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Samstag, 13. Januar 2024

Creative Minority Report Nr. 12

Es ist mal wieder Zeit für das Wochenbriefing, Freunde; und ich denke, es ist nur fair, dass ich euch vorwarne: Es ist (mal wieder?) eine Ausgabe geworden, in der ich an dem, was von der alten Volkskirche noch übrig ist, nicht besonders viele gute Haare lasse. Ich bitte jedoch darum, das nicht einfach als übellauniges Dampfablassen aufzufassen. Wäre ich zur MEHR gefahren, könnte ich jetzt vielleicht über ermutigende geistliche Aufbrüche berichten, die hierzulande vorrangig "an den Rändern" der verfassten Kirche stattfinden und bei diesem Event erfahrungsgemäß so etwas wie ein Familientreffen feiern. Ja, ermutigende geistliche Aufbrüche gibt es, wie es sie in der Geschichte der Kirche schon immer besonders dann gab, wenn in der verfassten Kirche sehr viel im Argen lag. Aber über diese Aufbrüche zu schreiben, muss ich im Moment Anderen überlassen. Das ins Auge zu fassen, was im Argen liegt, ist schließlich auch eine wichtige, wenn auch vielleicht undankbare Aufgabe. Dass mir die zurückliegende Woche, und insbesondere das vorige Wochenende, dafür so viel Stoff geliefert hat, habe ich mir wahrlich nicht ausgesucht. Aber mal der Reihe nach... 



Was bisher geschah 

Das vorige Wochenende war davon geprägt, den Abschluss der Weihnachtszeit gebührend zu zelebrieren: Am Samstag, dem Hochfest der Erscheinung des Herrn, gingen wir nachmittags zu einer Festmesse in der Spandauer Pfarrkirche Maria, Hilfe der Christen, die zugleich den Auftakt zum Neujahrsempfang der Pfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland bildete; am Sonntag, dem Fest der Taufe des Herrn, gingen wir wieder "normal" in Siemensstadt zur Messe und hielten nachmittags bei uns zu Hause eine Wohnungssegnungs-Andacht ab. Auf all dies, wie auch auf den besagten Neujahrsempfang, wird weiter unten noch ausführlicher einzugehen sein. Am Montag ging die Schule wieder los, und ich durfte mit Freude und Erleichterung feststellen, dass der Wiedereinstieg in den Alltag recht problemlos gelang; am Nachmittag war "Omatag". Am Dienstag hatten meine Liebste und ich ein "Elterngespräch" an der Schule des Tochterkindes; und falls das nach Problemen u./o. Ärger klingt, kann ich sagen: Nö, ganz im Gegenteil. Es handelte sich vielmehr um ein Gesprächsangebot der "Mentorin" (an anderen Schulen würde man wohl "Vertrauenslehrerin" o.s.ä. sagen) unseres Tochterkindes zum gegenseitigen Kennenlernen und um abzuklären, ob es seitens der Eltern Fragen, Wünsche oder Anliegen gibt und inwieweit der Eindruck der Eltern davon, wie das Kind an der Schule klarkommt, sich mit dem der Mitarbeiter deckt. Und ich darf wohl sagen, die Ergebnisse des Gesprächs waren durchweg erfreulich. Am Mittwoch ging ich dann endlich mal wieder mit dem Jüngsten in Heiligensee zur Werktagsmesse und zum anschließenden Gemeindefrühstück; besondere Vorkommnisse gab es da aber nicht, obwohl der leitende Pfarrer von St. Klara Reinickendorf-Süd die Messe zelebrierte. Am Freitag, also gestern, hielt ich mit dem Jüngsten, nachdem wir die Große zur Schule gebracht hatten, endlich mal wieder eine Lobpreisandacht ("Beten mit Musik") in St. Joseph Tegel ab. Um die Geduld des Knaben – der schon auf dem Weg zur Kirche angemahnt hatte, danach wolle er aber nach Hause und Ritter Rost gucken (allerdings nennt er ihn "Ritter Horst") –, beschränkte ich mich dabei auf einen der drei Psalmabschnitte aus der Terz, aber auch so stellte ich fest, dass ich nach dieser Andacht den ganzen Rest des Tages ausgeglichener und zufriedener war. Wir müssen das wieder öfter machen. 


Was ansteht 

An erster Stelle auf der Liste der bevorstehenden Herausforderungen steht natürlich der Kinderwortgottesdienst in St. Joseph Siemensstadt am morgigen Sonntag. Ich habe dabei freiwillig die Aufgabe übernommen, das Evangelium dieses Sonntags (Joh 1,35-42) für die "kleineren" Kinder auszulegen, also die, die noch nicht zur Erstkommunionvorbereitung gehen. Was ich mir dazu so überlegt habe, konnten Abonnenten der Patreon-Seite "Mittwochsklub" schon vorab erfahren; im nächsten Wochenbriefing verrate ich dann, wie's gelaufen ist. Am Dienstag ist an der Schule des Tochterkindes "Elterncafé", ich bin mir aber noch nicht sicher, ob ich da hingehe; am Mittwoch ist zum ersten Mal seit den Weihnachtsferien JAM, ich denke mal, da wollen wir bestimmt hin. Und am nächsten Samstag findet in einer charismatischen Freikirche in Hohenschönhausen ein überkonfessioneller Gebetstag unter dem Motto "eins in Christus" statt – das verspricht spannend zu werden... 


