen. Die "JoTa-Band", die im Februar dran war, hatte ich bereits verpasst; jetzt im April spielte die "Taufstein-Band". Ziemlich uncooler Name, wie ich fand, aber so etwas kann auch täuschen, und zudem hieß es in den Vermeldungen der Pfarrei, die Gruppe werde "zeitgenössischen Lobgesang" zu Gehör bringen. Da war ich ja mal gespannt – und machte mich daher am Samstagnachmittag auf den Weg nach Spandau. 

Zunächst mal ist festzuhalten, dass tatsächlich einige Jugendliche und junge Erwachsene da waren, was bei volkskirchlichen Jugendgottesdienst ja schon mal nicht selbstverständlich ist. Ein paar Familien mit Kindern saßen auch in den Kirchenbänken, gut die Hälfte der Anwesenden waren aber wohl doch Senioren. Ich weiß zwar nicht, wie die Altersstruktur der Messbesucher in dieser Gemeinde sonst so ist, aber ich würde schätzen, in St. Joseph Siemensstadt ist der Altersdurchschnitt in einer normalen Sonntagsmesse eher niedriger. Der zelebrierende Geistliche, Padre Ricardo aus Mexiko, machte in seinen Begrüßungsworten sogar einen gutmütigen Witz über die Altersstruktur der Anwesenden: Er meinte, in der Bibel kämen schließlich Personen vor, die 800 Jahre oder älter geworden seien, also könne man sich auch mit 600 noch jung fühlen. 

Von der Band sah ich auf den ersten Blick nur zwei graubärtige Herren mit akustischen Gitarren und hielt es einen Augenblick lang durchaus für denkbar, dass das tatsächlich schon die ganze Band war. War aber doch nicht der Fall: Es gab noch zwei weitere Bandmitglieder, von denen mindestens einer – ein weiterer Gitarrist – tatsächlich jugendlich war. Das vierte Bandmitglied war eine irgendwie alterslos wirkende, aber vermutlich doch eher junge Frau, die Querflöte spielte. 

Und wie spielte dieses Quartett nun? – Alles in allem: so, dass mir mein hartes Urteil über die Performance der Gruppe Exodus bei der Messe zum Fest Taufe des Herrn in St. Joseph Siemensstadt rückblickend leid tut. Wobei, das sollte ich etwas differenzieren. Der Auftritt der Taufstein-Band wirkte in einem Maße und auf eine Weise unprofessionell, die mir an und für sich durchaus sympathisch ist – im Sinne des berühmten Satzes von Chesterton "A thing worth doing is a thing worth doing badly". Der Sound, der aus den Boxen drang, war allerdings eine Katastrophe: zu laut, total übersteuert, ein unentwirrbares Geräuschknäuel, aus dem man oft nicht einmal eine Melodie hätte heraushören können, wenn man die Lieder nicht gekannt hätte. – Die Bekanntheit der Lieder verweist indes schon auf das nächste Problem: 

Also #sorrynotsorry, aber in welchem Universum ist das bitte "zeitgenössischer Lobgesang"? – Nicht dass ich ernsthaft erwartet hätte, dass es in dieser Pfarrei eine Band gäbe, die beispielsweise Lieder aus dem Gebetshaus Augsburg, von Albert Frey oder meinetwegen von Hillsong spielt; aber es ist ja nicht so, als gäbe es nicht auch noch was dazwischen. Mir fiel in diesem Zusammenhang ein, wie eine aus meinem Firmkurs hervorgegangene Jugendgruppe unter der Leitung meiner Schwester einmal am Gründonnerstag in der kleinen Herz-Mariä-Kirche in Burhave eine Anbetungsnacht gestaltete und dabei Lieder sang wie "Du bist mein Zufluchtsort", "Du bist der Höchste, o Herr", "All die Fülle ist in dir, o Herr" und "Nähme ich Flügel der Morgenrote". Das ist deutlich über 30 Jahre her, woraus man ersehen kann, dass diese Lieder nicht unbedingt viel "zeitgenössischer" sind als viele Dauerbrenner des NGL-Genres; trotzdem sind sie, zumindest für mein Empfinden, erheblich weniger "cringe" – und vor allem passt die Bezeichnung "Lobgesang" erheblich besser auf sie. Zu der Zeit, als meine Liebste und ich anfingen, uns in der Gemeinde St. Stephanus Haselhorst zu engagieren, gab es dort eine monatliche Zusammenkunft einer Gruppe, die ich augenzwinkernd (aber liebevoll gemeint) "Charismatischer Seniorenkreis" nannte, und als ich da einmal mit meiner Familie hinging, wurden dort einige der genannten Lieder (und weitere stilistisch ähnliche) gespielt. Kurz und gut, ungefähr so etwas hätte ich von der Taufstein-Band erwartet oder erhofft, aber nö, nicht mal das. – 

