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Mittwoch, 3. Februar 2016

Everybody Wants To Rule The World #2

Iowa hat gewählt, und da muss ich meinem letzten Beitrag nun doch eine kleine Auswertung hinterherschieben, ehe ich mich wieder anderen Themen zuwende. 

Mit den Ergebnissen des Iowa Caucus bin ich mehr als zufrieden. Ein bisschen schade ist es, dass ich mich im Vorfeld nicht dazu durchringen konnte, mich auf republikanischer Seite auf Ted Cruz als Sieger festzulegen, sonst käme diese Nachbetrachtung jetzt erheblich triumphalistischer, Ich-hab's-euch-doch-gleich-gesagt-mäßiger daher. Es war aber ja auch relativ knapp. 27,6% der republikanischen Caucus-Teilnehmer stimmten für Cruz, 24,3% für Donald Trump - und 23,1% für meinen Lieblingskandidaten Marco Rubio, der damit zwar in absoluten Zahlen gut 2000 Stimmen weniger erhalten hat als Trump, aber genauso viele Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag gewonnen hat wie dieser, nämlich 7. Und somit nur eine weniger als Cruz. 

Auf Platz 4 folgt mit deutlichem Abstand (9,3% der Stimmen) Ben Carson, der sich dadurch auszeichnet, dass er der einzige Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur ist, der jemals erfolgreich Siamesische Zwillinge getrennt hat. Der Rest des Kandidatenfeldes ist weit abgeschlagen. 

Bei den Demokraten gab es das knappste Ergebnis in der Geschichte des Iowa Caucus: 49,8% stimmten für Hillary Clinton, 49,6% für Bernie Sanders. Praktisch also Gleichstand. Für Martin O'Malley blieb weniger als 1% übrig, woraus er die Konsequenz zog, seine Kandidatur aufzugeben. 

Derweil hat von den republikanischen Kandidaten, die in Iowa schlecht abgeschnitten haben, vorerst nur ein einziger seine Kandidatur an den Nagel gehängt - nämlich Mike Huckabee, ehemaliger Gouverneur von Arkansas, der 1,8% der Stimmen erreichte und sich damit den 9. Platz mit dem amtierenden Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, teilt. Dieser Verzicht auf weitere Kandidatur hat gute Gründe: Huckabee, der schon 2008 und 2012 kandidiert hat, hat sein Wählerpotenzial vor allem bei den "Religiösen Rechten", und die sind in Iowa besonders stark vertreten. Wenn er also selbst hier - wo er 2008 noch als Sieger vom Platz ging - auf keinen grünen Zweig kommt, weil die Religiösen Rechten überwiegend auf Ted Cruz setzen, kann er sich für die weiteren Vorwahlen erst recht keine realistischen Chancen ausrechnen. 

Warum aber machen alle anderen Kandidaten weiter, auch die, die in Iowa nur zwischen einem und drei Prozent geholt haben? Hoffen sie auf ein Wunder? - Nun ja, vielleicht. Vielleicht stecken aber auch pragmatischere Gründe dahinter, und sie spekulieren darauf, bei den weiteren Vorwahlen hier und da ein paar Delegiertenstimmen einzuheimsen, die sie dann als Verhandlungsmasse einsetzen können - etwa, um einen nachgeordneten Posten in der Regierungsmannschaft des Kandidaten zu beanspruchen, der dann tatsächlich nominiert wird. 

Nach außen hin begründen die Kandidaten, die in Iowa schlecht abgeschnitten haben, ihr Festhalten an einer weiteren Kandidatur jedenfalls damit, dass die paar Delegiertenstimmen, die es in Iowa zu holen gegeben hat, ja gar nicht so entscheidend seien und dass Iowa sowieso überhaupt nicht repräsentativ für den Rest des Landes sei. Das stimmt zwar zu einem gewissen Grad, aber irgendwie tragikomisch ist es doch: Erst machen alle wochenlang wie verrückt Wahlkampf in Iowa, und kaum ist die Abstimmung dort gelaufen, erklären die Kandidaten, die dort keinen Erfolg hatten: "Ach, Iowa ist doch total unwichtig." 

