Das Wichtigste zuerst:
Christus ist auferstanden – Er ist wahrhaftig auferstanden!
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Das Grab ist leer, der Held erwacht. |
Zum Zweitwichtigsten: Dies ist das erste Wochenbriefing während der Sedisvakanz des päpstlichen Stuhls. Wir werden hier in der nächsten Zeit also ziemlich viel Konklave-Content erwarten dürfen. In der vorliegenden Wochenbriefing-Ausgabe spielt der Tod des Papstes hingegen noch keine so sehr große Rolle, zumal ich zu diesem Thema bereits einen separaten Artikel veröffentlicht habe. Dafür ist dieses Wochenbriefing aber, wie ich finde, thematisch schön bunt geworden. Überzeugt euch selbst, Leser!
Osternacht in Siemensstadt
Die Feier der Osternacht begann in St. Joseph Siemensstadt um 21 Uhr, in St. Stephanus Haselhorst um Mitternacht; da fiel uns die Entscheidung nicht schwer, zum früheren dieser beiden Termine zu fahren. Nachdem es zu Hause schon vor dem Losgehen Streit gegeben hatte, machte ich mir ein wenig Sorgen darum, wie die Kinder sich in der Kirche betragen würden; aber in den letzten Jahren hatte es in der Osternacht eigentlich immer gut geklappt mit ihnen, und auch diesmal verfehlte die feierliche Liturgie ihre Wirkung nicht: Schon vom Osterfeuer waren die Kinder ausgesprochen fasziniert, und vom Einzug in die dunkle Kirche erst recht.
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Sieht ein bisschen aus wie ein Gemälde von Rembrandt, oder? |
Irgendwann während der Lesungen aus dem Alten Testament (wir hatten, wie schon in den letzten Jahren, fünf; wer bietet mehr?) schlief unser Jüngster dann ein, das Tochterkind hielt deutlich länger durch, strich aber während der Allerheiligenlitanei ebenfalls die Segel. – Taufen gab es im Rahmen dieser Osternachtfeier nicht – dafür aber, wie der Pfarrvikar verriet, zwei Taufen in der 11-Uhr-Messe am Ostersonntag und drei weitere am Ostermontag –, aber ein schon älterer Mann, der offenbar in jüngeren Jahren in einer anderen christlichen Konfession getauft worden war, wurde durch das Sakrament der Firmung in die katholische Kirche aufgenommen. Insgesamt dauerte die Feier der Osternacht knapp zweieinhalb Stunden – mehr ging nicht, weil der Zelebrant und wohl auch der Kirchenmusiker anschließend nach Haselhorst mussten, um dort nochmals die Osternacht zu feiern.
Die Predigt des Pfarrvikars war wieder einmal kurz und bündig – unter zehn Minuten –, aber ein paar Kerngedanken daraus möchte ich hier allemal festhalten. Die Perikope aus dem Markusevangelium, in der die Frauen das Grab Jesu besuchen wollen, "erzählt uns, was die Frauen im Kopf haben" – nämlich die Frage: "Wer könnte uns den Stein wegwälzen?". Hierzu führte der Pfarrvikar aus:
"Der Stein beherrscht ihr Denken. Wir alle haben oft diesen Stein im Kopf. Wir alle haben unsere Probleme, unsere Schwierigkeiten – wir denken sozusagen nur an unsere kleine Welt. Wir sind oft fixiert auf unsere Steine: Schwierigkeiten, die sich nicht bewegen; Situationen, die sich über Jahre schleppen und wo wir keine Lösung sehen; Urteile, die festgefahren sind, wo es keine Versöhnung gibt."
Nun aber kommen die Frauen zum Grab, und der Stein ist bereits weggewälzt. – Der Pfarrvikar wies auf eine Parallele zur Begegnung von Jakob und Rahel im Buch Genesis (29,1-12) hin: Da wälzt Jakob den Stein von der Brunnenöffnung weg, damit Rahel Wasser schöpfen kann. "Der Bräutigam rollt den Stein weg. Das war seine Aufgabe." Das heißt: Durch den weggerollten Stein am Grab erweist Christus sich als Bräutigam. Gleichwohl betonte der Pfarrvikar weiter:
"Das Entscheidende ist nicht der Stein. Der Stein beweist noch gar nichts. Das Entscheidende ist die Begegnung mit dem Bräutigam. Deswegen brauchen wir die Liturgie: Die Liturgie sagt uns, der Herr möchte mit uns eins sein durch das Wort, durch das Sakrament. Wir empfangen Sein Fleisch und Sein Blut; das ist die schönste Hochzeitsgabe, die der Herr uns geben kann. Er schenkt sich uns selber bis in den Tod hinein."
