Die Pfarrei St. Willehad in meinem Heimatstädtchen Nordenham veröffentlicht seit einiger Zeit ihren jeweils aktuellen Pfarrbrief auf ihrer Facebook-Seite. Das macht es auch mir leichter, auf dem laufenden zu bleiben, was an der Heimatfront so los ist. In den Pfarrnachrichten für den Zeitraum vom 18. Februar bis zum 5. März wurde nun eine "Studien- und Begegnungsreise nach Indien" angekündigt:
"Vom 18. Januar bis zum 02. Februar 2018 wird Pfr. ... (Lindern, früher Pfarrer in Nordenham) mit Interessierten eine Reise nach Indien durchführen."
Die drei Pünktchen anstelle des Namens habe übrigens nicht ich eingefügt - die stehen so im Pfarrbrief. Jedenfalls in der Online-Version. Das mag sonderbar wirken, aber in einem früheren Pfarrbrief wurden auch schon mal "Frau x, Frau x und Frau x" als Katechetinnen der Gemeinde genannt. Möglicherweise soll das Datenschutz sein. Schließlich, wenn man etwas öffentlich ins Internet stellt, noch dazu bei der Datenkrake Facebook, dann kriegt man das ja nie wieder eingefangen. Zwar könnte auch die gedruckte Version von irgendwelchen Finsterlingen eingescannt oder abfotografiert und ins Netz gestellt werden, und somit wäre es vielleicht sicherer, überhaupt nur noch per "Stille Post" zu kommunizieren, aber hey - wer wäre ich, über die Datenschutz-Gepflogenheiten Anderer zu urteilen.
Allerdings muss ich gestehen, auf den ersten Blick habe ich "Pfr. ..." eher im Sinne von "Pfarrer He-Who-Must-Not-Be-Named" interpretiert. Gerade in Verbindung mit dem Hinweis "früher Pfarrer in Nordenham". Denn wer sollte das wohl sein? Als erstes fällt einem da wohl der weggemobbte Torsten Jortzick ein, dessen Namen man in Teilen der Gemeinde vielleicht wirklich nicht mehr nennen darf. Aber dass der neuerdings Pfarrer in Lindern ist, wäre mir neu - nach meinem letzten Kenntnisstand ist er Pastor (also so etwas wie Subsidiar oder "mitarbeitender Priester") in der Pfarrei St. Mauritz in Münster. Und irgendwie kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er eine Indienreise organisieren würde, bei der den Teilnehmern u.a. eine "Ayurveda Massage" sowie die "Gelegenheit [...], Hindu-Tempel, Moscheen und Gotteshäuser der Sikhs zu besichtigen", geboten wird. Das würde, wie mir scheint, eher zu seinem Vorgänger Bögershausen passen - aber der ist ja im Ruhestand und arbeitet wohl noch gelegentlich in der Pfarrei seines Wohnortes mit, aber auch das ist nicht in Lindern, sondern in Wildeshausen.
(Symbolbild, Quelle: hier.) |
Wer also ist "Pfr. ..." nun wirklich? Die Website der Pfarrei St. Katharina von Siena in Lindern gibt Aufschluss: Es handelt sich um Pfarrer Thomas Mappilaparambil, und selbstkritisch muss ich anmerken, dass ich darauf schon früher hätte kommen können, wenn ich den Artikel über die geplante Indienreise genauer gelesen hätte; denn dort ist auch "das Kennenlernen der Heimat und Familie von Pfarrer ..." als Programmpunkt der Reise angegeben. Pfarrer Mappilaparambil stammt aus Kerala in Indien. Allerdings war er streng genommen nie "Pfarrer in Nordenham" - wohl aber von April bis Juli 2014, zwischen der Emeritierung der altgedienten Pfarrer Kordecki und Bögershausen und dem Amtsantritt von Torsten Jortzick, Pfarradministrator von St. Willehad. Geschenkt. Pfarrer Mappilaparambil macht also Heimaturlaub und verbindet das gleich mit einer Indien-Rundreise, auf die er interessierte Pfarrkinder mitnimmt. Das macht er anscheinend öfter: Eine Reise mit exakt identischem Programmangebot ist auf der Website der Pfarrei in Lindern für den 28.09.-13.10.2017 angekündigt. Soweit, so schön. Indien ist gewiss eine Reise wert. Und was weiter?
