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Samstag, 6. September 2025

Die 3 K der Woche (41): Kinder, Kirche, Kiezprojekte

Der Alltag, sofern es so etwas bei uns überhaupt gibt, hat uns wieder, Freunde: Die letzte Ferienwoche liegt hinter uns, und wir haben alle bereits erste Schritte zur Eingewöhnung in einen von Arbeit, Schule und KiTa geprägten Tagesablauf gemacht. Langweilig war es trotzdem nicht und wird es wohl auch in Zukunft nicht werden...! 

Der Sommer nimmt Abschied 

Das letzte Augustwochenende fühlte sich an wie das offizielle Ende des Sommers – gar nicht unbedingt wegen des Wetters, das während der ersten Septembertage (vom massiv verregneten Dienstag- und Freitagvormittag einmal abgesehen) kaum anders war als zuvor, sondern eher, weil die Rückkehr des Arbeits-, Schul- und KiTa-Alltags vor der Tür stand. Auch wenn das eine eher gleitende Rückkehr war, aber dazu später. 

Am Samstag jedenfalls gingen wir alle zusammen zu einem Festival, das sich "Fête du Seeee#3" nannte und auf dem Gelände des Strandbads Tegelsee stattfand. Aufmerksam geworden war ich auf dieses Festival durch ein Plakat, das in der Gorkistraße in Tegel an einem Mülleimer klebte. Sollte man das als symbolträchtig ansehen? Na, ich will mir nicht vorgreifen. Das Festival ging über zwei Tage, aber am Freitag waren wir ja beim Abschluss der Kinderbibelwoche gewesen, und für den Samstagnachmittag versprach das Festivalprogramm ein paar Attraktionen für Kinder. Abgesehen vom regulären Eintrittspreis fürs Strandbad war das Festival zudem kostenlos. Von daher dachten wir uns, gucken kann man ja mal. Leider stellte sich jedoch heraus, dass das Coolste an diesem Festival das Design der Plakate war. 


Das Strandbad war bei dem nur begrenzt badefreundlichen Wetter mäßig besucht, auf dem weitläufigen Gelände verlief sich das Publikum ziemlich, und das Programm auf den beiden Bühnen zog wenig Interesse auf sich – was man den Leuten nicht verdenken kann, denn was ich während der ersten zwei Stunden des Festivalprigramms zu hören bekam, klang teils nach mittelprächtigem bis schlechtem Karaoke-Gesang und teils so, dass man nicht recht unterscheiden konnte, ob die Musiker schon ernsthaft spielten oder noch mit dem Soundcheck beschäftigt waren. Im Vergleich etwa zu dem (ebenfalls kostenlosen) "Heatwave"-Festival auf der Zirkuswiese am Borsigturm im vorigen Sommer war das Ganze schon sehr enttäuschend. 

Ein immerhin vielversprechender Programmpunkt – ein "Workshop zu musikalischer Geschichtenerzählung" unter dem Motto "Eine musikalische Piratenreise" – begann um 15 Uhr, und da wollten unsere Kinder (sowie ein gemeinsamer Freund, mit dem und dessen Mutter wir uns bei dem Festival getroffen hatten) mitmachen. Innerhalb einer knappen Stunde sollte da eine rund 20-minütige Vorführung einstudiert werden; im Wesentlichen ging es darum, dass die teilnehmenden Kinder eine Erzählung mit Musikinstrumenten (hauptsächlich Percussion), Tanzbewegungen und Gesang untermalen sollten. Unser Jüngster hatte allerdings schon vor der Aufführung keine Lust mehr, und auch unsere Große brauchte anscheinend etwas Überredung, um auf die Bühne zu gehen; aber dann war's eigentlich ganz nett. Ein bisschen improvisiert und chaotisch, wie bei der Kürze der Vorbereitungszeit kaum anders zu erwarten; aber nicht schlecht

Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass die Musik mit zunehmender Dauer des Programms tendenziell besser wurde, aber auf das Publikumsinteresse hatte das keine großen Auswirkungen. Als wir uns nach knapp vier Stunden zum Gehen entschlossen, spielte auf einer der Bühnen gerade ein Singer-Songwriter namens Julius Kayser, und was der so zu Gehör brachte, gefiel mir von Weitem gar nicht so schlecht, aber ich hatte doch den Eindruck, der junge Mann wäre besser dran gewesen, vor dem Kaufhof in der Fußgängerzone zu spielen. 

