...ich bin gebeten worden, einen englischsprachigen Magazinartikel, den ich auf Facebook verlinkt habe, ins Deutsche zu übersetzen. Okay, mach ich gern - aber wenn ich meine Übersetzung des kompletten Artikels hier in meinem Blog veröffentliche, was sagt eigentlich das Urheberrecht dazu? Geht das als legitimes "Großzitat" durch, wenn ich die Quelle ordnungsgemäß angebe und verlinke? - Na, hoffen wir's mal. Immerhin verlange ich für meine Übersetzungsarbeit kein Geld; so gesehen tue ich den Autoren vielleicht sogar einen Gefallen.
Es handelt sich um einen im US-amerikanischen Online-Magazin Business Insider erschienenen Artikel von Michael Brendan Dougherty und Pascal-Emmanuel Gobry mit dem provokanten Titel "Time To Admit It: The Church Has Always Been Right On Birth Control", der bereits vom 8. Februar 2012 datiert, für mein Empfinden jedoch seither nichts an Aktualität eingebüßt hat. Eher im Gegenteil.- Hier meine Arbeitsübersetzung:
Es ist Zeit, es zuzugeben: Die Kirche hatte schon immer Recht in Sachen Geburtenkontrolle
Die Katholische Kirche als "abgehoben" oder "realitätsfern" darzustellen, mutet an wie ein Kinderspiel - bei all den albernen Hüten und vergoldeten Kirchen. Und nichts kommt dieser Einschätzung mehr entgegen als die ablehnende Haltung der Kirche zur Empfängnisverhütung.
Viele Menschen - einschließlich unseres Herausgebers - fragen sich, warum die Kirche diese Überzeugung nicht einfach auf den Müll wirft. Sie registrieren, dass die meisten Katholiken sie ignorieren und dass nahezu alle Übrigen sie als Zwietracht säend oder "veraltet" ansehen. "Kommt schon!", sagen sie. "Wir leben im 21. Jahrhundert! Kapieren die denn nicht, dass das dumm ist?", schreien sie.
Tja, aber die Sache ist die: Die Katholische Kirche ist die größte und älteste Organisation der Welt. Sie hat die größten Imperien, die die Menschheit je gesehen hat, zu Grabe getragen - von den Römern bis hin zu den Sowjets. Sie hat sich buchstäblich auf der ganzen Welt etabliert und alle Aspekte menschlicher Entwicklung beeinflusst. Sie hat uns einige der bedeutendsten Denker der Welt geschenkt, vom Hl. Augustinus bis hin zu René Girard. Wenn sie etwas tut, hat sie üblicherweise ihre guten Gründe dafür. Das Recht, anderer Meinung zu sein, bleibt Jedem unbenommen, aber man sollte nicht so tun, als handle es sich um einen Haufen verrückter alter weißer Typen, die geistig im Mittelalter festhängen.
Also, worum geht's?
Die Kirche lehrt, dass Liebe, Ehe, Sex und Fortpflanzung Dinge sind, die allesamt zusammengehören. Das ist auch schon alles. Aber es ist ziemlich bedeutsam. Und wenngleich die Kirche dies schon seit 2000 Jahren lehrt, ist es womöglich noch nie so ein hervorstechendes Thema gewesen wie heute.
Die heutigen Einwände der Kirche gegen Geburtenkontrolle wurden in einem Dokument von Papst Paul VI. aus dem Jahre 1968 mit dem Titel Humanae Vitae von Neuem bekräftigt. Paul VI. warnte vor vier zu erwartenden Ergebnissen, wenn eine weite Verbreitung künstlicher Verhütungsmittel zugelassen würde:
1. Allgemeines Absinken moralischer Standards
2. Ein Ansteigen von Untreue und unehelichen Geburten
3. Die Erniedrigung von Frauen zu Objekten der Befriedigung männlicher Begierden
4. Staatliche Einmischung in Fragen der Fortpflanzung.
Kommt uns das bekannt vor?
Denn es klingt doch sehr nach dem, was wir in den letzten 40 Jahren erlebt haben.
Wie George Akerloff schon vor über einem Jahrzehnt im Magazin Slate schrieb:
"Indem die Geburt eines Kindes zur körperlichen Entscheidung der Mutter erklärt wurde, hat die Sexuelle Revolution die Ehe und den Unterhalt für die Kinder zu einer sozialen Entscheidung des Vaters gemacht."
Anstatt dass beide Elternteile gemeinsam für das Kind verantwortlich sind, das sie empfangen - eine Anforderung, die mit Hilfe gesellschaftlicher Normen wie auch durch das Gesetz aufrecht erhalten wurde - , betrachten wir es heute als selbstverständlich, dass keines der Elternteile zwangsläufig für sein Kind verantwortlich ist. Es gilt bereits als hinreichende Pflichterfüllung seitens des Mannes, wenn er die gerichtlich festgesetzten Unterhaltszahlungen für sein Kind leistet. Das kann man wohl als ziemlich dramatisches Absinken der Standards für "Vaterschaft" bezeichnen!
