Samstag, 24. August 2024

Das Wochenbriefing ist im Ferienmodus (Teil 2)

Unser Leben ist gerade mal wieder ein Ponyhof, Leser – wenn auch nicht ganz im selben Ausmaß wie letzten Sommer, als wir direkt auf dem Reiterhof "Kleine Mücke" untergebracht waren, Tür an Tür mit den Ferienmädchen. Diesmal sind wir zum selben Preis in einem kleinen Häuschen einquartiert worden, das dem Hof direkt gegenüber liegt und das unser Tochterkind unironisch als "Villa" bezeichnet. Ferienmädchen sind zur Zeit auch keine da, aber dazu später. Jedenfalls möchte ich das Ponyhof-Idyll um mich herum zum Anlass nehmen, mit dem Creative Minority Report erneut eine Woche zu pausieren und mich auf ein paar eher anekdotische Updates (plus Fotos!) zu beschränken. 

Zum Beispiel: Kochen in einer Ferienwohnung ist ja immer ein bisschen wie Resteverwertung, selbst wenn man gerade erst einkaufen war. Vielleicht ist das anders, wenn man mit dem Auto in Urlaub fährt. Vielleicht nimmt man dann eine Auswahl an Kochzutaten, die nicht gekühlt werden müssen – einschließlich des halben Gewürzregals – einfach von zu Hause mit. Zugleich muss man natürlich, wenn man mit dem Auto in Urlaub fährt, zum Einkaufen nicht jedesmal vier Stationen mit dem Bus fahren – mit einem Bus, der einmal in der Stunde fährt. Wie dem auch sei, ich habe hier, sofern wir nicht einfach Tiefkühlpizza oder Fertiglasagne in den Ofen geschoben haben, stets sehr einfach gekocht, mit wenigen und billigen Zutaten, aber es ist bisher immer etwas dabei herausgekommen, was allen geschmeckt hat (was bei einem sechs- und einem dreijährigen Kind in der Familie schon eine Herausforderung sein kann). Vorgestern zum Beispiel gab's Lauch-Fleischwurst-Pfanne mit Reis, und als unsere Große ihren Teller fast leergegessen hatte, fragte sie mich, ob ich ihr noch ein paar Wurststückchen abgeben könne. "Es sind auch noch welche in der Pfanne", erwiderte ich, "aber klar, du kannst auch welche von meinem Teller haben, wenn du das willst." 

"Dann kriegst du auch ein paar Minus-Würstchen", merkte das Tochterkind an. 

Tja, was soll man sagen: Unser Schulkind lernt Mathe. 

Und reiten natürlich. Ganz so wie letztes Jahr ist es wie gesagt nicht: Da lebten so 20-30 Ferienmädchen mit uns unter einem Dach, und die hatten ein straffes Programm. Acht Uhr wecken, nach dem Frühstück Pferde von der Koppel holen, putzen, satteln, trensen und los, und nach dem Mittagessen das Ganze nochmal von vorne. Da konnten unsere Kinder nach Absprache und für verhältnismäßig schmales Geld mal vormittags, mal nachmittags mitreiten, im Rahmen ihrer Möglichkeiten natürlich – die speziell bei unserem Jüngsten, der damals ja erst zwei Jahre alt war, nicht wesentlich darüber hinausgingen, sich auf ein Pony setzen und im Schritttempo im Kreis herumführen zu lassen. 



Dieses Jahr waren, als wir hier ankamen, die niedersächsischen Sommerferien schon vorbei und damit auch das Ferienreitprogramm. Reitstunden gibt's aber trotzdem – in Kleingruppen, die zum Teil aus Mädchen aus dem Ort oder der näheren Umgebung bestehen, die hier regelmäßig einmal pro Woche Reitunterricht nehmen, und teilweise aus Mädchen, die hier Urlaub machen, aber eben individuell mit ihren Familien, so wie unsere Kinder ja ooch. – Dass ich so beharrlich ausschließlich von Mädchen rede, hat den Grund, dass mit Ausnahme unseres Jüngsten tatsächlich keine Jungen dabei sind. Wobei ich sagen muss, dass ich mir gestern nicht ganz sicher war, ob es sich bei einem der Teenies, die zur Reitstunde antraten, nicht doch um ein "Transmädchen" handelte. Es kann natürlich auch sein, dass es einfach ein Mädchen war, das seine eher maskulin wirkende Gesichtzüge und Körperformen dadurch zu kompensieren sucht, dass es besonders viel Sorgfalt auf Haarpflege, Make-up und Schmuck verwendet. Noch vor wenigen Jahren wäre man wohl ohne Weiteres von letzterem ausgegangen; so ändern sich die Zeiten. 

Wie dem auch sei: Von Montag bis Freitag waren unsere Kinder jeden Tag reiten, und es hat nicht den Anschein, dass es ihnen langweilig wird. Da ist der nächste Reiterhof-Urlaub wohl schon vorprogrammiert. 


Auch schön ist der nahegelegene Badesee; aber da waren wir nur zweimal, u.a. bedingt durch das durchwachsene Wetter.

Was noch ansteht 

Heute treffen wir uns mit meiner Schwester und meinem Schwager, die nicht weit von hier wohnen, und machen einen Ausflug zur Klosterstätte Ihlow; darüber wird es sicherlich noch etwas zu berichten geben, sei es im nächsten Wochenbriefing oder in der "Tourist Edition". Bis einschließlich Montag sind wir noch hier, am Dienstag geht's zurück nach Berlin – und da geht dann schon recht bald der Alltag wieder los: Meine Liebste muss wieder zur Arbeit (Vorbereitungswoche fürs neue Schuljahr), es gilt Pläne zu machen für den Neustart der Wichtelgruppe zu machen, das Gemeindefest in St. Stephanus rückt näher, und bis zum ersten Kinderwortgottesdienst der neuen Saison ist es auch nicht mehr lange hin. Langweilig wird's also nicht so bald werden; und dann habe ich ja auch noch "aus dem Urlaub mitgebrachte" Themen auf dem Zettel, etwa den Pastorenmangel in der evangelischen Kirche in Butjadingen und das Verhältnis der beiden Großkirchen in der Wesermarsch zur LGBT-Bewegung. Und zum Thema "Was ist denn bloß in St. Franziskus los?" könnte auch schon bald wieder ein Update fällig werden... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Wahrhaftig, das Kreuz überzeugte durch ungelehrte Menschen den ganzen Erdkreis. Dabei redete es nicht über nebensächliche Dinge, sondern über Gott und die wahre Religion, über das Leben nach dem Evangelium und das kommende Gericht. Es machte Bauern und ungelehrte Männer zu Philosophen. Sieh: 'Das törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen' (1 Kor 1,25). Wieso stärker? Weil es über die ganze Welt dahinschritt und alle mit seiner Kraft gefangen nahm. Viele versuchten, den Namen des Gekreuzigten auszulöschen. Doch dieser blühte auf und wuchs, sie aber verdarben und gingen unter. Die Lebenden, die gegen den Toten kämpften, konnten nichts ausrichten. Wenn mich daher ein Grieche einen Toren nennt, dann erweist er sich selber als Tor. Wenn ich von ihm für töricht gehalten werde, dann zeigt sich, dass ich weiser bin als er, der Weise. Wenn er mich schwach nennt, dann beweist er, dass er der Schwächere ist. Denn was Zöllner und Fischer durch die Gnade Gottes ausrichten konnten, das vermochten Philosophen, Redner und Herrscher, ja die Weisen der ganzen Welt mit ihren tausend Listen und Künsten sich nicht einmal vorzustellen. 

(Johannes Chrysostomus, Auslegung zum 1. Brief an die Korinther) 


Ohrwurm der Woche 

Buffalo Springfield: Carefree Country Day 

Selbsterklärend, oder? – Dabei ist das noch lange nicht der beste Song von dieser Platte (aber eben der augenblicklich am besten zur Stimmung passende). Das Album "Last Time Around" von Buffalo Springfield – leider, wie der Titel schon zu erkennen gibt, ihr letztes – zählt zu meinen All-Time-Favourites. Wer sich mit Flower-Power-Folkrock nicht so auskennt, dem sei gesagt, dass Buffalo Springfield gewissermaßen eine Vorgängerband von Crosby, Stills, Nash & Young war – ohne Crosby und Nash. (Damit will ich aber den Beitrag der im Vergleich zu Stephen Stills und Neil Young weniger berühmten Bandmitglieder von Buffalo Springfield – Richie Furay, Gesang und Gitarre; Dewey Martin, Schlagzeug; Jim Messina, Bass – durchaus nicht kleinreden.) 


Samstag, 17. August 2024

Creative Minority Report Nr. 42

Wir sind weiterhin im Urlaub, Leser; und es ist – oder war jedenfalls bisher – ein ausgesprochen erlebnisreicher Urlaub. Es gibt also allerlei zu berichten, daher will ich mich gar nicht lange mit der Vorrede aufhalten... 

Das Buch im Vordergrund hat meine Liebste im Eingangsbereich von St. Willehad in einem Karton mit der Aufschrift "zum Mitnehmen" gefunden. Scheint mir ein ganz guter Fang zu sein.

Was bisher geschah 

Während der zurückliegenden Woche waren wir in einer recht geräumigen Ferienwohnung in Burhave, direkt am Strand, untergebracht. Der Umzug dorthin verlief reibungsloser als erwartet: Da wir von vornherein nur so viel aus unseren Wanderrucksäcken ausgepackt hatten wie wir während unseres dreitägigen Aufenthalts im "Riverhouse" zu brauchen erwarteten, ging das Einpacken recht flott, sodass wir danach erst mal in aller Ruhe frühstücken konnten, ehe wir im "Riverhouse" auscheckten und den Bus nach Burhave nahmen. Was wir seither so erlebt haben, habe ich nach Möglichkeit thematisch sortiert in touristischen Content und Kirchencontent – und dabei festgestellt, dass beides zusammen eigentlich zu viel Stoff für ein Wochenbriefing ergibt. Was also tun? – Nun, für welchen dieser Themenbereiche sich der harte Kern meiner Leserschaft im Zweifel mehr interessiert, dürfte ja auf der Hand liegen; und außerdem habe ich ja schon einmal – 2021 – meinem Bericht über einen Familienurlaub in Butjadingen eine separate "Tourist Edition" folgen lassen. Das könnte ich diesmal also auch wieder tun; einen Sonderfall stellt dabei die Tatsache dar, dass wir am Dienstag bei einer Kirchenführung in Tossens waren, denn das ist ja gewissermaßen touristischer Content und Kirchencontent zugleich. Aber ich denke, die verschiebe ich trotzdem in die Tourist Edition – das hat dann den Vorteil, dass die Leser auch da nicht ganz auf Kirchencontent verzichten müssen. Umgekehrt kommt, im Interesse der Themenvielfalt, der Gesamtrückblick auf das diesjährige Nordenhamer Stadtfest schon in dieser Creative Minority Report-Ausgabe dran (unter der Zwischenüberschrift "Arrgh Nordenham, Tschüss Stadtfest"). 


