Samstag, 6. Juli 2024

Creative Minority Report Nr. 37

Saludos, Compañeros! So ziemlich jeden Samstag bestehen meine letzten Handgriffe am jeweiligen Wochenbriefing – abgesehen von der Formatierung des Texts und dem Einfügen von Links – darin, ein Vorschaubild auszuwählen und mir einen Einleitungsabsatz aus den Rippen zu schneiden. Was den letzteren Punkt betrifft, habe ich mich gefragt: Hat das aktuelle Wochenbriefing einen Roten Faden, einen Leitgedanken, der die einzelnen thematischen Abschnitte in einem höheren oder tieferen Sinne zueinander in Beziehung setzt? Nach eingehender Prüfung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass sich in der neuen Creative Minority Report-Ausgabe, abgesehen von dem wie fast immer sehr präsenten Schwerpunkt Kinder- bzw. Familienkatechese, zwei Leitmotive benennen lassen, nämlich Gastrokritik und christlicher Anarchismus. Und jetzt hoffe ich, euch damit ausreichend neugierig gemacht zu haben... 

How do you want to contribute to creating a better climate in Berlin? Ich würde mal annehmen, die Frage ist bewusst mehrdeutig gehalten.

Was bisher geschah 

Wie im vorigen Wochenbriefing bereits angekündigt, war ich am vergangenen Samstag mit Frau und Kindern den ganzen Nachmittag bis in den frühen Abend hinein beim Baumfest in Panketal – und fuhren anschließend noch zum Baumhaus; für einen eigenständigen Artikel reicht das, was wir da erlebt haben, wohl nicht aus, für einen eigenen thematischen Abschnitt in diesem Wochenbriefing aber allemal ("Unter Bäumen"). Am Sonntag hatte meine Liebste Geburtstag; der erste Programmpunkt des Tages bestand indes darin, den letzten Kinderwortgottesdienst der Saison über die Bühne zu bringen ("Schwarzer Gürtel in KiWoGo"), und anschließend grillte der Sozialdienst katholischer Männer. Danach machten wir erst mal einen Spaziergang durch die immerhin zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Großsiedlung Siemensstadt, ließen die Kinder eine Weile auf einem Spielplatz herumtollen und gingen dann noch Eis essen, ehe wir heim nach Tegel fuhren. Zum Geburtstags-Abendessen gingen wir in ein indisches Restaurant in der Fußgängerzone von Alt-Tegel; ganz so lecker, wie man sich's hätte wünschen können, war das Essen dort nicht, aber ganz okay, auch vom Preis her. 

Am Montag unternahm ich erstmals den Versuch, eine schon letztes Jahr gegen Ende der Sommerferien ausgeheckte Idee ernsthaft in die Tat umzusetzen: nämlich, die Spandauer Filiale eines bekannten schwedischen Einrichtungshauses als Kombination aus KiTa und Co-Working-Space zu nutzen. Der Versuch scheiterte jedoch schon im Ansatz: Als wir gegen 11 Uhr dort ankamen, erfuhren wir, dass das Småland an diesem Tag erst um 15 Uhr öffnete. Schuld war offenbar Mitarbeitermangel. Also schauten wir uns auf dem neben dem Eingang zum Småland an die Wand montierten Fernsehschirm drei Folgen "Der kleine Rabe Socke" an und traten dann den Rückzug an. Mein Plan war, dass wir uns mit meiner Liebsten, die unerwartet früher Unterrichtsschluss hatte als sonst montags, in den Spandau Arcaden zu einer gemeinsamen Snackpause zu treffen; auf dem Weg dorthin schlief der Kleene allerdings im Kinderwagen ein. Als die Liebste eintraf, gingen wir dennoch zusammen zu KFC – und an dieser Stelle muss ich mich dann doch mal ausnahmsweise als Gastro-Blogger betätigen und sagen: Ich rate vom Besuch dieser Location ab. Der Burger, den ich hatte, war gut, aber die Fritten waren eher kläglich, die frittierten Hähnchenteile offenbar "schon etwas länger frisch", Softgetränke gab es nur in der "Zero"-Variante (uäh) und zum Kindermenü gab's kein Spielzeug. Dass die ganze Zeit ein Servier- und Abräumroboter durch den Laden fährt und Gäste anpflaumt, die ihm im Weg sind, ist anfangs irgendwie hübsch skurril, aber irgendwann nervt's dann halt auch. 