Und wie geht's uns sonst so seit dieser großartigen Sexuellen Revolution? Kim Kardashians Ehe dauerte gerade mal 72 Tage. Uneheliche Geburten: klar im Aufwind. Im Jahre 1960 waren bei 5,3% aller Geburten in den USA die Mütter unverheiratet; bis zum Jahr 2010 stieg dieser Prozentsatz auf 40,8%. 1960 bestanden nahezu drei Viertel aller Haushalte aus Ehepaaren mit ihren Familien; laut der Volkszählung von 2010 machten sie nur noch 48% aus. Uneheliche Lebensgemeinschaften haben sich seit 1960 verzehnfacht.
Und falls Sie nicht der Meinung sind, dass Frauen darauf reduziert werden, Objekte zur Befriedigung der Männer zu sein: Willkommen im Internet! Haben Sie sich hier schon mal ein wenig umgeschaut? - Was die staatliche Einmischung angeht: Schauen Sie sich China an - oder auch die USA, wo eine staatliche Regelung des Zugangs zu Verhütungsmitteln dafür verantwortlich ist, dass wir hier gerade diese Diskussion führen.
Liegt das alles nur an der Pille? - Selbstverständlich nicht. Aber anzunehmen, die weit verbreitete Verfügbarkeit von künstlichen Verhütungsmitteln hätte nicht zu dramatischen gesellschaftlichen Umwälzungen geführt, oder diese Umwälzungen seien ausschließlich zum Guten ausgeschlagen, ist eine wesentlich albernere Auffassung als alles, was die Katholische Kirche lehrt.
Dasselbe gilt für die Auffassung, es sei von vornherein offenkundig albern, ethische Richtlinien aus einem ehrwürdigen Glauben zu beziehen. (Woher denn sonst? Von Britney Spears vielleicht?)
Aber wenden wir uns einem anderen Aspekt dieses Themas zu. Der Grund, weshalb unser Herausgeber meint, Katholiken sollten nicht fruchtbar sein und sich mehren, ist ebenfalls nicht stichhaltig. Die Weltbevölkerung, so schreibt er, befinde sich in einem Wachstumsprozess, der "nicht aufrecht erhalten werden" könne (oder dürfe).
Die "Abteilung Bevölkerungsfragen" der "Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten (DESA)" der Vereinten Nationen prognostiziert, dass das Bevölkerungswachstum sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte verlangsamen und sich um das Jahr 2050 bei einem Stand von etwa neun Milliarden Menschen einpendeln werde - einen Stand, der sich dann bis 2300 halten werde. (Dabei sollte man beachten, dass die UN, die weltweit Geburtenkontrolle und Abtreibung fördern, nicht gerade zu den Anhängern der Maxime "Seid fruchtbar und mehret euch" gezählt werden können.)
Mehr noch: Die Malthusianische Sicht auf das Bevölkerungswachstum hält sich noch immer hartnäckig, obwohl sie sich wieder und wieder als falsch erwiesen hat und für vielfaches unnötiges menschliches Leid verantwortlich ist. So steht beispielsweise China in Folge seiner fehlgeleiteten Ein-Kind-Politik vor einem massiven demographischen Einbruch und gesellschaftlicher Instabilität.
Menschlicher Fortschritt wird von Menschen gemacht. Alles, was die Lebensqualität verbessert, von der Demokratie über die Wirtschaft bis hin zu Internet und Penicillin, wurde entweder von Menschen entdeckt oder von Menschen geschaffen. Mehr Menschen bedeuten mehr Fortschritt. Der Entdecker des Heilmittels für Krebs könnte das vierte Kind von Jemandem sein, der beschließt, kein viertes Kind zu wollen.
Also, fassen wir zusammen:
- Es ist eine gute Idee, dass Menschen fruchtbar sein und sich mehren sollen; und:
- Unabhängig davon, wie Sie zur Haltung der Kirche gegenüber der Geburtenkontrolle stehen - sie hat sich als bemerkenswert prophetisch erwiesen.
[Soweit meine Übersetzung. Weiterführende Links zum Thema, insbesondere Quellennachweise für die statistischen Angaben, finden sich im oben verlinkten Originalartikel; darüber hinaus möchte ich auch noch auf einen thematisch passenden Artikel meines Blogs hinweisen. Und jetzt warte ich mal ab, ob es Beschwerden wegen des Urheberrechts gibt...]
Sie haben völlig Recht!
