Samstag, 16. November 2024

Creative Minority Report Nr. 51

Habt ihr von dem Fall mit dem Fußballtor auf den S-Bahn-Gleisen gehört, Leser? Wir waren live dabei! Wir waren sogar im ersten Wagen und somit ganz nah am Geschehen. – Allerdings, wenn ich so in die Nachrichten schaue, habe ich den Eindruck, dass so ziemlich niemand etwas davon gehört hat, der nicht live dabei war, also hier die Erläuterung, was eigentlich passiert ist: Am Abend des 9. November wollten wir mit der S-Bahn von Alt-Reinickendorf nach Tegel fahren, aber noch ehe wir den ersten Zwischenhalt (Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik) erreicht hatte, begann die Bahn plötzlich zu ruckeln und zu rumpeln und kam dann zum Stehen. Gleich darauf teilte der Fahrer den Fahrgästen per Durchsage mit, es bestehe kein Grund zur Beunruhigung, die Bahn sei lediglich mit einem Fußballtor kollidiert, das "irgendwelche Idioten" offenbar auf die Gleise geworfen hätten. 

Da war also erst einmal ein schnelles Dankgebet dafür fällig, dass der Zug nicht entgleist war; es dauerte eine Weile, bis das Tor vom Gleis entfernt war und die Fahrdienstleitung Grünes Licht zur Weiterfahrt gab, und dann fuhr die Bahn nur bis zum nächsten Haltebahnhof – von dort mussten wir mit dem Bus weiter. 

Als ich tags darauf im Internet nach Informationen über diesen skurrilen Zwischenfall suchte, stellte ich fest, dass es rund eine Woche zuvor einen nahezu identischen Fall in Cham gegeben hatte – aber ehe ich mich in Verschwörungstheorien verzetteln konnte, bemerkte ich, dass es sich nicht um Cham in der Oberpfalz handelte, wo wir noch kurz zuvor in Urlaub gewesen waren, sondern um einen gleichnamigen Ort im Schweizer Kanton Zug. 

Na, entscheidend ist jedenfalls, dass wir alle heil und ganz sind – was mich in die Lage versetzt, euch termingerecht ein neues Wochenbriefing zu präsentieren, Freunde. Und zu berichten gibt es wieder mal eine ganze Menge... 

Bild links aus der St.-Martins-Nummer des Sternsinger-Magazins, Bild rechts vom Jüngsten beim JAM ausgemalt, Collage + Text von meiner Liebsten. 

Was bisher geschah 

Wie im vorigen Wochenbriefing schon angekündigt, hatten wir am vergangenen Samstag mal wieder volles Programm: In aller Früh' fuhren wir zu meinen Schwiegermüttern, die mit den Kindern ins Puppentheater gingen, während meine Liebste und ich bei ihnen zu Hause Kaffee tranken; dann gab's ein gemeinsames Mittagessen, und nicht lange darauf ging's dann direkt weiter zum nächsten Event – einer Kostümparty, die eine Schulfreundin unserer Großen bei sich zu Hause veranstaltete (darauf komme ich weiter unten noch zurück). Am Sonntagmorgen sah es zunächst so aus, als wäre nun die andere Hälfte der Familie – also meine Liebste und unser Jüngster – mit dem Kranksein an der Reihe, daher fuhren das Tochterkind und ich allein nach Siemensstadt zur Kirche. Die Messe wurde von einem mir persönlich nicht bekannten älteren Priester zelebriert, der, wie ich annehme, eigentlich schon im Ruhestand ist. Der Organist war offenbar auch "ein anderer als sonst", aber nicht schlecht; er leitete so geschickt vom Antwortpsalm zum Hallelujaruf über, dass mir erst viel später auffiel, dass auf diese Weise die 2. Lesung (Hebräer 9,24-28) unterschlagen wurde. Die 1. Lesung dieses Sonntags war 1. Könige 17,10-16 (Elija bei der Witwe von Sarepta), das Evangelium Markus 12,38-44 (Warnung vor der Selbstgerechtigkeit der Schriftgelehrten / Die Opfergabe der armen Witwe); ich schätze, es hätte einen interessanten Ansatz für eine Predigt ergeben können, den nicht versiegenden Mehltopf und Ölkrug der Witwe von Sarepta und das nach Luther sprichwörtlich gewordene "Scherflein der Witwe" zueinander in Beziehung zu setzen, aber die Predigt, die wir tatsächlich hörten, war im Guten wie im Bösen unspektakulär. Man könnte auch sagen, die Predigt hielt sich souverän in der Mitte zwischen allen erdenklichen Aussagen, die man als problematisch oder als herausfordernd hätte enpfinden können. – Im Anschluss an die Messe hatte ich noch eine kurze Unterredung mit dem harten Kern des KiWoGo-Teams: Unser für Donnerstag geplantes Treffen musste kurzfristig auf Freitag verschoben werden. Im Übrigen nahmen wir uns Flyer fürs Krippenspiel und für die Sternsinger-Aktion mit, und meine Tochter las mir den Text beider Flyer sehr engagiert laut vor. Was die Frage angeht, ob sie bei diesen Aktionen mitmachen will, haben wir uns vorläufig darauf geeinigt, dass wir erst mal zu den Krippenspielproben gehen wollen, und wenn das gut läuft und sie Spaß daran hat, überlegen wir gemeinsam, ob sie auch bei den Sternsingern mitmachen will

Am Montag war St. Martin – Näheres dazu weiter unten –, der Dienstag verlief ohne besondere Vorkommnisse, und am Mittwoch ging ich mal wieder vormittags mit dem Jüngsten in Heiligensee in die Messe (mit anschließendem Frühstück) und nachmittags mit der ganzen Familie zum JAM. Über den Messbesuch gibt es nicht sonderlich viel zu sagen, außer dass mir auffiel, dass es schon ganz schön lange keine "Wort-Gottes-Feier" anstelle der Werktagsmesse in St. Marien Maternitas mehr gegeben hat. Sollte der Pfarreiratsbeschluss zur "regelmäßigen Implementierung von Wortgottesfeiern" etwa stillschweigend wieder zurückgenommen worden sein? – Ein paar Anmerkungen zum JAM werde ich in der Rubrik "Schwarzer Gürtel in KiWoGo" unterbringen, aber das Hauptthema dort wird das Treffen des KiWoGo-Arbeitskreises sein, das am gestrigen Freitag in St. Joseph Siemensstadt stattgefunden hat. Auch noch zu erwähnen wäre, dass ich am Donnerstag endlich mal wieder mit dem Jüngsten eine "Beten mit Musik"-Andacht in St. Joseph Tegel abhielt und am Freitag mit ihm zur Eltern-Kind-Gruppe auf dem "Rumpelberg" ging. Und das war's dann so im Wesentlichen mit den Ereignissen der Woche. 


Was ansteht 

Morgen ist in St. Joseph Siemensstadt Kinderwortgottesdienst, und ich hoffe mal, dass ich nicht wieder kurzfristig außer Gefecht gesetzt werde. Auch im weiteren Verlauf der kommenden Woche ist fast jeden Tag etwas los – wobei es zugegebenermaßen fraglich ist, wie viele der theoretisch anstehenden Termine ich tatsächlich werde wahrnehmen können und wollen. Am Dienstag ist in St. Joseph Siemensstadt Gemeinderatssitzung; da wäre es unter Umständen sinnvoll (wenn auch nicht zwingend notwendig), als Vertreter des KiWoGo-Arbeitskreises Präsenz zu zeigen. Am Mittwoch ist "Red Wednesday" – ein Aktionstag des Hilfswerks "Kirche in Not", an dem es darum geht, ein Zeichen der Solidarität für verfolgte Christen in aller Welt zu setzen. Die Kirche St. Stephanus in Haselhorst ist eine von fünf Kirchen in Berlin, die sich daran beteiligt; eine Andacht zu diesem Anlass und Thema findet dort um 20 Uhr statt, was für mich eine etwas ungünstige Uhrzeit ist, um da nach dem ganzen üblichen Mittwochs-Programm auch noch hinzugehen, aber ich werde mal sehen, ob ich es hinkriege. Am ehesten verzichtbar wäre wohl der Pressetermin in der Hedwigskathedrale am Donnerstag um 11 Uhr anlässlich der bevorstehenden Wiedereröffnung, aber Lust hätte ich eigentlich schon, da zusammen mit meinem Jüngsten aufzukreuzen. – Am nächsten Samstag steht dann die erste Krippenspiel-Probe in St. Stephanus an, aber darüber werde ich wohl erst im übernächsten Wochenbriefing berichten. 



St. Martin aber ritt in Eil' / hinweg mit seinem Mantelteil 

"Nächstes Jahr schaffen wir es hoffentlich zu einer St.-Martins-Feier in Spandau – falls uns die Vorsehung bis dahin nicht ganz woanders hinverschlagen hat...", hatte ich im vorigen Jahr geschrieben. Nun ja, verschlagen hat es uns seither nirgendwohin, aber St. Martin gefeiert haben wir heuer trotzdem nicht in Spandau – sondern in Heiligensee, aus dem einfachen Grund, dass die dortige St.-Martins-Feier von der Schule unseres Tochterkindes aus schneller und leichter zu erreichen war. Im Vorfeld hatten einige Schulfreundinnen unserer Großen, bzw. die Eltern dieser Freundinnen, Interesse gezeigt, dorthin mitzukommen, sodass wir uns schon ausgemalt hatten, wir würden mit einer ganzen Gruppe bei der St.-Martins-Feier antanzen; letztendlich kam dann aber doch "nur" eine Freundin mit. Aber immerhin! 

Die Feier begann um 17 Uhr mit einer Andacht in der Kirche St. Marien Maternitas, die von Pater Mephisto geleitet wurde; eine mir nicht bekannte Frau mittleren Alters steuerte, unterstützt durch an die Wand projizierte Bilder im Comic-Stil, eine Nacherzählung der Legende des Hl. Martin bei. 

Hier fehlte auch nicht die Szene, in der Christus Martin im Traum erscheint.

An diese Erzählung schloss sich eine Art Kurzpredigt von Pater Mephisto an, in der er u.a. auf das Bibelwort "Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat" (Lk 3,11) hinwies; dann folgten Fürbitten und ein gemeinsam gebetetes Vaterunser. Ich sag mal so: Unter dem Aspekt der "Glaubenskommunikation" gegenüber Kindern (und Eltern), die man sonst eher selten in einer Kirche antrifft, war das überzeugender als so einige andere St.-Martins-Feiern, die ich in den letzten Jahren erlebt habe. 