Blüh im Glanze dieser gesellschaftlichen Relevanz (aber nicht mehr lange) 

Wie oben schon erwähnt, fand am Hochfest der Erscheinung des Herrn der erste Neujahrsempfang der Anfang des vorigen Jahres gegründeten Großpfarrei Heilige Familie statt; in meiner Eigenschaft als Wichtelgruppenleiter war ich dazu eingeladen worden, und natürlich nahm ich meine Familie dorthin mit. Im Nachhinein bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob das eine gute Idee war, aber urteile selbst, Leser. 

Vor dem Empfang wurde, wie schon gesagt, erst einmal Messe gefeiert; dem Anlass angemessen stand der Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie der Messe vor, während ganze vier Pfarrvikare konzelebrierten. Die Predigt hielt indes weder der Pfarrer noch der unbestritten beste Prediger unter den Pfarrvikaren, sondern der Krankenhausseelsorger des Spandauer Vivantes-Klinikums, den wir zuvor erst einmal in einer Messe erlebt hatten. Ich denke, man darf sagen, die Predigt war nicht sonderlich bemerkenswert. Zu einem wesentlichen Teil war sie als Frage-und-Antwort-Spiel mit den Sternsingern gestaltet, die auch sonst eine gewichtige Rolle in der Messe spielten. Nicht zuletzt bei den Fürbitten, die unverkennbar aus den Materialien des Kindermissionswerks für die diesjährige Sternsingeraktion stammten und in denen es um die indigene Bevölkerung des Amazonasgebietes, um den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung, um die Rodung des Regenwaldes, den Krieg um Rohstoffe und Naturkatastrophen, die durch  den Klimawandel verursacht werden. Kurz, es handelte sich um diese berüchtigte Sorte von Fürbitten, die sich bloß vorgeblich an Gott richtet und eigentlich darauf abzielt, bei der Gemeinde ein Bewusstsein für bestimmte Themen zu wecken. Darüber habe ich mich in anderem Zusammenhang schon mal ausgelassen: Gott wird in solchen Fürbitten behandelt wie eine Handpuppe im therapeutischen Rollenspiel. – Als ein ähnlich großes Ärgernis empfand ich die Ansage einer Sternsinger-Leiterin, nach der Messe könne man an den Ausgängen der Kirche "gegen eine großzügige Spende" Türaukleber mit der Segensaufschrift 20+C+B+M+24 erwerben. Für einen Segen bezahlen, erfüllt das nicht den Tatbestand der Simonie? Meine Liebste urteilte pragmatisch: So einen Aufkleber wollten wir auf jeden Fall haben, und den Kindern macht es Freude, wenn man ihnen Kleingeld in die Hand drückt, damit sie es in ein Spendenkörbchen werfen. 

Dann ging's rüber in den Pfarrsaal, wo ein üppiges Fingerfood-Büffet aufgetafelt war – an dem man sich aber vorerst noch nicht bedienen durfte, denn auf der Bühne am anderen Ende des Saales hatte ein Kammerorchester Platz genommen, und obendrein bat der Vorsitzende des Pfarreirats nachdrücklich um Gehör. Anders ausgedrückt ermahnte er die in Grüppchen herumstehenden und angeregt plaudernden Besucher der Veranstaltung wiederholt, sich hinzusetzen und ihre Gespräche einzustellen, "damit wir beginnen können". Als dieser Aufforderung endlich Folge geleistet wurde, gab's erst mal Musik und dann eine Ansprache, nämlich von ebendiesem Pfarreiratsvorsitzenden. 

Gleich eingangs erklärte er, dieser erste Neujahrsempfang der neuen Großpfarrei unterscheide sich wesentlich von den früheren Neujahrsempfängen der in ihr aufgegangenen Einzelpfarreien, bei denen es vorrangig um die Würdigung des Engagements der Ehrenamtlichen gegangen sei. So kannte ich's auch aus der Tegeler Pfarrei, und bei aller Kritik an dem darin zum Ausdruck kommenden Verständnis von oder Verhältnis zu ehrenamtlichem Engagement, die mir dazu durchaus einfiele, fand ich die Aussage, dass es darum hier und jetzt nicht gehen solle, doch gelinde gesagt interessant.  Es gehe vielmehr, so erläuterte der Pfarreiratsvorsitzende, darum, die Kirche innerhalb der Gesellschaft zu repräsentieren und sich als Pfarrei mit den lokalen politischen und gesellschaftlichen Institutionen zu vernetzen; aus diesem Grund waren auch der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Spandau/Charlottenburg-Nord, der Bezirksbürgermeister und weitere Honoratioren, die ich mir im einzelnen nicht gemerkt habe, zu diesem Empfang eingeladen worden und tatsächlich erschienen.  – Als in der Ansprache allen Ernstes das Schlagwort "Sozialpartner" fiel, musste ich unwillkürlich an das Gedicht "Bildzeitung" von Hans Magnus Enzensberger denken, das ich in der 11. Klasse im Deutschunterricht interpretieren durfte und in dem es heißt: 

"Sozialvieh Stimmenpartner, 
du wirst stark sein". 