Am Sonntag waren meine Liebste und die Kinder mit einer Freundin und deren Tochter auf dem Kinderbauernhof Pinke Panke verabredet – was erwarten ließ, dass uns zur Erfüllung der Sonntagspflicht erneut nur die Abendmesse in Herz Jesu Tegel blieb. Ich spielte daher mit dem Gedanken, am Vormittag allein nach St. Joseph Siemensstadt zu fahren, in der begründeten Hoffnung, dort bessere geistliche Nahrung zu bekommen; zwischenzeitlich dachte ich mir, ich könnte mir die dortige Messe ja auch per Livestream auf YouTube ansehen, aber dann fiel mir wieder ein, dass dieses Angebot ja in den Sommerferien pausiert. Als ich mich dann schließlich doch auf den Weg nach Siemensstadt machen wollte, fuhr mir der Bus vor der Nase weg. 

Am frühen Nachmittag kamen Frau und Kinder erst mal wieder nach Hause, aber inzwischen hatte sich noch eine weitere Verabredung ergeben, weshalb sie ein, zwei Stunden später erneut aufbrachen. Na, sei ihnen gegönnt, es war ja, wie gesagt, ihr letztes Ferienwochenende. Das Ende vom Lied war jedenfalls, dass ich allein in die Abendmesse gehen musste; aber das war, wie man gleich sehen wird, gar nicht so schlimm. 


Predigtnotizen: Führungskraft mit Leitungswasser 

Wie schon angekündigt, wurde die Abendmesse am 22. Sonntag im Jahreskreis in Herz Jesu Tegel vom leitenden Pfarrer der Großpfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd persönlich zelebriert, und wie stets am letzten Sonntag im Monat sollte es im Anschluss ein Predigtnachgespräch im Gemeindehaus geben. Grundsätzlich finde ich ja, dass das Angebot regelmäßiger Predigtnachgespräche eine feine Sache ist oder sein könnte, aber dann müssten die Predigten auch so sein, dass es darüber etwas zu diskutieren gibt; und insbesondere fand ich es schon immer einigermaßen ironisch, dass gerade ein Geistlicher, der so notorisch empfindlich auf Kritik reagiert, so ein Angebot macht. Aber vielleicht sollte man genau das positiv sehen: dass er sich auf diese Weise seinen persönlichen Schwächen stellt. Gerade die Predigt dieses Sonntags schien sehr für eine solche Sichtweise zu sprechen; aber mal der Reihe nach: 

Man erlebt es ja – so ist jedenfalls mein persönlicher Eindruck in jüngster Zeit – nicht selten, dass Geistliche die Überleitung zwischen der liturgischen Eröffnung der Messe und dem Kyrie für eine Mini-Predigt nutzen; entweder als eine Art Prolog zur eigentlichen Predigt oder aber um darin Gedanken unterzubringen, die in der eigentlichen Predigt keinen Platz gefunden haben. Zum Beispiel, wenn in der Leseordnung die 1. Lesung und das Evangelium erkennbar aufeinander abgestimmt sind und sich daraus unschwer ein roter Faden für die Predigt ableiten lässt, wohingegen sich die 2. Lesung da nicht so glatt einfügt. Im vorliegenden Fall handelte es sich bei der 2. Lesung um Hebräer 12,18-19.22-24a, und der Pfarrer merkte dazu an: "Vielleicht werden Sie ja gelegentlich mal von Freunden oder Bekannten gefragt, die nicht kirchlich sind: Was macht ihr eigentlich da jeden Sonntag, wenn ihr da zusammenkommt? Dann ist es ja vielleicht gar nicht so einfach, zu antworten." Die Lesung aus dem Hebräerbrief gebe jedoch eine Antwort: Ihr seid hinzugetreten zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind, und zu Gott, dem Richter aller, und zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus. Diese Aussage packte der Pfarrer zwar, wie es insgesamt nicht untypisch für ihn ist, in allerlei Relativierungen und gelehrt wirken sollende Nebenbemerkungen ein, als erschiene es ihm im Grunde als allzu kühn, zu behaupten, dass es das sei, was in der Heiligen Messe geschehe; aber umso bemerkenswerter fand ich es, dass er es trotzdem sagte. 