Der Laternenzug wurde angeführt von einem echten Pferd mit einer als St. Martin verkleideten Reiterin und führte überwiegend über unbeleuchtete Feldwege, wo die Laternen und Wachsfackeln natürlich viel besser zur Geltung kamen, als wenn sie mit der Straßenbeleuchtung hätten konkurrieren müssen. – Schließlich bog der Zug wieder in den Pfarrgarten von St. Marien Maternitas ein, wo ein Lagerfeuer brannte und wo die Reiterin und eine als Bettler verkleidete Frau in stummem Spiel die Kernszene der Martinslegende, die Teilung des Mantels, darstellten. Anschließend gab es Kinderpunsch und Glühwein sowie "Martinsgänse" aus Hefeteiggebäck. 

Gar nicht so leicht, einen Mantel mit einem Holzschwert zu teilen. 


Meine Liebste war zudem der Meinung, irgendwo gelesen zu haben, es werde auch Würstchen geben, und wenngleich ich diese Information nicht verifizieren konnte, wurde zu einem Zeitpunkt, als wir schon nicht mehr damit rechneten, tatsächlich noch der Grill im Garten angeheizt und einige vom jüngsten Gemeindefest übriggebliebene Würste gegrillt. So waren wir am Ende alle satt und zufrieden; erwähnen möchte ich allerdings noch, dass ich bei dieser Veranstaltung bis auf Pater Mephisto keinen Menschen kannte. Nicht mal die Frauen, die den Punsch ausschenkten. Wenn ich bedenke, dass ich seit über einem Jahr fast jeden Mittwoch in dieser Kirche zur Messe (mit anschließendem Gemeindefrühstück) gehe, finde ich das schon ein bisschen sonderbar. 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Wie bereits angekündigt, möchte ich, bevor ich auf das Treffen des KiWoGo-Arbeitskreises am gestrigen Freitag zu sprechen komme, ein paar Worte darüber verlieren, wie es am Mittwoch beim JAM war. Die Katechese, die diesmal von einem jungen Praktikanten geleitet wurde, drehte sich um 1. Korinther 12,12-30 ("Der eine Leib und die vielen Glieder") und knüpfte in gewissem Sinne an die Katechese von letzter Woche über das Gleichnis von den anvertrauten Talenten an: Wieder ging es im Wesentlichen darum, dass jeder Mensch unterschiedliche Fähigkeiten hat, die er im Sinne Gottes und zum Wohl der Gemeinschaft einsetzen kann und soll. Um zu demonstrieren, dass die unterschiedlichen Glieder des Leibes einander brauchen, um ihre Aufgaben zu erfüllen, wurde ein kleines Spiel gespielt: Die Kinder wurden in Zweiergruppen eingeteilt, jeweils ein Kind bekam die Augen verbunden und sollte ein Bild malen, und zwar nach den Anweisungen des anderen Kindes, das jedoch nicht verraten durfte, was das Bild am Ende darstellen sollte. 

Außerdem wurde ein neues Bewegungslied eingeübt, nämlich "Superduperspitzenklasse" von Sebastian Rochlitzer

Nun aber mal zum gestrigen Arbeitstreffen des KiWoGo-Teams in St. Joseph Siemensstadt! Wir waren wieder mal nur zu dritt – der Versuch, neue Mitstreiter für den Arbeitskreis zu gewinnen, war vorerst noch nicht von Erfolg gekrönt – und hatten ein straffes Programm zu bewältigen, denn nicht nur steht der nächste Kinderwortgottesdienst unmittelbar bevor, sondern es galt auch Pläne für die Adventszeit zu machen. Konkret gesagt handelt es sich dabei um einen weiteren KiWoGo am 1. Adventssonntag, einen Familiengottesdienst am 4. Adventssonntag und das Krippenspiel am Heiligabend. Unter all diesen Themen war aber doch die Vorbereitung des KiWoGo am bevorstehenden 33. Sonntag im Jahreskreis nicht nur das dringlichste, sondern auch das, was uns am meisten Kopfzerbrechen bereitete. Am Ende des Kirchenjahres, das kennt man ja, wird es in der Leseordnung endzeitlich, und das Evangelium dieses Sonntags im Lesejahr B ist Markus 13,24-32 – jener Ausschnitt aus der Endzeitrede Jesu, in dem es um das Kommen des Menschensohnes geht und die Jünger aufgefordert werden, nach Vorzeichen Ausschau zu halten. Die Herausforderung besteht hier natürlich darin, die eschatologische Perspektive des Texts ernst zu nehmen und sie den Kindern in einer ihrem Verständnishorizont entsprechenden Form nahezubringen, ohne sie zu verfälschen oder zu verharmlosen oder in moralisierende und/oder politisierende Diskurse (z.B. Klimawandel) auszuweichen. Einig waren wir uns jedenfalls, dass es wichtig sei, den Fokus nicht auf den Schrecken des Weltuntergangs, sondern auf die Freude über die Wiederkunft Jesu zu legen; für die konkrete Gestaltung und Visualisierung hatten wir auch so allerlei Ideen, allerdings habe ich so ein bisschen das Gefühl, eine wirklich zündende Idee, die aus den diversen Einfällen ein rundes und stimmiges Gesamtkonzept macht, war nicht dabei. Das kann man vielleicht auch nicht jedesmal erwarten und verlangen, und dann muss man eben mit dem arbeiten, was man hat, und das beste daraus machen. Ich bin jedenfalls gespannt, wie's läuft – und werde zur "Ergebnissicherung" vorsichtshalber den "Youcat for Kids" mitnehmen, mit Lesezeichen bei den Katechismusfragen 44 ("Hört unsere Welt wirklich auf?") und 60/61 ("Wie ist es im Himmel?"/"Sind wir im Himmel wunschlos glücklich?"). Das sollte ich mir mal grundsätzlich angewöhnen, glaube ich. Im Übrigen fällt mir gerade auf, dass ich es bei der Teambesprechung erneut versäumt habe, dafür zu plädieren, den KiWoGo mit einem Gebet abzuschließen, das die Kernpunkte der vorangegangenen Katechese aufgreift. Aber vielleicht kann ich es ja trotzdem einfach machen. Ich werde berichten! 


Neues aus dem Hause "Horse & Hound" 

In der zurückliegenden Woche haben wir als Gutenachtlektüre den 5. Band der Buchreihe "Ostwind" zu Ende gelesen und haben damit nun mit Ausnahme des Prequel-Bandes "Ostwind – Wie es begann" die gesamte Serie durch, in der etwas unkonventionellen Reihenfolge 6-2-1-3-4-5. Bisher hatte mir der 3. Band, "Aufbruch nach Ora", am besten gefallen, unter anderem deshalb, weil er in Spanien spielt und damit meine Jakobsweg-Sehnsucht getriggert hat; aber nun muss ich sagen, dass mich der 5. Band, "Aris Ankunft", hinsichtlich Handlungsaufbau und Charakterzeichnung doch noch mehr überzeugt, vor allem wohl deshalb, weil ich – wie ich schon mal festgehalten hatte – Ari als Hauptfigur interessanter und reizvoller finde als Mika. Aber ich will hier keine Buchrezension schreiben. Eigentlich wollte ich nur auf eine Passage des Buches hinaus, in der ein "Vlogger" (oder, wie ich gern sage, Vodkaster) des Magazins "Horse & Hound" auf Gut Kaltenbach auftaucht, um eigenmächtig Aufnahmen von dem berühmten Hengst Ostwind zu machen. Dieser Online-Reporter ist ein ziemlich unangenehmer Typ, den ich mir – auch wenn die Personenbeschreibung ("nicht sehr hübsch", mit einem "dichten Vollbart", "und sein Deckhaar fiel ihm in langen Strähnen vor die Augen, während die Seiten raspelkurz abrasiert waren") das nur so mehr oder weniger hergibt – spontan so vorgestellt habe wie den Typen von "Heilige und Halunken". Und ich muss sagen, es hat etwas zutiefst Befriedigendes, dass der "Horse & Hound"-Vlogger kurz nach seinem ersten Auftauchen im Roman derbe von einem 13jährigen Mädchen verprügelt wird. 

Kurz und gut, bei mir heißt "Heilige und Halunken" ab sofort nur noch "Horse & Hound"; passt ja auch von den Initialen her. Nur von der Reichweite her nicht ganz: Im Roman erntet der "Horse & Hound"-Beitrag über Ostwind innerhalb eines Tages "65.986 Views"; das kriegt "Heilige und Halunken" dann glücklicherweise doch nicht hin, trotz 10.000 Followern auf Instagram. Dass ich trotzdem schon zum wiederholten Male auf diesen Kanal zu sprechen komme, hat zu einem wesentlichen Teil damit zu tun, dass ich ihn so aussagekräftig dafür finde, wie weit das "Schmutzige Schisma" hierzulande schon fortgeschritten ist, ohne dass wir es so richtig bemerkt haben. Das zeigt sich nicht nur in den Beiträgen selbst, sondern auch in den Nutzerkommentaren auf Facebook und Instagram – zumal diese nicht selten von Leuten kommen, die im institutionellen Apparat der Kirche ihre Brötchen verdienen, zum Beispiel als Pastoral- oder Gemeindereferenten und –innen, wie Ober-Halunke Thomas Halagan selber ja ooch. – An dieser Stelle möchte ich anmerken: Auch wenn mir noch nie jemand offen widersprochen hat, wenn ich vom "Schmutzigen Schisma" innerhalb der Kirche gesprochen habe, gehe ich doch davon aus, dass manche meiner Leser diese Bezeichnung insgeheim für übertrieben bzw. überdramatisiert halten. Wozu ich nur sagen kann: Schön wär's. Klar, wenn es nur um unterschiedliche "Frömmigkeitsstile" ginge, um unterschiedliche Prioritäten bei der Gewichtung der verschiedenen Aufgabenbereiche der Kirche (etwa: einerseits Liturgie, andererseits Diakonie) oder etwa um Meinungsverschiedenheiten darüber, ob gelebtes Christsein notwendig mit einer bestimmten politischen Einstellung einhergeht (und wenn ja, mit welcher), dann wäre es in der Tat unangemessen, deshalb von einem Schisma zu sprechen. Grundlegende Meinungsverschiedenheiten über das Verständnis von Amt und Sakrament sowie überhaupt über die Verbindlichkeit der kurchlichen Lehre sind da schon erheblich problematischer, aber auch das ist ja noch nicht alles: Tatsächlich haben wir es innerhalb der Kirche – und zwar nicht nur auf der Ebene der "einfachen Mitglieder", sondern auch und erst recht in den Gremien, bei den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern bis hinauf in ausgesprochen einflussreiche Positionen – mit zutiefst gegensätzlichen Auffassungen davon zu tun, was die Bezeichnungen "christlich" und "katholisch" eigentlich bedeuten und beinhalten