Was ansteht 

Genau wie vorigen Samstag haben wir auch heute wieder einen Ortswechsel zu bewältigen, der diesmal allerdings etwas aufwändiger zu werden verspricht: Unser neues Ziel ist der Reiterhof "Kleine Mücke" in Tannenhausen bei Aurich, und der ist knapp 100 Kilometer von unserer bisherigen Unterkunft entfernt. (Luftlinie nur 60, aber es liegt der Jadebusen dazwischen.) Es steht zu vermuten, dass der Tagesablauf in den kommenden Tagen dann erst mal stark vom Reiten geprägt sein wird; das eröffnet für das nächste Wochenbriefing voraussichtlich Freiräume für Themen jenseits des persönlichen Erlebnisbereichs. Lassen wir uns mal überraschen... (Tägliche Updates gibt's weiterhin auf der Patreon-Seite des Mittwochsklubs. Schon ab 5 € im Monat kannst du dabei sein, Leser!) 


Pastor Kenkel gegen den Nordenhamer Ritus 

Anlässlich des Stadtfests fand am vergangenen Sonntag um 10 Uhr auf dem Marktplatz ein ökumenischer Gottesdienst statt, geleitet von Diakon Richter und der evangelischen Pastorin Wittrock; etwas zeitversetzt, um 10:30 Uhr, feierte in der Kirche St. Willehad der Subsidiar Michael Kenkel die Heilige Messe. Diese Konstellation ließ eigentlich erwarten, dass nur die Hardcore-Katholen in der Kirche sein würden, weil alle anderen auf dem Marktplatz waren; und dazu passte es ja auch, dass Pastor Kenkel im Ruf steht, theologisch "konservativ" (sprich: rechtgläubig) zu sein. Gegen diese Theorie sprach allerdings, dass die Kirche leidlich gut besucht war, und mindestens die Lektorin und die Kommunionhelferin gehörten zu der Riege der Erzlaiinnen, die noch aus der Ära Bögershausen übrig geblieben sind. Was dann aber doch wieder für diese Theorie sprach, war der Umstand, dass diese Messe in liturgischer Hinsicht erheblich ordentlicher war, als ich es aus dieser Pfarrei eigentlich gewohnt bin. Ganz ohne Zugeständnisse an den berüchtigten Nordenhamer Ritus ging es zwar nicht ab, aber ich hatte doch den Eindruck, dass der Zelebrant sich recht wacker schlug. 

Aber fangen wir mal vorne an – nämlich damit, dass wir, bedingt durch die Busfahrzeiten, ein bisschen zu spät zur Messe kamen: Wir hörten gerade noch die letzten Takte des Gloria, als wir die Kirche betraten, und ich kann mich nicht mehr mit absoluter Sicherheit erinnern, ob als Gloria-Lied "Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt" von Hans-Jürgen Netz und Christoph Lehmann (GL 383) oder "Ich lobe meinen Gott von ganzem Herzen" von Claude Fraysse (GL 400) gesungen wurde. Negativ fiel das Fehlen eines Altarkreuzes ins Auge; andererseits wurden, anders als ich es aus dieser Pfarrei gewohnt bin, beide Lesungen vorgetragen, nicht jedoch der Antwortpsalm, der durch einen Zwischengesang ersetzt wurde, nämlich "Selig seid ihr" von Peter Janssens. Dies allerdings in der Textfassung von Raymund Weber, die ich, ohne es anhand einzelner Formulierungen präzise begründen zu können, um Nuancen weniger NGL-typisch "linkspelagianisch" finde als den Originaltext von Friedrich Karl Barth und Peter Horst. Insgesamt also recht gemischte Eindrücke bis hierher, und zu einem gewissen Grad setzte sich das auch noch in der Predigt fort. 

Diese Predigt begann nämlich mit der rhetorischen Frage an die anwesenden Gottesdienstbesucher, ob etwa sogenannte "Swifties" unter ihnen seien. Anlass für diese Frage waren natürlich die wegen einer Terrorwarnung abgesagten Taylor-Swift-Konzerte in Wien; als weitere beunruhigende Nachrichten aus aller Welt erwähnte Pastor Kenkel die Präsidentschaftswahl in Venezuela, die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und im Heiligen Land. Aufhorchen ließ es, dass der Priester hinzufügte: "Außerhalb der Presse sind auch in der letzten Woche wieder bei uns in Deutschland 7.000 Kinder durch Abtreibung getötet worden. – Vor manchem Unrecht haben wir resigniert, nehmen es in der Öffentlichkeit gar nicht mehr wahr." – Warum aber überhaupt dieser "politische" Einstieg? Der weitere Verlauf der Predigt ließ darauf schließen, dass diese Beispiele für den "unheilen" Zustand der Welt den Kontrast zu der Verheißung jenes Heils unterstreichen sollten, das die Welt nicht geben kann, sondern allein Jesus Christus. Nun gut. Dass er in dieser Predigt auf alle drei Lesungstexte (1. Lesung: 1. Könige 19,4-8; 2. Lesung: Epheser 4,30-5,2; Evangelium: Johannes 6,41-51) Bezug nahm, Zusammenhänge zwischen ihnen aufzeigte und die Bedeutung des Sakraments der Eucharistie als Kraftquelle des christlichen Lebens herausarbeitete, ist jedenfalls im Verhältnis dazu, was ich in dieser Kirche sonst schon so an Predigten gehört habe, schon sehr beachtlich. 

Gesonderte Erwähnung verdient auch das Credo – nicht zuletzt, weil es unter Pfarrer Bögershausen nicht selten einfach weggelassen wurde (was man nach Lage der Dinge natürlich irgendwie ehrlich und konsequent finden konnte). Als nun nach der Predigt eine Liednummer angezeigt wurde, rechnete ich schon so mehr oder weniger mit so einem Wischi-Waschi-Credolied wie "Ich glaube an den Vater" von Markus Pytlik, aber tatsächlich handelte es sich um GL Nr. 177, einen Gesang, das den gesamten, ungekürzten und unverfälschten Text des Apostolischen Glaubensbekenntnisses enthält; dieser wird zwar "nur" von einem Vorsänger bzw. in diesem konkreten Fall von einer Vorsängerin gesungen, aber von der Gemeinde abschnittsweise mit dem lateinischen Kehrvers "Credo in unum Deum" bekräftigt. Sehr beachtlich! – Dass die in den Fürbitten zur Sprache gebrachten Anliegen praktisch zur Gänze der Tagesschau entnommen schienen – Ukraine, Naher Osten, Hoteleinsturz in Kröv an der Mosel –, ist sicherlich nicht nur für diese Gemeinde charakteristisch, aber als dabei auch für "die vielen enttäuschten Swifties und Musikfans in Wien" gebetet wurde, schwankte ich – auch wenn das Thema, wie erwähnt, bereits in der Predigt angeklungen war – doch stark zwischen Kichern und Augenrollen. 

Gab der Wortgottesdienst-Teil der Messe somit ein sehr durchwachsenes Gesamtbild ab, so ließ der eucharistische Teil kaum Wünsche offen: Es gab eine gesungene Präfation, keinerlei "kreative" oder "pädagogische" Umformulierungen des Hochgebets, und sogar den "Rettet das Robbenbaby"-Härtetest bestand Pastor Kenkel; will sagen, er betete das Vaterunser mit Embolismus, ohne sich dabei von der Gemeinde "überfahren" zu lassen. Noch wichtiger war es aber wohl, dass er mit der im "Nordenhamer Ritus" tief verwurzelten Unsitte aufräumte, dass der Zelebrant und die liturgischen Dienste erst nach der Gemeinde kommunizieren. An der Liedauswahl hätte ich durchaus noch etwas zu mäkeln, aber so sehr ins Detail gehen will ich hier dann doch nicht – zumal etwas Anderes viel wichtiger ist: nämlich die Frage, ob es Pastor Kenkel auf längere Sicht tatsächlich gelingen könnte, der Gemeinde von St. Willehad beizubringen, "wie katholisch geht". Das ist nicht zuletzt deshalb eine interessante Frage, weil Pfarrer Jasbinschek angekündigt hat, zu Pfingsten nächsten Jahres in den Ruhestand gehen zu wollen, und bereits Spekulationen zu vernehmen waren, Michael Kenkel könnte womöglich sein Nachfolger werden. Man mag es natürlich fraglich finden, ob ein möglicher zukünftiger Pfarrer Kenkel in dem Bestreben, St. Willehad zu "rekatholisieren", mehr Erfolg beschieden sein würde als seinem Vor-Vorgänger Torsten Jortzick, aber einen denkbaren Grund dafür, dass dies der Fall sein könnte, wüsste ich schon mal: Kenkel kommt einfach sympathisch 'rüber, er wirkt offen und zugänglich, was bei dem introvertierten Jortzick deutlich weniger der Fall war. Im Übrigen hat sich die Zusammensetzung der Gemeinde in den letzten Jahren auch offenkundig gewandelt – was besonders durch einen recht hohen Migrantenanteil unter den jüngeren Gemeindemitgliedern augenfällig wurde. 