AntwortenLöschenIn Japan waren künstliche Verhütungsmittel, also "die Pille", bis vor kurzem gar nicht zugelassen (die asiatischen Frauen vertragen keine chemischen Kontrazeptiva, nach Entscheid der japanischen Gesundheitsbehörden). Genau deswegen gibt es in Japan kaum pornografische Machwerke in gedruckter oder elektronischer Form, oder auch auf Film.
Auch die Scheidungsrate ist in Japan extrem niedrig und wie wir alle wissen ist Japan ein Land mit einer sehr, sehr hohen Geburtenrate und entsprechend sehr hoher Einwohnerzahl, gemessen an der Landesfläche. Ebenso ist in Japan, wegen des fast völligen Fehlens chemischer Kontrazeptiva im Pharmamarkt, natürlich das Ansehen der Frauen und die Hochschätzung derselben durch die Männer, völlig anders gelagert als in der westlichen Welt, in der die Frauen, wohl bedingt durch die "Gleichberechtigung", sehr gering geschätzt werden.
Das alles wird sich in Japan jetzt, nach Zulassung der wirksamen Geburtenkontrolle, sehr schnell zum schlechteren wenden und könnte sich bei uns, durch ein absolutes Verbot wirksamer Geburtenkontrolle zum viel Besseren wenden.
Und wenn dann noch ein wirksames, absolutes Verbot von Kindermorden, beschönigend Schwangerschaftsabbruch genannt, wie im Dekret 770 (gooooogle) dazu käme, ich wage kaum, mir dieses katholische Paradies, ohne jeden Schmutz und Schund, ohne Unzucht oder gar Abtreibungen, mit lebenslang haltenden Ehen und einer schnell stark ansteigenden Bevölkerung, schwäbischer, rheinischer, bayerischer, etc, Bevölkerung wohlgemerkt, kaum vorzustellen, Es wäre das Paradies vorweggenommen.
Mögen Sie nicht ein "Ironie aus" dazusetzen?
LöschenWarum Ironie? Die Pille war bis vor kurzem in Japan wirklich nicht zugelassen, mit der Begründung moralischer Bedenken. Aber vielleicht war genau diese Begründung die Ironie. Andererseits war genau das auch die Begründung des Papstes für sein Verbot der Verhütungspillen. Und dass ein Papst ironisch sein kann, glaube ich nicht.
LöschenEinerseits Ironie ja, andererseits Ironie nein und alles nur wegen eines Papstes und seines (und der japanischen Regierung) Pillenverbotes.
Nein, endgültig keine Ironie, alles bittere, katolische und japanische Wahrheiten. Aber welche Medizin ist nicht bitter? (wieder keine Ironie!). Der Arzt muss sie ja nicht nehmen. Und geheilt werden soll der Patient = Gläubige.
Allerdings weigern sich immer mehr Patienten, pardon Gläubige, diese katholische Medizin auch zu nehmen. Die Compliance der Patienten ist katastrophal mies. Das heisst, die haben die katholischen Verbote bei der sexuellen Liebe einfach von Tisch gefegt. (keine Ironie, bittere Wahrheit, in diesem Fall für dir Kirche)
Patienten nehmen dann Medikamente nicht, wenn sie sich keinen Nutzen erwarten und ihnen der Arzt nicht schlüssig erklären kann, warum sie sie nehmen sollen.
LöschenUnd manchmal haben schlicht auch Ärzte unrecht - wir erinnern uns z.B. an die fatale Angewohnheit, sich nicht die Hände zu desinfizieren, wenn man von der Leichensektion in den Kreißsaal wechselt. Aber dass man unrecht hatte, weiß man ja erst hinterher.
Patienten nehmen dann Medikamente nicht, wenn sie sich keinen Nutzen erwarten ...
LöschenDiese Annahme ist falsch oder zumindest grob unvollständig. Die Patienten nehmen Medikamente nicht, wenn sie sich keinen Nutzen davon erwarten, wenn sie diese vergessen, wenn die Nebenwirkungen beginnen unangenehm zu werden, wenn die Einnahme zu kompliziert ist: morgens, vor dem Frühstück mit mindestens einem halben Liter Leitungswasser, danach aufrecht bleiben, also am besten eine Stunde spazieren gehen und das jeden Tag; diese Medikamente gibts und die Patientinnen waren glücklich als eine Tablette eingeführt wurde, die man nicht täglich, sondern monatlich nehmen konnte. Compliance ist eines der wichtigsten Probleme, mit denen Ärzte tagtäglich konfrontiert werden. Und das sogar in der Klinik!
Und -leider- haben Ärztinnen und Ärzte immer öfter Recht.