Es wurde aber noch bizarrer, denn den Hauptteil seiner Ansprache baute der Pfarreiratsvorsitzende auf dem fragwürdigen Einfall auf, die biblische Erzählung von den Sterndeutern auf dem Weg nach Bethlehem als Metapher für den "Pastoralen Prozess 'Wo Glauben Raum gewinnt'" und somit für die Pfarreienfusion auszudeuten, aus der die Großpfarrei Heilige Familie hervorgegangen ist. Ich empfand das als unangenehm bezeichnend dafür, in was für einem zutiefst ungesunden Maße der institutionelle Apparat der Kirche auf sich selbst fixiert ist: Selbst die biblische Heilsbotschaft wird nur noch als ein Narrativ verstanden, das der eigenen Selbstbespiegelung dient. Und offenbar ist das so sehr zur Normalität geworden, dass es kaum noch auffällt, geschweige denn Anstoß erregt. 

Dass der Redner am Ende seiner Ausführungen die Anwesenden dazu aufrief, miteinander ins Gespräch zu kommen, wirkte einigermaßen ironisch, wenn man bedenkt, wie energisch er ebendieses Miteinander-ins-Gespräch-Kommen zuvor unterbunden hatte; und erst recht angesichts des Umstands, dass auch jetzt noch keine Gelegenheit dazu war: Erst spielte die Musik noch einmal, dann musste auch der Pfarrer noch eine Ansprache halten, und ob es danach nochmals Musik gab, daran habe ich keinerlei Erinnerung mehr: Meine Gedanken waren inzwischen gänzlich auf das Büffet fixiert, das dann irgendwann auch wirklich eröffnet wurde. Immerhin, das Essen war lecker, und wir bedienten uns reichlich. Aber ob es sich dafür gelohnt hat...? 


Nun, sagen wir so: So bizarr diese Veranstaltung im Ganzen auch war, so illustrativ war sie andererseits auch, wenn man sie pars pro toto betrachtet: als verkleinertes Abbild von Tendenzen, die für den Zustand der institutionellen Kirche in Deutschland insgesamt bezeichnend sind. Da sonnt man sich im geborgten Glanz einer gesellschaftlichen Relevanz, von der man eigentlich wissen könnte oder müsste (Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, schon mal gehört?) , dass es mit ihr unweigerlich zu Ende geht; man feiert, als wüsste man nicht, dass die Titanic mit Volldampf auf einen Eisberg zusteuert. Tatsächlich weiß man es natürlich sehr wohl. Um es mal ein bisschen (aber wohl gar nicht so sehr) überspitzt auszudrücken: Der ganze Synodale Weg dient letztlich dem Zweck, dass die Kirchenfunktionäre weiterhin solche Empfänge geben können, mit Bundestagsabgeordneten und Bezirksbürgermeistern (oder, auf höheren Ebenen, dem Bundeskanzler und Helene Fischer) Lachsschnittchen essen und klassischer Musik lauschen. Dafür ist es notwendig, dass die Kirche als respektable und nützliche Partnerin der Zivilgesellschaft wahrgenommen wird und nicht als ein Haufen ewiggestriger, homophober religiöser Fundamentalisten. – In den Kategorien der "Fünf Phasen der Trauer" nach Elisabeth Kübler-Ross ausgedrückt, kann man vielleicht sagen, an der Basis befindet sich die institutionelle Kirche angesichts des Verlusts ihres gesellschaftlichen Ansehens vielerorts noch tief in Phase 1, Leugnen, während die Akteure des Synodalen Weges schon mit Phase 3, Feilschen bzw. Verhandeln, beschäftigt sind. Was mich betrifft, bin ich allmählich so weit, mich auf die Zeit zu freuen, wenn die Kirche diese Art von gesellschaftlicher Relevanz nicht mehr hat. Dann sucht sich ein Großteil der Verbandsfunktionäre und Gremienfuzzis vielleicht ein neues, prestigeträchtigeres Betätigungsfeld, und die Kirche kommt mal wieder dazu, sich darauf zu besinnen, was eigentlich von Jesus Christus her ihr Auftrag ist. 


Taufe des Herrn: Vermischte Eindrücke 

Eigentlich hatten wir den Besuch bei diesem Neujahrsempfang vorrangig mit der Hoffnung verbunden, es würde sich eine Gelegenheit ergeben, mit dem Pfarrer und/oder dem für Siemensstadt und Haselhorst zuständigen Pfarrvikar über Perspektiven für einen Ausbau unseres Engagements in der Pfarrei ins Gespräch zu kommen, aber wie sich zeigte, war dazu absolut keine Gelegenheit. Vielleicht hätte sich noch eine ergeben, wenn wir länger geblieben wären, aber dafür reichte die Geduld der Kinder, und ehrlich gesagt nicht nur ihre, nicht aus. Daher sagten wir uns, statistisch gesehen stünden die Chancen ja nicht schlecht, dass einer der beiden genannten Geistlichen tags darauf die Messe in St. Joseph Siemensstadt feiern würde. 