No, it's not.

Am Dienstag, dem Fest Mariä Heimsuchung, hatte meine Liebste unterrichtsfrei und wollte mit unserem Jüngsten einen Ausflug machen – woraufhin das Tochterkind spontan beschloss, sich einen Tag schulfrei zu nehmen, um zu diesem Ausflug mitkommen zu können. Ich blieb derweil zu Hause, um mich endlich mal wieder einem Buchprojekt zu widmen, das zuvor mehrere Monate brachgelegen hatte. Am Mittwoch, dem Fest des Apostels Thomas, waren die Kinder morgens mal wieder schwer wach zu kriegen, aber schließlich schafften wir es doch, früh genug zu Hause loszugehen, dass der Jüngste und ich, nachdem wir das Tochter zur Schule gebracht hatten, noch knapp pünktlich zur Messe in St. Marien Maternitas kamen. Diese wurde von dem nigerianischen Pfarrvikar zelebriert, der mir eigentlich als liturgisch ausgesprochen korrekt bekannt ist; umso konsternierter war ich, dass es in dieser Messe Kelchkommunion mit Selbstintinktion gab – und das auch noch in der so ziemlich schlimmsten denkbaren Form: Die Teilnehmer wurden ausdrücklich aufgefordert, "sich selbst ein Stück Leib Christi" von einer Patene zu nehmen, die der Priester in der einen Hand hielt, und dieses dann in den Kelch einzutauchen, den er in der anderen Hand hielt. Sorry, aber das geht nun wirklich gar nicht. Ich war nahe daran, unter diesen Umständen überhaupt nicht zur Kommunion zu gehen, aber da hatte ich die Rechnung ohne meinen Jüngsten gemacht, der, als der Rest der Gemeinde zur Kommunion antrat und ich einfach in der Bank sitzen blieb, nachdrücklich fragte: "Anstellen?" Also reihten wir uns hinter einer über-90jährigen Frau ein, die schon allein deshalb Mundkommunion empfing, weil sie beide Hände für ihre Gehhilfen brauchte. Danach stellte es dann keine weitere Schwierigkeit dar, auch mir die Mundkommunion zu spenden. – Was es über das JAM zu berichten gibt, findet sich diesmal wieder unter dem Rubrikentitel "Auf der anderen Straßenseite"

Der Donnerstag verlief weitgehend ohne besondere Vorkommnisse; am Freitag gab es an der Schule unseres Tochterkindes ein Schulfest, das mit einer Art Talentshow begann – rund zwei Stunden Programm mit zahlreichen Tanz-, Gesangs- und Rap-Nummern, einer Zaubershow und dergleichen mehr. Unsere Tochter trat dabei nicht auf, aber zwei der Tanzdarbietungen ("Guck mal diese Biene da" und "Komm lass uns tanzen") tanzte sie im Zuschauerraum mit und bewies damit, dass sie die Choreographie von vorn bis hinten beherrschte. Na, vielleicht traut sie sich im nächsten Jahr auf die Bühne... 