Aber die Schlussfolgerung im vorliegenden Fall ist leider so, als würden Ärzte allgemein propagieren, dass ein doppelter Beinbruch vom Fluch einer Hexe ausgelöst wird und durch das Auflegen von Amuletten geheilt werden kann.
LöschenVielen Dank für die Mühe der Übersetzung! Da die Auseinandersetzung mit HV vor dem Hintergrund des Gewissenskonzepts im Zuge von Vat. II (also insbesondere: Königsteiner Erklärung) eine der großen Debatten um obj. und subj. Zugänge zum Gewissen darstellt, ist diese Darlegung für mich sehr wichtig und wertvoll. LG, JoBo
AntwortenLöschenZiemlich schwacher Artikel - liegt aber vielleicht auch daran, dass die 4 Grundprämissen von HV einfach Schwachsinn sind.
AntwortenLöschen1. Die angebliche "moralische Degeneration" der westlichen Staaten hat mal immerhin dahin geführt, dass es in Westeuropa seit nunmehr fast 70 Jahren keinen Krieg mehr gab.
2. Mag sein, dass es mehr uneheliche Kinder gibt - aber was ist so schlecht daran. Seit den 70er sind diese den ehelichen rechtlich komplett gleich gestellt und das ist auch gut so.
3. Das krasseste Beispiel für die Degradierung der Frau zum willenlosen Sexobjekt des Mannes war wohl die Nichtstrafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe - und diese hat die katholische Kirche selbst immer gefordert.
4. Staaten haben sich schon vor der Einführung der Pille in die Fortpflanzung eingemischt. Die Eugenik war ein großes Thema in den 30er und 40er Jahren und da war von der Pille noch keine Spur. Wenn westliche Staaten sich heute in die Fortpflanzung einmischen dann eher um diese zu fördern als um diese zu verhindern.
Ich schließe mich hier einfach vollinhaltlich an. Im Laufe meines - lang ist's her - Studiums habe ich mich mal mit ländlicher Sozialgeschichte beschäftigt. Keine Geburtenkontrolle, das bedeutete in der Praxis:
Löschen- hohe Raten unehelicher Geburten (bis zu 50% in manchen alpinen Regionen), als Folge dann aber Ächtung durch die Pfarrgemeinde
- Männer konnten kaum zur Zahlung von Unterhalt gezwungen werden, die Frau stand allein da und musste das Kind meist in Pflege geben. Kind bezahlte mit schlechterem Gesundheitszustand, niedriger Bildung, niedrigerer Lebenserwartung.
- hohe Geburtenraten bei Frauen, dabei viele Totgeburten, Missgeburten und gesundheitliche Probleme der Frauen (in Grafs "Das Leben meiner Mutter" beschreibt er recht drastisch die ständigen "offenen Beine" der Bäuerinnen, und das war wahrscheinlich eines der geringeren Übel). Aber "Weibersterben tut den Bauern nit verderben, aber das Viehverrecken tut den Bauern schrecken", galt wohl als "Berufsrisiko" der Frauen.
- Frauen hatten kaum eine Chance, einer schlechten Ehe oder einem gewalttätigen Ehemann zu entkommen - mit X Kindern im Schlepptau und keiner Möglichkeit, einen ordentlichen Beruf auszuüben...
...und jetzt lasst uns doch alle das Lied von den Wise Guys anstimmen: "Früher, früher war alles viel besser..." *Ironie aus
Ganz im Ernst:
Wer sich benehmen will wie der letzte Neandertaler, tut das in der Regel, weil er das WILL, nicht, weil er Kondome frei erhältlich erwerben kann.
Die Rechnung "keine Verhütungsmittel = bessere Welt" ist dermaßen naiv und falsch, dass man vor solch einer Argumentation am Liebsten in Tränen ausbrechen möchte.
Come on, Vatikan, das könnt Ihr besser.
Ich weiß, daß klingt jetzt ein wenig seltsam, aber: ökologische Aspekte der hormonellen Verhütung.
AntwortenLöschenDie künstlichen Hormone bauen sich nicht von selber ab und werden in Kläranlagen nicht herausgefiltert, das heißt, sie konzentrieren sich in Trinkwasser etc auf.
Das sind nur kleine Mengen oder waren es zu Anfang, aber wenn man zu einem kleinen bißchen immer ein kleines bißchen dazutut, hat man irgendwann das "Reiskorn auf dem Schachbrett". Mittlerweile haben Eisbärinnen (die als Raubtiere viel "ansammeln) Probleme, schwanger zu werden. Männliche Fische zeigen weibliche Organe und herabgesetzte Fruchtbarkeit.
Das klingt vielleicht ganz putzig, aber langfristig ist das ein schwerer Eingriff in der Ökosystem. Mich wundert, daß da noch keiner von der üblichen "Rettet die Umwelt"-Fraktion drauf angesprungen ist.