Ein illustratives Beispiel: In den Sommerferien wurde auf dem Instagram-Account von Horse & Hound ein Video geteilt, auf dem Priester in traditioneller Messkleidung (also mit sogenannten "Bassgeigen") zu sehen sind, die in einem großen Zelt jeder für sich, an nebeneinander aufgereihten Altartischen, die Messe zelebrieren; dazu gibt es die süffisante Anmerkung "Priesters [sic] im Campingurlaub: Einfach mal die Messe halten". Ein Großteil der stolzen 100 Nutzerkommentare zeugt davon, dass die Zielgruppe von Horse & Hound auch ohne weitere Erläuterungen weiß, was sie vom Gezeigten halten soll. Verirrt sich doch mal jemand in den Kommentarbereich, der die dargestellte Zelebrationspraxis verteidigt, wird er prompt von der Meute abgestraft. Als sich da beispielsweise jemand kritisch über die nachkonziliare Liturgiereform und ihre Folgen äußerte, wurde er von einer Dame, mit der ich vor Jahren schon mal auf Twitter das zweifelhafte Vergnügen hatte (da ist sie jetzt allerdings nicht mehr, wahrscheinlich wegen irgendwas mit Elon Musk oder so), abgekanzelt: "Da du das 2. Vatikanum nicht anerkennst, kannst du ja nicht katholisch sein." Die Dame ist Pastoralreferentin im Bistum Hildesheim und Ansprechperson für liturgische Bildung (!) im Dekanat Celle, und ein paar Zeilen weiter unten im Diskussionsverlauf erklärt sie den "Opfergedanke[n] für "lange überholt" und behauptet, dass "Jesus [...] sich nicht geopfert hat sondern gewaltvoll hingerichtet wurde". Das muss man erst mal bringen: einem Diskussionsgegner wegen Kritik an der Liturgiereform das Katholischsein absprechen und im nächsten Atemzug die fundamentalste Glaubensaussage des gesamten Christentums leugnen. 

Wenn ein Magnus Striet, Professor für Fundamentaltheologie in Freiburg, in einem Interview erklärt, er "verabschiede" sich "ganz entschieden" von der Lehre, "dass Gott stellvertretend für die Menschen ihre Sünden am Kreuz sühnen musste", dann lässt das immerhin noch ein gewisses Bewusstsein dafür erkennen, dass er als jemand, der im Namen und Auftrag der katholischen Kirche Theologie lehrt, eigentlich daran glauben müsste. Bei vielen Leuten im kirchlichen Dienst, die Theologie oder zumindest Religionspädagogik studiert haben, ist dieses Bewusstsein offenbar überhaupt nicht vorhanden. Diese Leute haben sich so weit vom authentischen christlichen Glauben entfernt, dass sie ihn nicht einmal erkennen, wenn sie ihm begegnen. 

Ähnlich, wenn auch noch plumper zeigt sich dies in einem Kommentar auf der Facebook-Seite von Horse & Hound – zu einem Beitrag, in dem es wieder einmal um bzw. gegen Johannes Hartl und das Gebetshaus Augsburg geht. Da schreibt eine Frau, die hier ungenannt bleiben möge: 

"Als ich ihn das erste Mal sah, hielt ich ihn für schwul. Das könnte vieles erklären, ZB seine Nähe zu bestimmten Bischöfen und seine Angst vor Gender. Nimmt er eigentlich das Wort Genderidiologie (nicht existentes Feindbild der Rechten) in den Mund? Die zugehörigen Inhalte hat er alle!

Ansonsten fiel mir immer auf, dass er die Nähe zu besonders autoritären und unreflektiertes Teilen der katholischen Kirche hat. Was hat er zum Beispiel Toto Tuus gefeiert! Mit Bernhard Meuser kann er auch gut. 

Wie steht er zum Neokatechumenale[n] Weg und zum Opus Dei? Da passt er doch zu.

Er macht kein Hehl draus, dass sein Business funktioniert. Was daran außer dem äußeren Schein katholisch oder christlich ist? Kein Plan." 

Lassen wir die in diesem Kontext doch ziemlich irritierende Homophobie mal beiseite; auch auf die arg beflissen anmutende Versicherung, "Genderidiologie" sei lediglich ein "nicht existentes Feindbild der Rechten", will ich hier nicht näher eingehen, das wäre eher mal ein Thema für sich. Aber die Ansammlung von Feindbildern, die hier aufgerufen wird, ist schon beeindruckend. "Totus Tuus" mag ein Thema für sich sein, da müsst' ich mich erst mal genauer informieren, ehe ich mich dazu äußere; dass diese Gruppe vom Bischof von Münster verboten wurde, spricht jedenfalls noch nicht zwingend gegen sie. Umgekehrt habe ich auf die Schnelle allerdings auch keine Belege dafür finden können, dass Johannes Hartl die Gruppe Totus Tuus besonders "gefeiert" hätte. Wenn Hartl und dem Gebetshaus Augsburg allerdings die "Nähe zu bestimmten Bischöfen" und zu Bernhard Meuser (dessen Perspektive auf den katholischen Glauben als "unreflektiert" einzuordnen ich als ziemlich gewagt bezeichnen würde!) zum Vorwurf gemacht, über eine gewisse inhaltliche Nähe zum Neokatechumenalen Weg und/oder zum Opus Dei spekuliert wird und dann gefragt wird, was an alledem "katholisch oder christlich ist", dann muss man das Schlusswort "Kein Plan" wohl als eine ziemlich stimmige Selbsteinschätzung betrachten. 

Aktuell rührt das Gebetshaus Augsburg übrigens kräftig die Werbetrommel für das "ZIMZUM Festival", das vom 3.-6. Januar 2025 in der Messe Augsburg stattfinden soll; meinen Gesamteindruck von der Programmankündigung würde ich beschreiben als "so ähnlich wie die MEHR-Konferenz, aber speziell für Jugendliche und junge Erwachsene". Da gehen im Umfeld von Horse & Hound natürlich die Alarmglocken an; Stichwort "geistlicher Missbrauch" und so. So macht Regina Nagel, Vorsitzende des Bundesverbands der Gemeindereferent*innen [sic], auf Facebook "alle, denen evangelikal-charismatische Aktivitäten Sorgen bereiten und die die Möglichkeit haben, zu warnen", auf diese Veranstaltung aufmerksam: "Meinem Eindruck nach 'Christliche Manipulation' für 14 -25-Jährige. [...] Verlinken werde ich das nicht und – nein, da ist nichts Positives dran, von dem man lernen könnte." Nach Gründen für ihre Einschätzung gefragt, verweist sie auf die "Leute, die dabei sind": 

"Es wird organisiert von Hartl und von 'Campus für Christus'. Von den Speaker*innen kenne ich die Botschaften und den Stil von Hartl und Brüning so gut, dass ich den als sehr manipulativ-missionarisch wahrnehme. [...] Beim letzten Hartl-Happening hatte auch Mariaeinspunktnull einen Stand. MEHR-Konferenzen (auch Hartl), Loretto, die Focus-Missionare und die SEEK-Happenings in den USA, auch die Unum24 im Sommer bei der der Chef von Bethel (hat Trump unterstützt in der Behauptung des Wahlbetrugs) und ein Prediger, der mit Exorzismus Geld verdient...dabei waren würden auch dazu passen. Bei Unum 24 war Hartl auch dabei... aber auch Timmerevers..."

Auch hier also wieder ein bunter Strauß an Feindbildern; dass der Frau Nagel irgendwo mittendrin der Satzbau entgleist, ist für ihren Furor ebenso bezeichnend wie der Umstand, dass sie die "Musiker und Gruppen", die beim ZIMZUM-Festival auftreten, und die Aussteller, die sich dort präsentieren, lediglich in Anführungsstrichen als "christlich" bezeichnet. Am allerbezeichnendsten ist aber ihre Feststellung: 

"Meinem Eindruck nach vermischt sich zunehmend alles und die Grenzen zu Angeboten, die ich zunächst nicht kritisch sehen oder sogar befürworten würde, verschwimmen."

Wie heißt es doch so schön: Wenn einem andauernd Geisterfahrer entgegenkommen, sollte man mal in Erwägung ziehen, ob man vielleicht selbst der Geisterfahrer ist. – Im Ernst: Ich habe schon öfter betont, daß eigentlich Interessante daran, was für Gruppierungen im innerkirchlichen Diskurs als "fundamentalistisch", "radikal" oder "sektenartig" eingeordnet werden, sei es, was man daraus ex negativo über das Bild vom "normalen", nicht-fanatischen, gesellschaftlich akzeptablen Christsein folgern kann, das solchen Einschätzungen zugrunde liegt. Was das angeht, muss ich mich bei der Horse & Hound-Klientel wirklich wundern, dass diesen Leuten die Version von Christentum, die sie propagieren, nicht irgendwann selber langweilig wird und überflüssig erscheint. Wer will und braucht denn ernsthaft eine Kirche, die nichts anderes tut, als das Bekenntnis zu den jeweils gerade angesagten säkularen Ideologien mit ein bisschen harmlos-unverbindlicher Wellness-Spiritualität zu garnieren? 


Geistlicher Impuls der Woche 

Die Kirche ist durch den wunderbaren Ratschluss so gegründet, dass sie in der Fülle der Zeiten wie eine einzige Familie erscheint, die das ganze Menschengeschlecht umfasst. Unter ihren glänzenden Merkmalen, so wissen wir, ist es besonders die weltumspannende Einheit, durch die Gott sie erkennbar gemacht hat. Christus hat die Aufgabe, die er selbst vom Vater empfangen hatte, nur den Aposteln übertragen, indem er sprach: "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Darum geht hin und lehrt alle Völker" (vgl. Mt 28,18). Aber nicht das allein: Er wollte auch, dass die Apostel zusammen ein Kollegium bildeten, innigst geeint durch ein doppeltes Band: innerlich durch den gleichen Glauben und die gleiche Liebe, "die in unsere Herzen ausgegossen ist durch den Heiligen Geist" (vgl. Röm 5,5), äußerlich durch die Leitung eines einzigen über alle, indem er dem Petrus den Vorrang über die Apostel übertrug, als ein dauerndes Prinzip und Fundament der Einheit. Damit aber diese Einheit und Übereinstimmung dauernd besteht, weihte Gott sie in seiner Vorsehung durch Heiligkeit und Martyrium wie mit einem Siegel. 