Wir hatten jedoch kein Glück: Die Messe wurde vom Krankenhausseelsorger zelebriert, der übrigens auch größtenteils wieder die gleiche Predigt hielt wie am Abend zuvor in der Pfarrkirche. Aber dazu später. Die musikalische Gestaltung dieser Messe lag in den Händen einer Band – mit Schlagzeug, E-Bass, zwei Gitarren und Saxophon. Die Band hieß, wie man auf dem Schlagzeug sowie auf den Polohemden der Musiker lesen konnte, "Exodus"; das war in den 70er Jahren nicht nur ein Song und Albumtitel von Bob Marley, sondern auch ein beliebter und häufiger Bandname in der NGL-Szene. Es gab damals zum Beispiel in Marl am Rande des Ruhrgebiets eine Band namens Exodus, die christlichen Prog-Rock machte – gar nicht mal uninteressant, aber damit hatte diese Band nicht viel gemeinsam. Die vier Herren und eine Dame spielten mit dem Elan einer Schülerband, leider aber auch mit den instrumentellen Fähigkeiten einer solchen, obwohl sie bestimmt seit rund 40 Jahren (einige Bandmitglieder mehr, andere weniger) aus der Schule raus sind. Und ein Mischpult gab es zwar, aber offenbar war es auf "gleichmäßig laut" eingestellt. Als jemand, der selbst mal Schlagzeug gespielt hat, sage ich es ungern, aber angesichts der Akustik des Kirchenraums hätte man das Schlagzeug lieber weglassen sollen – oder zumindest, anstatt es noch zu verstärken, die Bass Drum mit einem dicken Daunenkissen abdämpfen und die übrigen Trommeln und Becken nur mit Besen spielen sollen. Dann hätte man auch die anderen Instrumente, insbesondere die Gitarren, nicht so stark aufdrehen müssen und hätte vielleicht einen etwas differenzierteren Sound hingekriegt. So war das Ganze das akustische Äquivalent zur Faust aus der Kaffeetasse in der legendären Onko-Kaffee-Werbung

Was die Liedauswahl anging, war es wenig überraschend, dass die Gruppe bevorzugt Lieder spielte, die in ihrer Jugendzeit im kirchlichen Kontext als modern galten. Das begann beim Kyrie mit "Kyrie, guter Gott" (auch genannt "In Ängsten die einen") vom unvermeidlichen Peter Janssens – aus zeitgeschichtlicher Sicht ein durchaus interessantes Stück, denn Janssens hat es seinerzeit für den Evangelischen Kirchentag 1975 in Frankfurt am Main komponiert, der unter dem Motto "In Ängsten – und siehe, wir leben" stand. Wenn da nun die erste Strophe mit den Versen beginnt "In Ängsten die einen, und die anderen leben", dann darf man das wohl als eine gezielte Provokation gegen das Kirchentagsmotto auffassen. Inwieweit ein derart in seiner Zeit verwurzeltes Lied dazu taugt, ein halbes Jahrhundert später im Gottesdienst gespielt zu werden, sei indes mal dahingestellt. Zur Gabenbereitung gab es ein Lied neueren Datums,  "Wenn wir das Leben teilen wie das täglich Brot" von Hans Florenz und Michael Wackenheim (2001); danach ging es aber mit Oldschool-NGL weiter. Zum Sanctus wurde, aus liturgischer Sicht etwas weit hergeholt, "Singt dem Herrn, alle Völker und Rassen", wiederum von Peter Janssens, gespielt; ich hätte gedacht, das ist heutzutage wegen des R-Worts im Titel mindestens so ein No-Go wie Blackfacing bei den Sternsingern, aber ironischerweise fand ich dieses Lied von allen, die die Band vortrug, am besten (ums in aller Deutlichkeit zu sagen: sowohl in Hinblick auf Janssens' Komposition als auch auf die Performance der Band). Zum Agnus Dei gab's dankenswerterweise kein Lied, dafür aber während der Kommunion "Herr, deine Liebe ist wie Kraut und Rüben" (auch wieder mit dem R-Wort im Text: "Freiheit, sie gilt für Menschen, Völker, Rassen") und als Danklied nach der Kommunion "Lasst uns miteinander" – das fand ich als Kind schon Scheiße. Zum Auszug wurde "Herr, wir bitten: Komm und segne uns" (Peter Strauch, 1977) gespielt; Fun Fact: Das geht liturgisch gar nicht. Dazu ein kleiner Exkurs aus dem Nähkästchen: Als vor über 30 Jahren mein Firmkurs unter der Leitung meiner älteren Schwester einen Jugendgottesdienst in Herz Mariä Burhave gestalteten, wollten wir "Komm, Herr, segne uns" von Dieter Trautwein (1978) als Auszugslied nehmen; das wurde uns vom Pfarrer kurzerhand verboten, weil es liturgisch nicht geht. Warum nicht? Weil der Segen bereits erteilt wurde. Ein Lied, das vom Text her im Wesentlichen eine Segensbitte darstellt, zu singen, nachdem der Priester bereits einen Segen gespendet hat, erweckt den Eindruck, dass man die Vollmacht des Priesters, zu segnen, nicht so richtig ernst nimmt. An diese Beobachtung ließen sich übrigens so allerlei Reflexionen zu Themen wie "Segensfeiern für Paare, die sich lieben", "Kommunionempfang für alle" usw. anknüpfen, aber das würde hier und jetzt wohl zu weit führen. 