Was an den Ostertagen sonst noch so los war
Nachdem wir in der Osternacht erst gegen halb Eins nach Hause gekommen waren, mussten wir am Ostersonntag erst mal gründlich ausschlafen; dann gab es ein opulentes Frühstück, und ab dem frühen Nachmittag waren wir bei meinen Schwiegermüttern eingeladen. Dort durften die Kinder im Garten Ostereier suchen...
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Die am Strauch zählen nicht. |
...während ich einen Männer-Osterhasen bekam, den ich nicht suchen musste, sondern einfach neben meinem Teller vorfand.
Am Ostermontag starb dann Papst Franziskus. Die Nachricht traf mich recht überraschend, nachdem es ja zunächst schien, als sei er auf dem Wege der Besserung. Aber das scheint bei Menschen im fortgeschrittenen Alter öfter so zu sein – dass sie nicht auf dem Höhepunkt einer akuten Erkrankung sterben, sondern gerade dann, wenn sie diese scheinbar überwunden haben. Jedenfalls hatte ich, anders als offenbar viele Andere, keinen vorbereiteten Nachruf fertig in der Schublade, habe mich aber trotzdem bemüht, etwas halbwegs Brauchbares zum Thema beizusteuern – was ich dann auch prompt am Dienstag 'raushaute, ehe mir womöglich noch Bedenken kämen.
Davon abgesehen veranstalteten wir am Ostermontag zusammen mit der Mutter einer Schulfreundin unseres Tochterkindes – nämlich derjenigen Freundin, die schon öfter mit beim JAM war und auch beim Krippenspiel in St. Stephanus mitgespielt hat – im Steinbergpark (bzw. "Vogelwald", wie unser Tochterkind diese Grünanlage vor Jahren mal genannt hat) ein Picknick mit Ostereiersuche für insgesamt fünf Kinder. War schön und bemerkenswert friedlich.
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Der Osterstrauß in unserer Wohnung, kombiniert mit den Palmsonntagssträußen vom Achor-Hof und den von unseren Kindern beim JAM bemalten Eiern. |
Update Pfarrhausfamilie
"Diese Ungewissheit auszuhalten, nicht zu wissen, wie das Leben ab September weitergeht, ist auch eine ganz gute Bußübung", merkte meine Liebste irgendwann während der Kartage an. Tatsächlich hingen wir, was unser Projekt "Pfarrhausfamilie" anging, über Ostern ziemlich in der Luft: Am Freitag vor Palmsonntag hatten wir ein Telefongespräch mit der neuen Verwaltungsleiterin des Pastoralen Raums gehabt, zu dem unser angepeilter zukünftiger Wirkungsort gehört; sie hatte zwar ausgesprochen wohlwollend und aufgeschlossen gegenüber unseren Plänen gewirkt, uns aber auch auf unerwartete Hindernisse aufmerksam gemacht, die sich dem Projekt entgegenstellen könnten: Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, aber im Endergebnis lief das, was sie uns sagte, darauf hinaus, dass es derzeit unklar sei, ob die Pfarrhauswohnung überhaupt vermietet werden kann. – Dass wir in der Karwoche und über die Feiertage nichts Neues darüber hörten, entsprach durchaus unseren Erwartungen; immerhin verschaffte uns das aber Gelegenheit, uns in Ruhe darüber zu beraten, was eigentlich unsere Verhandlungsposition ist oder sein sollte: Ob wir sagen, wir wollen das unbedingt und lassen nichts unversucht, um es möglich zu machen, oder ob wir sagen: Wenn es nicht klappt, dann lassen wir es eben. Nach einigem Abwägen kamen wir zu dem Schluss, dass die Entscheidung im Moment, praktisch gesehen, nicht bei uns liegt; und dass wir an diesem Punkt nicht viel mehr tun können, als darauf zu vertrauen, dass Gott, wenn Er uns da wirklich haben will, es auch möglich machen wird.