(Papst Pius XI., Enzyklika "Ecclesiam Dei") 


Ohrwurm der Woche 

Jona Lewie: You'll Always Find Me in the Kitchen at Parties 


Der britische Popsänger Jona Lewie (* 1947) zeichnet sich dadurch aus, dass ich zwar nur zwei Songs von ihm kenne, die es nunmehr jedoch beide zum "Ohrwurm der Woche" auf meinem Blog gebracht haben: Seinem Weihnachtssong "Stop the Cavalry", von dessen Tantiemen Lewie bis heute lebt, wurde diese Ehre anlässlich der Corona-Weihnacht 2021 zuteil, und jetzt ist sein "anderer Hit" an der Reihe – und das verdankt er der Kostümparty bei einer Schulfreundin des Tochterkindes am vergangenen Samstag. Also will ich zu dieser Party mal noch ein paar Worte verlieren. Theoretisch hätten wir unsere Kinder dort einfach abgeben und drei Stunden später wieder abholen können, aber angesichts der komplizierten Verkehrssituation mit Pendel- und Ersatzverkehr auf allen möglichen S-Bahn- und Straßenbahnlinien lohnte es sich für uns eigentlich kaum, zwischendurch noch mal nach Hause zu fahren. Erfreulicherweise hatten die Eltern des gastgebenden Kindes nichts dagegen, dass wir einfach da blieben, und wir waren auch nicht die einzigen Eltern, die das taten. Je lebhafter die Kinderparty wurde, desto mehr wurde die Küche zum bevorzugten Aufenthalt der Erwachsenen. Es gab Kaffee, später Sekt, und von der eigentlich für die Kinder gedachten Pizza bekamen wir auch etwas ab, zumal das Thema Essen für die Kinder ohnehin nicht so weit oben auf der Prioritätenliste stand. Dabei unterhielten wir uns ausgezeichnet, vor allem mit den Eltern des gastgebenden Kindes, aber auch mit einigen anderen, und mir kam unwillkürlich der Gedanke, es wäre doch eigentlich schön, mehr erwachsene Freunde zu haben. Oder sagen wir es anders: Es hat unbestreitbare Vorteile, wenn die Kinder so allmählich in ein Alter kommen, wo sie selbständig dafür sorgen, ihre Eltern miteinander in Kontakt zu bringen, statt umgekehrt... 


Freitag, 15. November 2024

Hl. Simon und Hl. Judas, bittet für uns!

Eine Drei-Jahres-Bilanz in Sachen Punkpastoral 

Ich hatte es schon erwähnt: Der Tag unserer Rückreise aus dem Herbsturlaub – Montag, der 28. Oktober – war der Festtag der Apostel Simon und Judas, und das ist in der Geschichte der "Punkpastoral"* ein recht markantes Datum; denn an diesem Tag vor drei Jahren haben meine Liebste und ich unsere Mitarbeit in der Pfarrei Herz Jesu Tegel beendet. Ich hatte während der langen Rückreise von Runding nach Berlin also reichlich Zeit und Gelegenheit, eine Bilanz der zurückliegenden drei Jahre zu ziehen. 

Die Apostel Simon und Judas auf einem Seitenflügel des Hochaltars des Münsters Heilsbronn (Foto von Wolfgang Sauber, Quelle und Lizenz hier

Zunächst einmal muss man einräumen, dass wir – meine Liebste und ich – ein solches Maß an Aktivität und Engagement in der Pfarreiarbeit, und damit einhergehend auch ein solches Maß an Einbindung in die Strukturen der Pfarrei, wie wir sie bis vor drei Jahren in Herz Jesu Tegel hatten, seither nicht wieder erreicht, zum Teil auch gar nicht angestrebt haben. Ich war im Pfarrgemeinderat, meine Liebste hatte den Vorsitz des Fördervereins der Pfarrkirche inne: Das vermissen wir beide nicht. Das eigentliche Herzstück unserer Arbeit in der Pfarrei, das "Dinner mit Gott", war in der Corona-Zeit zum Erliegen gekommen; das Büchereiprojekt machte nur sehr schleppende Fortschritte, da es innerhalb der Gemeinde an Leuten fehlte, die zur Mitarbeit bereit waren, wohingegen es ganz und gar nicht an Leuten fehlte, die die Bücherkartons im Gemeindehaus als Belästigung und Ärgernis empfanden. – Das war, wenn ich es recht bedenke, mehr oder weniger das Standard-Reaktionsschema der Alteingesessenen der Gemeinde auf unsere Initiativen; aber ich will mir nicht vorgreifen. Der in der Corona-Zeit ebenfalls zum Erliegen gekommene Krabbelbrunch war im Zuge der allmählichen Lockerung der Hygienevorschriften gerade wieder angelaufen; davon abgesehen war ich im Lektorenkreis, wir veranstalteten einmal wöchentlich eine Lobpreisandacht und gestalteten zu den entsprechenden Zeiten des Kirchenjahres Kreuzweg-, Mai- und Rosenkranzandachten. Alles in allem also wirklich eine ganze Menge; so ziemlich allen unseren Unternehmungen in der Tegeler Pfarrei war allerdings gemeinsam, dass sie vom harten Kern der Gemeinde kaum angenommen wurden: Selbst diejenigen Gemeindemitglieder, die uns versicherten, sie schätzten unsere Initiativen und sähen sie als Bereicherung des Gemeindelebens, nahmen kaum daran teil; im Hintergrund lief so allerlei an Mobbing und übler Nachrede, was man gar nicht alles nacherzählen kann, und insgesamt wurde uns recht unverhohlen zu verstehen gegeben, wir könnten schon dankbar sein, dass man uns unsere Sachen machen lasse. – So ärgerlich ich diese Einstellung immer fand und im Rückblick immer noch finde, muss ich aus heutiger Sicht zugeben, dass da auf eine verschrobene, verkorkste Weise etwas Wahres dran war: Immerhin hatte man auf diese Weise Gelegenheit, Konzepte zu entwickeln und auszuprobieren, auch wenn es auf die Dauer natürlich unbefriedigend war, dass sich niemand dafür interessierte. In unserer jetzigen Pfarrei ist das – aus einer Reihe von Gründen – schwieriger

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist zunächst einmal die größere räumliche Entfernung von unserem Zuhause. Zu unseren besten Zeiten in der Tegeler Pfarrei haben wir fast jede Woche eine Veranstaltung – wenn man die Lobpreisandachten mitzählt, sogar zwei pro Woche. Das war schon manchmal schwer zu stemmen gewesen, aber wenn die Gemeinderäume nicht in fußläufiger Entfernung von der eigenen Wohnung liegt, ist es erst recht nicht mehr zu schaffen. Hinzu kommt, dass man natürlicherweise innerhalb der Gemeinde nicht so gut integriert und vernetzt ist, wenn man nicht im selben Kiez wohnt wie die anderen Gemeindemitglieder. 

Sodann spielt es auch eine Rolle, dass die Kinder größer geworden sind. Mancher mag jetzt vielleicht denken, das müsste eigentlich ein Faktor sein, der die Dinge einfacher macht, und vielleicht wird das auch mal so sein, wenn sie noch größer sind; vorläufig ist jedenfalls das Gegenteil der Fall. Als unsere Tochter klein war, haben wir sie einfach zu allen unseren Aktivitäten mitgenommen, und der Jüngste war zu dem Zeitpunkt, als wir den Staub der Tegeler Pfarrei von unseren Füßen schüttelten, ohnehin erst gut ein halbes Jahr alt. Inzwischen haben die Kinder vermehrt eigene Interessen und damit auch eigene Termine, was sich erheblich auf das allgemeine Zeitmanagement der Familie auswirkt. Nicht dass ich mich darüber beklagen möchte: Sich um die Bedürfnisse seiner Kinder zu kümmern, ist nicht etwas, was einen von wichtiger Arbeit abhält, sondern ist selbst wichtige Arbeit. Oder, um einen (in verschiedenen Varianten) gern der Hl. Mutter Teresa von Kalkutta zugeschriebenen Ausspruch zu zitieren: "Wenn du den Frieden in der Welt fördern willst, geh heim und liebe deine Familie." – Auch hier könnte man natürlich sagen, wenn wir stärker in die Gemeinde integriert wären, hätten mit einiger Wahrscheinlichkeit auch die Kinder mehr soziale Kontakte und idealerweise Freundschaften innerhalb der Gemeinde, und das würde es natürlich erheblich leichter machen, Familienleben und Gemeindearbeit unter einen Hut zu kriegen. Das ist ein Punkt, auf den noch zurückzukommen sein dürfte. 

Zusätzlich, und ironischerweise, wird unser Engagement in der Gemeinde St. Joseph Siemensstadt/St. Stephanus Haselhorst aber auch dadurch etwas gebremst, dass das Gemeindeleben dort alles in allem in einem erheblich besseren Zustand ist als in Tegel: Da gibt es einfach keinen so großen oder so offenkundigen Bedarf an neuen Leuten, die neue Impulse bringen. 

Das ändert wohlgemerkt nichts daran, dass wir hier auf der anderen Seite – wie ich schon öfter betont habe, aber ich finde, man kann das gar nicht genug hervorheben – ein hohes Maß von Wertschätzung und Unterstützung für unser Engagement erfahren, auch von Seiten hauptamtlicher Mitarbeiter; und diese Erfahrung, dass unsere Mitarbeit in der Gemeinde nicht bloß toleriert wird, sondern ausdrücklich erwüscht ist und aktiv gefördert wird, ist schon sehr viel wert, gerade vor dem Hintergrund unserer früheren Erfahrungen. Da wäre es sicherlich grob undankbar, sich darüber zu beklagen, dass die Unterstützung der Verantwortlichen der Gemeinde sich nicht auf alle unsere Ideen und Konzepte erstreckt. Zum Beispiel zeigte die Gemeinde von Anfang an kein Interesse daran, das in Tegel ins Stocken geratene Büchereiprojekt zu übernehmen. Als wir uns mit dem Vorschlag, entweder in St. Joseph oder in St. Stephanus eine regelmäßige Lobpreisandacht (unter dem Titel "Lobpreis mit dem Stundenbuch") zu veranstalten, an einen der Vikare wandten (von dem man uns signalisiert hatte, er sei "für sowas" zuständig), sagte der, er werde das Thema mal in die Dienstbesprechung der Hauptamtlichen mitnehmen, und dann hörten wir nichts mehr davon – vielleicht hätten wir da aber auch einfach hartnäckiger nachfragen sollen. Ähnlich verhielt es sich, als es in den Vermeldungen hieß, in St. Joseph würden neue bzw. zusätzliche Lektoren gesucht: Ich signalisierte Interesse, dieses wurde wohlwollend aufgenommen, aber weiter passierte dann nichts. Wie gesagt, wahrscheinlich ist der Bedarf einfach nicht so groß. Mir wurde auch schon der wahrscheinlich ziemlich kluge Rat gegeben, es sei besser, sich nicht an zu vielen Stellen gleichzeitig zu engagieren, sonst würden womöglich manche Leute misstrauisch werden, was das für einer ist, wo der eigentlich herkommt und warum der plötzlich überall mitmischt. 