Eine Zugabe brachte die Band schließlich auch noch: "Stern über Bethlehem" (Alfred Hans Zoller, 1963), thematisch passend zur Mitwirkung der Sternsinger am Gottesdienst. Genau das Lied hatte ich in den Tagen zuvor auch auf der Gitarre eingeübt, um es zum Auftakt unserer privaten Wohnungssegnungs-Andacht (s.u.) spielen zu können; und eine interessante und etwas skurrile Geschichte hat das Lied auch: Es stammt aus dem Jahr 1964 und somit aus der Urzeit des NGL-Genres, aber 40 Jahre später kombinierte das Dance-Pop-Duo Groove Coverage die Melodie mit einem anderen Text ("She") und landete damit einen Top-20-Hit in den deutschen und österreichischen Single-Charts. 

Ich bin übrigens nach der Messe von mehreren Personen darauf angesprochen worden, wie mir die Musik gefallen hätte, und ich hatte den Eindruck, dass sie von mir ein positiveres Urteil erwartet hätten. Ich halte das für ein bezeichnendes Missverständnis. Erst vor ein paar Wochen habe ich hier die Idee in den Raum gestellt, auf mittlere Sicht in der Siemensstädter Gemeinde eine Lobpreisband aufzubauen; nun habe ich die Befürchtung, wenn ich diese Idee ins Gespräch zu bringen versuchte, würde ich zu hören bekommen, so etwas gäbe es in der Gemeinde doch schon. Dass zwischen NGL und Lobpreis Welten liegen, dürfte Leuten, für die beides lediglich in die Kategorie "Mal was anderes als Choräle mit Orgel" fällt, schwer zu vermitteln sein. – Nun aber genug zu diesem Thema! Kommen wir lieber mal dazu, was es über diese Messe sonst noch zu sagen gibt. 

In ähnlichem Ausmaß wie die Messe am Vortag in der Pfarrkirche war stand auch diese im Zeichen der Sternsingeraktion; es gab dieselben Fürbitten, und ein Kurzvortrag zum Spendenzweck der Aktion durfte auch nicht fehlen. Wir erinnern uns, dass bei den Siemensstädter Sternsingern eigentlich auch mein Tochterkind hätte mitmachen sollen; und ich hatte – auch wenn ich da nicht nachbohren mochte – ein bisschen den Eindruck, dass sie jetzt, als sie die Sternsinger in ihren farbenprächtigen Kostümen in den ersten Bankreihen sitzen sah, doch ins Grübeln kam, ob sie nicht gern dabeigewesen wäre. Die Chancen für nächstes Jahr stehen also vielleicht nicht schlecht; das Problem ist nur, dass ich mir angesichts der doch sehr ungeistlichen, NGO-mäßigen Ausrichtung des Kindermissionswerks nicht mehr so sicher bin, wie ich das finde. Ein klassisches Dilemma: An und für sich würde ich schon gern wollen, dass meine Kinder beim Sternsingen mitmachen – aber fürs Kindermissionswerk? – Ich schätze, dieses Problem wird uns auch in den kommenden Jahren noch weiter beschäftigen. 

Von der Predigt – genauer gesagt von dem Teil, der sich auf die Lesungstexte vom Tag bezog und sich somit von der Predigt vom Vortag unterschied – ist lediglich ein Detail bei mir hängengeblieben: Den Vers Jesaja 55,1 aus der 1. Lesung – "Auf, alle Durstigen, kommt zum Wasser! Die ihr kein Geld habt, kommt, kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld und ohne Bezahlung Wein und Milch!" – versuchte der Prediger mit dem Hinweis zu veranschaulichen, manch einer habe wohl schon einmal die Erfahrung gemacht, im Supermarkt an der Kasse zu stehen und mit Schrecken festzustellen, dass man gar kein Geld dabei habe. Auffällig fand ich es, dass er offenbar nicht einmal in Erwägung zog, dass er Zuhörer vor sich haben könnte, die schon einmal die Erfahrung gemacht haben, zu einem gegebenen Zeitpunkt tatsächlich kein Geld zum Einkaufen zu haben, und nicht nur deshalb, weil sie ihr Portemonnaie zu Hause haben liegen lassen. Da war wohl wieder einmal ein Phänomen am Werk, das ich schon vor Jahren einmal anlässlich einer Predigt in Herz Jesu Tegel kritisiert habe: die stillschweigende Überzeugung, die Gemeinde bestehe aus einem gutbürgerlichen Juste Milieu. Anders ausgedrückt, ein Selbstverständnis "von Kirche", aus dem die Armen und die Bedürftigen prinzipiell ausgeschlossen sind. Eine Kirche der Bürgerlich-Gutsituierten, der Satten und Zufriedenen. Irgendwie passte das ja auch nur allzu gut in das Bild, das die Pfarrei am Abend zuvor beim Neujahrsempfang abgegeben hatte. 