Um zu vermeiden, dass dieses Thema das gesamte Wochenbriefing überwuchert, möchte ich an dieser Stelle gleich darauf eingehen, dass auch die Liedauswahl für den Erstkommunion-Gottesdienst am folgenden Tag, von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein "Schlimmst of NGL" war. Klar, die Leute, die meinen, das müsste so sein, sterben so schnell nicht aus; genau deswegen bin ich der Meinung, man sollte mal für fünf oder zehn Jahre ein NGL-Moratorium verhängen. Um die Infektionskette zu unterbrechen, sozusagen. Damit mal eine Generation in der Gemeinde heranwachsen kann, die nicht von klein auf dazu konditioniert wurde, kinder-, jugend- oder familienfreundliche Gottesdienstgestaltung automatisch mit NGL zu assoziieren. 

Zu allem Überfluss war auch die Liedauswahl in der Messe zum Fest Hl. Josef der Arbeiter am Mittwoch zu einem nicht unwesentlichen Teil von mehr oder weniger NGL-affinen Kitschgranaten geprägt: Zum Einzug gab's allen Ernstes "Morning Has Broken" in einer sehr wortgetreuen deutschen Übersetzung von Jürgen Henkys (und ja, das steht tatsächlich im Gotteslob, jedenfalls im Regionalteil der ostdeutschen Bistümer), später folgten dann u.a. noch "Ins Wasser fällt ein Stein", "Meine Zeit steht in deinen Händen" und zum Schluss das unsägliche "Möge die Straße". Meine vage Ahnung, dass diese Liedauswahl eine Art Geburtstagsgeschenk für den Pfarrvikar sein sollte, bestätigte sich, als dieser sich am Ende der Messe beim Organisten für die "sehr schönen Lieder" bedankte. Okay, der Pfarrvikar feiert heuer seinen 60., da kann man davon ausgehen, dass er kirchlich mit solcher Musik aufgewachsen ist. Was aus meiner Sicht einmal mehr die Notwendigkeit unterstreicht, "die Infektionskette zu unterbrechen", wie ich es oben genannt habe. 

So, jetzt habe ich mir ziemlich weit vorgegriffen; kehren wir noch einmal zurück zum Jugendgottesdienst am Samstag, auch wenn es darüber gar nicht mehr viel zu sagen gibt (zumal ich nicht mehr lange dort blieb). Erste Lesung und Antwortpsalm wurden weggelassen; nach meiner Erfahrung ist das Weglassen von Lesungen ein geradezu klassisches Strukturelement jedweder irgendwie "besonders gestalteter" Gottesdienste, und ich könnte mich lang und breit darüber auslassen, wie absurd ich das finde angesichts der Tatsache, dass die nachkonziliare Liturgiereform den Stellenwert der Wortverkündigung in der Heiligen Messe gerade stärken wollte; aber lassen wir das hier mal. Als Padre Ricardo dann anstelle der Predigt begann, unter Zuhilfenahme eines Flipboards einen Vortrag über Resilienz zu halten, wurden meine Fluchtreflexe übermächtig. Nichts gegen Padre Ricardo, wirklich nicht, aber er ist nun mal kein Johannes Hartl – was man übrigens nicht zuletzt daran sehen kann, dass Hartl vermutlich der erste wäre, der einräumen würde, dass Form und Stil seiner Vorträge nicht für eine Homilie in einer Heiligen Messe geeignet sind. 

Insgesamt kann man als Lehre aus diesem Samstagabend wohl festhalten, dass es nicht die beste Idee ist, einen Gottesdienst nur zu dem Zweck zu besuchen, sich die Band anzuhören. Werde ich wohl nicht so bald wieder tun: Der nächste Jugendgottesdienst in Maria, Hilfe der Christen ist Anfang Juni, da spielt die Gruppe Exodus, und die kenne ich ja schon. 