Die eigentliche Predigt eröffnete der Pfarrer mit einem Witz: "Welches Getränk bevorzugen Führungskräfte? – Leitungswasser." Okay, der Witz ist gar nicht so blöd, und was der Pfarrer in seiner Predigt daraus machte, war erst recht nicht blöd. – Ich hatte mir zur Vorbereitung auf die Messe bereits zu Hause angesehen, welche Lesungen und welches Evangelium an diesem Sonntag drankommen würden, und angesichts des Verses "Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden" (Lukas 14,11) hatte ich schon kommen sehen, dass der Pfarrer dies einmal mehr zum Anlass nehmen würde, in der Predigt über sich selbst und die Herausforderungen seines Dienstes als Seelsorger und Gemeindeleiter zu sprechen. Dazu muss ich allerdings sagen: So sehr ich es aus prinzipiellen Gründen problematisch finde, wenn ein Geistlicher so sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass es sich regelmäßig in seinen Predigten niederschlägt, habe ich doch andererseits schon früher, als ich noch regelmäßig in Herz Jesu Tegel in die Messe ging, oft gedacht, die besten – oder zumindest die am wenigsten schlechten – Predigten des dortigen Pfarrers seien diejenigen, in denen er offen mit seinen Schwächen und Überforderungen umgeht, sich als verletzlich zu erkennen gibt; oder anders ausgedrückt: Predigten, in denen er erkennbar mit sich ringt. Und dafür war die Predigt dieses Sonntags ein eindrucksvolles Beispiel. 

Bleiben wir aber zunächst beim Leitungswasser-Witz: Einerseits, so führte der Pfarrer aus, sei das natürlich ein Wortspiel, aber es stecke doch auch ein tieferer Sinn in diesem Witz, nämlich die Mahnung, dass Führungskräfte nüchtern, bescheiden und persönlich anspruchslos sein sollten. Von dieser Feststellung ausgehend, ging der Pfarrer – wie erwartet – alsbald zu der Feststellung über, dass derartige Anforderungen an Führungskräfte "natürlich auch für einen Pfarrer" gelten; und im nächsten Moment bekannte er, er sei "neulich mit dem Vorwurf konfrontiert worden", für ihn würden "ja nur die zählen, die glücklich und gesund sind". Das habe ihn betroffen gemacht, und er "hoffe, dass das nicht stimmt"; er forderte die anwesende Gemeinde sogar ausdrücklich auf, ihm "ganz deutlich zu sagen", "wenn das tatsächlich so sein sollte, dass Sie den Eindruck haben, dass für mich als Pfarrer nur die zählen, die glücklich und gesund sind, und dass ich mich um die Kranken und Notleidenden und die am Rande der Gesellschaft nicht kümmern würde". Einschränkend fügte er sogleich hinzu, bei der Frau, die ihm diesen Vorwurf gemacht habe, handle es sich wohl in der Hauptsache um eine "persönliche Enttäuschung" und vielleicht habe sie auch "so'n bisschen 'ne Ausrede gesucht", dass sie nicht mehr zur Kirche kommt. – Grundsätzlich, fuhr er fort, müsse er sich aber immer wieder die Frage stellen: 

"Habe ich denn alle und alles im Blick, die berechtigten Wünsche und Forderungen, gelingt es mir, die Anregungen aufzunehmen, mich den Herausforderungen zu stellen, allein und auch mit der Gemeinde?" 

Auch da folgte indes gleich wieder eine Relativierung: "Nicht jeder Vorschlag, nicht jeder Wunsch, wo da irgend jemand kommt und sagt 'Wir könnten doch mal'", sei "automatisch gut" oder "automatisch brauchbar": "Nur weil es ein Laie vorschlägt, muss es nicht unbedingt gut sein." Hinter dieser, wie er selbst sagte, "etwas pointierten" Aussage wurde natürlich auch der Wunsch sichtbar, seine "theologische und pastorale Kompetenz" würde mehr gewürdigt. Als Beispiel nannte er den Taufstein in der Kirche St. Marien Maternitas in Heiligensee, der im Zuge einer Innenraum-Neugestaltung vor einigen Jahren in den Eingangsbereich verlegt worden sei: Er, damals noch recht neu als Pfarrer dieser Gemeinde, habe sich dagegen ausgesprochen, da es unpraktikabel sei, aber seine "damals schon ungefähr 20 Jahre pastorale Erfahrung" seien von den Gemeindegremien "nicht ernst genommen" worden. 

So pendelte die Predigt recht bezeichnende Weise zwischen Selbstkritik und Selbstbehauptung, zwischen Demut und Trotz hin und her. Natürlich kann man sagen, für eine Predigt fehlte da ein bisschen die geistliche Dimension, und das geht mir bei diesem Priester durchaus öfter so. Trotzdem finde ich diese Offenheit, den Versuch, das innere Ringen mit sich selbst und seiner Position als Pfarrer für die Gemeinde transparent zu machen, insgesamt weit eher lobens- als tadelnswert. Ich denke da an das Buch "An Alien at St. Wilfred's" (dt. "Ein Außerirdischer im Kirchenschiff") von Adrian Plass,  von dem ich schon früher manchmal gedacht habe, ich würde es dem Pfarrer von St. Klara gerne schenken: Da gibt es eine Szene, in der der Pfarrer einer ziemlich konservativen anglikanischen Gemeinde eine Predigt hält, die sich hauptsächlich darum dreht, was er seit seinem Amtsantritt alles falsch gemacht hat und warum er sich in seiner Stellung als Pfarrer so unwohl fühlt, dass er aber gerne versuchen möchte, sich zu bessern, wenn die Gemeinde ihm dabei hilft. Im Kontext der Romanhandlung ist diese Predigt, bei all ihren Mängeln, ein wichtiger Schritt auf einem Weg der Bekehrung, und auch wenn der Pfarrer von St. Klara von diesem Ausmaß an Offenheit und Selbstkritik noch weit entfernt ist sollte man doch die prinzipiell guten Ansätze würdigen. 