Ein paar Pluspunkte sammelte der Zelebrant dadurch, dass er die Vermeldungen kurzerhand wegließ – die seien ja schließlich im Schaukasten ausgehängt –, aber im nächsten Moment verspielte er diese schon wieder mit einer jovial sein sollenden Bemerkung darüber, dass die Schulferien ja nun zu Ende seien und dass die Eltern darüber ja bestimmt froh seien. – Ja, ja, ich weiß, es ist in unserer Gesellschaft unheimlich verbreitet, es als normal und selbstverständlich darzustellen, dass Eltern froh und erleichtert sind, wenn sie die Verantwortung für ihre Blagen in fremde Hände abgeben können, und Witze darüber zu machen, was für eine Zumutung es für Eltern sei, sich mal für längere Zeit, und nicht nur für ein paar Stunden am späten Nachmittag bzw. frühen Abend, selbst um ihre Sprösslinge kümmern zu müssen. Die Sozialen Netzwerke sind voll davon. Aber so etwas in der Kirche zu hören, hat dann doch nochmal eine andere Qualität. – Die mehr oder weniger deutlich implizierte Annahme, die Kinder freuten sich im Gegensatz zu den Eltern nicht über das Ende der Ferien, relativierte der Priester immerhin gleich wieder, indem er zu den anwesenden Schulkindern sagte "Vielleicht habt ihr ja Freunde in der Schule und freut euch auf das Wiedersehen mit ihnen"; aber die Auffassung, grundsätzlich und an und für sich sei die Schule kein Ort, wo man gern hingeht, kam doch deutlich genug zum Ausdruck. Ich kann nur sagen, ich bin froh, dass mein Tochterkind eine Schule besucht, die in dieser Hinsicht (und nicht nur in dieser) anders ist. Gleichzeitig glaube ich auch sagen zu können, dass es sowohl den Kindern als auch den Erwachsenen in meiner Familie gut getan hat, in den Ferien mehr gemeinsame Zeit als ganze Familie verbringen zu können, als das im Schulalltag möglich ist. 


Haussegen prima selbermachen 

Immerhin hatte ich vor Beginn der Messe die Gelegenheit genutzt, zusammen mit dem Tochterkind etwas Weihwasser in ein Schraubglas zu zapfen, und ausgerüstet mit diesem, dem am Vortag erworbenen Sternsinger-Türaufkleber, einer aus einer vergangenen Osternacht mitgenommenen Kerze und meiner treuen Gitarre machten wir uns, als wir wieder zu Hause waren und die gesetzliche Mittagsruhezeit vorbei war, daran, eine Wohnungssegnungs-Andacht zu feiern. Die Vorlage dafür hatte ich im Internet gefunden, präzise gesagt auf der Seite des Bischöflichen Jugendamtes Augsburg, und ich kann diese Andacht wirklich nur empfehlen. Wir begannen sie im Treppenhaus vor unserer Wohnungstür, und ich fand es fast schade, dass keine Nachbarn vorbeikamen und sich wunderten, was wir da machten. Weitere Stationen der Wohnungssegnung waren das Wohnzimmer, die Küche, das Schlafzimmer, das Kinderzimmer und die Vorratskammer, theoretisch auch das Arbeitszimmer, aber ein solches gibt es in unserer Wohnung nicht. Der Abschluss, mit Vaterunser und Ave Maria, fand dann wieder im Wohnzimmer statt. Ich glaube, dass diese Andacht gerade auch für die Kinder eine tolle Sache war; dafür kann man auch schon mal auf den Besuch der Sternsinger verzichten... 




Outtakes 

Der Gliederungsentwurf für dieses Wochenbriefing sah an dieser Stelle zunächst noch zwei weitere Unterrubriken vor: Das Thema "Sternsingeraktion" wollte ich durch einen Blick auf die Pfarrei St. Willehad Nordenham/Butjadingen/Stadland abrunden, und außerdem wollte ich noch etwas über die jüngste Kritik des BDKJ-Vorsitzenden Gregor Podschun an "Fiducia Supplicans" schreiben. Aus Zeit- und Platzgründen habe ich mich jedoch entschieden, beides wegzulassen, und hoffe, dass ich es schaffe, im Laufe der Woche außerhalb der Wochenbriefing-Reihe darauf zurückzukommen. Vielleicht auch zuerst bei Patreon... 


Geistlicher Impuls der Woche 
Im Bau der Arche und im Kommen der Flut verbergen sich viele Mysterien. Zunächst einmal dieses: Wie der Herr selbst zeigt, weist die plötzliche Überschwemmung durch die Flut hin auf die nicht voraussehbare Stunde des Letzten Gerichts: "Wie es zur Zeit des Noach war, so wird es auch in den Tagen des Menschensohnes sein. Die Menschen aßen und tranken und heirateten bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche stieg; dann kam die Flut und vernichtete alle" (Lk 17,26.27). Der Bau der Arche bezeichnet die Zeit der ganzen Welt, in der die heilige Kirche aufgebaut und zur Vollendung geführt wird. Das Ende der Welt wird kommen, wenn alle in die Kirche eingetreten sind, die Gott zum ewigen Leben vorausbestimmt hat. Nach dieser Deutung bezeichnet die Arche offenbar die Kirche, Noach den Herrn, der seine Kirche aufbaut, die Flut das Ende der Welt oder das Letzte Gericht. Nach einer anderen Erklärung bedeutet die Arche die Kirche, die Flut das Wasser der Taufe, in dem die Kirche selbst in all ihren Gliedern abgewaschen und geheiligt wird, nach dem Apostel Petrus, der erklärt: "In den Tagen Noachs wartete Gott geduldig, während die Arche gebaut wurde; in ihr wurden nur wenige, nämlich acht Menschen durch das Wasser gerettet. Dem entspricht die Taufe, die jetzt euch rettet. Sie dient nicht dazu, den Körper von Schmutz zu reinigen, sondern sie ist eine Bitte an Gott um ein reines Gewissen aufgrund der Auferstehung Jesu Christi" (1 Petr 3,20.21). 
(Beda Venerabilis, Auslegung zum Buch Genesis) 