Da wir aber nun mal eine gewisse Planungssicherheit benötigen, um die notwendigen Schritte für einen Umzug rechtzeitig in Angriff nehmen zu können, habe ich mich, nachdem die Feiertage vorbei waren, dazu durchgerungen, beim örtlichen Pfarradministrator und bei der oben erwähnten Verwaltungsleiterin nachzuhaken, wie denn nun der Stand der Dinge sei. Ergebnis: Der Pfarradministrator verbreitete Optimismus, und die Verwaltungsleiterin dämpfte diesen. Es ist also weiterhin alles in der Schwebe – und wir brauchen weiterhin euer Gebet, Freunde!
Wider den geistlichen Jojo-Effekt
Irgendwann im Laufe der Osterferien fing ich an, mir Gedanken darüber zu machen, ob es nicht irgendwie tragikomisch, auf jeden Fall nicht Sinn der Sache ist, wenn man in der Karwoche und in der Osteroktav weniger Zeit für Gebet und innere Einkehr hat (bzw. sich nimmt) als in den Wochen zuvor. Während des Ostertriduums wurde das natürlich relativiert durch den Besuch dreier Gottesdienste, die insgesamt gut fünfeinhalb Stunden dauerten; aber meine in der Fastenzeit entwickelte Morgenroutine, den Tag, während meine Liebste schon zur Arbeit losgegangen war und die Kinder noch schliefen, mit Invitatorium und Laudes (plus Kaffee) am Küchentisch zu beginnen, ging im Ferien-Schlendrian unter, und die "Beten mit Musik"-Andachten mit meinem Jüngsten in St. Joseph Tegel ebenso. Nun will ich aber nicht behaupten, die Tatsache, dass Ferien sind und die ganze Familie den ganzen Tag zusammen ist, sei schuld an diesem "geistlichen Jojo-Effekt"; das klänge ja wie in einer meiner Lieblingspassagen aus dem "Tagebuch eines frommen Chaoten":
"Glaube, ich wäre ein prima Christ, wenn mir die anderen nicht dauernd dazwischenfunken würden.
Habe das schon früher bemerkt.
Erwähnte es abends im Bett gegenüber Anne.
Sie sagte: 'Ich verspreche dir, Schatz, dass Gerald und ich alles tun werden, um deiner Heiligkeit keine Stolpersteine in den Weg zu legen.'
Vermute eine Prise Ironie zwischen den Zeilen."
So sehr es nicht ganz zu leugnen ist, dass der veränderte Tagesablauf in den Ferien es schwieriger macht, Zeiten für Gebet und Besinnung zu finden, kann ich doch nicht alles darauf schieben. In meinem persönlichen Bibelleseplan war ich schon Anfang April irgendwo im Buch Leviticus steckengeblieben, und wenn ich abends im Bett den Rosenkranz zu beten versuchte, schlief ich dabei regelmäßig ein. Meine Liebste hat ja die Hallow-App und benutzt seit der Fastenzeit verstärkt; manchmal, wenn ich in die Küche komme und meine Liebste gerade mit Unterstützung dieser App beispielsweise den Barmherzigkeitsrosenkranz betet, bete ich ein bisschen mit, aber so ganz mein Ding ist das Beten mit dieser App nicht. Auch wenn ich anerkennen muss, dass sie für das Einhalten einer gewissen Gebetsroutine durchaus hilfreich ist.
