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Mittwoch, 10. April 2019

Von #ParentHacks zu #ParishHacks: Nur mal so ne Idee

Wer regelmäßig meine Wochenvorschauen unter dem Motto "Kaffee & Laudes" liest, wird wissen, dass ich kürzlich zum wiederholten Male das Buch "Life Hacks für Eltern" von Asha Dornfest gelesen habe, das meine Liebste während ihrer (ersten) Schwangerschaft von meiner Mutter geschenkt bekommen hatte. Worum es in dem Buch geht, beschreibt die Autorin im Vorwort wie folgt: 
"Ein Life Hack ist eine kreative, unverhoffte Lösung für ein Problem, das im Zusammenhang mit deinem Baby oder Kleinkind aufgekommen ist. Es ist ein cleveres Work-around, eine inspirierte Fehlerumgehung, ein Klebeband-und-Kaugummi-Trick, der das Spiel drastisch verändert." (S. 8)
Erstaunlich viele der 134 "Hacks" in diesem Buch drehen sich um die Zweckentfremdung von Gegenständen des alltäglichen Gebrauchs. Das Prinzip lautet: Kauf nicht teure Spezialprodukte, die nur für exakt einen Zweck zu gebrauchen sind, wenn Produkt X, das du sowieso im Haushalt hast, diesen Zweck (und noch zahlreiche andere) genauso gut erfüllt. Was, du hast Produkt X nicht sowieso im Haushalt? Kauf es dir. Sofort. Leg am besten einen nicht zu kleinen Vorrat davon an, denn du wirst es öfter (und zu mehr verschiedenen Zwecken) brauchen, als du es dir träumen lässt. 

Maler-Kreppband zum Beispiel. 
Überhaupt: Vorratshaltung. Was man in einem Haushalt mit kleinen Kindern immer in ausreichender Menge vorrätig haben sollte, ist ein weiteres großes Thema des Buches. Und dann natürlich Zeit- und Raummanagement. Kleine Tipps und Tricks, wie man mit den wertvollen, stets knappen Ressourcen Zeit und Raum möglichst effizient umgeht, ohne den Verstand zu verlieren. 

Aus dem Vorwort erfährt man auch, dass das Buch aus einem Blog der Autorin namens ParentHacks.com hervorgegangen ist:
"Im Jahr 2005 stellte ich ParentHacks.com ins Netz. Mein Gedanke dabei war, dass ein Blog zu mehr gut ist als nur zum Geschichtenerzählen: nämlich dazu, mit anderen Eltern Ideen und Tricks auszutauschen. Ich hoffte, dass, wenn möglichst viele von uns ihre Entdeckungen beisteuern, wir voneinander lernen können. Der Moment einer genialen Lösungsfindung eines Vaters oder einer Mutter würde anderen Eltern in einem Moment der Krise helfen." (S. 10f.) 
Es handelt sich also durchweg um praxiserprobte, nicht selten durch Improvisation entstandene Alltagstricks, und ihr gemeinsamer Nenner bei aller sonstigen Verschiedenheit ist, dass sie schnell, einfach, ohne besondere Voraussetzungen und ohne viel Geld realisierbar sein müssen. Ich kann sagen, dass meine Liebste und ich in unserer Eigenschaft als Eltern schon von einigen Tipps in diesem Buch erheblich profitiert haben, aber als ich es neulich noch einmal von vorn zu lesen begann, kam mir ein ganz anderer Gedanke, nämlich:

So etwas bräuchte man auch für Pfarrgemeinden.

Das muss ich jetzt wohl erklären. 