Es gibt also durchaus Hoffnung für die Zukunft des Katholizismus in Nordenham; ein besonders deutliches Indiz dafür nahm ich wahr, als ich am Ende der Messe mit meinem Tochterkind auf den Kirchenvorplatz trat (meine Liebste war mit dem Jüngsten schon etwas früher 'rausgegangen, nachdem er angefangen hatte, sich lautstark mit seiner Schwester um einen Buntstift zu streiten. Was man in seinem Alter halt so macht.) Pastor Kenkel stand draußen, schüttelte Hände und sprach mit Gemeindemitgliedern; und da meine Tochter während der Messe eine Verständnisfrage zum Evangelium gestellt hatte, die etwas zu anspruchsvoll war, um sie so nebenbei in einem Satz zu beantworten, dachte ich mir, man könnt' ja mal die Gelegenheit ergreifen und die Frage direkt an den Fachmann delegieren. Der Geistliche reagierte ausgesprochen freundlich auf dieses Ansinnen und gab sich Mühe, die Frage meiner Tochter altersgerecht verständlich zu beantworten; aber bevor er dazu kam, bekam ich noch mit, wie er mit einem etwas arabisch aussehenden Jugendlichen oder jungen Erwachsenen sprach, der in der Messe ministriert hatte und der nun wissen wollte, ob es empfehlenswert sei, die Kirchenväter zu lesen. Die Antwort des Geistlichen lautete "grundsätzlich ja"; allerdings gab er zu bedenken, die Schriften der Väter stellten einen gewaltigen Textkorpus dar, und wenn man da einfach aufs Geratewohl irgendwo zu lesen beginne, bestehe das Risiko, dass man überhaupt nichts versteht und nur verwirrt wird. Zudem müsse man die Texte ja auch in ihrem kirchengeschichtlichen Kontext betrachten. Um erst mal einen Einstieg in die Materie zu bekommen, empfahl er dem jungen Mann den Anmerkungsapparat der Jerusalemer Bibel – und die Lesehore aus der Stundenbuch-App

Kurz und gut, ich habe den Eindruck, in dieser Gemeinde passiert was, nicht zuletzt auch auf spiritueller Ebene. In diesem Sinne kann ich hier eigentlich nur wiederholen, was ich schon im Frühjahr im Zusammenhang mit dem von Pastor Kenkel initiierten Alpha-Kurs in St. Willehad geschrieben habe

Sollte es Michael Kenkel gelingen, eine geistliche Erweckung an einem Ort in Gang zu bringen, an den er zwar nicht unbedingt im strikten Wortsinne strafversetzt, aber doch so etwas Ähnliches wie strafversetzt wurde, nachdem er seine vorherige Pfarrstelle infolge von Vorwürfen grenzüberschreitenden Verhaltens verloren hatte, dann wäre das wohl mal wieder ein Fallbeispiel dafür, dass Gott auch auf krummen Zeilen gerade schreiben kann.

(Übrigens noch ein Hinweis für diejenigen Leser, die in Fragen der kirchlichen Nomenklatur Wert auf Präzision legen: Wenn ich Michael Kenkel als "Pastor" betitele, passe ich mich damit der ortsüblichen Benennung an. Im Bistum Münster, vielleicht auch noch in anderen Bistümern im Nordwesten, ist "Pastor" die Bezeichnung für einen in der Gemeindeseelsorge tätigen Priester, für den nach Alter und Berufserfahrung die Bezeichnung "Kaplan" nicht mehr angemessen wäre, der aber auch nicht das Amt eines Pfarrers innehat. Im Erzbistum Berlin lautet die Bezeichnung "Pfarrvikar".)


Arrgh Nordenham, Tschüss Stadtfest 

Im Anschluss an die Sonntagsmesse in St. Willehad statteten wir dem Nordenhamer Stadtfest einen letzten Besuch ab: Auf dem Marktplatz fand gerade das "Festival der Shanty-Chöre" statt, außerdem hatten wir uns dort mit meiner Mutter verabredet. – Von den auftretenden Chören zeichnete sich der erste, den wir hörten – nach Auskunft meiner Mutter war das der Shanty-Chor Nordenham e.V. –, sich dadurch aus, dass er traditionelle Seemannsgesänge mit großem Ernst interpretierte, während die Ensembles, die danach auf die Bühne kamen, ihre Aufgabe eher im Sinne von "Stimmungsmusik" auffassten. Herausragend war in dieser Hinsicht der Nordenhamer Frauenchor "Die Hafenperlen", und das sage ich nicht nur, weil da eine angeheiratete Cousine von mir mitsang. 



Um 13 Uhr begann auf dem an den Marktplatz angrenzenden Jahnplatz das "Kinder-Piratenfest", dessen zentrale Attraktion eine "Schatzsuche" war: In einem großen Sandkasten waren bunte Glassteine und Münzen vergraben, und wer mindestens drei solche "Schätze" ausgrub, durfte sie in einem Pavillonzelt gegen eine Geschenktüte eintauschen. Außerdem gab's eine Hüpfburg, eine Kletterwand (die aber wohl eher für größere Kinder gedacht war, unsere trauten sich da jedenfalls nicht ran), ein Glücksrad, Ausmalbilder und Kinderschminken. 




Nachdem wir uns dort ein paar Stunden aufgehalten hatten, wollten wir zurück nach Burhave und evtl. noch baden gehen, aber der nächste Bus, der in die gewünschte Richtung fuhr, war ein achtsitziger Kleinbus, und als wir zusteigen wollten, waren schon nicht mehr genug Plätze für uns frei. Also mussten wir noch eine Stunde in Nordenham bleiben, was gar nicht so unterhaltsam war, da das Stadtfest im Wesentlichen vorbei war. 

Das wahre Motto des Nordenhamer Stadtfests. 






Was sagen wir nun insgesamt zum diesjährigen Nordenhamer Stadtfest? Nun ja: Ausgerechnet am Samstag, an dem wohl am meisten "los" gewesen sein dürfte, war ich nicht da, und abgesehen von einem gepflegten Butjenter Zwickel am Eröffnungsabebd habe ich auf dem Stadtfest keinen Alkohol getrunken; somit habe ich von vornherein keinen repräsentativen Blickwinkel auf das Event. Das Treffen von Bekannten beschränkte sich auf genau einen ehemaligen Mitschüler und ein paar "frenemies" aus der Zeit, als ich Theaterwissenschaft studierte und meine Semesterferien dazu nutzte, die recht rege Nordenhamer Amateurtheater-Szene mit unkonventionellen Produktionen aufzumischen. Das ist auch schon über 20 Jahre her – man wird alt... Aber davon mal ab: Im Wesentlichen haben wir uns auf diejenigen Aspekte des Stadtfest-Programms konzentriert, die auch für die Kinder interessant waren, und da muss ich dann doch sagen: Es war gar nicht mal schlecht. Und das ist wohl das größte Lob, das man von mir jemals über das Nordenhamer Stadtfest gehört hat. – Auch die Lokalpresse zieht übrigens ein entschieden positives Fazit dieses Stadtfests, das übrigens erstmals nicht von lokalen Geschäftsleuten, sondern von der Stadt Nordenham und dem Nordenham Marketing & Touristik e.V. veranstaltet worden war. Trotz der üblichen "alkoholbedingten Streitigkeiten", so war zu lesen, sei das Fest überwiegend friedlich verlaufen; nur ein ernsthafter Fall von Körperverletzung wurde gemeldet, ein Stadtfest-Besucher hatte einen anderen gebissen, die Bisswunde musste ärztlich versorgt werden.


Unter deinen Schutz und Schirm: Mariä Himmelfahrt in Burhave

Über die Geschichte der Burhaver Kirche Herz Mariä (S. Cor Beatae Mariae Virginis), von der ich immer gern sage, sie sei mit den Spargroschen der schlesischen Heimatvertriebenen errichtet worden, habe ich mich vor Jahren schon mal ausführlicher geäußert; einen ersten Besuch im Rahmen dieses Sommerurlaubs statteten wir dieser hübschen kleinen Kirche schon am vorletzten Freitag ab, als wir auf dem Weg zum "Hafentag" in Fedderwardersiel einen kleinen Zwischenstopp einlegten. Wir beteten gemeinsam mit den Kindern ein Vaterunser und ein Ave Maria, dann fand meine Liebste beim Blättern im Gotteslob ein Gebet aus der Rubrik "Segen und Bitte der Eltern für ihre Kinder" (Nr. 14,8) und betete dieses vor. 


Direkt gegenüber der Kirche liegt übrigens einer großer Edeka-Supermarkt, und als ich dort am Dienstagmorgen schnell ein paar Lebensmittel für den Rest der Woche einkaufen wollte, ertönte von der Kirche her das Angelusläuten; es war gerade acht Uhr früh. Da ließ ich es mir nicht nehmen, mitten auf dem Edeka-Parkplatz den Angelus zu beten. Sowas sollte man eigentlich viel öfter machen, denke ich mir von Zeit zu Zeit. – Ein paar Stunden später, während Frau und Kinder ohne mich in der Nordseelagune waren, beschloss ich, zur Sext eine kleine Solo-Gebetszeit in der Kirche abzuhalten. Als ich gegen Viertel vor Zwölf dort ankam, stand ein E-Bike vor dem Portal, und als ich eintrat, saß da tatsächlich ein älterer Mann in einer der Bänke, augenscheinlich in stilles Gebet vertieft. Ich glaube, das ist das erste Mal seit Jahren, dass ich in dieser Kirche außerhalb der Gottesdienstzeiten jemanden beten sah, aber okay, ich bin ja auch nicht so oft hier, da ist das natürlich nur ein punktueller Eindruck. Jedenfalls verließ der Mann die Kirche schon vor dem Angelusläuten wieder, sodass ich guten Gewissens davon ausgehen konnte, niemanden damit zu stören, dass ich meinerseits erst den Angelus, dann die Sext und schließlich mein vor knapp eineinhalb Jahren formuliertes "Gebet für die Pfarrei St. Willehad" laut betete. Lobpreislieder zu spielen hatte ich eigentlich nicht vorgehabt und darum auch die Lautsprecherbox nicht mitgenommen, aber am Ende der Sext fühlte ich mich dann doch dazu inspiriert, ein Lied laufen zu lassen, wenn auch nur ein kurzes und vergleichsweise "liberales", nämlich "Es blühe dein Recht" von Mire Buthmann. Nebenbei bemerkt fand ich, dass die Abschnitte aus Psalm 74 ("Klage über den verwüsteten Tempel"), die in der Sext vorkamen, bemerkenswert gut zu meinem "Gebet für die Pfarrei St. Willehad" passten. 

Am Donnerstag war dann das Hochfest der Leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel, kurz Mariä Himmelfahrt; dass die Pfarrei St. Willehad dieses Hochfest in Burhave und nicht in der Pfarrkirche in Nordenham feierte, hatte einerseits sicher mit dem Patronat der Burhaver Kirche zu tun, andererseits aber wohl auch damit, dass es auf einen Donnerstag fiel und die Gottesdienstordnung der Pfarrei von jeher vorsieht, dass es donnerstags einen Gottesdienst in Burhave gibt (meist allerdings "nur" eine "Wort-Gottes-Feier"). Wie dem auch sei, für uns traf es sich natürlich gut. Die Messe sollte um 15 Uhr beginnen, und schon auf dem Weg zur Kirche kam Pastor Kenkel auf dem Fahrrad an uns vorbei – und grüßte fröhlich. 