An dieser Stelle ahne ich, dass manch ein Leser auf den Begriff "Gebetsroutine" mit Skepsis oder Unbehagen reagieren wird, und vielleicht ist es auch wirklich kein ganz glücklich gewählter Ausdruck; aber wie ich schon mal, und zwar just im Zusammenhang mit Kritik an der Hallow-App, ausgeführt habe, bin ich überzeugt, dass zu einer fruchtbaren, geistliches Wachstum fördernden Gebetspraxis sehr wohl auch Regelmäßigkeit und eine gewisse Beharrlichkeit gehört. In diesem Sinne glaube ich sagen zu können, dass mir die "Kaffee & Laudes"-Morgenroutine, die ich mir vor den Ferien angewöhnt hatte, wirklich geholfen hat – und dass es mir, im Umkehrschluss, entschieden nicht gut getan hat, aus dieser Routine herauszufallen. Am Mittwoch, während Frau und Kinder ohne mich einen Ausflug machten, beschloss ich jedenfalls, dass es an der Zeit sei, etwas gegen den "geistlichen Jojo-Effekt" zu unternehmen: Kurz vor 12 Uhr schnappte ich mir meine Gitarre und ging die Straße runter zur Herz-Jesu-Kirche, wo ich zum Regina caeli das Lied "Freu dich, du Himmelskönigin" spielte und sang, dann die Sext betete und zum Abschluss noch ein weiteres Lied mit Gitarrenbegleitung sang, nämlich Albert Freys Magnificat-Vertonung "Meine Seele preist die Größe des Herrn". Es mag übertrieben klingen, aber ich spürte direkt, wie bei dieser kleinen Solo-Andacht meine Seele aufblühte. Tags darauf nahm ich dann auch die "Kaffee & Laudes"-Morgenroutine wieder auf, trotz des erschwerenden Umstands, dass Frau und Sohn schon vor mir aufgestanden waren (das Tochterkind schlief etwas länger). Der nächste Schritt war, dass ich für den gestrigen Freitag meinen Wecker so stellte, als wäre es ein Schultag, und als erster in der Familie aufstand, sodass ich aller Ruhe Invitatorium und Laudes beten und dabei meinen Morgenkaffee trinken konnte. Am späten Nachmittag ging ich, während mein Jüngster im Kinderwagen ein verspätetes Mittagsschläfchen hielt, eine halbe Stunde zur Eucharistischen Anbetung in Herz Jesu, und heute Vormittag war ich am selben Ort bei der Rosenkranzandacht der Legio Mariae. Den Rückstand in meinem Bibelleseplan habe ich noch nicht ganz wieder aufgeholt, aber doch größtenteils.
Schön ist auch, dass uns über Ostern ein Sonderheft des GiG-Magazins mit dem Titel "Gebete der Hauskirche – Das Gebetbuch für Familien Teil 1" ins Haus geflattert ist; das eine oder andere der darin zusammengestellten Gebete gedenke ich in den regelmäßigen Tagesablauf unserer Familie zu integrieren, wenn die Schule erst mal wieder losgegangen ist.
Im Übrigen habe ich in der zurückliegenden Woche angefangen, das Buch "Dorothy Day: On Pilgrimage – The Sixties" zu lesen, eine Sammlung von Kolumnen von Dorothy Day, die in den Jahren 1960-69 in der Zeitung The Catholic Worker erschienen. Wie man in meinen Ansichten aus Wolkenkuckucksheim Nr. 4 nachlesen kann, habe ich dieses Buch Ende Juni 2021 als leicht verspätetes Geburtstagsgeschenk bekommen; in den fast vier Jahren, die seither vergangen sind, habe ich zwar immer mal wieder darin gelesen, aber es von vorne bis hinten durchgelesen habe ich es bisher nicht, also habe ich mir gesagt: Jetzt wird's aber mal Zeit. Und nach 68 von 310 Seiten (die Einleitung des Herausgebers und das Register nicht mitgerechnet) kann ich sagen, ich finde es sehr anregend. Mal sehen, ob ich mich danach an Thomas Mertons "Berg der sieben Stufen" herantraue...
Politik wird uns nicht retten, Folge 8374
Da ich gerade sagte, meine aktuelle Dorothy-Day-Lektüre sei "sehr anregend": Angeregt hat sie mich zum Beispiel zu einer kleinen Reflexion über die jüngste, von der frischgebackenen Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) angestoßene Debatte über den politischen Auftrag der Kirche(n). In einem in der Osterausgabe der Bild am Sonntag veröffentlichten Interview äußerte die frühere Landwirtschaftsministerin, statt sich übertrieben politisch zu engagieren, sollten die Kirchen lieber die Seelsorge in den Mittelpunkt rücken. "Sie kritisierte zudem eine Tendenz bei den Kirchen, ihre Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen abzugeben 'wie eine NGO' und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick zu haben. Dann würden Kirchen 'leider auch austauschbar'" (Quelle: zdf.de). Widerspruch erntete sie dafür auch aus ihrer eigenen Partei. Das Christentum "sei von Beginn an politisch" gewesen, gab etwa Annette Schavan, die immerhin mal deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl gewesen ist, zu bedenken, und Armin Laschet, ehemaliger nordrhein-westfälischer Ministerpräsident und gescheiterter Kanzlerkandidat von 2021, beurteilte "das politische und soziale Engagement von Kirchen in Deutschland" gar als "zentral für die Gesellschaft": "Wer aus der christlichen Botschaft ableitet, dass man die Welt zum Guten verändern soll, die Welt gestalten soll, dann ist das immer eine politische Botschaft."