Bei einem Buchvorstellungs-Vortrag zur Benedikt-Option in Nordenham im letzten Sommer habe ich recht spontan geäußert, wenn man mich fragen würde, was in durchschnittlichen Kirchengemeinden hierzulande so alles falsch gemacht werde, würde ich lieber darüber sprechen, was in durchschnittlichen Kirchengemeinden hierzulande richtig gemacht werde; nicht nur, weil es immer gut ist, sein Augenmerk auf das Positive zu richten, sondern auch und vor allem, weil ich damit schneller fertig wäre -- da gebe es nämlich nicht sonderlich viel zu sagen. Die Aussage war natürlich etwas frech, aber ich stehe dazu, dass sie einen wahren Kern hat. Allzu viele Pfarrgemeinden, die ich kennengelernt habe, warten im Grunde nur noch auf den Tod. Andere vergeuden ihre Energie in hilflosem und letztlich kontraproduktivem Aktionismus. Und was an angeblich erfolgversprechenden Gemeindeerneuerungs-Konzepten über den Großen Teich geschwappt kommt, hat, so jedenfalls mein Eindruck, überwiegend mit Hochglanzästhetik, Top-Down-Management und viel Geld zu tun. Und mal ganz abgesehen davon, dass mir vor der Vision einer hippen Besserverdienenden-Kirche tendenziell noch mehr graut als vor dem vielfach tristen Ist-Zustand, muss man auch einfach mal ganz nüchtern konstatieren, dass die ohnehin in ihrem Bestand bedrohte "klassische Pfarrei" als Kirche vor Ort mit solchen Konzepten nicht zu retten ist.

Meine Überzeugung ist, dass Kirchengemeinden, wenn sie überlebensfähig sein wollen, in der Lage sein müssen, sich von innen heraus zu erneuern. Mit "Bordmitteln", so zu sagen. Also indem sie die Ressourcen entdecken, die ungenutzt in ihnen schlummern oder falsch eingesetzt und dadurch "verheizt" werden, und lernen, kreativ mit ihnen umzugehen. Der Postkartenspruch "Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern" mag klebrig-kitschig klingen, aber er bringt das Prinzip "Graswurzelrevolution" eigentlich ziemlich gut auf den Punkt. 

Natürlich ist das nicht leicht. Gerade in Pfarrgemeinden, in denen man gegen die schiere Massenträgheit des "Das haben wir schon immer so gemacht" ankämpfen muss. Wo alles Neue erst einmal als Störung wahrgenommen wird. Aber wir haben keine Wahl. Wenn wir wollen, dass unsere Kinder und womöglich auch unsere Enkel noch eine Kirche vor Ort erleben, dann müssen wir jetzt etwas tun. 

Nun haben meine Liebste und ich in den zurückliegenden gut zwei Jahren in unserer Wohnortpfarrei ja schon so allerlei auf die Beine gestellt, teils mit, teils ohne Unterstützung anderer Gemeindemitglieder. Neben der Mit-Organisation eines Nightfever Specials im September 2018 und gelegentlicher Gestaltung von Andachten wären da vor allem zu erwähnen: 
  • "Dinner mit Gott" (monatlich, seit März 2017) 
  • regelmäßige Lobpreis-Andachten mit Fürbitten in Anliegen der Gemeinde (wöchentlich, offiziell seit Oktober 2018) 
  • Offener Büchertreff (monatlich, seit März 2019) 
Und die nächste Veranstaltungsreihe steht auch bereits in den Startlöchern: 
  • Krabbel-Brunch (monatlich, ab Mai 2019). 
Dass wir das überhaupt alles gestemmt bekommen, hat natürlich sehr viel mit einem Faible für unkonventionelle Organisationsmethoden zu tun, aber selbst so ist es wohl halbwegs verständlich, dass wir gelegentlich an die Grenzen unserer Belastbarkeit stoßen. Was schade ist, denn Ideen für weitere Aktivitäten hätten wir noch reichlich. Ein paar Leitgedanken habe ich vor gut einem Jahr hier skizziert, und seitdem sind durchaus noch weitere Ideen hinzugekommen. Aber wir können eben nicht alles allein stemmen, und selbst wenn wir es könnten, wäre es im Grunde nicht Sinn der Sache. Was uns also fehlt, sind (für den Anfang) drei bis fünf Leute, die genauso verrückt sind wie wir; Leute mit Zeit, Energie und der Fähigkeit und Bereitschaft, "außerhalb der Box zu denken". Wobei der letztere Punkt wohl besonders wichtig ist. Es braucht nicht einfach nur Leute, die irgendwie "mitmachen" - wobei natürlich auch die schon sehr hilfreich sein können -, sondern vor allem Leute mit eigenen Ideen. Und zwar nicht nur Ideen dazu, was man noch so alles veranstalten könnte, sondern auch und vor allem, wie man auf eine unkonventionelle Weise an die Dinge herangeht. 