Ich war entzückt, beim Betreten der Kirche festzustellen, dass die sonst sehr schlichte Marienfigur im Altarraum zur Feier des Tages mit Mantel, Schleier und Krone ausstaffiert worden war. 



Ein paar Minuten vor Beginn der Messe trat der Küster vor und verkündete: "Wir brauchen dringend einen Lektor." Da fackelte ich nicht lange und meldete mich. Ich hatte schließlich schon als Kind in dieser Kirche die Lesungen vorgetragen, als ich noch so klein war, dass ich mich am Ambo auf die Zehenspitzen stellen musste. Obendrein waren die Lesungen vom Tag sehr schön, besonders die erste (vgl. "Geistlicher Impuls der Woche").

Will man etwas zur zahlenmäßigen Größe und zur Altersstruktur der versammelten Gottesdienstgemeinde sagen, muss man wohl berücksichtigen, dass Mariä Himmelfahrt in Niedersachsen kein gesetzlicher Feiertag ist und dass die meisten berufstätigen Menschen wohl kaum die Möglichkeit haben, an einem Werktag um 15 Uhr in die Messe zu gehen; andererseits war schließlich Urlaubszeit, also hätte man an einem so touristisch geprägten Ort wie Burhave durchaus mit einigen katholischen Urlaubern rechnen dürfen. Wie dem auch sei, nicht nur waren unsere Kinder die einzigen Kinder in der Kirche, sondern ich hatte obendrein zunächst den Eindruck, auch unter den erwachsenen Gottesdienstbesuchern seien meine Liebste und ich mit Abstand die jüngsten. Quasi in letzter Minute huschten dann aber noch der junge Mann, der am Sonntag in Nordenham ministriert und nach der Messe die Frage nach den Kirchenvätern gestellt hatte, und ein weiterer Jugendlicher oder junger Erwachsener herein und setzten sich bescheiden und unauffällig in die letzte Bank. 

Zur Gestaltung der Messe nur so viel: Pastor Kenkel zelebrierte erneut schön und würdig, Kompromisse mit gewohnheitsmäßig in der Praxis der Gemeinde verwurzelten Unarten beschränkten sich praktisch ausschließlich auf die Liedauswahl. In Ermangelung eines hauptamtlichen Kirchenmusikers liegt die musikalische Gestaltung der Gottesdienste im Burhave in den Händen einer altgedienten Erzlaiin, die ich schon in meiner "ersten Fundi-Phase" (d.h. als ich so 14 bis 16 war) als Vorzeigebeispiel einer linksliberalen Kuschelkatholikin wahrgenommen habe – und die Akkordeon spielt. Das Liedprogramm zu Mariä Himmelfahrt bestand aus einer recht eigentümlichen Mischung aus traditionellen Marienliedern und abgeschmackten NGL-Evergreens, einschließlich meiner persönlichen Hass-Nummer "Da berühren sich Himmel und Erde" zum Agnus Dei

Ein paar Worte zur Predigt: Einleitend wies Pastor Kenkel darauf hin, dass die Gestaltung der Flagge der Europäischen Union – ein Kranz aus zwölf Sternen auf blauem Grund – auf die Erscheinung der apokalyptischen Frau in der Offenbarung des Johannes verweise: Die ursprüngliche Idee hinter dieser Flaggengestaltung sei es gewesen, Europa unter den Schutz Mariens zu stellen. Davon abgesehen sprach er in seiner nicht einmal fünf Minuten langen Predigt hauptsächlich über das Magnificat (das im Evangelium vom Tag vorkam) und darüber, wie Maria sich darin als Vorbild im Glauben erweist. – Gut gefiel es mir, dass Pastor Kenkel frei formulierte Fürbitten vortrug, auch wenn sie sich inhaltlich kaum von solchen unterschieden, die man in einschlägigen Fürbittbüchern finden kann. 

Im Anschluss an die Messe gab's noch Kaffee, Kuchen und Klönschnack im Gemeindesaal des "Rat-Schinke-Hauses"; das war sehr nett, einige der älteren Gemeindemitglieder kannten mich noch von früher und reagierten sehr herzlich auf das Wiedersehen (ich muss fairerweise erwähnen, dass das auch und besonders für die oben erwähnte Erzlaiin mit dem Akkordeon galt), und die Kinder freuten sich besonders, dass sie je einen in der Messe gesegneten, duftenden Kräuerstrauß (u.a. mit Kamille, Minze, Myrrhe und Salbei Rosmarin und einer Kornähre) mitnehmen durften. Eine Gelegenheit, mit Pastor Kenkel zu sprechen, ergab sich leider nicht, zumal er ganz am anderen Ende der langen Tafel saß und sich als erster wieder verabschiedete. Die beiden jungen Männer aus der letzten Bank waren leider gar nicht bei der Kaffeetafel. 



Kleiner Nachtrag bzw. Update zu "Was ist denn bloß in St. Franziskus los?" 

Es ist, jedenfalls meiner Auffassung nach, eine Grundregel des Bloggens, dass man sich, wenn man seine Leser ausdrücklich zum Schreiben von Kommentaren auffordert bzw. ermuntert, nicht über die Kommentare beschweren darf, die man dann tatsächlich kriegt. In meinem vorigen Wochenbriefing hatte ich die Hoffnung geäußert, der eine oder andere meiner Leser könnte vielleicht etwas zur Beurteilung der Situation in der Pfarrei St. Franziskus Reinickendorf-Nord beitragen; die erste Reaktion darauf kam von meinem kritischen Stammleser Egidius, der mit dem zurückgetretenen Pfarrer von St. Franziskus vor Jahren mal eine unerfreuliche Begegnung hatte. Da ging es um einen Parkplatz, und man könnte das Ganze vielleicht als ein unglückliches Aufeinanderprallen von Befindlichkeiten abhaken und es etwas "over the top" finden, dass Egidius das partout zu einer kirchenpolitischen Affäre stilisieren und Betrachtungen über das rechte Amtsverständnis von Priestern nach dem II. Vatikanischen Konzil daran knüpfen muss, die in der Aussage gipfeln "Solche Priester brauchen wir in der Tat nicht". Aber "over the top" oder nicht, der Fall ist durchaus bezeichnend dafür, wie die innerkirchlichen Konfliktlinien auf Gemeindeebene verlaufen und woran sie sich entzünden. Dennoch bin ich nicht ganz glücklich damit, dass auch alle Folgekommentare, die seither bei mir eingegangenen sind, sich um diese Parkplatzaffäre drehen. Ich würde eigentlich denken, über die Vorgänge in St. Franziskus müsste es noch mehr und anderes zu sagen geben... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Der Tempel Gottes im Himmel wurde geöffnet und in seinem Tempel wurde die Lade seines Bundes sichtbar. Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen.

Ein anderes Zeichen erschien am Himmel und siehe, ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegte ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau, die gebären sollte; er wollte ihr Kind verschlingen, sobald es geboren war.

Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der alle Völker mit eisernem Zepter weiden wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte. Da hörte ich eine laute Stimme im Himmel rufen: Jetzt ist er da, der rettende Sieg, die Macht und die Königsherrschaft unseres Gottes und die Vollmacht seines Gesalbten.

(Offb 11,19a; 12,1-6a.10ab; 1. Lesung von Mariä Himmelfahrt)
 

Ohrwurm der Woche 

Isley Brothers: Summer Breeze 

Eine naheliehende Wahl für eine Urlaubswoche, die wärmer und sonniger war, als die Wettervorhersage es vor Urlaubsantritt in Aussicht gestellt hatte. Im Original stammt dieser Song von dem Folk-Rock-Duo Seals & Crofts und erreichte in seiner ursprünglichen Gestalt im Jahr 1972 Platz 6 der US-Single-Charts. Die zwei Jahre später entstandene Fassung der Isley Brothers ist aber nicht einfach nur eine Coverversion, sondern, so wage ich zu behaupten, eine Weiterentwicklung des Songs: In dieser Version entfaltet er erst sein wahres Potential. Genieß es mit mir, Leser. 


Mittwoch, 14. August 2024

(Vorerst) letzte Impressionen aus dem Berliner Sommer

Am Freitag vor unserer Abreise in den Urlaub wollte unser Tochterkind bei einer Schulfreundin übernachten, die Eltern der besagten Freundin waren einverstanden, und als Bonus durfte unser Jüngster, der die Freundinnen seiner großen Schwester aus Prinzip toll findet, mitkommen und mal ausprobieren, ob er sich mit seinen noch nicht dreieinhalb Jahren auch schon traut, woanders zu übernachten. Für meine Liebste und mich bedeutete das den sehr, sehr seltenen Luxus eines kinderfreien gemeinsamen Abends, und mit "selten" meine ich: Das hatten wir vielleicht dreimal in den letzten gut sechseinhalb Jahren. Wir nutzten diesen Umstand u.a. dazu, essen zu gehen – in einem griechischen Restaurant, mit dem ich, obwohl wir in der Zwischenzeit noch ein paar weitere Male (zusammen mit den Kindern) dort waren, vor allem die Erinnerung daran verbinde, dass wir dort am Vorabend des ersten Corona-Lockdowns essen waren und zum krönenden Abschluss des Abends dem mobilen Rosenverkäufer seine gesamte Ware abkauften. Diesmal saßen wir im Außenbereich, genossen das schöne Wetter, das Essen, vor allem aber die Tatsache, dass wir mal ausgiebig Zeit füreinander hatten, ohne dass die Kinder im Minutentakt unsere Aufmerksamkeit beanspruchten. Ein sehr schönes Erlebnis hatten wir dann auf dem Heimweg: Wir kamen an einem anderen Restaurant vorbei, das nur wenige Hausnummern von unserem Zuhause entfernt liegt; da bediente gerade eine Kellnerin im Außenbereich, und als sie uns sah, fragte sie uns überrascht, wo wir denn unsere Kinder gelassen hätten. Wir kannten diese Kellnerin eigentlich gar nicht, aber sie kannte uns – vom Sehen, einfach weil wir so oft an ihrem Arbeitsplatz vorbeikommen, weil wir da eben ganz in der Nähe wohnen. Als wir ihr erklärten, die Kinder seien zu einem Übernachtungsbesuch bei einer Freundin, meinte sie herzlich: "Das habt ihr euch aber auch mal verdient." Sie fügte hinzu, es sei uns anzusehen, wie gut uns der kinderfreie Abend tue ("Ihr strahlt richtig"), aber auch, dass sie es toll finde, wie wir unseren Alltag mit unseren Kindern organisieren. 