Kommen wir also lieber mal zu dem einen wirklich dicken Plus in Sachen Gemeindearbeit, das die zurückliegenden drei Jahre gebracht haben, und das ist, zu meiner eigenen Überraschung, die Mitarbeit im Arbeitskreis Kinderwortgottesdienst. Diese Arbeit macht Spaß, ist bereichernd auch fürs eigene spirituelle Leben, wird gut angenommen, und ich finde, dass die Ergebnisse dieser Arbeit sich ausgesprochen gut sehen lassen können. Nicht zuletzt bin ich optimistisch, dass man durch die katechetische Arbeit mit Kindern wirklich langfristig "etwas bewirken" kann. Natürlich ist auch dieser Tätigkeitsbereich noch ausbaufähig. In den Teambesptechungen wird immer mal wieder über andere Veranstaltungsformate neben den monatlichen Kinderwortgottesdiensten während der Sonntagsmesse nachgedacht, die Kinderbibelrallye bei der Fronleichnamsfeier der Pfarrei war da schon mal ein gelungener Versuch. Einen Kinderkreuzweg habe ich auch schon mal mitgestaltet, da könnte man durchaus überlegen, auch andere Andachtsformen zu geprägten Zeiten des Kirchenjahres für Kinder zu adaptieren. In den nächsten Sommerferien könnte ich eventuell als Betreuer zur Religiösen Kinderwoche mitfahren, aber hundertprozentig spruchreif ist das noch nicht. Und kürzlich bin ich angefragt worden, dieses Jahr in St. Joseph Siemensstadt den Nikolaus zu spielen; das habe ich auch vor zwei Jahren schon mal gemacht. 

Die Konzentration auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kann man somit wohl als eine richtungsweisende Entwicklung der letzten drei Jahre betrachten, und das ist ja auch und nicht zuletzt im Interesse unserer eigenen Kinder sinnvoll. Auch in diesem Bereich wäre aber theoretisch noch mehr drin. Erinnert sei in diesem Zusammenhang daran, dass unser erstes Projekt in St. Stephanus Haselhorst eine Krabbelgruppe war, die aber von Anfang an kein sonderlicher Erfolg war; auch die Wichtelgruppe ist im Laufe eines Jahres nie so richtig in Gang gekommen und pausiert derzeit bis auf Weiteres. Andere Initiativen wie die Kinderlobpreisdisco und das Gartenprojekt drohen mangels Unterstützung aus der Gemeinde gar nicht erst aus den Startlöchern zu kommen bzw. in der Gremienbürokratie zu versanden. Das finde ich zwar insbesondere mit Blick auf das Gartengrundstück schade, in dem so viel ungenutztes Potential schlummert, und ich bin auch noch nicht geneigt, diesbezüglich aufzugeben, aber insgesamt muss man wohl die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass eine Pfarrei, unabhängig vom guten Willen konkreter Einzelpersonen, einfach nicht der geeignete organisatorische Rahmen für die Umsetzung der ganzen Ideen ist, die meine Liebste und ich so haben. 

An dem Punkt waren wir vor drei Jahren eigentlich auch schon mal, aber nachdem die Frage "Spandau oder Portugal?" vorläufig im Sinne der ersteren Option entschieden wurde, ist die Idee, irgendwo auf einem Resthof in der Pampa oder wahlweise in einem ungenutzten Streckenwärterhaus einen eigenen "Ort kirchlichen Lebens" aufzubauen, wie man das im heutigen Pastoralsprech nennt, erst mal ein bisschen in den Hintergrund gerückt. 

Ein Haus wie dieses hier zum Beispiel... hätte doch was. 

Das heißt nicht, dass wir derartige Pläne aufgegeben hätten: Irgendwo eine Art von Mischung aus Nachbarschaftszentrum, Pilgerherberge und Exerzitienhaus zu betreiben, ist im Prinzip nach wie vor unser Ziel, derzeit aber ein eher längerfristiges Ziel. Dabei spielt es auch eine Rolle, dass unser Tochterkind jetzt zur Schule geht, dort ausgesprochen "gut angekommen" ist und dass man eine Schule wie diese wohl nicht so leicht ein zweites Mal findet. Unser Jüngster ist jetzt schon sicher, dass er auch auf diese Schule gehen will, und hat wohl auch gute Aussichten auf einen Platz. Eine wirklich umwälzende Veränderung unserer allgemeinen Lebenssituation ist also im Moment, und für die nächsten Jahre, erst mal nichts, was wir aktiv anstreben. Bis auf Weiteres gilt es also, im Großen und Ganzen so weiterzumachen wie bisher: Im Rahmen der Möglichkeiten, die sich uns hier bieten, Dinge ausprobieren, Erfahrungen sammeln, darüber reflektieren, daraus lernen und hoffen, damit auch Andere inspirieren zu können – letzteres natürlich nicht zuletzt auch dadurch, dass man drüber bloggt

Zu diesem Punkt wäre dann also wohl auch noch eine (kurze) Bilanz der letzten drei Jahre fällig. Hier auf "Huhn meets Ei" erschienen nach unserem Bruch mit der Tegeler Pfarrei zunächst fünf Folgen einer Wochenbriefing-Reihe mit dem programmatischen Titel "Spandau oder Portugal" (zuzüglich einer "Preview"-Nummer), danach war erst mal ein gutes Vierteljahr lang Funkstille, bis ich unter der Überschrift "Neustart in Haselhorst" den Beginn unseres Engagements in St. Stephanus verkündete. Dass danach dann fast ein ganzes Jahr – genauer gesagt elf Monate – Blogpause auf "Huhn meets Ei" herrschte, hatte möglicherweise, wenigstens zum Teil, damit zu tun, dass ich vermeiden wollte, dass meine Tätigkeit als Blogger für Unruhe innerhalb der Gemeinde sorgt, in der ich tätig war (damit hatte ich in Tegel ja reichlich Erfahrungen gesammelt). Auf längere Sicht konnten solche Bedenken meine Lust am Unruhestiften aber nicht im Zam halten, und seit Mitte März 2023 blogge ich wieder so viel und so stetig wie "seit Corona" nicht mehr. Vor rund einem Jahr kam dann die "Mittwochsklub"-Seite bei Patreon dazu, die vor allem dazu dienen soll, Freunden und Gleichgesinnten eine Möglichkeit zu geben, unsere Punkpastoral-Aktivitäten finanziell zu unterstützen. Man wird wohl zugeben müssen, dass die Patreon-Seite bisher noch etwas hinter ihrem Potential zurückbleibt. Aber das wird schon noch. 

Im Übrigen habe ich vor einem Jahr am Fest der Apostel Simon und Judas die Wochenbriefing-Reihe "Creative Minority Report" eröffnet. Da diese Reihe im Sommer ein paar Wochen pausiert hat, bin ich aber innerhalb eines Jahres noch nicht auf 52 Folgen gekommen, und diese Zahl möchte ich noch voll kriegen, ehe ich eine neue Wochenbriefing-Reihe anfange. Daraus folgt, dass die neue Reihe (deren Titel ich noch nicht verrate) am Vorabend des 1. Advent beginnen wird, pünktlich zum Beginn des Neuen Kirchenjahres. Das wird (hoffentlich) meinen kritischen Leser Egidius freuen... 


[* P.S.: Ich werde immer mal wieder – so auch jüngst infolge der Vorveröffentlichung dieses Artikels auf Patreon – gefragt: "Warum nennst du das eigentlich Punkpastoral?" Auch wenn ich eigentlich der Meinung bin, dazu schon öfter etwas gesagt zu haben, erinnern mich solche Anfragen immer daran, dass ich eigentlich schon länger die Absicht habe, diese Frage mal gründlich und systematisch zu beantworten, in Form eines "Dossier"-Artikels, wie ich auch schon zum Thema "Erstkommunion" einen vorgelegt habe. Mein erster Entwurf zu einem solchen Dossier "Warum eigentlich Punkpastoral?" ist allerdings, was wohl nicht untypisch für mich ist, in der Anlage viel zu breit und detailliert geraten und daher irgendwann halbfertig liegen geblieben. Nun fühle ich mich aber motiviert, in absehbarer Zeit einen neuen Versuch zu unternehmen; bis dahin verweise ich auf die folngenden grundlegenden Artikel zum Thema: 

Weiteres dazu dann also, wenn ich mal dazu komme. Bleibt mir gewogen!] 


Samstag, 9. November 2024

Creative Minority Report Nr. 50

Was für eine Woche, Freunde: Erst wird Trump wiedergewählt, dann platzt die Ampelkoalition... Nun wissen wir alle, dass dies hier kein Politik-Blog ist und dass ich ein entschiedener Verfechter dessen bin, was in der #BenOp "antipolitische Politik" heißt (der Begriff stammt, wenn ich richtig informiert bin, ursprünglich von Václav Havel): "Antipolitische Politik" im Sinne der #BenOp kann zum Beispiel sein, Blumen in den Vorgarten zu pflanzen, mit seinen Kindern Ausflüge zu unternehmen, statt sie in die KiTa zu schicken, Möbel aus Obstkisten zu bauen, auf dem Balkon Bienen zu züchten, ein Musikinstrument zu erlernen und/oder in der Öffentlichkeit zu singen. Ja, ich bin voll der Hippie, steh' ich zu. Aber Ereignisse wie die der zurückliegenden Woche erschüttern dann doch immer wieder meinen seit Jahren gehegten Vorsatz, mich weniger für konventionelle Politik zu interessieren. Auch wenn ich die besagten Ereignisse dann eben doch durch die oben beschriebene Brille betrachte – aber dazu später. 

Im Übrigen war ich in der zurückliegenden Woche ein paar Tage krank; auch darauf wird noch zurückzukommen sein. Jedenfalls trug dieser Umstand wohl dazu bei, dass der Stoff für dieses Wochenbriefing nicht allzu sehr überhand nahm. Genug zu berichten und zu reflektieren gibt's jedoch auch so, wie ihr sogleich sehen werdet, Freunde... 


Was bisher geschah 

Obwohl der Berichtszeitraum – infolge des vorgezogenen Redaktionsschlusses in der Vorwoche – diesmal etwas länger war als sonst kann ich mich in dieser Rubrik wohl relativ kurz fassen, da ich die meisten relevanten Ereignisse aus diesem Zeitraum ohnehin in annähernd chronologisch sortierten Einzelrubriken unterbringen kann und werde: Den vorletzten Freitag schildere ich in "Allerlei zu Allerheiligen", den Zeitraum von Samstag bis Montag in "Die (elterliche) Liebe in den Zeiten des Brechdurchfalls"; zu den Wahlen in den USA und den Reaktionen darauf (Dienstag/Mittwoch) sowie zum JAM am Mittwoch gibt es ebenfalls eigene thematische Abschnitte, und was dazwischen und danach sonst noch so los war, ist schnell erzählt: Am Dienstag feierte unsere Große ihren 7. Geburtstag nach, mit fünf Schulfreundinnen, ihrem kleinen Bruder und noch drei weiteren Kindern, mit denen sie schon befreundet war, bevor sie zur Schule kam; die Feier fand im Labyrinth Kindermuseum im Wedding statt und umfasste ein museumspädagogisch betreutes Spiel- und Kreativprogramm. Die Kinder hatten einen enormen Spaß, alle verstanden sich gut miteinander, auch die, die sich nicht von der Schule her kannten. Am Donnerstag wurde dann in der Schule Halloween nachgefeiert (mit Schminken und Verkleiden, Spielen und Disco, Lagerfeuer und Nachtwanderung), und am Freitag ging ich mit dem Jüngsten mal wieder zur Eltern-Kind-Gruppe auf dem "Rumpelberg" (d.h. bei der Gemeinde auf dem Weg). Das war's dann auch schon im Wesentlichen... 