Was ansteht 

Heute vormittag hätte das letzte Wichtelgruppentreffen der Saison sein sollen, aber wie man angesichts der Entwicklung (bzw. Nicht-Entwicklung) der letzten Monate schon fast hätte erwarten können, fiel es abermals mangels Beteiligung aus; die fälligen und schon vorige Woche angekündigten Erwägungen, was man konkret unternehmen könnte und müsste, um der Wichtelgruppe nach der Sommerpause einen erfolgreicheren Neustart zu bescheren, verschiebe ich daher mal noch um mindestens eine weitere Woche. Am morgigen 14. Sonntag im Jahreskreis steht, erstmals seit gefühlt mehreren Monaten, "nichts Besonderes" an, also werden wir wahrscheinlich "ganz normal" in Siemensstadt in die Messe gehen. Und dann beginnt die letzte "ganze" Schul- und Arbeitswoche vor den Sommerferien – wenn auch im Grunde nur für das Tochterkind, denn an der Schule meiner Liebsten ist Exkursionswoche: An zwei Tagen ist sie mit ihren Schülern auf Exkursion und hat dafür den Rest der Woche frei (wird aber wohl einen dieser "freien" Tage für Bürokram verwenden müssen). Einen "Omatag" wird es in dieser Woche erneut nicht geben, da meine Schwiegermütter wieder verreist sind. Am Donnerstagabend findet das Saison-Abschlussessen des Arbeitskreises Kinderwortgottesdienst statt; ich erwähnte es bereits: Pizza essen auf Kosten des Kirchensteuerzahlers! Und am Samstag sind wir zu einem Sommerfest in Werder an der Havel eingeladen – das hat sich bei dem Geburtstagspicknick, bei dem wir vor zwei Wochen waren, gewissermaßen als "Folgeeinladung" ergeben – so kann der Sommer von mir aus weitergehen...! 


Unter Bäumen 

Die Einladung zum 17. Panketaler Baumfest verdankten wir vorrangig der Tatsache, dass im Förderverein des Robert-Koch-Parks Panketal, der dieses Fest ausrichtet, meine Schwiegermütter aktiv sind und auch am Festprogramm beteiligt waren. So gesehen war dieses Event für uns bzw. unsere Kinder eine Art "vorgezogener Omatag". Allerdings hatte ich – obwohl die Programmankündigung allerlei Angebote für Kinder umfasste (Holz-Geschicklichkeitsspiele, Kinderschminken, Basteln mit Naturmaterialien, eine Märchenerzählerin...) – im Vorfeld irgendwie den Verdacht, die Veranstaltung richte sich tendenziell eher an alte Leute. Was sich tatsächlich als nicht ganz falsch herausstellte. Sagen wir's so: Der Großteil der durch einheitliche T-Shirts als zum Veranstalter-Team gehörig gekennzeichneten Personen und auch ein beträchtlicher Teil der Festbesucher war mindestens Mitte 60, und so war es einigermaßen folgerichtig, dass der ganze Stil und die Atmosphäre des Fests deutlich die Handschrift der Grünen-Gründergeneration trug. So empfand ich das jedenfalls, und ich habe eine recht ausgeprägte Antenne dafür, denn meine Grundschul-Klassenlehrerin gehörte zu dieser Spezies, und ebenso eine Frau, die in meinem heimatlichen Dorf ein Kinder-Akkordeonorchester leitete und daneben diverse Funktionen in der dortigen katholischen Kirchengemeinde ausübte. Überhaupt habe ich den Eindruck, in Kiechengemeinden ist häufig derselbe (oder ein ähnlicher) Menschenschlag aktiv wie in Vereinen zur Förderung von Naturschutz und Kultur im ländlich-kleinstädtischen Raum. Muss wohl was mit "bildungsbürgerlicher Milieuverengung" zu tun haben. Jedenfalls erklärt das vielleicht, dass ich mich auf dem Panketaler Baumfest tendenziell fühlte wie auf einem Pfarrfest

Wobei man allerdings anerkennen muss: Als Pfarrfest betrachtet war's eher eins der besseren. Insbesondere was das Angebot für Kinder angeht: Unsere Kinder bastelten Raupen aus Eierpappen, das Tochterkind ließ sich schminken (der Jüngste hatte dazu keine Lust), und bei einem Quizspiel gewannen beide (mit Unterstützung jeweils eines Elternteils) je ein gehäkeltes Kuscheltier: Der Jüngste entschied sich für einen Froschkönig, das Tochterkind für einen melancholischen Hasen. 