Die Übernachtungsparty der Kinder nahm dann allerdings ein etwas unerwartetes Ende: Gegen 1 Uhr nachts rief die gastgebende Mutter bei uns an – unsere Große war aufgewacht, konnte nicht wieder einschlafen, weinte und wollte nach Hause. Da der Versuch, sie per Telefon zu trösten und zu beruhigen, keinen durchschlagenden Erfolg hatte, einigten wir uns darauf, dass dee gastgebende Vater unsere beiden Kinder mit dem Auto nach Hause brachte, was allerdings bedeutete, dass unser Jüngster erst einmal geweckt werden musste (er schlief dann im Auto weiter). Nach einem Schlummertrunk, einer Gutenachtgeschichte und ein bisschen Kuscheln schlief die Große irgendwann gegen 2 oder halb 3 auch wieder ein. Es ist wohl einigermaßen selbsterklärend, dass wir daraufhin alle erst mal gründlich ausschlafen mussten. 

Gleichwohl hatten wir am folgenden Tag volles Programm: Erst war Gorkistraßenfest, und dann waren wir – wie im Creative Minority Report Nr. 40 bereits erwähnt – zu einer Grillparty im Ernst-Thälmann-Park eingeladen. – Über die von den Geschäftsinhabern in der Gorkistraße gesponserten Straßenfeste, bei denen es von Hüpfburg und Karussell über Popcorn und Zuckerwatte bis hin zu Kinderschminken so allerlei gratis gibt, habe ich mich bei früherer Gelegenheit schon mal geäußert; ursprünglich war es unser Plan gewesen, unsere Kinder nach ihrer Auswärts-Übernachtung auf diesem Fest wieder in Empfang zu nehmen, aber nachdem es mit der Übernachtung nicht so ganz geklappt hatte, trafen wir uns auf dem Gorkistraßenfest trotzdem mit der Familie, bei der unsere Kinder am Abend zuvor zu Besuch gewesen waren, und ein paar andere Bekannte liefen uns auch über den Weg. 

Livemusik gab es auch, in Gestalt eines jungen Mannes mit Bart, Männerdutt und Gitarre, der sich Plagu nannte und, als wir auf dem Straßenfest ankamen, gerade "Little Lion Man" von Mumford & Sons spielte – den "Ohrwurm der Woche" in den Ansichten aus Wolkenkuckucksheim Nr. 6, nebenbei bemerkt. Ich wunderte mich, wie der Musiker es schaffte, mit nichts als einer Gitarre (und ein paar elektronischen Effektgeräten, zugegeben) einen derart dichten und vielschichtigen Sound zu erzeugen, und einen Moment lang argwöhnte ich, er arbeite womöglich mit Halbplayback. Wie sich jedoch zeigte, handelte es sich tatsächlich um eine Loopstation; mit anderen Worten, Teile der Musik kamen zwar tatsächlich vom Playback, aber auch die wurden live eingespielt. Auf Plagus Website wird diese Technik wie folgt beschrieben: "Durch geschicktes Layering von Gesang und Percussion-Instrumenten schafft er eine eindrucksvolle Klanglandschaft, die die Illusion einer kompletten Band erzeugt." Isso

Um's unmissverständlich zu sagen, mir gefiel die Musik ausgesprochen gut; Plagus Repertoire war gemischt aus Coverversionen und eigenen Stücken, und er machte einen ausgesprochen sympathischen Eindruck. Als er verkündete, falls jemand aus dem Publikum selbst etwas singen wolle, solle derjenige gern auf ihn zukommen, und er werde mal sehen, ob er den betreffenden Song spielen könne, fühlte ich mich doch sehr bei meiner Eitelkeit gepackt; umso mehr, als meine Liebste mir eifrig zuredete, von diesem Angebot Gebrauch zu machen. Auch Plagu selbst zwinkerte mir aufmunternd zu, als er mein Interesse bemerkte. Ich musste aber erst mal in mich gehen und mir einen Song überlegen, den ich mir stimmlich zutraute, bei dem ich ausreichend textsicher war und der sich stilistisch einigermaßen stimmig ins Programm einfügte. Als Plagu eine Pause machte, beriet ich mich mit ihm, und wir einigten uns auf "I'm on Fire" von Bruce Springsteen. Mein Gastauftritt machte mir Spaß, und ich darf wohl auch sagen, dass er mir gut gelang; jedenfalls bekam ich viel positives Feedback aus dem Publikum. Am schönsten fand ich die Reaktion der Schulfreundin meiner Tochter, denn die wollte ein Autogramm von mir! 

Nachdem ich noch einige Einkäufe fürs Wochenende erledigt hatte, machten wir uns am mittleren Nachmittag auf den Weg zum Ernst-Thälmann-Park, wo wir wie gesagt zu einer Grillparty eingeladen waren. In gewissem Sinne war das wohl – ähnlich wie die Einladung zur Sommerfrische in Werder die Folge einer Begegnung bei einem Geburtstagspicknick im Tiergarten war – eine durch eine Begegnung bei "Suppe & Mucke" veranlasste "Folgeeinladung"; in beiden Fällen handelte es sich um die Wiederauffrischung einer in den letzten Jahren etwas vernachlässigten "alten Bekanntschaft". Was das Grillen im Thälmannpark angeht, waren wir bei diesem Veranstaltungsformat schon einmal vor drei Jahren gewesen; den Gastgeber, der traditionell seinen Geburtstag auf diese Weise nachfeiert, kenne ich aber ursprünglich aus einer Kneipe, in der wir beide mal Stammgäste waren. In einem unvollendeten Entwurf für eine Kurzgeschichte, den ich kürzlich wiedergefunden habe, habe ich diese Kneipe – unter dem fiktiven, aber, wie ich finde, ziemlich stimmigen Namen Exil – wie folgt beschrieben: 

"Das Exil ist keine reinrassige Punk-Kneipe wie etwa das gute alte Pilsparadies, auch wenn dort häufig die entsprechende Musik läuft und ein nicht geringer Teil der Mitarbeiter und regelmäßigen Gäste entsprechende Kleidung trägt. Ich glaube, man wird ihrem Selbstverständnis eher gerecht, wenn man sagt, es sei eine linke Kneipe. Dies aber auch in einem recht weiten und undogmatischen Sinne. Man muss sich nicht erst einer Gesinnungskontrolle unterziehen, um an der Theke ein Bier zu bekommen. Das Publikum ist dementsprechend recht bunt gemischt, und gerade das macht diesen Laden so spannend. Diverse Polit-Sekten – Anarchisten, Maoisten, Trotzkisten –, die sich auf offener Straße wahrscheinlich mit Steinen bewerfen würden, halten hier friedlich ihre Stammtische ab, und es kann passieren, dass man am Tresen einen ehemaligen Stasi-Offizier einträchtig neben einem ehemaligen Hausbesetzer sitzen sieht." 

Ganz so undogmatisch-tolerant geht es dort heute allerdings nicht mehr zu; dazu habe ich schon im Creative Minority Report Nr. 26 ein paar Zeilen geschrieben. Mein alter Freund und ich sind dort jedenfalls aus unterschiedlichen Gründen keine gern gesehenen Gäste mehr: Mir wurde so um 2015/16 herum wegen meines Engagements in Sachen Lebensschutz Auftrittsverbot auf der hauseigenen Kleinkunstbühne erteilt, als Gast war ich seitdem noch ein paarmal da, aber das ist nun auch schon einige Jahre her; und gegen meinen Freund, der dort, wie er selbst sagt, inzwischen als "rechtsoffener Wagen-Knecht" gilt, wurde zwar kein formelles Hausverbot erteilt, aber er wird dort schlichtweg nicht mehr bedient

Soweit ich mich an die Grillparty von vor drei Jahren erinnere, würde ich nicht unbedingt sagen, dass die Veranstaltung im Vergleich zu "damals" diesmal insgesamt schwächer besucht gewesen wäre, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass einige Leute fehlten – und zwar gerade aus dem Kreis derer, die ich "von früher her" kannte. Ähnlich ging's mir, wie man sich erinnern wird, schon bei der "Fiesta Kreutziga" und bei "Suppe & Mucke"; und hier wie dort gilt: Einige Leute sind vielleicht gestorben, andere vielleicht weggezogen, aber ich frage mich schon, ob da nicht auch ideologische Verwerfungen innerhalb der linken Szene eine gewisse Rolle spielen. 

À propos: Einigen Gästen, die mich nicht schon "von früher her" kannten, stellte der Gastgeber mich als "katholischen Dissidenten" vor; auf seine Frage, ob ich mich damit zutreffend beschrieben fühlte, erwiderte ich: "Ob jemand ein Dissident ist oder nicht, das weißt du selber, hängt immer davon ab, welchen Standpunkt man als normativ annimmt. Im Verhältnis zur Deutschen Bischofskonferenz bin ich sicherlich ein Dissident." – Ein guter Gesprächseinstieg war es allemal, als "katholischer Dissident" vorgestellt zu werden; es ergaben sich einige angeregte Diskussionen daraus, die bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte (ich hatte es vorrangig mit Gesprächspartnern zu tun, deren Sicht auf Religion vom Dialektischen Materialismus geprägt war) in durchweg freundlicher und respektvoller Atmosphäre geführt wurden. 

Unser Tochterkind freundete sich derweil schönstens mit den beiden Enkelinnen des Gastgebers, 9 und 5 Jahre alt, an und tollte mit ihnen übers Gelände, und meist machte auch unser Jüngster dabei mit. Die Neunjährige lud uns sogar kurzerhand ein, auch zur Weihnachtsfeier bei ihrem Opa zu kommen ("Da gucken wir Hase und Wolf"). Als ich ihm von dieser Einladung berichtete, reagierte er sehr amüsiert. Na, schauen wir mal, ob wir da wirklich hingehen. 

Livemusik gab's übrigens auch hier: Als es allmählich Abend wurde, packte eine etwas "gothic" aussehende Frau schwer bestimmenden Alters – trotz grauer Strähnen im Haar hatte sie eine fast jugendliche Ausstrahlung – ein Akkordeon und eine Geige aus (die sie natürlich nicht beide auf einmal spielte, sondern mal das eine, mal das andere Instrument, überwiegend aber Akkordeon) und präsentierte ein Programm aus Filmmelodien, Folkklassikern wie "Dirty Old Town" und "Danny Boy", aber auch "Mull of Kintyre", "Lambada" (!) und "Auf der Reeperbahn nachts um halb Eins". 