Glanz und Elend der Erstkommunion 

Am Sonntagmorgen, als wir uns zum Losgehen bereit machten, fragte mich mein Tochterkind: "Was kommt eigentlich zuerst – ein Pfadfinderkind werden oder die Erstkommunion?" Ich erklärte ihr daraufhin, da das eine mit dem anderen nicht zwingend etwas zu tun habe, gebe es auf diese Frage keine eindeutige Antwort; aber bei den Haselhorster Pfadfindern könne man frühestens mit acht Jahren Wölfling werden. Und: 

"Zur Erstkommunion gehen hier bei uns die meisten Kinder so ungefähr im vierten Schuljahr. Das hat damit zu tun, dass sie vor der Erstkommunion erst mal einiges lernen sollen, über Gott, über Jesus und was im Gottesdienst passiert. Aber darüber weißt du ja schon ziemlich viel – mehr als viele andere Kinder, würde ich sagen –, also könnte es sein, dass du nicht bis zum vierten Schuljahr warten musst." 

Schon im vergangen Jahr hatte ich notiert, dass das Interesse unserer Tochter am Thema Erstkommunion für uns ein wesentlicher Grund war, anders als in manchen früheren Jahren gar nicht erst in Erwägung zu ziehen, woanders als in unserer Wahlgemeinde zur Sonntagsmesse zu gehen, um so der Erstkommunion aus dem Weg zu gehen, sondern im Gegenteil explizit zum Erstkommunion-Gottesdienst in St. Joseph Siemensstadt gehen zu wollen. Als ein weiterer Grund kam in diesem Jahr dazu, dass ich einige der Erstkommunionkinder aus dem Kinderwortgottesdienst kannte und daher fand, es sei ratsam, Präsenz zu zeigen und den Jungs und Mädels zu gratulieren. 

Wie regelmäßige Leser sich vielleicht erinnern werden – ich selbst hatte es allerdings inzwischen vergessen –, waren wir letztes Jahr infolge erheblicher Probleme mit der Busverbindung deutlich zu spät zum Erstkommunion-Gottesdienst gekommen; diesmal verpassten wir zwar auch wieder einen Anschlussbus, kamen aber noch knapp rechtzeitig und fanden Platz in der letzten Bankreihe. Was die Platzsituation angeht, hätte es allerdings wohl auch keinen Unterschied gemacht, wenn wir den früheren Bus gekriegt und somit zwanzig Minuten früher gekommen wären; denn wie sich zeigte, diente die Aufteilung der Erstkommunionfeier auf zwei Sonntage nicht in erster Linie dazu, Platz für die "normale" Gottesdienstgemeinde zu schaffen, sondern vielmehr dazu, dass für die Familien der Erstkommunionkinder jeweils zwei Bankreihen reserviert werden konnten. 

Der Umstand, dass wir ganz hinten saßen und die Kinder somit praktisch nur die Rücken und Hinterköpfe anderer Leute sehen konnten, trug sicherlich dazu bei, dass sie ziemlich unruhig und nicht recht bei der Sache waren; aber ich hatte den Eindruck, dass die "niederschwelligen" Gestaltungselemente ein Übriges taten: Sie ließen einfach keine feierliche und andächtige Stimmung aufkommen, und dadurch wirkte der Gottesdienst ironischerweise länger, als er tatsächlich war (nämlich unter eineinhalb Stunden). Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrung, wie gefesselt und fasziniert unsere Große von der Karfreitagsliturgie und der Osternacht gewesen war (übrigens auch schon letztes Jahr, als sie erst fünf war), fand ich es umso auffälliger, dass sie in diesem Gottesdienst zweimal – das erste Mal schon nach dem Evangelium – fragte, wie lange es denn wohl noch dauern würde. 