Live-Musik (Gesang und Gitarre) gab's von der Musiktherapeutin Dörte Badock, die, wie ich hörte, schon seit Jahren quasi zum Inventar dieses Fests gehört. Somit verwundert es nicht, dass sich ihr musikalisches Repertoire (das eine bemerkenswert ironiefreie Interpretation von "Karl der Käfer" enthielt, andererseits aber auch das Popel-Lied von Gerhard Schöne), ihr Vortragsstil und überhaupt ihr ganzes Auftreten sich sehr stimmig in die Atmosphäre der Veranstaltung einfügte. Sie spielte zwei Sets von jeweils rund einer halben Stunde Länge, und während des ersten fragte ich mich, woran es eigentlich genau lag, dass mir ihre Performance nicht gefiel. Mal abgesehen davon, dass sie einfach nicht besonders gut sang und Gitarre spielte, aber das kann ja, wie ich an anderer Stelle schon mal angemerkt habe, durchaus auch sympathisch wirken. Tat es in diesem Fall aber nicht. Klar, manchmal stimmt einfach die Chemie nicht zwischen Performer und Zuhörer, und dafür kann dann keiner was; im vorliegenden Fall trug aber sicherlich auch die eigentümliche Mischung aus Ökoromantik und Ostalgie dazu bei, die aus ihrer Liedauswahl sprach. – Im zweiten Set bekamen die Liedtexte und Zwischenmoderationen einen zunehmend esoterisch-neuheidnischen Einschlag, selbst eine Hymne an die Pachamama fehlte nicht, kein Witz. Später trat dann noch eine Seniorentanzgruppe auf, deren Mitglieder einer noch früheren Generation anzugehören schienen als die Damen vom Förderverein und deren Darbietung in der Hauptsache darin bestand, sich zu abgeschmackter Schlagermusik langsam im Kreis zu drehen. Na, immerhin kein Sitztanz. Wir hörten derweil lieber der Märchenerzählerin zu – die allerdings für mein Empfinden deutlich zu schnell sprach: Auch wenn man die Leistung, sich bei diesem Tempo nur vergleichsweise selten zu verhaspeln, durchaus anerkennenswert finden mag, wirkte es doch hektisch und nicht sehr kindgerecht. 

Übrigens gab es auf dem Fest eine stilechte Öko-Toilette: 

Lebe glücklich, lebe froh / Wie der Frosch auf dem Haferklo.

Ich zog es allerdings vor, einen noch authentischeren Beitrag zum Ökosystem zu leisten und direkt an den "Baum des Jahrtausends" zu pinkeln. 

Bei aller Kritik muss man sagen, dass es den Kindern auf dem Fest so gut gefiel, dass wir am Ende Mühe hatten, sie zum Aufbruch zu bewegen. So kamen wir beim Baumhaus, wo wir zu Abend essen wollten, etwas später an als beabsichtigt – aber trotzdem nicht zu spät: Drinnen lief, als wir ankamen, noch ein Workshop-Gespräch im Rahmen des "Urgent Action Summit", also ließen wir uns draußen nieder, wo auch diesmal wieder ein Pizzaofen aufgebaut worden war. 

Außer Pizza gab es aber wie üblich auch Gemüseeintopf und Salat. Und Brot. 


Nachdem ja schon so ziemlich den ganzen Tag "Action" gewesen war, waren die Kinder am Abend ziemlich überdreht; wir schafften es zwar noch, einigermaßen zivilisiert zu Abend zu essen, und unterhielten uns dabei auch recht nett mit unseren Tischnachbarn, aber danach fanden wir, die Kinder müssten dringend nach Hause und ins Bett. Folglich konnten wir wieder nicht zur "News You Can Use"-Runde bleiben, was ich durchaus schade fand; aber nun gut, früher oder später wird sich schon mal wieder eine Gelegenheit ergeben. 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