Meine Liebste schrieb derweil spontan eine Kurzgeschichte; ob diese in Kürze auch auf unserer gemeinsamen Patreon-Seite erscheinen wird, ist derzeit noch in der Schwebe... 

Insgesamt blieben wir bei dieser Party, bis es anfing dunkel zu werden; als das Bier alle war, gab es Wodka, aber wir tranken davon nur wenig, schließlich mussten wir nicht nur uns selbst, sondern auch die Kinder sicher nach Hause bringen. Lecker war er aber, der Wodka. Und insgesamt war es so ein schöner, entspannter Sommerabend, dass ich ihn mir am liebsten einnahmen und übers Bett hängen würde. 

(Was natürlich einmal mehr die Frage aufwirft: Wieso kriegt man so eine Stimmung eigentlich bei kirchlichen Veranstaltungen nie hin? – Was das angeht, wird die Versuchsreihe wohl spätestens Anfang September beim Gemeindefest in St. Stephanus Haselhorst fortgesetzt...) 


Samstag, 10. August 2024

Creative Minority Report Nr. 41

Grüße aus Butjadingen, Leser – wo sich, wie man so sagt, die Schönheit der Landschaft nicht jedem sofort erschließt; aber ich komme nun mal hierher und bemühe mich, die Liebe zu dieser Landschaft auch meinen Kindern weiterzugeben. Mein bisheriger Eindruck ist, es läuft ganz gut. Bevor ich aber dazu komme, die ersten Tage unserer diesjährigen Sommerurlaubsreise zu schildern, kommen in diesem Wochenbriefing erst mal noch ein paar Themen dran, die ich aus Berlin "mitgenommen" habe... 



Was bisher geschah 

An dem Samstag, an dem die vorige Nummer des Creative Minority Report erschien, hatten meine Familie und ich einen außerordentlich schönen Tag und vor allem Abend – so außerordentlich, dass seine Schilderung einen eigenständigen Artikel verdient, den ich erst einmal auf Patreon veröffentlicht und "(Vorerst) letzte Impressionen aus dem Berliner Sommer" genannt habe. Dieser Titel bezieht sich natürlich darauf, dass wir die zweite Hälfte der Sommerferien nahezu zur Gänze außerhalb von Berlin zu verbringen beabsichtigen und damit auch schon angefangen haben, aber wenn wir zurückkommen, ist der Sommer ja (hoffentlich) noch nicht ganz vorbei. – Am Sonntag gingen wir wieder in St. Joseph Siemensstadt in die Messe, wo es erneut eine recht interessante und anregende Predigt zu hören gab; mehr dazu weiter unten. Die folgenden Tage standen – abgesehen davon, dass wir am Montag noch einmal "Omatag" hatten – hauptsächlich im Zeichen von Reisevorbereitungen; am Mittwoch ging es dann früh morgens los in den Urlaub. Erstes Ziel unserer dreiwöchigen Urlaubsreise war jedenfalls mein Heimatstädtchen Nordenham, wo wir uns zunächst für drei Nächte im "Riverhouse", einem Hostel in einer ehemaligen Jugendherberge, direkt am Weserufer gelegen, einquartierten. Näheres zu unserer Reise gibt's im Abschnitt "Camino de Willehado 2024"; im Übrigen hat es sich gefügt, dass ausgerechnet an diesem Wochenende Nordenhamer Stadtfest ist – ein Thema, das einen separaten Abschnitt verdient ("Ahoi Nordenham, Moin Stadtfest"). 

Auch noch erwähnenswert ist, dass in der aktuellen Ausgabe der Tagespost ein Beitrag von mir auf der Familienseite erschienen ist – zum Thema "kindergartenfrei". Seit heute ist der Artikel auch online


Was ansteht 

Unsere Urlaubsplanung sieht vor, dass wir heute unsere Unterkunft wechseln, d.h. wir checken aus dem "Riverhouse" aus und beziehen eine Ferienwohnung in Burhave, in unmittelbarer Nähe des Strandes. Außerdem wollen wir heute Nachmittag von Fedderwardersiel aus mit dem Ausflugsschiff WEGA II eine "Piratenfahrt mit Schatzsuche" unternehmen... Mal sehen, ob man an Bord Internetzugang hat, denn wenn nicht, wird sich die Veröffentlichung dieses Wochenbriefings wohl verzögern. – Morgen gibt's im Rahmen des Nordenhamer Stadtfests ein "Kinder-Piratenfest" auf dem Jahnplatz; ich denke, da werden wir hin wollen, und vorher nach Möglichkeit in St. Willehad in die Messe, da die Vorabendmesse in Burhave terminlich mit der Bootsfahrt kollidiert. Wie ich den Pfarrnachrichten entnehmen konnte, ist Pfarrer Jasbinschek in Urlaub und die Messe wird vom Subsidiar Michael Kenkel zelebriert, von dem ich mir ja durchaus gern mal einen persönlichen Eindruck verschaffen möchte. 

Was wir in der kommenden Woche in Burhave so alles unternehmen, wird wesentlich vom Wetter abhängen: Ist es warm und sonnig, werden wir wohl möglichst viel Zeit an der Burhaver "Nordseelagune" verbringen wollen, bei schlechtem Wetter ist die Spielscheune ein guter Anlaufpunkt. Daneben werde ich aber definitiv auch die eine oder andere guerillamäßige Lobpreisandacht in der Kirche Herz Mariä abhalten wollen – umso mehr, als am Donnerstag ja Mariä Himmelfahrt ist! – Am nächsten Samstag geht die Reise dann weiter; nämlich zum Reiterhof "Kleine Mücke" in Tannenhausen bei Aurich, wo wir schon letztes Jahr waren und wo es uns ausnehmend gut gefallen hat. Ich freu mich drauf! 


Von Ars nach Olympia (und zurück): Predigtnotizen zum 18. Sonntag im Jahreskreis 

Die Messe in St. Joseph Siemensstadt am vergangenen Sonntag wurde vom leitenden Pfarrer der Großpfarrei Heilige Familie Spandau-Havelland zelebriert, der gleich zu Beginn seiner Predigt darauf hinwies, dass dieser Sonntag auf den Gedenktag des Hl. Pfarrers von Ars fiel. Und auch wenn dieser Gedenktag liturgisch vom Sonntag verdrängt wird, spielte der Pfarrer von Ars in dieser Predigt eine prominente Rolle. Der von seinen Vorgesetzten als wenig begabt eingeschätzte Jean-Baptist Marie Vianney habe damals, 1818, die schlimmste Pfarrstelle in der ganzen Diözese Lyon zugewiesen bekommen: Ars, ein kleines Kaff, dessen Einwohner nicht in die Kirche, dafür aber desto fleißiger ins Wirtshaus gingen. Diese religiöse Infifferenz der Bevölkerung sei, so meinte der Spandauer Pfarrer, eine Folge der Französischen Revolution gewesen, "die uns ja immer so gepriesen wird", die aber alles daran gesetzt habe, "alles, was an die bisherige Religion erinnerte, aus den Herzen der Menschen zu reißen" – bis hin dazu, dass man eine neue Zeitrechnung und einen neuen Kalender mit einer anderen Einteilung der Wochentage einzuführen versuchte, wodurch es keinen Sonntag und also keine Sonntagsmesse mehr geben sollte. "Viele Priester waren in der Französischen Revolution auf die Galeeren geschafft worden, weil sie nicht bereit waren, einen Eid zu leisten, oder hingerichtet worden oder sind geflohen, sodass viele Pfarren, gerade auf dem Land, verwaist sind." Das Ergebnis war, "dass eine ganze Generation aufwuchs, die gar nichts mehr von Gott, von der Religion und der Kirche wusste." Dass es unter solchen Bedingungen einem einfachen Landpfarrer, der nur mit Ach und Krach überhaupt die Priesterausbildung bewältigt hatte, durch seinen unermüdlichen Einsatz im Feiern der Heiligen Messe, im Predigen und im Hören der Beichte gelang, seine miese kleine Pfarrstelle zum Zentrum einer neuen geistlichen Erweckung, ja sagen wir ruhig: einer Neuevangelisierung zu machen, kann und sollte man in der gegenwärtigen Kirchenkrise zweifellos als ein Zeichen der Ermutigung betrachten. 

Recht eindrucksvoll fand ich es, dass der Pfarrer in diesem Zusammenhang ein persönliches Zeugnis in seine Predigt einflocht: Er sprach darüber, wie er, von Haus aus eigentlich religionsfern aufgewachsen, im Alter von 15 Jahren anfing, regelmäßig in die Kirche zu gehen, und wie seine Familie darauf reagierte. Nicht weniger interessant war, dass er im Anschluss daran erwähnte, in der Gemeinde St. Konrad in Falkensee komme seit ein paar Monaten eine Gruppe Jugendlicher in die Messe, von denen anfangs niemand gewusst habe, wo die eigentlich herkommen. Diese Beobachtungen leiteten über zu der Frage: Was reizt an der Heiligen Messe, was macht sie attraktiv? Die Antwort, so meinte der Pfarrer, finde sich im Evangelium dieses Sonntags: Jesus ist das Brot des Lebens. Das Entscheidende an der Messe sei nicht das "Gemeinschaftserlebnis" und auch nicht die "schönen Lieder", die da gesungen werden: Das sei zwar "alles schön, aber selbst die trockenste Messe – das müssen wir vielleicht wieder lernen: wenn da keine Lieder gesungen werden und der Pfarrer vielleicht auch nicht seinen besten Tag hat – ist die Messe"; nämlich der Vollzug des Mysteriums der Eucharistie

Auf die Abendmahlsdarstellung auf dem Altarbild von St. Joseph Siemensstadt hinweisend, betonte der Pfarrer, "wie wichtig es ist, dass wir heilige Bilder auch heilig bewahren"; deshalb dürfe man es "nicht zulassen, wie es vor einigen Tagen in Paris geschehen ist, dass ein solches heiliges Bild herabgewürdigt, lächerlich und schmutzig gemacht wird." Im Gesamtkontext der Predigt war dieser Kommentar zum Olympia-Eröffnungs-Skandal allerdings kaum mehr als eine Randbemerkung; weit ausführlicher und eindringlicher ging er auf die von den Bischöfen der USA initiierte "Nationale Eucharistische Erneuerung" ein, auf die großen Eucharistischen Prozessionen quer durch die USA und den fünftägigen Eucharistischen Kongress im Footballstadion von Indianapolis. Eine solche Rückbesinnung auf die Eucharistie, so meinte er, "brauchen wir auch hier in unserem Land". Weil wir, "wenn wir miteinander synodal umgehen" wollen, "zuallererst einmal den Herrn wiederfinden" müssen. 