Zum Predigtnachgespräch konnte ich nicht bleiben, da ich noch mit meiner Familie zu Abend essen wollte und inzwischen auch wirklich hungrig war. Aber ich muss doch sagen, so eine Predigt an einem Sonntag zu halten, an dem ein Predigtnachgespräch auf dem Programm steht, finde ich schon mutig. Allein dafür sammelt der Pfarrer von St. Klara also schon ein paar Respekt-Pünktchen bei mir. 


Gleitende Rückkehr 

Zu Beginn der Woche hatte meine Liebste noch zwei Tage frei, aber unser Jüngster ging trotzdem ab Montag wieder frohgemut in die KiTa; und was unsere Große betraf, bekamen wir gerade rechtzeitig vor Beginn der neuen Woche eine Mail von ihrer Schule, die uns über das dort gebotene Ferienprogramm informierte. Wohl auch deshalb, weil es im und am Schulgebäude während der Ferien umfangreiche Umbaumaßnahmen gegeben hatte und die Arbeiten noch nicht ganz abgeschlossen waren, wurde mit den zur Ferienbetreuung angemeldeten Kindern fast jeden Tag ein Ausflug unternommen: ins Freibad, zu FEZitty, zu einem Abenteuerspielplatz mit angrenzendenm Skaterpark. Von Mittwoch auf Donnerstag übernachtete das Tochterkind zudem bei einer Schulfreundin. Viel Schlaf bekamen die Mädchen dabei wohl nicht – man kennt das...


Marienerscheinung in Spandau 

Am Mittwochmorgen, gerade als ich die Kinder in KiTa und Schule (bzw. Ferien-Hort) abgeliefert hatte, erreichte mich aus dem Kreis meiner Leser ein Hinweis auf einen "kleinen inoffiziellen Wallfahrtsort" in Spandau: Da habe sich der Besitzer eines Mietshauses bekehrt und daraufhin auf die Fassade des besagten Mietshauses, die sowieso gerade saniert werden musste, "ein riesiges Bild der Muttergottes im Fresko-Stil aufmalen" lassen. Tatsächlich hatte ich unlängst schon mal ein Foto dieses Wandgemäldes auf Facebook gesehen, mit dem Hinweis, dass das in Spandau sei, aber ohne weiteren Kontext; mein Leser teilte mir nun hingegen die präzise Adresse (samt Wegbeschreibung ab Bahnhof Spandau) mit, und da ich gerade Zeit hatte und das Wetter schön war, unternahm ich noch am selben Vormittag eine kleine Expedition dorthin. Wie sich zeigte, gehörte die angegebene Adresse zur Großsiedlung Falkenhagener Feld, und bei dem Gebäude mit dem Marienbild handelt es sich um einen sehr umfangreichen Wohnblock. 

Die Balkone zur Linken vermitteln vielleicht einen Eindruck davon, wie riesig dieses Gemälde ist.

Wie man einer Inschrift am Gebäude entnehmen kann, ist das Wandbild der Erscheinung Unserer Lieben Frau von der Wundertätigen Medaille in der Rue du Bac in Paris im Jahr 1830 nachempfunden; das Monogramm von der Rückseite der Wundertätigen Medaille ziert mehrere Balkone des Wohnblocks. – In der Nachbarschaft sieht man übrigens auch andere Wandmalereien: 