Das Evangelium war übrigens nicht das vom Tag, sondern das vom Ostermontag – der Gang nach Emmaus. Man kann sich schon einigermaßen zusammenreimen, warum die Verantwortlichen meinten, dieses Evangelium eigne sich besonders gut für eine Erstkommunion: mit Christus auf dem Weg; sie erkannten Ihn am Brechen des Brotes; kann man so machen. Statt einer Predigt gab es ein heiteres Frage-und-Antwort-Spiel, bei dem jedoch nicht – wie man vielleicht hätte erwarten können – den Erstkommunionkindern "Prüfungsfragen" gestellt wurden; vielmehr stellten die Erstkommunionkinder ihrerseits den anwesenden Erwachsenen sieben Fragen zum Inhalt des zuvor gehörte Evangeliums. An und für sich nicht unwitzig, aber muss man das wirklich in der Messe machen? Wäre das nicht bei einer geselligen Veranstaltung im Pfarrsaal eher am Platz? –Ich will hier nicht schon wieder das Zitat von Lothar Zenetti zum Thema "Wenn man alles Mögliche in die Sonntagsmesse hineinquetscht, was da eigentlich nicht hingehört" bringen, aber es ist schon sehr auffällig, wie groß die Versuchung ist, den Erstkommunion-Gottesdienst dazu zu nutzen, Leuten, die sonst nie oder selten in die Kirche kommen, eine Minimalkatechese angedeihen zu lassen. Eine solche Zweckentfremdung des Anlasses empfinde ich als gerade auch den Erstkommunionkindern gegenüber unfair und respektlos; vom Respekt gegenüber dem Sakrament gar nicht erst zu reden. 

Kurz und gut, ich bin durchaus nicht unglücklich darüber, dass das Tochterkind und ich am morgigen Sonntag nicht in Berlin sind und folglich die zweite Runde der Erstkommunion in St. Joseph Siemensstadt "verpassen" werden. Zumal zu erwarten steht, dass da exakt dasselbe Programm noch einmal durchgezogen wird. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Das Wort erbarmte sich unseres Geschlechtes, hatte Mitleid mit unserer Schwäche, nahm Anteil an unserer Verderbnis. Es konnte nicht ertragen, dass der Tod über uns herrschte. Es wollte nicht, dass das Gewordene unterginge und das Werk seines Vaters, die Erschaffung des Menschen, zunichte würde. Darum nahm es einen Leib an, und zwar einen Leib, der sich von dem unsrigen nicht unterscheidet. Im Schoß der Jungfrau erbaute sich das Wort einen Tempel, nämlich den Leib, den es zu seinem Werkzeug machte. In diesem Leib wurde es sichtbar und nahm darin Wohnung. So nahm es einen Leib an von der gleichen Art wie unser Leib. Und weil alle der Verderbnis des Todes unterworfen waren, hat es diesen Leib für alle dem Tod ausgeliefert und ihn dem Vater aus Liebe zu den Menschen dargebracht. In ihm sollten alle sterben, und so sollte das Gesetz des Verderbens, dem alle Menschen verfallen waren, aufgehoben werden. Wenn der Tod am Leib des Herrn seine Macht erschöpft hätte, sollte er keine Macht mehr haben über die Menschen, die ja von gleicher Art sind wie der Herr. Die Menschen, die der Verderbnis verfallen waren, sollten wieder zur Unvergänglichkeit zurückgeholt und vom Tod zum Leben geführt werden. Nun hat die Verderbnis des Todes keine Macht mehr über die Menschen, dank dem Wort, das durch einen Menschenleib unter uns Wohnung genommen hat. 

(Athanasius d. Gr., Über die Menschwerdung des Wortes) 


Ohrwurm der Woche 

Mike Müllerbauer: Absoluto guto (Meinem Gott vertrau ich gern) 

Ein Frühwerk des Kinder-Lobpreis-Liedermachers Mike Müllerbauer, wie man daran erkennen kann, wie jung er auf dem Plattencover noch aussieht. Das Lied kannte ich ursprünglich vom JAM, aber so richtig guto finde ich es erst, seit ich es von Müllerbauer selbst (bei seinem Konzert in der Gemeinde auf dem Weg) gehört habe. Mein Jüngster steht total drauf – vor allem auf den "Volle Kanne, Badewanne"-Teil. Für das Projekt einer "Kinder-Lobpreis-Disco" ist diese Nummer jedenfalls ein Muss... 


1 Kommentar:

  1. Ihr Wachsamkeit Gespür für das in einer rk Kirche unpassende Freimaurerlied "Freude schöner Götterfunken" gefällt mir.
    Wie viele sich Christen nennen Zeitgenossen singen oder summen dagegen gar solche Lieder gottvergessen mit wie "Brüder reicht die Hand zum Bunde" oder gar Melodien aus der "Zauberflöte" , die ich gar schon während eines Gottesdienstes in einer Kirche hören musste.

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