In besonderem Maße gilt das für Jeb Bush, der zu dem Zeitpunkt, als er seine Kandidatur bekanntgab, als klarer Favorit galt, beim Iowa Caucus aber nur 2,8% der Stimmen erhielt und damit auf dem sechsten Platz landete. Sein Wahlkampfteam erklärt verstockt, das Ergebnis aus Iowa bedeute überhaupt nichts, schließlich hätten die republikanischen Präsidentschaftskandidaten von 2008 und 2012 die Vorwahlen in Iowa ebenfalls nicht gewonnen. Das stimmt zwar, aber was sie verschweigen, ist der Unterschied zwischen "nicht gewinnen" und "total abstinken". Der republikanische Präsidentschaftskandidat von 2012, Mitt Romney, hatte in Iowa 24,53% und damit einen knappen zweiten Platz erreicht; John McCain war 2008 in Iowa zwar nur Vierter geworden, hatte dabei aber rund dreimal so viele Stimmen erhalten wie Bush bei der diesjährigen Vorwahl. Nun, wie dem auch sei, Bushs Kampagne konzentriert sich nun ganz auf New Hampshire, wo nächsten Dienstag gewählt wird. New Hampshire sei für das Rennen um die Nominierung viel entscheidender als Iowa. Damit legt die Bush-Kampagne die Messlatte für die kommende Vorwahl allerdings extrem hoch. Neueste Umfragen sehen Jeb Bush in New Hampshire bei rund 10% und damit ungefähr gleichauf mit Cruz, Rubio und dem Gouverneur von Ohio, John Kasich. Weit vorn liegt dort nach wie vor Donald Trump. Und auch wenn dieser erneut, wie in Iowa, deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben sollte, müsste Bush sich noch erheblich steigern, um in New Hampshire ein Ergebnis zu erzielen, das er glaubwürdig als Sieg verkaufen könnte. Dafür dürfte sein blamables Abschneiden in Iowa aber kaum hilfreich sein. Ich sag mal: Gelingt es ihm nicht, in New Hampshire Cruz und Rubio hinter sich zu lassen, kann er seine Kandidatur vergessen. 

Zwar folgen nach Iowa und New Hampshire noch jede Menge weitere Vorwahlen, und bis zum Super Tuesday am 1. März, an dem in 14 Bundesstaaten sowie im Territorium Amerikanisch-Samoa gleichzeitig abgestimmt wird, sind die Delegiertenstimmen, die die einzelnen Kandidaten ansammeln können, relativ gesehen Peanuts. Dennoch wird den early states, die schon vor dem Super Tuesday abstimmen (neben bzw. nach Iowa und New Hampshire sind das noch Nevada und South Carolina), besondere Signalwirkung für den weiteren Verlauf der Vorwahlen zugeschrieben. Fast noch entscheidender als die rein zahlenmäßigen Ergebnisse ist es in dieser Phase, ob die einzelnen Kandidaten die Erwartungen, die an sie gestellt werden, über- oder untererfüllen. So gesehen war der große Sieger von Iowa auf republikanischer Seite Marco Rubio, dessen Ergebnis deutlich über seinen Umfragewerten lag; und der große Verlierer war Donald Trump, bei dem das Gegenteil der Fall war. Man wird sehen, wie sich das auf die nächsten Vorwahlen auswirkt. 

Nach derselben Logik ist auf demokratischer Seite Bernie Sanders der Sieger von Iowa, obwohl er geringfügig weniger Stimmen erhielt als Hillary Clinton. Denn dass ein obskurer linksgerichteter Senator aus Vermont, ohne eine große Wahlkampforganisation und viel Geld im Rücken zu haben, der im Establishment ihrer Partei bestens vernetzten Ex-First-Lady, Ex-Außenministerin und erklärten Wunschnachfolgerin des amtierenden Präsidenten überhaupt ernsthaft Konkurrenz macht - und das selbst in einem von der Bevölkerungsstruktur her eher konservativen Staat wie Iowa -, ist nahezu ein Wunder. Und es wirkt. Die neuesten Umfragen aus New Hampshire sehen Sanders in den demokratischen Vorwahlen bei über 60%. Das wird bitter für Hillary.

Abschließend noch ein Blick auf die General Election Match-Ups, die Direktvergleiche zwischen möglichen republikanischen und demokratischen Präsidentschaftskandidaten: Laut den von der Seite RealClearPolitics.com errechneten Durchschnittswerten der jüngsten Umfragen würde Donald Trump sowohl gegen Hillary Clinton als auch gegen Bernie Sanders verlieren - gegen Sanders aber deutlicher. Sanders hätte auch gegen Ted Cruz die Nase vorn, während dieser gegen Hillary Clinton einen hauchdünnen Vorsprung (1,3%) hätte. Marco Rubio wiederum führt gegenüber Clinton mit 2,5%, gegenüber Sanders hingegen nur mit 1%. Diese Umfragen sind allerdings durchweg schon ein paar Wochen alt, die Ergebnisse aus Iowa sind daher noch nicht in die Wertung eingeflossen. Es bleibt alles ausgesprochen spannend...

(Hier kommen trotzdem demnächst erst mal wieder andere Themen an die Reihe. Versprochen!)


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