Ohrwurm der Woche 

Tori Amos: Winter 

War's bei Euch auch so kalt in der letzten Woche? – Wie dem auch sei: Dieses Frühwerk von Tori Amos (von ihrem Solo-Debütalbum "Little Earthquakes", 1992) habe ich nicht allein aus jahreszeitlichen Gründen für den "Ohrwurm der Woche" ausgewählt. Dieses Lied hat mich von jeher stark berührt, auch schon, als ich noch nicht Vater einer Tochter war; und jetzt tut es das desto mehr, je größer und selbständiger das Tochterkind wird. 




10 Kommentare:

  1. Darf ich dir und den Deinen ein frohes neues Jahr wünschen, von einer unbekannten Person aus dem Internet? :-) Ich war übrigens dieses Jahr zum ersten Mal auf der Mehr, unter anderem weil ich hier so Positives darüber gelesen habe. Das Charismatische ist sonst nicht so meine Welt. Aber wenn 11000 Menschen zusammen Gott loben, ist das schon sehr mitreißend und fühlt sich wie ein Vorgeschmack auf den Himmel an.
    Die Bemerkung, dass die Eltern doch bestimmt froh seien, wenn die Kinder wieder zur Schule gehen, ist nicht nur für Eltern doof (bzw. für potenzielle Eltern, die sich dann abgeschreckt fühlen), sondern auch für die Kinder, die das hören. "Deine Eltern sind übrigens froh, wenn du wieder weg bist, du bist nämlich viel zu anstrengend für sie." Was für eine grausige Botschaft, die sie da lernen!

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  2. "Creative Minority" - das zeitgemäße Äquivalent für den "heiligen Rest" (Micha 5,6ff)? Ein hoher Anpruch. Oder Pfeifen im Wald? Immerhin: Danke schön für die Übernahme von "Kraut und Rüben" für ein unsägliches NGL, vor allem, wenn es auch noch melodramatisch langsam gesungen wird. Und ein Hinweis für einen Neu-Spandauer: Der Bundestagsabgeordnete ist praktizierender Katholik und regelmäßiger Kirchgänger.

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    1. Was besagt schon noch die Formulierung "praktizierender Katholik und regelmäßiger Kirchgänger" ?
      Das trifft bei uns auf fromme ältere Damen, die u.a. als kleine Gebetsgruppe regelmäßig den Rosenkranz vor der Hl. Messe beten, ebenso zu wie auf einen ultra-modernistischen nebenamtl. Diakon in einer Nachbargemeinde, der Publik-Forum-Leser ist, Donum vitae unterstützt und in von ihm geleiteten WGF die Menschen mit seiner liberalen Ideologie zu indoktrinieren versucht.

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  3. "Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen." (Joh 14,2) Das macht dieses Haus so wertvoll. Umso wertvoller, je weniger wir einander lieblos Etiketten aufkleben. (Ganz abgesehen davon, dass das Label "(ultra-)modernistisch" ein aus der Zeit gefallener Anachronismus ist.) Das schreibt ein langjähriger Publik-Forum-Leser.

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    1. Ob ich als wertkonservativ- katholischer Mitmensch dereinst nach meinem Ableben eine Wohnung im Haus Gottvaters werde beziehen dürfen, hoffe ich zwar, aber halte ich noch keineswegs für sicher - im offensichtlichen Gegensatz zu dem Publik-Forum-Leser Egidius..

      Ich bin selbst schon im fortgeschrittenen Lebensalter und gebrauche mir treffend erscheinende Formulierungen und Begriffe, auch wenn diese von manchem quasi als "überholt" abgewertet werden.

      Sie dürfen sicher sein, dass ich den betreffenden Diakon in meinem obigen Kommentar mit vollem Bedacht so bezeichnet habe, wie ich es tat. Ich könnte ihm auch die Bezeichnung "Irrlehrer" geben, denn er lehrt die Kirchgänger ein falsches Evangelium z.B. bzgl. der Hl. Kommunion, die eben in der konsekrierten Hostie der wahre Leib Christi ist, welches sowohl der sie Austeilende als auch der sie Empfangende wörtlich bekennen soll.

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  4. Ich kann Ihre Kritik am Neujahrsempfang und seinem Bemühen, gesellschaftliche Relevanz öffentlich zu machen, nicht recht nachvollziehen. Wir sollen doch Sauerteig sein, der die Gesellschaft durchsäuert- ohne entsprechende Relevanz geht das aber nicht.

    Durch das Leben in den Gemeinden, z.B. durch Ihr Wichtelgruppenprojekt, dem ich an dieser Stelle nachhaltigen Erfolg wünsche, wird die Kirche zu einem „Akteur“ und da darf man sich um gute Beziehungen zur öffentlicher Verwaltung und Politik zu bemühen. Auf lokaler Ebene ist dies noch möglich, wie die Anwesenheit des Bezirksbürgermeisters, seiner Stellvertreterin und des Spandauer Bundestagsabgeordneten gezeigt haben- ein schöner Erfolg.
    Gewiss ist die Kirche in Deutschland im Niedergang begriffen, der auch selbstverschuldet ist (Stichwort: synodaler Weg), aber das heißt doch nicht, daß wir im Vorgriff auf die kommende Katastrophe, schon jetzt in die Katakomben abmarschieren und den Linken, den Grünen, den Roten, der Regenbogenfraktion das Feld überlassen, ohne uns wenigstens zu bemühen, als Aufhalter des Unheils tätig zu sein.