Indien ist ein Land mit einer im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung sehr kleinen christlichen Minderheit (unter 3%); in absoluten Zahlen handelt es sich allerdings um immerhin rund 25 Millionen Christen, von denen rund 18 Millionen der Katholischen Kirche angehören - zum Vergleich: In Deutschland hat die Katholische Kirche rund 24 Millionen Mitglieder. Hervorzuheben ist auch, dass die Katholische Kirche Indiens sich durch eine hohe Zahl an Priesterberufungen auszeichnet: Im Jahr 2003 - neuere Zahlen liegen mir nicht vor - gab es in Indien rund 27.000 katholische Priester, mithin durchschnittlich einen Priester für 667 Katholiken. In Deutschland ist diese Quote erheblich schlechter: Hier kommen (laut Stand von 2015) 1.687 Kirchenmitglieder auf einen Priester. Rechnet man nur diejenigen Priester, die im pastoralen Dienst aktiv sind, verschlechtert sich die Quote sogar auf 1 : 2.667. Angesichts solcher Zahlenverhältnisse überrascht es nicht, dass die so reich mit Priestern gesegnete Katholische Kirche Indiens schon seit Jahrzehnten Priester an andere Länder, in denen Priestermangel herrscht, "abgibt" - so auch an Deutschland, wofür Pfarrer Mappilaparambil ja ein Beispiel ist.
Eine Indienreise, die von einem katholischen Priester geleitet wird und deren Programm ausdrücklich "das Kennenlernen der Heimat und Familie" ebendieses Priesters beinhaltet, dürfte sicherlich geeignet sein, den Teilnehmern einen Eindruck von der kleinen, aber vitalen christlichen Minderheit Indiens zu vermitteln, und das ist ohne Zweifel zu begrüßen. Gleichwohl fällt es auf, dass die Programmbeschreibung der Reise als besondere "Attraktionen" gerade die Gelegenheiten zum Kennenlernen anderer Religionen hervorhebt - und somit wohl auch vor allem solche Gemeindemitglieder ansprechen dürfte, die sich mehr für fremde Religionen interessieren als für die eigene.
Keine Frage: Ein gewisses Maß an Kenntnissen über fremde Religionen, und auch ein gewisses Maß an Wertschätzung für diese, ist prinzipiell eine gute Sache und kann für ein friedliches Zusammenleben in unserer globalisierten und pluralistischen Welt von großem Wert sein. Das haben bereits die Väter des II. Vatikanischen Konzils so gesehen: In der Konzilserklärung Nostra Aetate (Über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen) heißt es u.a.:
"Die Menschen erwarten von den verschiedenen Religionen Antwort auf die ungelösten Rätsel des menschlichen Daseins, die heute wie von je die Herzen der Menschen im tiefsten bewegen: Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Was ist das Gute, was die Sünde? Woher kommt das Leid, und welchen Sinn hat es? Was ist der Weg zum wahren Glück? Was ist der Tod, das Gericht und die Vergeltung nach dem Tode? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen? [...]Gleichzeitig betont Nostra Aetate jedoch auch:
Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet."
"Unablässig aber verkündet [die Kirche] und muss sie verkündigen Christus, der ist 'der Weg, die Wahrheit und das Leben' (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat (4)."
Nun, seien wir mal optimistisch, dass Pfarrer Mappilaparambil die Leitung seiner Indienreise so gestalten wird, dass sie diesen Anforderungen gerecht wird. Am Freitag, dem 24. Februar - also heute - um 19 Uhr findet im Pfarrheim von St. Willehad ein Informationsabend zu der geplanten Reise statt. Man darf gespannt sein.
Gleichzeitig betont Nostra Aetate jedoch auch:
AntwortenLöschen"Unablässig aber verkündet [die Kirche] und muss sie verkündigen Christus, der ist 'der Weg, die Wahrheit und das Leben' (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat (4)."
Muss verkündigen. Die Realität sieht dann in wichtigen Teilen der katholischen Kirche so aus: "Dann müßte es eine Menge Überlegungen darüber geben, was Jesus wirklich gesagt hat, niemand hatte einen Recorder um seine Worte aufzunehmen. Was bekannt ist, ist daß die Worte Jesu kontextualisiert werden müssen, sie sind in einer Sprache ausgedrückt worden, eine eine spezifischen Umgebung, sie sind an jemanden Besonderen gerichtet." Hat gesagt, wir horchen auf: Der Jesuiten(!)-General Arturo Sosa Abascal, in einem Interview für für Rossoporpora und "Il Giornale del Popolo" in Lugano.