In der Kirche St. Joseph Siemensstadt herrschte zu Beginn der 11-Uhr-Messe am 13. Sonntag im Jahreskreis eine Raumtemperatur von 27 Grad, die Messdiener trugen kurze Hosen unter ihren Chorröcken, und der Pfarrvikar kündigte an, er wolle versuchen, die Messe kurz zu halten. Im Pfarrsaal bereitete der Sozialdienst katholischer Männer Essen für die Gemeinde vor, also mussten wir mit dem Kinderwortgottesdienst auf das bedeutend kleinere "Pfarrzimmer" ausweichen. Es war aber auch von vornherein nicht mit einem so großen Andrang zu rechnen gewesen, dass wir Platzprobleme bekommen würden; allerdings fiel die tatsächliche Beteiligung noch deutlich schwächer aus, als ich es erwartet hätte: Die Kirchenbänke waren insgesamt dünn besetzt, aber Kinder waren – mit Ausnahme meiner eigenen und der jüngsten Tochter meiner Teamkollegin – überhaupt keine da. Wir zogen unser vorbereitetes Programm aber trotzdem durch – und es lief sogar richtig gut! Die Idee, die Auferweckung der Tochter des Jaïrus als Rollenspiel zu gestalten, wollte ich angesichts der mageren Beteiligung schon fast fallen lassen, ließ mich aber umstimmen, da meine Tochter gern die Tochter des Jaïrus spielen wollte (eine nicht sehr anspruchsvolle Rolle: Sie musste nur auf einem Tisch liegen und sich im passenden Moment aufrichten). Meine Liebste übernahm daraufhin kurzerhand die Rolle des Jaïrus und meine Teamkollegin spielte Jesus, die beiden kleineren Kinder erhielten Statistenrollen und ich übernahm den Part des Erzählers. Beim anschließenden Auslegungsgespräch konzentrierten wir uns auf die Frage "Was ist bzw. woran erkennt man ein Wunder?" und stellten dabei den Gedanken in den Fokus, das Entscheidende an einem Wunder sei nicht, dass es ein spektakuläres, außergewöhnliches oder unerklärliches Ereignis ist, sondern vielmehr, dass sich darin das Wirken Gottes in der Welt zeigt. Am Sammeln von Beispielen aus dem eigenen Erfahrungsbereich beteiligte sich auch das Tochterkind, nämlich mit Beobachtungen aus dem Schulgarten – und ich war verblüfft, wie passend diese Beispiele waren (so etwa: Ein schon für tot gehaltener Baum bekam unverhofft neue Blätter). – Zum Abschluss gab es ein Gebet, und pünktlich zum Ende des Credo waren wir zurück in der Kirche. 

Was lautet also das Fazit dieses letzten KiWoGo vor der Sommerpause? – Natürlich hätte ich es schön gefunden, wenn ein paar mehr Kinder dabei gewesen wären. Womit indes nichts darüber gesagt ist, wie sich das auf die Qualität der Katechese ausgewirkt hätte. Das Rollenspiel wäre mit mehr Teilnehmern sicherlich lebhafter geraten, hätte aber wohl auch mehr Zeit in Anspruch genommen. An dem Auslegungsgespräch hat mir gerade gefallen, dass es so konzentriert war; ob das in einer größeren Gruppe genauso gut funktioniert hätte, sei mal dahingestellt. Hätten wir insgesamt mehr Zeit zur Verfügung gehabt, hätte ich gern noch ein Lied eingebaut, z.B. "Jesus, berühre mich" (a.k.a. "Nur den Saum deines Gewandes"). 

Abschließend noch eine Anekdote vom anschließenden Essen im Pfarrsaal: Als meine Liebste erwähnte, sie habe sich am Grill das vorletzte Stück Fleisch gesichert, das letzte sei für den Pfarrvikar reserviert, kommentierte ich: "Na, das ist ja auch... äh... würdig und recht." Worauf unsere sechsjährige Tochter wie aus der Pistole geschossen antwortete: "In Wahrheit ist es würdig und recht." Ich war begeistert. 