Was ansteht 

Es sieht weiterhin nicht nach Langerweile aus in diesem Herbst: Heute vormittag wollen meine Schwiegermütter mit den Kindern ins Puppentheater, am Nachmittag gibt eine der Schulfreundinnen unseres Tochterkindes eine Kostümparty. Morgen ist, aller Voraussicht nach jedenfalls, ein "ganz normaler" Sonntag, und dann kommt schon St. Martin. Möglicherweise werden wir in Heiligensee zum Martinsumzug gehen, aber so ganz spruchreif ist das noch nicht, zumal es mit dem regulären Omatag kollidieren würde. Am Mittwoch ist wieder JAM, und am Donnerstag steht ein Vorbereitungstreffen für den nächsten KiWoGo in St. Joseph Siemensstadt an. Was die Woche sonst noch bringt, bleibt abzuwarten... 


Allerlei zu Allerheiligen 

Am vorletzten Freitag, dem 1. November, war nicht nur Allerheiligen, sondern zusätzlich auch noch Herz-Jesu-Freitag; und außerdem war es der erste Tag seit Beginn der Herbstferien, an dem wir ausschlafen konnten. Wir frühstückten ausgiebig, und als ich danach in den Briefkasten schaute, fand ich darin einen Brief von Erzbischof Heiner Koch vor. Hm, dachte ich. Lädt er uns zur Wiedereröffnung der Hedwigskathedrale ein, oder hat er uns persönlich was Spannendes mitzuteilen? Okay, es war tatsächlich ein Rundbrief zur Wiedereröffnung der Hedwigskathedrale, aber hey, hätt' ja sein können. 

Der Brief war aber nicht schlecht; genau genommen enthielt der Umschlag sogar zwei Briefe zum selben Thema und Anlass, einer war für Erwachsene formuliert, einer für Kinder. Der für die Kinder interessierte mich natürlich besonders. Ein paar Dinge gibt es durchaus, die ich daran auszusetzen habe, aber da ich noch so viele andere Themen auf dem Zettel habe, glaube ich, dieses Thema verschiebe ich mal auf später – die Wiedereröffnung der Kathedrale ist schließlich erst in zwei Wochen. Im Ganzen fand ich den Brief des Erzbischofs an die Kinder jedenfalls sehr sympathisch und las ihn unseren Kindern zum Schlafengehen vor. Aber erst mal zurück zur chronologischen Reihenfolge. 

Am Nachmittag fuhr meine Liebste mit den Kindern zu einer Spielverabredung, während ich ein wenig durch Tegel spazierte und dabei auch an der Herz-Jesu-Kirche vorbeikam. Zwar hatte ich in diesem Moment total vergessen, dass Herz-Jesu-Freitag (oder überhaupt Freitag) war, aber ich dachte mir, ich könnte ja mal die aktuellen Vermeldungen überfliegen, beim Büchertauschregal nach dem Rechten sehen und die Schriftenauslage kontrollieren. Als ich die Kirche betrat, stellte ich fest, dass dort gerade Eucharistische Anbetung war. Also blieb ich ein Weilchen. 

Am Abend gelang es erfreulich reibungslos, die Kinder rechtzeitig von ihrer Spielverabredung loszueisen, um in St. Stephanus Haselhorst in die Messe zu gehen. Gemessen darum, dass es ein Hochfest war, war die kleine Kirche gar nicht mal so gut besucht, aber die Messe war trotzdem schön, und das Tochterkind war ziemlich gut bei der Sache.

Da der "örtlich zuständige" Pfarrvikar die Messe hielt, erwartete ich wieder eine vielschichtig interessante und anregende Predigt und wurde diesbezüglich auch nicht enttäuscht. Ausgehend von der 1. Lesung (Offenbarung 7,2-4.9-14) sprach der Pfarrvikar über die Gemeinschaft der Heiligen: Heiligkeit sei nichts, was man für sich allein haben könne. "Zu Lebzeiten hatten einige Heilige so ihre Macken, aber im Himmel vertragen sie sich dann perfekt." Die Gemeinschaft der Heiligen sei jedoch keine ideologische Gemeinschaft "wie beim Hitler oder im Kommunismus", in der "alle gleichgeschaltet" würden, sondern eine Gemeinschaft, die sich darin verwirklicht, "dass einer das Wohl des anderen sucht". 

Ein Detail der Predigt sei noch besonders hervorgehoben: Der Geistliche betonte, wie gut und ratsam es sei, einen persönlichen Heiligen zu haben, zu dem man von Zeit zu Zeit pilgert. "Das ist hier in Berlin natürlich schwierig", räumte er ein; "ich bin Österreicher, dort ist es einfacher." Der Wiener Stadtpatron Clemens Maria Hofbauer, so fügte er hinzu, sei sein persönlicher Lieblingsheiliger – "weil, der ist – glaub ich – siebenundzwanzigmal rausgeflogen. Verfolgt von der österreichischen Staatspolizei, verfolgt vom Napoleon, von den Bayern, von den Schweizern, von den Schwaben. Der hat alles mögliche durch." (In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass ich schon vor fünfeinhalb Jahren in einer Kaffee & Laudes-Folge schrieb, der Hl. Clemens Maria Hofbauer scheine mir "ein durchaus passender #BenOp-Heiliger zu sein"; zudem ist sein Gedenktag der Geburtstag meines Jüngsten.) 


Die (elterliche) Liebe in den Zeiten des Brechdurchfalls 

Der Samstag, Allerseelen, war ein klassisches Beispiel für einen Tag, an dem nichts so lief wie geplant. Eigentlich wollte meine Liebste gleich morgens mit den Kindern zu einer Spielverabredung im Grunewald aufbrechen, und ich dachte mir, währenddessen könnte ich in St. Bernhard Tegel-Süd eine Messe zu Allerseelen besuchen. Ja, ich weiß, beim letzten Mal, als ich in dieser Kirche in die Messe gegangen bin, war das Ergebnis nicht so erfreulich; aber Zeit und Entfernung passten einfach gut, und ich dachte mir, wir können's ja mal drauf ankommen lassen. Jenseits aller Fragen der Gestaltung ist eine Heilige Messe schließlich immerhin eine Heilige Messe und somit allemal besser als keine Heilige Messe. Aber dann kam eben alles anders, denn kurz bevor ich zur Messe hätte losgehen wollen, rief mich meine Liebste an, um mir mitzuteilen, dass unsere Große sich vor dem Edeka-Markt übergeben habe und ich sie abholen solle. – Ein paar Tage zuvor hatte auch unser Jüngster Anzeichen eines Magen-Darm-Infekts gezeigt, den er allerdings, wie es insgesamt so seine Art zu sein scheint, ziemlich schnell und leicht weggesteckt hatte; seine große Schwester hatte es, wie sich in den nächsten Tagen zeigte, etwas schlimmer erwischt. Den Samstag verbrachten das Tochterkind und ich dann jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil mit Chillen auf dem Sofa und schauten einige Folgen von "Zacki und die Zoobande" und "Angelo" – beides Serien, die die Kinder in den Sommerferien kennengelernt haben. Gegen Abend fühlte ich mich dann selber auch etwas unwohl, und am Sonntagmorgen musste ich der bitteren Wahrheit ins Auge sehen, dass mich der Magen-Darm-Infekt nun auch erwischt hatte. Was doppelt ärgerlich war, weil ich doch eigentlich eine zentrale Rolle bei der Leitung des Kinderwortgottesdienstes in St. Joseph Siemensstadt hätte spielen sollen. Nach einigem inneren Ringen sagte ich dort ab – komme aber unter der üblichen Rubrikenüberschrift "Schwarzer Gürtel in KiWoGo" dennoch auf dieses Thema zurück. Den Sonntag verbrachte ich dann größtenteils im Bett, ebenso wie das Tochterkind, während meine Liebste den putzmunteren Jüngsten bei Laune hielt. Gegen Abend musste ich mich heftig übergeben, und danach fühlte ich mich tatsächlich etwas besser; trotzdem stand mir die eigentliche Herausforderung erst noch bevor, nämlich am Montag – dem Gedenktag des Hl. Karl Borromäus, des Schutzpatrons der Pestkranken. Meine Liebste musste wieder zur Arbeit und hatte sogar einen außergewöhnlich langen Arbeitstag (inklusive Elternabend), das Tochterkind war hingegen noch zu krank, um zur Schule zu gehen, ich selbst war ebenfalls noch nicht so richtig über den Berg, aber der Jüngste war topfit und schon ab sieben Uhr morgens voller Tatendrang. Eine komplizierte Konstellation. Ich muss aber wirklich lobend anerkennen, dass der Junge sich im Rahmen dessen, was man von einem dreieinhalbjährigen Knaben erwarten darf, den ganzen Tag einigermaßen rücksichtsvoll verhielt und sich auch mal für längere Zeiten allein beschäftigte, ohne dabei allzu viel Lärm oder sonstiges Chaos zu verursachen. Am Nachmittag schaute ich, während die Große sich gesund schlief, einen Film mit ihm. Alles in allem bekamen wir den Tag also doch ganz gut über die Runden, und ich war ausgesprochen froh, dass die Große gerade rechtzeitig zu ihrer Geburtstagsfeier am Dienstag wieder gesund war. Mir selbst ging es im Laufe des Dienstags auch wieder besser...