Mein Eindruck ist, dass Frau Klöckner und diejenigen Politiker, die ihr jetzt widersprechen, in einem Maße aneinander vorbeireden, das es schwer macht, zu beurteilen, inwieweit es sich um absichtliches Missverstehen handelt oder inwieweit ihnen wirklich die begrifflichen Grundlagen für eine Verständigung fehlen. Ich würde daher gern mal eine These aufzustellen, die den Versuch darstellt, das, was an beiden Positionen richtig ist, zusammenzuführen. Diese These lautet wie folgt:
Wenn die Kirche sich auf ihre Grundvollzüge – μαρτυρία, das Zeugnis für den Glauben; λειτουργία, die Feier des Gottesdienstes und Spendung der Sakramente; διακονία, die Werke der Barmherzigkeit; und schließlich κοινωνία, die Gemeinschaft unter den Gläubigen – besinnt und konzentriert, dann hat das auch eine politische Relevanz; möglicherweise sogar mehr, als wenn die Kirche sich gebärdet wie ein politischer Interessenverband oder eine NGO.
Oder?
Ene mene muh, das ist PUU
Möglicherweise, o Leser, wird diese Überschrift ein neuer Rubrikentitel werden; möglicherweise wird diese neue Rubrik die altgediente, anlässlich meines Blogger-Comebacks vor gut zwei Jahren eingeführte Rubrik "Neues aus Synodalien" ablösen, nachdem das Schlagwort "Synodalität" ja so langsam ein ziemlich totgerittenes Pferd ist. Andersherum ausgedrückt hätte ich den Netzfund, auf den ich hier im Folgenden zu sprechen kommen möchte, möglicherweise in die Rubrik "Neues aus Synodalien" eingeordnet, wenn es darin nicht explizit um die evangelische Kirche ginge; und die kann man ja nun schwerlich auch noch für den "Synodalen Weg" von DBK und "ZdK" in Mithaftung nehmen, zumal sie ja genug eigene Probleme hat. Kurz und gut, die neue Rubrikenüberschrift darf man wohl als inklusiver und vor allem ökumenischer betrachten als den alten – zumal die mehr oder weniger schleichende Ersetzung der christlichen Heilslehre durch postchristlich-undogmatischen Universalismus (PUU eben) in den evangelischen Landeskirchen wohl doch schon um einiges weiter fortgeschritten ist als in der katholischen Kirche.
Case in point: ein Artikel mit der Überschrift "Moderner Narzissmus in der evangelischen Kirche", der am Karfreitag in der FAZ erschien, den ich allerdings erst am Ostermontag auf Facebook zu sehen bekam. Der Verfasser, Feuilletonredakteur Jan Brachmann, schildert hier einen Palmsonntagsgottesdienst in der evangelischen Christuskirche in Salzburg, aber als Aufhänger stellt er dieser Schilderung die Beobachtung voran, dass der Choral "Du großer Schmerzensmann, vom Vater so geschlagen" – einstmals quasi der "offizielle" Choral der evangelischen Kirche für die Karwoche – in der Online-Liederdatenbank evangeliums.net mit "eine[r] Art Triggerwarnung" versehen ist: Geradezu entschuldigend wird da eingeräumt, dass "die Sühnopfertheologie diesem Lied wie fast allen klassischen Passionsliedern zugrunde liegt"; dies solle jedoch "keineswegs" dahingehend aufgefasst werden, "dem Leiden einen Sinn zuzuschreiben und es damit zu rechtfertigen". Ach nicht. "Sühnopfertheologie – also dass Christus sich opferte, damit die sündige Menschheit wieder mit Gott versöhnt würde – das darf heute nicht mehr sein", folgert Redakteur Brachmann. Was aber dann? In dem besagten evangelischen Palmsonntagsgottesdienst, so Brachmann, sei statt dieses Chorals "ein Song" gesungen worden, der "zwar etwas poppig klingt, aber gar nicht so schlecht ist": "In deinen Augen kann ich schöner werden, als ich bin" – das ist ein spätes NGL (1985) vom unvermeidlichen Peter Janssens mit einem typisch minimalistisch-repetitiven Text von Friedrich Karl Barth und Peter Horst; dass Brachmann das "gar nicht so schlecht" findet, finde ich ziemlich tolerant von ihm, aber noch interessanter ist zweifellos, dass die Pfarrerin der Salzburger Christuskirche selbst an der schlichten Aussage dieses Liedchens etwas auszusetzen hat: "[I]hr wäre es lieber, wenn es im Text hieße: 'In deinen Augen bin ich so schön, wie ich bin'", protokolliert Brachmann. Ihn erinnert das an "Werbung für fettreduzierte Margarine: 'Ich will so bleiben wie ich bin – du darfst'"; und woran erinnert es mich? Unter anderem an etwas, das "Horse & Hound"-Halagan im Zusammenhang mit seiner Kritik an der "Hallow"-Gebetsapp schrieb: "G*tt [...] weiß, dass wir schon gut sind. Wie könnte es auch anders sein, wenn wir doch von G*tt kommen?"