    Im Einzelnen könnte man am Neujahrsempfang einiges anders machen, aber auch hier gilt: Erstmal einen Anfang setzen und dann jedes Jahr besser werden.

    Vielleicht ist es auch keine schlechte Idee, für ein solches gesellschaftliches Ereignis einen Babysitter zu engagieren. Ohne Kinder kann man sich nämlich ganz entspannt -mit dem Sektglas in der Hand- durch den Saal plaudern und kann so lange bleiben wie man will. Es fällt dann auch leichter, die altehrwürdige Regel zu befolgen, nach der das Buffett erst dann eröffnet wird, wenn alle Reden geschwungen sind.

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    1. Ist es wirklich erstrebenswert, dass auf dem Neujahrsempfang einer christlichen Kirchengemeinde sich vorwiegend einmal mehr die "Großkopferten" aus Gesellschaft und Politik mit den gerade Führenden der Gemeinde treffen und gebührend herausgestellt werden (ist nicht Wahlkampf in Berlin?)?
      Oder sollte so ein Empfang nicht besser und eher dazu Anlass sein, dass sich gerade GEMEINDE UNTEREINANDER besser bzw. überhaupt kennenlernt?
      Und wieso sollen da nicht auch kleine Kinder dabei sein dürfen, die doch angeblich die Zukunft der Gemeinde sein sollen? Stattdessen diese zu Babysittern abschieben? Was für ein Familienbild ist denn das? Ein christliches wohl kaum.

      Abschließend muss ich hier noch eine lustige , vielleicht bezeichnende, meinerseitige Fehlleseleistung zum Besten geben:
      Statt "Wichtelgruppenleiter" las ich in T. Kleinsten Text zunächst "Wichtiggruppenleiter", worüber ich dann doch sehr schmunzeln musste.
      Prosit Neujahr!

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    2. Die Annahme, man könne nur dann der Sauerteig der Gesellschaft sein wenn gesellschaftlich-politische Relevanz besitze ist grundfalsch!
      Beispiele: die Christus The Rock Kirche zieht durch ihr wöchentliches Kinderprogramm etwa zu 1/3 auch nicht christliche Familien an neben den Gemeindemitgliedern und Geschwistern in Christus. Auch durch die monatliche Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige macht sie sich über die Mitglieder hinaus bekannt. Auch deren jährliche Gemeindefahrt und die Kinderbibelwoche funktionieren... Die Gemeinde Auf Dem Weg in Tegel besitzt ebenfalls keinerlei politisch-gesellschaftliche Relevanz, dennoch ist sie Träger zweier Kitas und bietet u.a. Elterncafés, Erziehungs- und Paarberatung an und unterhält einen christlichen Buchladen. In Holland hat die Kirche auch keinerlei politisch-gesellschaftliche Relevanz und dennoch gibt's auch da Pfadfinder, Hochzeiten und Taufen usw

      Zweitens. Unter einen Artikel in dem u.a. darauf hingewiesen wird wie zutiefst Kinderfeindlich die Bemerkung, die Eltern seien bestimmt froh, dass die Schule wieder beginne, ist zu kommentieren man könne ja für den Besuch einer Veranstaltung auch einen Babysitter organisieren ist zumindest frech. Zumal dort übrigens mehr als 5 Familien mit Kindern anwesend waren. In Spanien ist das ganz normal, dass die Kinder überallhin mitgenommen werden- dass Deutschland allgemein als Kinderfeindlich gilt überrascht nicht angesichts so einer Bemerkung.

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  5. Es ist halt die Frage, wie man "Creative Minority" versteht (s.o. mein Edit vom 14. Januar 2024, 21:36). Ist das der Schmollwinkel oder hat der Anspruch etwas Selbstbewusstes und/oder sogar Prophetisches? Dann könnte das Einbeziehen von Repräsentanten der Bürgergesellschaft ein Ort sein, wo unser "Anderland" einmal wieder artikuliert werden kann. (Siehe z.B. auch der aktuelle, herzhafte Klartext unserer Bischöfe zum Thema "Umtriebe rechter Parteien".)

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    1. Rein von den Spontanassoziationen her denkt man bei "Creative Minority" zwar weniger an den Schmollwinkel (wobei selbst das bei näherem Hinsehen gar nicht so verkehrt sein muß, wie man meint - fas est ab hoste doceri, haben denn die Homosexuellen in den 1960ern nicht doch auch manchmal geschmollt?)...

      ganz sicher aber nicht an die gutbürgerliche Honoratiorengesellschaft.

      Womit nichts gegen diese gesagt sei, das sind sehr häufig auch nette Leute. Aber es ist nun mal eine Tatsache, daß man bei den Worten "Creative Minority" nicht unbedingt an die gutbürgerliche Honoratiorengesellschaft denkt.

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