Kurz gesagt, wir - und damit meine ich in diesem Fall nicht nur meine Liebste und mich, sondern alle, denen es ein Anliegen ist, der Kirche vor Ort neues Leben einzuhauchen - brauchen Life Hacks für die Pfarrgemeinde. #ParishHacks eben. 

Ich stelle mir gern vor, dass ein gewisser, vielleicht sogar ein überdurchschnittlich großer Anteil der Leser meines Blogs in irgendeiner Form in seiner jeweiligen Pfarrgemeinde aktiv ist, und ein anderer Teil wäre es vielleicht gern, wenn er nur wüsste wie. Wir können uns gegenseitig helfen! Ob es um den Küsterdienst in der Heiligen Messe geht oder um die Organisation eines Büffets fürs Pfarrfest, um Erstkommunion- oder Firmunterricht, Ministrantenausbildung, eine weniger zeitraubende und weniger frustrierende Strukturierung von Gremiensitzungen oder oder oder: So ziemlich jeder, der in einem oder mehreren dieser Bereiche über eine gewisse Erfahrung verfügt, hatte mit Sicherheit schon mal den einen oder anderen Geistesblitz, wie man die Dinge mit einfachen Mitteln entscheidend verbessern kann. Jeder hat irgendwann einmal eine geniale Idee, die vor ihm noch kein anderer hatte. Sorgen wir dafür, dass diese Ideen nicht ungenutzt in Vergessenheit geraten! Lernen wir voneinander! 


Ich freue mich auf Kommentare.



4 Kommentare:

  1. Fände es gut, wenn man im Gottesdienst erfährt, wofür die Kollekte bestimmt ist. Einfach bekannt geben.

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  2. Von Euren Unternehmungen angeregt, habe ich unserem Gemeindepfarrer kürzlich geschrieben, ich könne monatlich Vorträge zu kirchlichen Themen halten - eine Art Jugendlichen- und Erwachsenen-Katechese. Dabei kann ich zunächst einmal auf einen Fundus zurückgreifen, aber auch weiteres schreiben (natürlich). Gestern haben wir spontan Genaueres ausgemacht: Es wird ab September in der Herz-Jesu-Gemeinde in Wilmersdorf jeden ersten Dienstag im Monat um 19.00 Uhr einen Vortrag von mir geben. Ausgenommen sind nur Juli und August.
    Ich freue mich sehr darauf.
    Außerdem werde ich im September einen Rosenkranz-Kurs anbieten (beten und basteln). Die Termine (voraussichtlich drei Tage an aufeinanderfolgenden Wochen) stehen noch nicht fest.

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  3. Für mich ist ein Netzwerk aufbauen das A und O. Man muss die Augen offen halten und genau die Menschen, die schon da sind, beobachten und ihre Talente studieren. Und daraus wachsen dann die Ideen und Mitarbeiter.
    Johanna

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  4. In unserer Gemeinde (Bistum Münster) tun wir (zwei Leute) mittlerweile Dinge die unbemerkt bleiben und das finden wir zunehmend spannend. Da ich in der grandiosen Lage bin, über einen Schlüssel unserer Pfarrkirche zu verfügen, schleichen wir uns heimlich in das Gotteshaus und beten dort den Rosenkranz, oder den Kreuzweg mit allen(!) 14 Stationen. Das mag seltsam klingen, allerdings umgehen wir gekonnt, die säuerlichen Minen der "Hauptamtlichen" wenn wir z.B. eine eucharistische Anbetung mit sakramentalem Segen und der Anwesenheit eines Priester gestalten möchten und dabei auf taube Ohren und blinde Augen stoßen.

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