Dazu hatte ich seinerzeit ja schon Verschiedenes angemerkt; ergänzen möchte ich nun, dass es einen kaum verkennbaren Zusammenhang zwischen der Ablehnung der Sühneopfertheologie und der Leugnung der (Erb-)Sünde gibt: Klar, wenn der Mensch so, wie er ist, schon gut ist, dann hat er auch keine Erlösung nötig. Die Frage ist nun natürlich, wie sich das eigentlich mit den ausgeprägten moralistischen Tendenzen im PUU verträgt. Was ist mit den Leuten, die (auch) nach den Maßstäben der PUU-Anhänger nicht gut so sind, wie sie sind, also z.B. Rassisten und Homophobe, AfD-Wähler und Trump-Unterstützer, SUV-Fahrer und Leute, die ihren Müll nicht trennen? Für die gilt die Zusage "Du bist gut so, wie du bist" offenkundig nicht, aber gleichzeitig hat man ihnen auch die Chance auf Erlösung gestrichen. Ich habe schon vor Jahren argumentiert, in dem Drang, das Faktum der Sünde zu leugnen, offenbare sich das Fehlen des Glaubens an Vergebung. Das erklärt auch, warum die PUU-Anhänger, so lieb und sanft sie sich gern präsentieren und wohl auch selbst sehen möchten, so ausgesprochen unbarmherzig gegenüber jenen sind, die aus ihrer Sicht nicht zu den Guten gehören. Gar so universalistisch ist der postchristlich-undogmatische Universalismus folglich doch nicht; wenn man genau hinschaut, ist es nur eine Religion für eine Klientel linksliberaler Besserverdienender, die sich selbst als moralische Elite betrachten. Eine Kirche der Reinen im Unterschied zur Kirche der Sünder.
(Den Punkt mit den Besserverdienenden müsste man allerdings vielleicht relativieren: Sicherlich sind auch Leute darunter, die es finanziell nicht gar so dicke haben. Spontan fällt mir dazu die Bezeichnung "Besserverdienende im Geiste" ein; die gefällt mir, ich glaube, die verwende ich in Zukunft öfter.)
Aber noch einmal zurück zu Jan Brachmanns Schilderung des Gottesdienstes in Salzburg: Anknüpfend an die oben zitierten Worte der Pfarrerin "wird in der Kirche ein Spiegel durchgereicht". Wozu?
"Jeder soll ihn in die Hand nehmen und 'sich selbst einen liebevollen Blick schenken'. Sich selbst! Nicht dem Nächsten, nicht Christus. Ich bin schön so, wie ich bin. Ich bin gut so, wie ich bin. Ich bin mir selbst genug. Ist das nicht eine Glaubenspraxis des buchstäblichen Narzissmus, der wirklich keines Opfers und keiner Vergebung mehr bedarf? Er muss, jetzt begreifen auch wir es, nicht länger zum Gekreuzigten aufblicken."
Mit diesen Sätzen endet der Artikel; offenbar war Brachmann der Auffassung, mehr gebe es dazu nicht zu sagen, und da kann ich ihm nicht direkt widersprechen.
Geistlicher Impuls der Woche
Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt. Ihn hat Gott als Herrscher und Retter an seine rechte Seite erhoben, um Israel die Umkehr und Vergebung der Sünden zu schenken. Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen.