Im Ernst: Bei einem Spaziergang durch die Umgebung entdeckte ich allerlei Interessantes. Zum Beispiel Flyer eines sogenannten "Kiezlabors", auf denen dazu aufgerufen bzw. eingeladen wurde, gemeinsam über Ideen zur Stadtteilentwicklung zu beraten. Oder das Gemeindezentrum der evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde, das ein Stadtteilzentrum mit Café und Kinderkleiderbörse beherbergt. Und überhaupt die Tatsache, dass es rund um diese Hochhaussiedlung bemerkenswert viel Grün gibt, mit Spiel- und Sportplätzen und sogar einem Badesee. Während ich da so herunspazierte, nistete sich in meinem Hinterstübchen der Gedanke ein, es wäre doch spannend, wenn man den Wohnblock mit dem monumentalen Mariengemälde zum Kristallisationspunkt für ein urbanes Evangelisationsprojekt machen könnte, und sich in einem solchen Projekt zu engagieren, könnte vielleicht sogar eine Alternative zum Projekt "Pfarrhausfamilie" sein. Vielleicht, so sagte ich mir, sollte man mal versuchen, mit dem Hausbesitzer in Kontakt zu konmen. Wie man hört, soll dieser zwar seine geistliche Heimat bei der Piusbruderschaft gefunden haben, was ein Indiz dafür sein könnte, dass er mit Leuten wie meiner Liebsten und mir nicht so ganz auf einer Wellenlänge sein dürfte; aber andererseits: Mit Leuten, die noch mehr auf seiner Wellenlänge sind als wir, kriegt er sein Haus nicht voll. – Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass in dem Gebäudekomplex auch eine christliche KiTa untergebracht ist – und zwar allem Anschein nach eine freikirchliche: Ganz in der Nähe, praktisch schräg gegenüber, liegt eine vom selben Träger betriebene Grundschule, die mir dem Namen nach ein Begriff ist – weil ich glaube gehört zu haben, dass auf diese Schule einige Kinder gehen, die (oder deren Eltern) wir vom JAM kennen. Da fügt sich ja mal wieder Einiges zusammen! 


Neues aus Synodalien: Frau Stetter-Karp ist verstimmt 

Was ist eigentlich aus dem Synodalen Weg geworden? Wenn man nicht selbst in einschlägigen Gremien involviert ist, könnte man den Eindruck haben, dieser sogenannte "Reformprozess" sei irgendwann zwischen Ostern und Pfingsten friedlich entschlummert – wobei das mit dem friedlichen Entschlummern so eine Sache ist: Dereinst behauptete der Volksmund, Kindern, die die Hand gegen ihre Eltern erhöben, würde die schuldige Hand aus dem Grabe herauswachsen. So ähnlich ist es auch beim Synodalen Weg: Hier gehört die Hand der "ZdK"-Vorsitzenden Irme Stetter-Karp, und sie gestikuliert erzürnt aus dem Grabe heraus. 

In einem Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger", dessen Kernaussagen in der Folge auch in zahlreichen anderen Medienformaten wiedergegeben wurden, bezeichnete Frau Stetter-Karp es als "ernüchternd, wie manche deutschen Bischöfe sich zurzeit verhalten". Nun gut: Ernüchterung impliziert, dass man sich zuvor in einem Rausch befunden hat, und kann insofern etwas durchaus Heilsames sein. Aber um welches Verhalten welcher deutschen Bischöfe geht's denn nun konkret? – Namen nennt Frau Stetter-Karp zwar nicht, stellt jedoch klar, sie meine mit ihrer Kritik nicht in erster Linie "den Kölner Kardinal Woelki" oder diejenigen bayerischen Bischöfe, die von vornherein erklärt hatten, sich am Synodalen Ausschuss nicht beteiligen zu wollen. Ihren Grimm haben sich andere Bischöfe zugezogen – und zwar dadurch, dass sie bei Gremiensitzungen wiederholt ""durch Abwesenheit geglänzt" haben: "[D]ie Betreffenden sollen wissen: Wir haben das auf dem Schirm", erklärt die Zentralkomitee-Chefin. "Und die Lauen‐" nein, pardon: "Laien-Vertretungen in den Bistümern werden sehr leicht herausfinden können, welche Bischöfe bei den – lange feststehenden – Terminen am Ende mehr als einmal etwas anderes, Wichtigeres zu tun hatten." Das hat so was von "Wir wissen, wo du wohnst", finde ich; da fragt sich nun allerdings, womit genau Frau Stetter-Karp den Bischöfen eigentlich drohen zu können glaubt. Will sie ihnen jemanden vorbeischicken, der die Reifen ihrer Dienstlimousinen aufschlitzt oder ihnen wenigstens Zahnpasta an die Türklinken schmiert? – 

Nun mal Spaß beiseite: Die "Ernüchterung", von der Frau Stetter-Karp spricht, besteht im Wesentlichen wohl darin, dass sie einen Sachverhalt zur Kenntnis nehmen muss, der von Anfang an hätte klar sein sollen – dass nämlich der ganze sogenannte Synodale Weg kirchenrechtlich keinerlei Verbindlichkeit besitzt und dass die Bischöfe nicht dazu gezwungen werden können, so zu tun, als nähmen sie das ganze Gremien-Brimborium ernst. Und wie es scheint, haben sie immer weniger Lust dazu