Lassen wir das ruhig mal so stehen. 


Was ist denn bloß in St. Franziskus los? 

Ein Thema, zu dem ich mich vielleicht schon früher hätte äußern können oder sollen, betrifft die Großpfarrei St. Franziskus Reinickendorf-Nord, zu der die Ortsteile Frohnau, Hermsdorf, Waidmannslust, Wittenau und das Märkische Viertel gehören. Vor knapp einem Jahr hatte ich in meinen Ansichten aus Wolkenkuckucksheim den Umstand angesprochen, dass diese Pfarrei einen neuen Pfarrer bekommen werde – und zwar einen, den meine Liebste und ich kannten

"Er war Kaplan in Tegel, als wir in die dortige Gemeinde kamen, und solange er dort war, hat er unsere Initiativen stets unterstützt und gefördert, auch dann, wenn sie nicht unbedingt sein Stil waren (er ist zwar ungefähr in unserem Alter, aber man darf wohl behaupten, dass er in ästhetischen Fragen erheblich konservativer ist als wir). Also kurz und gut, wir kennen ihn nicht nur  sondern schätzen und mögen ihn auch". 

Gleichzeitig hatte ich dort den Eindruck meiner Liebsten – die vor unserer Heirat einige Jahre in Hermsdorf gewohnt hat – wiedergegeben, die Hermsdorfer Gemeinde sei "ein Hort des linksliberalen 'Boomer Catholicism"' und sei "ein Vierteljahrhundert lang von einem Pfarrer mit einigermaßen – gelinde gesagt – heterodoxen Anschauungen geprägt" worden. "Dieser  Pfarrer in dieser  Gemeinde, das wird... interessant", hatte ich geschlussfolgert; und auch wenn ich die dortige Entwicklung nicht so genau "im Auge behalten" habe, wie ich es vorgehabt und angekündigt habe, scheint es, dass ich mit dieser Einschätzung Recht behalten habe: Nachdem ich schon seit ein paar Monaten gerüchteweise von Konflikten zwischen Pfarrer und Gemeindemitgliedern gehört hatte – u.a. waren diese Vorgänge wiederholt Thema beim Gemeindefrühstück in Heiligensee –, ist der Pfarrer nun mit Wirkung zum 1. August von seinem Amt zurückgetreten. In der aktuellen Ausgabe der Pfarrnachrichten gibt es dazu eine ganze Menge zu lesen; angefangen mit einem Grußwort des scheidenden Pfarrers selbst, in dem er sich hinsichtlich der Gründe für seinen Amtsverzicht ausgesprochen bedeckt hält. Man muss schon zweimal hinschauen, um auch nur Andeutungen von Konflikten zu entdecken. Von einer "Zeit voller Herausforderungen" ist da die Rede ("aber auch voller Dankbarkeit und Segen"), von "Umbrüchen und Krisensituationen", aber auch von Geduld, Vertrauen und Unterstützung, die der Pfarrer seitens der Gemeinde erfahren habe: "Gemeinsam haben wir schwierige Zeiten durchgestanden, haben uns gegenseitig gestützt und sind daran gewachsen." – "Mit einem lachenden und einem weinenden Auge", so heißt es weiter, nehme er nun Abschied von der Pfarrei, "denn ich weiß, dass die Zeit gekommen ist, neue Wege zu gehen". 

Etwas aufschlussreicher ist ein als persönlich an den scheidenden Pfarrer gerichteter Brief formulierter Leserbrief einiger Gemeindemitglieder, aber auch hier muss man ziemlich gründlich zwischen den Zeilen lesen. Gleich einleitend geben sich die Verfasser als "einfache und großenteils nicht gremienerfahrene Gottesdienstbesucher" zu erkennen, die sich "wie viele andere Pfarreimitglieder sehr gefreut" hätten, als der nun schon wieder ehemalige Pfarrer sich "nach der langen Vakanz ohne Pfarrer" bereit gefunden habe, "das Wagnis einzugehen, die große und schwierige Pfarrei St. Franziskus zu übernehmen". Dass die Gemeinde als "schwierig" gilt, habe ich auch aus den Tischgesprächen in St. Marien Maternitas herausgehört; umgekehrt gibt der Leserbrief aber auch, wenngleich sehr "durch die Blume", zu erkennen, was die Gemeinde an ihrem Pfarrer "schwierig" fand. "Sie haben in Ihren Predigten immer eine deutliche Sprache gefunden", heißt es da. "Sie haben einen festen theologischen Standpunkt, aber wir hatten immer das Gefühl, dass Sie offen sind für alle, die auf ihre Weise ihren Glauben gefunden haben." Die Verfasser des Leserbriefs attestieren dem scheidenden Pfarrer, dass er "eigentlich gut zu unserer Pfarrei gepasst" hätte, fügen allerdings hinzu: "Gewisse Gewöhnungs- und Anpassungsschwierigkeiten hätten wir Ihnen zugetraut zu überwinden, denn Sie sind noch jung für einen Pfarrer. Und für berechtigte Kritiken halten wir Sie für analysefähig genug. Das mögen nicht alle so gesehen haben". – Ich muss ehrlich sagen, diese gönnerhafte Haltung, die zudem wie selbstverständlich vorauszusetzen scheint, dass der Pfarrer sich von der Gemeinde belehren lassen müsse und nicht etwa umgekehrt, würde mich noch mehr aufregen als offene Feindseligkeit. 

Was der Leserbrief derweil auch zu erkennen gibt, ist, dass in der Pfarrei St. Franziskus doch noch mehr im Argen liegt als Befindlichkeitskonflikte zwischen Gemeinde und Pfarrer, und auch noch mehr als Fragen des "theologischen Standpunkts": Am Rande wird angesprochen, "wie schlecht es um die Finanzen bestellt ist und welche Auswirkungen das auf das künftige Gemeindeleben haben wird". Man darf wohl davon ausgehen, dass dieser Umstand entscheidend für die in einem redaktionellen Beitrag der Pfarrnachrichten zum Thema "Leitungswechsel" (so auch die Überschrift des Artikels) als "[ü]berraschend" eingestuften Entscheidung von Erzbischof Koch, das Amt des Pfarrers von St. Franziskus "für ein Jahr" seinem Generalvikar Pater Manfred Kollig SSCC zu übertragen. "Warum hat der Bischof für den Übergang bis zur Berufung eines neuen Pfarrers nicht, wie üblich, einen Pfarradministrator eingesetzt?", wird gefragt; und im nächsten Absatz heißt es: 

"Begründet wird die Entscheidung des Erzbischofs, seinen Stellvertreter als Pfarrer für ein Jahr in die Pfarrei St Franziskus zu entsenden, mit den schwerwiegenden Entscheidungen, die die Pfarrei und ihr Kirchenvorstand zu treffen haben." 

Und weiter: 

"Dabei geht es zum einen um die kürzliche Überprüfung der Pfarrei St. Franziskus durch einen Beauftragten des Bischofs und die notwendige Bearbeitung von im vorgelegten Revisionsbericht festgestellten Defiziten, zum anderen um den Immobilienentwicklungsprozess in unserer Pfarrei." 

Bei diesem "Immobilienentwicklungsprozess" – wieder mal so ein Wort, um das das Ausland die deutsche Sprache zweifellos beneidet – gehe es "um die Instandsetzung und Sanierung von Kirchen und Gemeindehäuser[n] in unserer Pfarrei und leider auch um die Aufgabe einzelner Standorte". Ganz nebenbei erfährt man, dass Generalvikar Kollig "[a]ufgrund seiner vielfältigen Aufgaben [...] nur einmal im Monat eine Hl. Messe in der Pfarrei feiern" werde. Eine bemerkenswerte Prioritätensetzung wieder einmal. – Alles im allem scheint mir, die Vorgänge in dieser Pfarrei wären es wert, dass man sie sich noch etwas genauer anschaut. Allerdings bin ich ja jetzt erst mal in Urlaub. Ich bin indes annähernd sicher, dass ich Leser unter den Gemeindemitgliedern von St. Franziskus Reinickendorf-Nord habe, und vielleicht auch noch andere Personen, die einen tieferen Einblick in die dortigen Verhältnisse haben. Ich würde mich daher freuen, wenn jemand von diesen bereit wäre, mir seine Sicht der Dinge mitzuteilen – gegebenenfalls auch anonym... 


Camino de Willehado 2024 

Am Mittwoch klingelte früh um 5 der Wecker, und wir machten uns auf den Weg in den Urlaub, wieder einmal mit unseren Jakobsweg-erprobten Wanderrucksäcken. An meinem Rucksack hängt sogar immer noch eine echte Jakobsmuschel; ein Umstand, der uns im vorigen Jahr das schöne Erlebnis beschert hat, am Bahnhof von Emden (!) von einer uns unbekannten Frau mit "Buen Camino!" begrüßt zu werden. – Regelmäßige Leser meiner Wochenbriefings werden sich vielleicht erinnern, dass sich bei mir schon seit Ende Juni untrügliche Zeichen von Jakobsweg-Sehnsucht gezeigt haben, aber auch daran, dass ich ankündigte, der diesjährige Sommerurlaub werde "wieder einmal eher der Camino de Willehado als jener nach Santiago" werden. Wir sind also wieder einmal auf den Spuren des Hl. Willehad unterwegs, zunächst einmal, wie gesagt, in Nordenham. Tägliche Updates darüber, was wir da so alles erleben, gibt's auf der Patreon-Seite "Mittwochsklub" exklusiv für Abonnenten, aber die Highlights will ich natürlich auch dem größeren Leserkreis nicht vorenthalten. 