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Dass ich am Sonntag krank war und nicht beim KiWoGo mitmachen konnte, fand ich umso ärgerlicher, als dies, wie schon mal erwähnt, der erste KiWoGo der neuen Saison gewesen wäre, an dessen Gestaltung ich in nennenswertem Umfang mitgewirkt hatte. Mich hier auf meinem Blog darüber zu verbreiten, was ich für diesen Kinderwortgottesdienst geplant hatte, will ich mir aber doch nicht nehmen lassen. Wohlan denn: 

Vor einiger Zeit hatte ich schon mal das Buch "Voll cool – Noch mehr Andachten für dich" erwähnt, das als Spende fürs Büchereiprojekt in meinen Besitz gelangt war, und hatte angemerkt, ich hätte "schon länger auf eine Gelegenheit gewartet, es für die KiWoGo-Gestaltung zu verwenden"; erstmals zum Einsatz gebracht hatte ich das Buch beim KiWoGo zum Thema "Der Herr ist mein Hirte", und nun ergab sich eine erneute Möglichkeit: Praktischerweise hat das Buch ein Register der darin behandelten Bibelstellen, und diesem konnte ich entnehmen, dass es auch eine Geschichte zum Evangelium dieses Sonntags (Markus 12,28-34, die Frage nach dem wichtigsten Gebot) enthält. Dass der Zusammenhang dieser Geschichte mit der Perikope aus dem Markusevangelium nicht unbedingt unmittelbar augenfällig ist, fand ich daran gerade reizvoll, und außerdem gefiel es mir, dass es in der Geschichte um einen Kindergeburtstag geht – ein Thema, das ja auch in meiner Familie gerade hochaktuell war. Klar war allerdings – und darin war ich mir auch mit meinen Teamkollegen einig –, dass ich den Text so, "wie er im Buche stand", nicht verwenden wollte. Zum Teil hatte das stilistische Gründe, zum Teil stand es im Interesse einer etwas "interaktiveren" Präsentation; in einem spezielleren Sinne hatte ich indes Bedenken gegenüber einer Passage, in der die Mutter des Geburtstagskindes im Zuge der katechetischen Nutzanwendung der Geschichte zu ihrer Tochter sagt: "[I]n der Bibel wird an mehreren Stellen erwähnt, dass Gott von uns möchte, dass wir ihm mit einem liebevollen, bereitwilligen Herzen gehorchen sollen [...]. Wenn wir ungern Gaben geben oder gute Taten tun, verachtet er sogar unsere Geschenke und gute Taten." – Für mich ist das eine der nicht ganz wenigen Stellen dieses Buches, die mir tendenziell "zu evangelikal" sind. Zum einen, weil da ein recht streng und regelfixiert anmutendes Gottesbild zum Ausdruck kommt, zum anderen (und vor allem) aber auch, weil man an solchen Passagen erkennen kann, dass das Buch für Jugendliche geschrieben ist, die eine solche Form der religiösen Ansprache gewohnt sind und daher nicht befremdlich finden. Und da sag ich mal ganz offen: Das ist nicht unsere Zielgruppe beim KiWoGo

Ich verfasste also einen Entwurf für eine freie Nacherzählung, und der las sich so: 

In der Geschichte, die ich euch erzählen will, hat ein Mädchen Geburtstag, das Mädchen heißt Melissa, und sie hat zwei Freundinnen zu ihrer Feier eingeladen. Die eine heißt Denise, und man kann wohl sagen, Melissa und Denise sind beste Freundinnen. Und dann ist da noch Betty, und mit der ist es etwas komplizierter. Ihr kennt sowas vielleicht. Normalerweise würde man ja denken, dass Freunde sich mögen. Wär ja irgendwie Quatsch, mit jemandem befreundet zu sein, den man eigentlich gar nicht mag. Aber manchmal gibt es so Freundescliquen, da hat man den Eindruck, so wie die miteinander umgehen und auch übereinander reden, da versteht man eigentlich gar nicht, warum die Freunde sind, denn die scheinen sich gar nicht so besonders gut leiden zu können. Und ein bisschen so ist das mit Betty. Sie ist zwar mit Melissa und Denise befreundet, aber wenn die etwas spielen wollen, findet Betty das doof oder albern oder langweilig. Auch bei Melissas Geburtstagsparty. Ich schätze, ihr könnt euch vorstellen, dass das nicht gerade für gute Stimmung sorgt. 

Aber was gehört denn noch zu einer Geburtstagsfeier, außer zusammen zu spielen? Na klar: Geschenke! Und natürlich haben Denise und Betty auch Geschenke für Melissa. Denise schenkt ihr ein Lesezeichen, das hat sie selbst gebastelt und "Beste Freundinnen für immer" draufgeschrieben. Melissa freut sich darüber, aber Betty lacht so komisch, als sie das sieht. Betty hat nämlich – glaubt sie – ein viel tolleres Geschenk für Melissa, eine sehr schöne und teure Puppe. 

Am Abend, als die Feier zu Ende ist und Denise und Betty nach Hause gegangen sind, schaut Melissa sich nachdenklich ihre Geschenke an. Da kommt ihre Mutter in ihr Zimmer und fragt: "Na, Schatz, worüber grübelst du?" Melissa zeigt auf das Lesezeichen und sagt: "Denise hat sich wirklich Mühe gegeben, ich glaube, es war ihr echt wichtig, etwas für mich zu machen, worüber ich mich freue. --- Und die Puppe... na ja, die Puppe ist schon toll, aber ich hatte das Gefühl, es ging Betty gar nicht darum, mir eine Freude zu machen, sondern sie wollte eher damit angeben, dass sie das beste Geschenk für mich hat." 

Und dazu dann die folgende Auslegung: 

So: Was hat das jetzt mit dem heutigen Evangelium zu tun? Im Evangelium will jemand von Jesus wissen, was das wichtigste Gebot ist; man könnte die Frage auch so ausdrücken: Was will Gott vor allem von uns? Und in der Antwort, die Jesus darauf gibt, geht es nicht darum, dass wir etwas leisten sollen, dass wir sozusagen eine Liste mit Aufgaben bekommen, die wir erledigen sollen, und wenn wir das alles abgehakt haben, dann ist Gott zufrieden mit uns. Nein, wichtiger als alles andere ist es für Gott, dass wir ihn lieben. Und unseren Nächsten, also uns gegenseitig. Das gehört beides zusammen. Weil Gott uns alle liebt, will er auch, dass wir gut miteinander umgehen. Wenn zum Beispiel meine Kinder sich streiten oder ärgern oder hauen, dann macht mich das auch traurig oder ärgerlich, weil ich meine Kinder lieb habe und deshalb will, dass sie auch lieb zueinander sind; und so ist es auch mit Gott. Vor allem aber sagt uns das Evangelium: Gott schaut nicht so sehr darauf, ob wir etwas Großes und Wichtiges leisten, sondern vielmehr darauf, ob wir es mit Liebe tun. So wie sich Melissa in der Geschichte mehr über das selbstgebastelte Lesezeichen gefreut hat als über die schöne und teure Puppe. 

Glücklicherweise hatte ich meinen Teamkollegen diesen Textentwurf zwei Tage vor dem KiWoGo gemailt, sodass es keine Katastrophe war, dass ich dann selbst krankheitsbedingt nicht dabei sein konnte. Im Übrigen hatten die Teamkollegen bei der Vorbesprechung noch allerlei andere Ideen für die Gestaltung dieses KiWoGo gehabt: So war dem Gemeindereferenten aufgefallen, dass das wichtigste Gebot, auf das Jesus im Evangelium verweist, mit den Worten "Höre, Israel" beginnt, und wollte daran eine kleine Katechese über die Bedeutung des Hörens, einschließlich einer "Hör-Übung", anknüpfen; eine weitere Teamkollegin steuerte Ideen für ein Ergebnissicherungs-Gespräch inklusive "Hausaufgaben" bei. Ehrlich gesagt hatte ich mich sogar gefragt, ob wir überhaupt alle Ideen, die wir bei der Vorbesprechung gehabt hatten, würden umsetzen können, zumal man ja nie so ganz genau weiß, wie viel Zeit man zur Verfügung hat. Da ich ja nun, wie gesagt, krankheitsbedingt gar nicht beim KiWoGo dabei war, kann ich über den tatsächlichen Ablauf nichts Konkretes sagen; was mir meine Teamkollegen hinterher jedoch mitteilten, war, dass im Großen und Ganzen alles gut gelaufen sei und dass auch die Beteiligung erfreulich groß gewesen sei: Sechzehn Kinder und zwei Mütter, "und das in den Ferien!". Wenn die Teilnehmerzahlen sich weiter so entwickelten, meinte der Gemeindereferent, könnte es wohl nicht schaden, sich mal um Verstärkung für das Team zu bemühen. Offenbar gibt es wohl auch schon eine potentielle Kandidatin. Ich bin mal gespannt: Gerade bei einem so kleinen Team bringt ja jeder Neuzugang eine eigene Dynamik in die Personenkonstellation. – Schon am übernächsten Sonntag steht wieder ein KiWoGo an; wie weiter oben bereits erwähnt, gibt es dafür am kommenden Donnerstag noch ein Vorbereitungstreffen. Demnächst also mehr zu diesem Thema! 

Positiv anregend für die KiWoGo-Arbeit fand ich in dieser Woche auch mal wieder die Teilnahme beim JAM in der EFG The Rock Christuskirche in Haselhorst. Da ging es diesmal um das Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Matthäus 25,14-30 bzw. Lukas 19,12-27), und das könnt' ja auch mal "bei uns" drankommen. In der Gruppe der 6-12jährigen Kinder wurde das Gleichnis als Rollenspiel aufgeführt, und in einem anschließenden Frage-und-Antwort-Spiel lag der Fokus darauf, welche Talente die Kinder haben und was sie tun könnten, um im Sinne Gottes "etwas daraus zu machen". Zum Schluss wurden noch Gebetsanliegen der Kinder gesammelt und gemeinsam dafür gebetet, und dann wurden die Schokoladentaler, die in der Rollenspielversion des Gleichnisses die Talente dargestellt hatten, an die Kinder verteilt. Ich fand das alles ausgesprochen gelungen und ohne wesentliche Änderungen nachahmenswert. 


Es war eine rauschende Wahlnacht 

Eins vorweg: Ehrlich gesagt frage ich mich, ob es nicht ein bisschen lebensmüde von mir ist, mich überhaupt zu diesem Thema zu äußern. Immerhin ist dies ein Thema, an dem buchstäblich Familien zerbrechen. Auf der App formerly known as Twitter las ich von einer Frau, deren Vater jeglichen Kontakt zu ihr abgebrochen hat, nachdem sie ihm nicht verbindlich zusagen wollte, für Kamala Harris zu stimmen. Ich will um der Ausgewogenheit willen mal annehmen, dass es vergleichbare Fälle auch auf der Gegenseite gegeben hat. Da muss ich erst mal sagen: Leute, wenn euch die Frage, wer in irgendein politisches Amt gewählt wird – selbst wenn es das wohl einflussreichste der Welt ist –, wichtiger ist als die eigene Familie, dann liegen bei euch gewaltig die Prioritäten schief. But this is the world we live in, apparently. 