Das zeigt sich nicht nur bei der Teilnahme oder Nichtteilnahme an irgendwelchen Sitzungen, sondern auch in der Umsetzung oder Nicht-Umsetzung von "Beschlüssen" der Synodalversammlungen. So verweist Frau Stetter-Karp auf den "Umgang mit einer Handreichung zu Segensfeiern für homosexuelle Paare": 

"Trotz eines klaren Beschlusses der Bischöfe auf dem Synodalen Weg wird die Handreichung nur in etwa der Hälfte der 27 Bistümer angewandt. Die anderen Bischöfe lehnen sie ab oder drehen eine Beratungsschleife nach der anderen - immer mit Schielauge nach Rom."
Der Vorwurf des "Schielauges nach Rom" wirkt hier besonders bizarr – als wäre es ehrenrührig für einen katholischen Bischof, im Einklang mit "Rom", d.h. mit dem Petrusamt, handeln zu wollen. Aber wie heißt es so schön: Niemand hat die Absicht, eine Nationalkirche zu gründen! Noch absurder wird das Ganze dadurch, dass Frau Stetter-Karp ihrerseits ebenfalls ein "Schielauge nach Rom" richtet: So äußert sie sich "zuversichtlich, dass wir eine Unterstützung aus Rom für die Verstetigung synodaler Gremien bekommen – in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Weltsynode von 2024, zu denen Leo XIV. sich klar bekannt hat". Schließlich habe der neue Papst sich bislang "in allen Gesprächen deutlich offener, hörbereiter, interessierter" gezeigt als "diejenigen, die vor ihm das Sagen hatten". Schließt das auch Papst Franziskus ein? War es nicht bisher die gängige Sprachregelung der Progressiven, man erwarte von Leo, dass er den Kurs seines Vorgängers fortsetzt? Und jetzt soll er sogar noch progressiver sein? – Nun, offenbar sind wir auch nach dem Ende der 100-Tage-Schonfrist immer noch in der Phase, in der jedes "Lager" den neuen Papst für sich vereinnahmen zu können glaubt; aber wäre Frau Stetter-Karp wirklich davon überzeugt, ihn auf ihrer Seite zu haben, müsste es dann nicht eigentlich ganz in ihrem Sinne sein, wenn die deutschen Bischöfe "nach Rom schielen"? Kurz und gut, je mehr man über die Worte der Topfunktionärin des deutschen Gremien- und Verbandskatholizismus nachdenkt, desto weniger Sinn scheinen sie zu ergeben. Nur in einem Punkt bin ich dann doch geneigt, ihr Recht zu geben: Wenn die deutschen Bischöfe – oder jedenfalls einige von ihnen – dem Synodalen Weg gegenüber in Bummelstreik treten, nach außen hin Unterstützung für diesen sogenannten Reformprozess bekunden, ihn hintenrum aber sabotieren, dann ist das nicht nur schlechter Stil, sondern sie beschädigen damit auch ihre Glaubwürdigkeit – nach allen Seiten hin. 


"Palliative Pastoral" und pillepalle 

Im Bistum Münster herrscht weiterhin die Sedisvakanz (auch wenn es Leute zu geben scheint, die glauben, Robert Barron sei zum Bischof von Münster ernannt und neulich in der Überwasserkirche in dieses Amt eingeführt worden; kein Witz, ich habe einen Screenshot von einem entsprechenden Facebook-Kommentar), und bei der Bistumszeitung Kirche + Leben tanzen die (Kirchen-)Mäuse auf dem Tisch. Zugegeben, das haben sie während der Amtszeit von Felix Genn auch schon getan, aber auf meiner persönlichen Liste von Wünschen an den künftigen Bischof steht der Wunsch, dass der da mal ordentlich aufräumt und dieses Periodikum auf einen katholischen Kurs bringt, doch recht weit oben. 

Anfang des Jahres hatte ich mich darüber beklagt, dass "die Online-Ausgabe von Kirche + Leben, immerhin ein im Wesentlichen kirchensteuerfinanziertes Medium, neuerdings praktisch ihren gesamten Content hinter einer Paywall verbirgt"; nicht ganz sicher bin ich mir, ob seitdem das quantitative Verhältnis zwischen frei zugänglichen und Paywall-geschützten Inhalten wieder geändert wurde, aber zu den frei zugänglichen Inhalten zählt jedenfalls die Rubrik "Der Gastkommentar", in der "Journalisten, Seelsorger, wache Beobachter der Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft" zu Wort kommen sollen. Am vergangenen Montag erschien in dieser Rubrik ein Beitrag von Stefan Jürgens, leitender Pfarrer in Ahaus (was mich übrigens an einen lustigen Dialog unter Arbeitskollegen erinnert, den ich vor Jahren, in einem meiner komischen Jobs, mal aufgeschnappt habe: "Wo liegt eigentlich Ahaus?" – "In the middle of A-street."); und schon in der Überschrift plädiert der Verfasser "Für eine palliative Pastoral: großzügig, vertrauend, freilassend". Man könnte darüber weinen, wenn es nicht so lustig wäre; bzw. umgekehrt. 