Ob man es als ein Highlight bezeichnen möchte, dass unsere Anreise gut eine halbe Stunde länger dauerte als geplant, weil es zwischen Hude und Nordenham derzeit Schienenersatzverkehr mit Bussen gibt, sei mal dahingestellt; schlimm war es für uns jedenfalls nicht, durchs Busfenster bekam man gleich ein bisschen mehr von Land und Leuten zu sehen als entlang der Bahnstrecke, und unser Jüngster schlief während der Busfahrt ein bisschen. Erwähnenswert ist aber der Grund für den Schienenersatzverkehr: Die Eisenbahnbrücke über die Hunte bei Elsfleth ist von einem Schiff gerammt und schwer beschädigt worden. Und wer jetzt denkt "Moment mal, aber das ist doch schon Monate her", der hat durchaus Recht, jedoch: Es ist noch einmal passiert. Die Geschichte wiederholt sich, und was beim ersten Mal eine Tragödie ist, ist beim zweiten Mal eine Farce. 

Ein echtes Highlight war hingegen der Besuch der Moorseer Mühle am Donnerstag. Die Moorseer Mühle besuchen wir annähernd jedesmal, wenn wir hier in der Gegend in Urlaub sind, und es ist immer wieder toll, gerade auch für die Kinder. Diesmal nahmen wir zudem an einer Führung unter dem Motto "Zu Besuch bei den Mühlenschafen" teil. Der Teil der Führung, der aus Sicht der Kinder das Highlight war, nämlich das Füttern und Streicheln der Schafe, kam gleich ganz am Anfang dran: "Sonst wird's den Kindern langweilig und den Schafen auch", merkte die Schäferin augenzwinkernd an. 




Die zahlreichen Fakten zur Preisentwicklung bei Wolle und Lammfleisch, zum bürokratischen Aufwand beim Kauf und Verkauf von Schafen, dazu, zu welcher Jahreszeit die Paarung der Schafe und zu welcher Jahreszeit die Schur stattfindet und warum gerade zu diesen Zeiten, habe ich mir überwiegend nicht genau genug gemerkt, um sie hier verlässlich fehlerfrei wiedergeben zu können. Ein paar Eindrücke seien dennoch festgehalten; so zum Beispiel, dass man in Butjadingen nirgends mehr Lammbratwurst aus regionaler Aufzucht und regionaler Schlachtung bekommt – weil die Herstellungskosten so hoch wären, dass man die einzelne Bratwurst für mindestens 3 € verkaufen müsste, um daran etwas zu verdienen, und das zahlt der Verbraucher nicht, besonders wenn er Lammbratwurst aus Neuseeland erheblich billiger bekommt. Und dann: "Man darf Schafe nur an jemanden verkaufen, der eine Betriebsnummer hat. Eine Betriebsnummer bekommt man aber nur, wenn man Schafe hat. Wenn man also gerade erst frisch ins Schäfereigewerbe einsteigen will, wo kriegt man seine Schafe her?" Schließlich hieß es noch, es gebe eine Theorie, derzufolge die Rasse der Coburger Fuchsschafe durch die besondere Farbe ihrer Wolle die Sage vom Goldenen Vlies angeregt habe. So etwas erfährt man wohl nur von Schäfern, scheint mir. 

Tags darauf war in Fedderwardersiel "Hafentag" zur Eröffnung des Butjadinger Kultursommers "Gezeiten". Die Veranstaltung fand im Garten des Nationalparkhaus-Museums Fedderwardersiel statt; Livemusik gab's von der Gruppe "Seewind", bestehend aus fünf älteren Mitbürgern, die mit Blockflöte, Gitarre, Akkordeon, Geige und Cajón "Musik aus allen vier Windrichtungen" darboten, wie es in der Veranstaltungsankündigung hieß. Neben internationaler Folklore umfasste das Repertoire z.B. auch "Der Hase Augustin" von Fredrik Vahle, "Marina" von Rocco Granata und, wenn ich mich nicht verhört habe, ein Medley aus "Wenn die Rosen erblühen in Málaga" und "Liebeskummer lohnt sich nicht, my Darling". Im Ganzen wirkte die Performance der Gruppe jedenfalls auf sympathische Weise semiprofessionell, na gut, vielleicht etwas weniger als "semi", aber auf jeden Fall sympathisch. Für die Kinder gab's eine Vielzahl von Spiel- und Bastelangeboten, so bastelten sie z.B. Holzkutter mit Schleppnetzen, Papierboote aus alten Seekarten und Fische aus Weidenruten. Kurzum, die Kinder waren gut beschäftigt und hatten eine Menge Spaß. 








Ahoi Nordenham, Moin Stadtfest 

Ich habe es weiter oben bereits erwähnt: Wir hatten es nicht so geplant, aber exakt in dem Teil unseres Urlaubs, den wir in Nordenham verbringen, ist dort Stadtfest. Sehen wir's mal als Fügung, auch wenn es, vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen aus früheren Jahren, nicht unbedingt und uneingeschränkt eine gute Nachricht ist. Lange Zeit empfand ich das Urteil, das eine liebe Freundin über das Nordenhamer Stadtfest 1996 (mit dem kongenialen Motto "Man sieht sich") abgab, als vollumfänglich treffend und maßgeblich: 

"Stadtfest ist Scheiße! Man trifft alle möglichen Leute, aber unterhalten kann man sich doch nicht richtig; und wenn man jemanden sucht, findet man ihn bestimmt nicht. Aber wenn man nicht hingeht, denkt man, man hätte was verpasst!" 

Und dabei hatte sie noch nicht mal die furchtbare Musik erwähnt. Aber in diesem Jahr sollte ja, den Beteuerungen der Veranstalter zufolge, alles anders und besser werden: "[D]as Fest soll endlich wieder ein Event für alle Generationen werden", heißt es auf der Website der Stadt Nordenham, und: "Maritime Anklänge finden sich im Programm und in der Deko". Beide Aspekte sollen sich in dem Motto "Ahoi Nordenham – Mein Stadtfest" widerspiegeln, wobei ich gestehen muss, dass ich das Wort "Mein" im Motto zunächst als "Moin" gelesen habe und das auch ganz stimmig fand. 

Am Donnerstagabend schauten wir schon mal bei der "Warm-up-Party" vorbei, statt – womit ich durchaus ein wenig geliebäugelt hatte – zu einem "Liederabend mit neuem geistlichen Liedgut" in der OASE in Tossens zu gehen; aber das ist ein Thema für sich. Die Musik war beim Stadtfest-"Warm-up" jedenfalls nicht unbedingt besser, und auch sonst kam mir trotz der oben erwähnten Beteuerungen der Veranstalter so ziemlich alles genauso wie immer vor. Okay, das war nur ein erster Eindruck, und immerhin durften die Kinder schon einmal Karussell fahren und freuten sich darüber wie Bolle. Die offizielle Eröffnung des Stadtfests war erst am gestrigen Freitag, und wir waren rechtzeitig aus Fedderwardersiel zurück, um uns den Festumzug der Nordenhamer Vereine anzusehen. Unser Jüngster schlief allerdings auf dem Weg dorthin ein; aber unsere Große fand den Umzug toll, und zwar nicht nur, weil dabei reichlich Bonbons ins Publikum geworfen wurden, sondern vor allem, weil auch Pferde an dem Umzug teilnahmen. 







Bei der Eröffnungsfeier auf dem Marktplatz spielte die Gruppe "Delicious Divine" aus Bremerhaven; auf den ersten Blick eine handelsübliche Coverband, aber während ich mir ein Zwickel vom Butjenter Brauhaus schmecken ließ (war wirklich lecker, sogar aus dem Plastikbecher) und die Band "Give It Up" von KC & The Sunshine Band spielte, musste ich doch mal den Hals recken, um mich zu überzeugen, ob die Bläserpassagen wirklich live gespielt wurden. Wurden sie. Und da musste ich dann doch feststellen: Man kann über das Nordenhamer Stadtfest, und gerade auch die Musik auf dem Nordenhamer Stadtfest, meckern so viel man will und wird auch nicht fertig damit, aber dass die Veranstalter es sich leisten, eine elfköpfige Band, mit Bläsern und allem Pipapo, auf die Bühne zu stellen, da ist – beispielsweise – das Tegeler Hafenfest ein Dreck dagegen. 

Mehr vom Nordenhamer Stadtfest gibt's nächste Woche... 


Geistlicher Impuls der Woche 

Es wird aber geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben und eure jungen Männer haben Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen. Ich werde wunderbare Zeichen wirken am Himmel und auf der Erde: Blut und Feuer und Rauchsäulen. Die Sonne wird sich in Finsternis verwandeln und der Mond in Blut, ehe der Tag des Herrn kommt, der große und schreckliche Tag. Und es wird geschehen: Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet. Denn auf dem Berg Zion und in Jerusalem gibt es Rettung, wie der Herr gesagt hat, und wen der Herr ruft, der wird entrinnen.

(Joël 3) 

Ohrwurm der Woche 

Simple Minds: Don't You (Forget About Me) 

Vorige Woche war an dieser Stelle von den Plänen für ein Jahrgangstreffen zum 30jährigen Jubiläum von "Abi '95" in Nordenham die Rede; und jetzt bin ich in Nordenham und es ist obendrein Stadtfest. Man sehe mir also bitte nach, dass ich weiter auf "in Erinnerungen schwelgen" eingestellt bin. – "Don't You" von den Simple Minds ist nicht nur ein weiterer Song, der charakteristisch für den Sound unserer Jahrgangsfeten auf der "Tenne" ist, sondern es ist auch der Song aus dem Filmklassiker "The Breakfast Club" (Ausschnitte im Video). Einem Film, über den ich zu sagen geneigt bin: Wer den nicht in seinen Teenagerjahren gesehen hat, sollte das schleunigst nachholen. Auch wenn es zu empfehlen ist, diesen Film nicht unkritisch anzusehen. Vor rund 30 Jahren, als ich mir den Film zusammen mit meinen drei besten Kumpels vom Gymnasium auf Video ansah, störte mich eigentlich nur eines daran, nämlich dass die von Ally Sheedy gespielte düster-rebellische Mädchenfigur am Ende "aufgehübscht" wird; ich glaube, es ist unter "Breakfast Club"-Fans weitgehend common sense, dass diese Wendung ein Griff ins Klo ist. Heute würden mir in der Darstellung der sozialen Dynamik und des Rollenverhaltens unter Teenagern, die der Film bietet, wahrscheinlich noch mehr frag- und kritikwürdige Details auffallen, aber das macht den Film nicht weniger sehenswert – vielleicht sogar eher im Gegenteil. Und der Song zum Film ist wahrlich kongenial. Ich meine mich zu erinnern, dass er in meinem Jahrgang als Abi-Hymne im Gespräch war. Aus Gründen.