Nun aber mal zum Inhaltlichen: Ich war bekanntlich nie ein Fan von Donald Trump, schon 2016 hätte ich mir gewünscht bzw. darauf gehofft, dass die Republikanische Partei jemand anderen als Präsidentschaftskandidaten aufstellt; und die diversen kleinen und großen Skandale, die seither die Auffassung befestigt haben, so jemand sei in einem politischen Amt, geschweige denn dem (wie gesagt) wohl einflussreichsten der Welt, untragbar, brauche ich hier wohl nicht aufzuzählen. Ich möchte indes zu bedenken geben: Es gibt eine nicht gerade geringe Zahl von US-Bürgern – ein paar davon kenne ich persönlich – die das genauso sehen und trotzdem Trump gewählt haben, weil er ihnen im Vergleich zu Kamala Harris, oder überhaupt zur Aussicht auf eine vierjährige Fortsetzung der derzeitigen Herrschaft der Demokratischen Partei, als das kleinere Übel erschien. Und gemäß der alten Weisheit, dass Wahlen in der Mitte entschieden werden, muss man davon ausgehen, dass es letztendlich diese Leute waren, die Trump zu seiner zweiten Amtszeit verholfen haben. Keine stereotypen stiernackigen Truckfahrer mit Baseballkappe und Schrotflinte und ohne Schulabschluss, sondern buchstäblich Leute wie du und ich. Dass solche Leute wohlüberlegt und aus plausiblen Gründen zu dem Schluss gekommen sein könnten, Trump sei bei dieser Wahl das geringere Übel, mag für Viele schwer vorstellbar und noch schwerer zu akzeptieren sein, besonders wenn man diese Wahl durch die Brille einer medialen Berichterstattung wahrnimmt, die die politischen Positionen der Demokratischen Partei und ihrer Kandidatin Kamala Harris als die selbstverständlich richtigen und unterstützenswerten dargestellt hat. Das zog sich hierzulande ja bis ins Kinderfernsehen hinein. Im Ernst: Bei "Logo", der Nachrichtensendung für Kinder ab 9 Jahren im öffentlich-rechtlichen Kinderkanal, gab's im Sommer einen Beitrag über den Nominierungsparteitag der Demokraten und über das Leben und den Werdegang von Kamala Harris, bei dem mir wirklich alles aus dem Gesicht fiel vor unverhohlener Parteilichkeit. 

Eine derart einseitige Berichterstattung, eine solche Glorifizierung der Demokraten bei gleichzeitiger Dämonisierung der Republikaner, gab es natürlich nicht nur diesseits des Atlantik, sondern auch in bedeutenden Teilen der US-Medienlandschaft selbst. Am Tag der Wahl stolperte ich dann online über einen Leitartikel des Wall Street Journal mit der Überschrift "If Donald Trump Wins the Election". Ungeachtet der Tatsache, dass das Wall Street Journal als Republikaner-nah bekannt ist, erwartete ich unter dieser Überschrift quasi aus Gewohnheit ein apokalyptisches Szenario im Sinne von "...dann gnade uns Gott", aber der Verfasser William McGurn, ehemals Redenschreiber für George W. Bush, wollte auf etwas ganz anderes hinaus: nämlich darauf, wie man ein solches Wahlergebnis interpretieren sollte – im Sinne von "Was will der Wähler uns damit sagen?". McGurn argumentiert, Trump profitiere nicht allein von der hohen Unzufriedenheit breiter Bevölkerungsschichten mit der Bilanz von vier Jahren Biden/Harris-Administration, sondern gerade die Tatsache, dass die politischen und gesellschaftlichen Eliten Trump so sehr dämonisierten, führe dazu, dass immer größere Teile der Bevölkerung, die sich mit ihren Anschauungen und Interessen, ihren Sorgen und Nöten von eben denselben Eliten miss- oder verachtet, herablassend behandelt oder verleumdet fühlen, sich mit ihm identifizieren. Tja. Und wenn man dann in der Wahlnacht beobachtet hat, wie beispielsweise auf der "Election Map" der Associated Press stundenlang die Zahlen so frisiert wurden, dass sie möglichst gut für Kamala Harris aussehen sollten, und wie dort, obwohl Trump schon gegen 7 Uhr Mitteleuropäischer Zeit praktisch als Sieger feststand, noch bis nach 11 Uhr gezögert wurde, die Wahl für entschieden zu erklären, muss man sich wahrlich nicht wundern, wenn immer mehr Leuten "den Medien" prinzipiell überhaupt nichts mehr glauben

Wofür ich nun absolut kein Verständnis habe, das ist dieses Heulen und Wehklagen darüber, dass Trumps Wahlsieg quasi den Untergang der amerikanischen Demokratie besiegle. Wieso, denke ich mir, die amerikanische Demokratie hat doch eben gerade mit dieser Wahl bewiesen, dass sie gesund und munter ist. Das Ergebnis muss einem nicht gefallen, aber... Nein, kein Aber. Das Ergebnis muss einem nicht gefallen, Punkt. Das gehört zum Wesen der Demokratie. Wenn Leute ein Wahlergebnis in einem Land, in dem sie selbst gar nicht wahlberechtigt sind, in der Form kommentieren, dass sie über 70 Millionen Wähler beschimpfen, diese seien zu blöd gewesen, die richtige Wahlentscheidung zu treffen, und dabei offenbar noch glauben, gerade mit dieser Haltung zeichneten sie sich als vorbildliche Demokraten aus, finde ich das, mit einem Wort, bizarr. 


Wunschkonzert beim JAM 

Weiter oben habe ich mich ja schon inhaltlich über das katechetische Element beim JAM in dieser Woche geäußert, aber gesondert erwähnen möchte ich, dass sich die Kinder im "Lobpreis-Block", der den Auftakt zur Katechese bildete, diesmal Lieder wünschen durften. Wenig überraschend wurde als erster Liedwunsch "Kaugummi" von Daniel Kallauch genannt (siehe "Ohrwurm der Woche"); danach kamen ein paar Jungs auf die Idee, aus dem Liederheft Lieder herauszusuchen, die sie nicht kannten und die, soweit sie wussten, noch nie beim JAM gesungen worden waren. So fiel die Wahl als nächstes auf "Ja, Gott hat alle Kinder lieb" – offenkundig ein Lied älteren Datums, wie man am Text der Strophen ablesen kann, denn der ist in einem Maße politisch inkorrekt, dass es vor dem Hintergrund heutiger Sensibilitäten geradezu parodistisch wirkt. Kostprobe gefällig? 

"Ich bin ein kleiner Eskimo 
Aus Schnee bau ich mein Haus" – 

Da geht's schon los. "Eskimo" darf man heute nicht mehr sagen, deswegen musste auch schon der Klassiker "Alle Kinder lernen lesen" umgeschrieben werden. Überhaupt hat der Text von "Ja, Gott hat alle Kinder lieb" mit dem von "Alle Kinder lernen lesen" viel gemeinsam: Indianer und Chinesen kommen auch drin vor. In der Chinesen-Strophe heißt es u.a.: 

"meine Haut, die ist ganz gelb
Das steht mir aber gut". 

Was ist daran das Problematische? Richtig: Das Wörtchen "aber", denn es setzt die Annahme des Gegenteils voraus. Übrigens hat der kleine Chinese in dem Lied einen "langen Zopf" und einen "spitzen Hut", ebenso wie der kleine Indianer "Federschmuck" und "Mokassins" trägt. Kurz, der Liedtext transportiert mehr rassische Stereotype als eine Kolonialausstellung in der Kaiserzeit. – Im Ernst: Natürlich ist die Kernbotschaft des Liedes, Gott liebe alle diese so unterschiedlichen Kinder gleichermaßen, eigentlich antirassistisch gemeint. Aber in einem gesellschaftlichen Klima, in dem sogar "Jim Knopf" unter Rassismusverdacht gestellt wird, würde ich trotzdem mit empörten Briefen oder TikTok-Videos progressiver Eltern rechnen, wenn man dieses Lied beispielsweise in einem KiTa-Gottesdienst verwenden wollte. 

Als nächstes fiel die Wahl der besagten Jungs auf das Lied "Bino batata" – offenbar weil sie fanden, dass der in der zentralafrikanischen Sprache Lingala verfasste Text lustig klingt. "Seid ihr sicher, dass ihr noch ein neues Lied lernen wollt?", fragten die beiden Leiterinnen daraufhin mit überlegenem Lächeln. "Wir können das nämlich!" Und dann lieferten sie mit Gitarre und Wechselgesang eine recht beeindruckende Performance von "Bino batata" ab; im zweiten Durchgang wurde den Kindern beigebracht, den Kehrvers "Jesu akupenga jo" (sinngemäß etwa: "Sie alle brauchen Jesus") mitzusingen. Ein Riesenspaß! 


Geistlicher Impuls der Woche 

Der Töpfer knetet mühsam den weichen Ton, um jedes Gefäß zu unserem Gebrauch zu formen. Aus dem gleichen Lehm bildet er solche, die sauberen Zwecken dienen, und solche für das Gegenteil, alle in gleicher Weise; über den Gebrauch eines jeden entscheidet, der den Lehm formt. Aus dem gleichen Lehm formt er in verkehrter Mühe auch einen nichtigen Gott, er, der vor Kurzem aus Erde entstand und bald dorthin zurückkehrt, woher er genommen ist, wenn die Leihgabe des Lebens zurückgefordert wird. Doch es kümmert ihn nicht, dass er entschlafen wird und nur ein kurzes Leben hat. Er wetteifert mit Goldschmieden und Silbergießern, er ahmt Kupferschmiede nach und sieht seinen Ruhm darin, Nachbildungen zu formen. Asche ist sein Herz, noch weniger wert als Erdenstaub seine Hoffnung, und sein Leben ist wertloser als Lehm. Denn er erkannte nicht den, der ihn geformt hat, den, der ihm eine wirkende Seele eingehaucht und Lebensgeist eingeblasen hat. Nein, er hält unser Leben für ein Spiel, die Lebenszeit für einen einträglichen Jahrmarkt; er sagt, man müsse aus allem, auch aus Schlechtem, Gewinn ziehen. Denn er weiß besser als alle, dass er sündigt, wenn er aus dem gleichen Erdenstoff nicht nur zerbrechliche Gefäße, sondern auch Götzenbilder fertigt. 

(Buch der Weisheit, Kap. 15,7-13


Ohrwurm der Woche 

Daniel Kallauch: Kaugummi 

Böse Zungen mögen behaupten, dieser klassische Quatschsong des evangelikalen Kinderliedermachers Daniel Kallauch diene lediglich dem Zweck, zu demonstrieren, dass "Christen auch Spaß haben können"; aber Spaß macht er auf jeden Fall. Besonders viel Spaß hatte ich, als ich das Lied zusammen mit meinen Kindern auf dem Weg in den Urlaub in der "Oberpfalz-Bahn" von Schwandorf nach Cham sang und damit den ganzen Zug unterhielt. Unverzichtbarer Bestandteil einer jeden Live-Performance ist es, das Publikum (auch das unfreiwillige) zum Mitsingen des Refrains zu animieren, einschließlich eines Wechselgesangs, bei dem die Mädchen "Kau, kau, kau, kau-kau" singen und die Jungs "Gummi, Gummi, Gummi!" antworten. Probiert es aus, es bringt Farbe ins Leben.