Neu oder originell ist das, was Pfarrer Jürgens dem geneigten Leser da auftaucht, ja nun nicht; schon vor gut acht Jahren warf ich in der Auseinandersetzung mit einem Artikel von Judith Müller auf Feinschwarz die Frage auf: "Ist die Kirche ein Hospizpatient, für den man nichts Anderes mehr tun kann, als ihm ein Sterben in Würde zu ermöglichen?" Und diese Frage bejaht Pfarrer J. aus Ahaus nun kurzerhand und nennt das "palliative Pastoral". Wie finde ich das? – Nun, einerseits wäre ich, wie meine Leser wissen dürften, wohl der Letzte, der bestreiten wollte, dass das System Volkskirche, wie wir es mal kannten, dem Untergang geweiht ist, und das auch nicht erst seit gestern. Insofern könnte ich natürlich sagen: Was man tun kann oder muss, um denjenigen kirchlichen Strukturen und Praktiken, die an das System Volkskirche gebunden sind und dessen Untergang nicht überleben werden, ein würdevolles und möglichst wenig schmerzhaftes Ableben zu ermöglichen, ist eine legitime Fragestellung, und dass es Leute gibt, die sich mit dieser Frage befassen, ist umso mehr zu begrüßen, als ich persönlich mich nicht so sehr dafür interessiere. Mich interessiert sehr viel mehr, was danach kommt. Und da fangen meine Probleme mit Pfarrer Jürgens' Perspektive an. Ich habe nämlich den Eindruck, dass er sich diese Frage gar nicht stellt, weil er im Grunde nicht glaubt, dass da überhaupt noch etwas kommt

Das Wort "Glauben" habe ich hier mit Bedacht gewählt. Denn wenn Pfarrer J. prognostiziert "Europa wird schon sehr bald ohne gesellschaftlich relevantes Christentum sein", wenn er "das schlechte Ansehen der Kirche sowie [...] den anhaltenden Reformstau" beklagt und den Weg in die Zukunft darin sieht, dass "der behördenkirchlich organisierte Glaubensgehorsam" (wo gäbe es so etwas denn überhaupt bzw. wann hätte es das zuletzt gegeben?) "der Freiheit weichen" werde, dann verrät das wenig Einsicht in den Umstand, dass die Kirchenkrise primär eine Glaubenskrise ist und dass diese im Innern der Institution anfängt. Das Problem sind nicht die Leute, die eines Sonntags plötzlich aufhören, zur Kirche zu gehen, und finden, dass ihnen dadurch nichts fehlt; das Problem sind vielmehr die Leute, deren Amt und Auftrag es wäre, den Glauben zu verkünden, die dazu aber nicht in der Lage sind, weil es ihnen selbst an Glauben fehlt. Was man selbst nicht hat, kann man auch keinem anderen geben; soweit, so logisch. Die Frage, die sich dabei stellt, ist, warum und auf welchen Wegen dieser Glaube sich verflüchtigt hat. Als junger Mann, der die Berufung zum Priesteramt in sich verspürte, hat der Stefan bestimmt nicht so geredet und gedacht, wie er's jetzt tut. Was ist ihm in der Zwischenzeit passiert? Nun ja: zunächst mal wohl das Studium. Dass es schwierig sei, seinen Glauben unversehrt durch ein Theologiestudium an einer deutschen Universität hindurch zu retten, hört man immer wieder. Wenn dann ein bereits beschädigter Glaube auf die pastorale Praxis trifft, kann man sich leicht vorstellen, dass er bald noch weiter aufgerieben wird. Und ehe man sich's versieht, benutzt man Formulierungen wie "von Gott groß denken" als Chiffre und Ausrede für die Ablehnung dogmatischer Glaubenssaussagen, weil diese Gott ja "einschränken" und damit "klein machen" würden. Das ist zwar ausgemachter Blödsinn, kommt aber dem abgeflachten Denkvermögen des postmodernen Menschen entgegen. Nun ja, das wäre wohl mal ein Thema für sich. 