Ohrwurm der Woche
Credo unplugged: Christ ist erstanden
Ich kann es nicht oft genug betonen: "Moderne", an die von Rock- und Popmusik geprägten Hörgewohnheiten des "Publikums" angenäherte Musik im Gottesdienst muss nicht NGL heißen. Man muss auch nicht auf Stücke aus der säkularen Rock- und Popmusik zurückgreifen, von denen man aufgrund einer gewissen religiösen Motivik im Text meint, dass sie "irgendwie passen" (ich habe allen Ernstes mal "One of Us" von Joan Osborne beim Nightfever gehört... reden wir nicht drüber, bzw. vielleicht ein andermal); und auch Lobpreis-Pop der eher charismatischen Art ist, so sehr ich bekanntermaßen eine gewisse Vorliebe dafür habe, durchaus nicht die einzige Option. Eine andere Möglichkeit ist es, traditionelle Kirchenlieder "modern" und ein bisschen rock-poppig zu arrangieren. Wenn man's kann. Jemand, der das sehr gut kann, ist mein Freund Raphael Schadt; Kostproben davon waren z.B. während der MEHR 2020 im Rahmen einer von Weihbischof Florian Wörner zelebrierten Messe zu hören, und weitere auf YouTube unter dem Reihentitel "Credo unplugged". Hier mit einem traditionellen Osterlied.
Vorschau/Ausblick
Heute haben in Rom die Begräbnisfeierlichkeiten für Papst Franziskus stattgefunden, ich habe sie teilweise im Livestream von EWTN verfolgt, während Frau und Kinder im Tierpark waren; bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, dass mein Freund und Manager "Patrick" aus Wien mir mitgeteilt hat, er habe mehrere Tage lang (!) den Livestream vom Defilé zum im Petersdom aufgebahrten Leichnam des Papstes beobachtet und gestaunt, dass der Besucherstrom schier nicht abreißen wollte. – Heute Abend ist Community Networking Night im Baumhaus, und ich hoffe, dass wir es hinkriegen, da gemeinsam teilzunehmen – behalte mir diesmal aber vor, da schlimmstenfalls auch allein hinzugehen. Für den morgigen Weißen Sonntag bzw. Barmherzigkeitssonntag haben wir, soweit ich sehe, keine anderen Pläne, als "ganz normal" in St. Joseph Siemensstadt in die Messe zu gehen; und am Montag gehen dann Schule und Arbeit wieder los, erst mal aber nur bis Mittwoch, denn dann folgt dank 1. Mai plus Brückentag gleich wieder ein verlängertes Wochenende. Überhaupt sind es, wenn ich mich nicht verzählt habe, abzüglich gesetzlicher Feiertage und dazugehöriger Brückentage nur 56 Schul- und Arbeitstage bis zu den Sommerferien; mir scheint, die dürften ziemlich schnell rumgehen. Aber mal der Reihe nach: Am Montag wird an der Schule des Tochterkindes Ostern nachgefeiert – und zwar wird es da nicht nur mit "Osterküchlein", Ostereiersuche und Osterfeuer geben, sondern, wie es in einer Rundmail an die Eltern hieß, auch "Elemente des Pessahs Festes" [sic]. Wozu mir zwei kritische Anfragen in den Sinn kommen, nämlich erstens: Ist das nicht "cultural appropriation"? Darf man das? Und zweitens: Wie wär's denn mal mit Elementen des christlichen Osterfests? – Okay, das Osterfeuer ist natürlich ein christlicher Brauch, auch wenn Neuheiden und Evangelikale das nicht gern hören bzw. bestreiten; aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass die neuheidnische Deutung dieses Brauchs heutzutage im kollektiven Bewusstsein die dominante ist. Na, ich bin jedenfalls gespannt, was das Tochterkind von dieser Schul-Osterfeier erzählen wird... Am Dienstag ist wieder Rumpelberggruppe, am Mittwoch JAM, und zur Werktagsmesse mit anschließendem Frühstück in St. Marien Maternitas Heiligensee möchte ich mit dem Jüngsten möglichst auch mal wieder; am Donnerstag, dem Fest Hl. Josef der Arbeiter, ist in St. Joseph Tegel "Patronats- und Siedlungsfest", das war in den letzten Jahren ja immer ganz gut, da könnte man also ruhig wieder hingehen. Und am Freitag beginnt – woran mich die schon mehrfach erwähnte Website praymorenovenas.com per Mail erinnerte – die Novene zu Maria Knotenlöserin. Eine Google-Abfrage hat mich belehrt, dass es dazu auch in deutscher Sprache eine recht gute Auswahl an Vorlagen gibt, darunter – auf der Website des Bistums Augsburg als pdf-Datei zum Download verfügbar – eine Novene mit Gebeten aus der Feder des verstorbenen Papstes Franziskus. Ich denke, das trifft sich sehr gut...!