Geistlicher Impuls der Woche 

Dies ist der Weg des Lichtes: Du sollst deinen Schöpfer lieben, deinen Bildner fürchten und den verherrlichen, der dich vom Tod erlöst hat. Dein Herz sei lauter und reich durch den Geist. Du sollst dich nicht an Menschen anschließen, die auf dem Weg des Todes gehen. Hassen sollst du, was Gott missfällt, hasse alle Heuchelei. Du sollst die Gebote des Herrn nicht verlassen. Erhöhe dich nicht selbst, sondern sei in allem demütig (vgl. Mt 23,12)! Gib dir nicht selbst die Ehre! Fasse keinen bösen Plan gegen deinen Nächsten! Gestatte deiner Seele keine Vermessenheit! Liebe deinen Nächsten mehr als dein Leben. Bring das Kind im Mutterleib nicht um und töte es nicht nach der Geburt! Zieh deine Hände nicht von deinem Sohn und deiner Tochter zurück, sondern lehre sie von Jugend an die Furcht Gottes. Begehre nicht, was deinem Nächsten gehört, und sei nicht geizig! Häng dein Herz nicht an die Vornehmen, sondern verkehre mit den Geringen (vgl. Röm 12,16) und den Gerechten! Was immer dir widerfährt, nimm es als gut an; denn du weißt, nichts geschieht ohne Gott. Sei nicht wankelmütig und doppelzüngig; denn Doppelzüngigkeit ist ein Fallstrick des Todes. Teile alles mit deinem Nächsten und sage nicht, es sei dein eigen! Denn wenn ihr im Unvergänglichen Gemeinschaft habt, wieviel mehr dann im Vergänglichen. 

(Aus dem Barnabasbrief

Ohrwurm der Woche 

Juli: Geile Zeit 

Heute war mal wieder Gorkistraßenfest, aber die Zeiten, als wir da mit unseren Kindern gern hingegangen sind, sind so ziemlich vorbei, seit dieses Event so kommerziell geworden ist. Okay, das ist wohl nicht so ganz die richtige Bezeichnung, denn kommerziell war das Gorkistraßenfest wohl schon immer, insofern, als es von den Geschäftsinhabern in der Fußgängerzone ausgerichtet wurde. Der Unterschied ist, früher™️ finanzierte der Werbeetat der besagten Geschäftsinhaber allerlei Angebote, die für die Besucher des Straßenfests kostenlos waren – eine riesige Hüpfburg, Popcorn- und Zuckerwattestände, Spiele wie Dosenwerfen und Entenangeln. Gibt es alles nicht mehr, stattdessen lauter Stände, die dem Besucher Geld aus der Tasche ziehen wollen. Wie dem auch sei, als ich gestern Abend zusammen mit meiner Tochter in der Gorkistraße einkaufen ging, waren viele der Stände bereits aufgebaut, und an einem lief das obige Lied. Passte stimmungsmäßig ziemlich gut zum Ende der Sommerferien, fand ich. 


Vorschau/Ausblick 

Morgen ist der erste Sonntag im Monat, folglich steht wieder einmal die Möglichkeit eines "Gottesdienst-Double-Features in Haselhorst" im Raum, und meine Liebste hat schon durchblicken lassen, dass sie darauf, gerade unter dem frischen Eindruck der zurückliegenden Kinderbibelwoche, große Lust hat. Derweil wird in Nordenham Christian Fechtenkötter feierlich in sein Amt als neuer Pfarrverwalter von St. Willehad eingeführt. Am Montag beginnt in Berlin und Brandenburg offiziell die Schule wieder; an unserem Tagesablauf wird sich dadurch im Vergleich zur zurückliegenden Woche aber vermutlich nicht allzu viel ändern, nur die Arbeitszeiten meiner Liebsten und die Schulschlusszeiten des Tochterkindes sind je nach Wochentag etwas unterschiedlich. Am Dienstag beginnt auf einem Bolzplatz in Tegel eine neue Fußball-Hobbygruppe für Kinder ab 6 Jahren, organisiert von der "Gemeinde auf dem Weg"; vielleicht überrede ich unser Tochterkind, da nach der Schule mit mir hinzugehen – zeitlich würde es so ungefähr passen. Ebenfalls in der "Gemeinde auf dem Weg" gibt es ab Mittwoch einen vierwöchigen Glaubenskurs für Eltern, und ich erwäge, da hinzugehen, jedenfalls versuchsweise. Wenn ich das mache, werde ich natürlich darüber berichten. Am Samstag ist dann Einschulungsfeier an der Schule unserer Großen, und ich schätze, da wollen wir hin, auch wenn keins unserer Kinder eingeschult wird. Es bleibt also dabei, dass Langeweile nicht in Sicht ist... 


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