Auf der anderen Straßenseite 

Nachdem beim JAM in der vorigen Woche die Apostelgeschichte zu Ende erzählt worden war, war ich recht gespannt, was für eine Geschichte wohl diesmal drankommen würde; da es ja nicht mehr lange bis zu den Sommerferien war, ging ich nicht davon aus, dass mit einer neuen auf mehrere wöchentliche Fortsetzungen angelegten biblischen Erzählung begonnen werden würde, und damit hatte ich Recht. Tatsächlich erzählte die JAM-Leiterin eine Geschichte über einen Missionar, der in China ins Gefängnis geworfen wurde und den seine Wächter aufforderten, ihnen die christliche Heilslehre mittels eines Blattes Papier zu erklären. Eines leeren Blattes Papier, wohlgemerkt. Natürlich hatte sie zur Illustration dieser Erzählung ihrerseits ein leeres Blatt Papier mitgebracht, das sie erst faltete, dann in verschieden große und verschieden geformte Stücke zerriss und diese dann wiederum auseinanderfaltete – und die so entstandenen Formen benutzte, um damit die zentralen Aussagen der christlichen Glaubenslehre zu illustrieren. Ich versuchte hinterher, diese Geschichte – idealerweise mit einer "Bastelanleitung" für das Falten und In-Stücke-Reißen des Papiers – im Internet wirderzufinden, aber bisher ohne Erfolg. 

Als die Erzählung vermeintlich schon zu Ende war, spielte eine andere JAM-Mitarbeiterin der Leiterin sozusagen nochmals "den Ball zurück", indem sie sie fragte, was man denn nun konkret tun könne oder müsse, um an der Erlösung durch Jesus Christus, von der zuvor die Rede war, Anteil zu haben. Die Antwort darauf lief – wie man vielleicht hätte erwarten können – auf das klassisch evangelikal-freikirchliche "Jesus als meinen persönlichen Herrn und Erlöser akzeptieren" hinaus. Bei einer so starken Fokussierung auf die persönliche Willensentscheidung des Einzelnen frage ich mich immer, was eigentlich aus dem reformatorischen "sola gratia" geworden ist, oder weniger polemisch formuliert: was die Evangelikalen mit Aussagen Jesu wie "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt" (Joh 15,16) anfangen. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei den Adressaten dieser Katechese um Kinder handelt, die nach evangelikaler Auffassung noch gar nicht die nötige Reife für eine so schwerwiegende Lebensentscheidung haben. Ich habe das schon einmal problematisiert: Evangelikale Kinderkatechese geht prinzipiell davon aus, dass die Kinder noch keine Christen sind und bis auf Weiteres auch "noch nicht so weit sind", es werden zu können. Da ist es natürlich heikel, wenn man da mit Kindern hingeht, die bereits getauft sind und die nicht den Eindruck vermittelt bekommen sollen, ihre Taufe habe keine echte Bedeutung, weil sie ja nicht ihre eigene Entscheidung war. – Nun, man könnte sagen, wenn beim JAM ungefähr einmal in vier Monaten etwas vorkommt, was bei mir derartige Bedenken oder Einwände hervorruft, dann ist das aufs Ganze gesehen noch kein Grund, in Zweifel zu ziehen, ob man da als Katholik mit seinen Kindern guten Gewissens hingehen kann. Es unterstreicht aber, dass wir Katholiken selbst mehr und bessere katechetische Angebote für Kinder brauchen, und zwar nicht erst ab dem Erstkommunionalter. Das ist ein Gedanke, den man bei der fälligen Neukonzeption der Wichtelgruppe im Auge behalten sollte. 

Aber noch einmal kurz zurück zum JAM vom vergangenen Mittwoch: Im Zusammenhang mit dem Thema der "Lebensentscheidung für Jesus" erklärte die Leiterin den Kindern, eine solche Entscheidung könne auch bedeuten auf manche Dinge verzichten zu müssen, weil manche Dinge einfach nicht gehen, wenn man "mit Jesus unterwegs sein" wolle. Sie selbst zum Beispiel habe sich, als sie ihre Entscheidung für Jesus traf, von ihrer CD-Sammlung trennen müssen – und zwar nicht (wie man anhand klischeehafter Vorstellungen über Evangelikale vielleicht annehmen könnte), weil da böse Musik drauf war, sondern weil sie diese Musik mittels illegaler Downloads erworben hatte. "Und in der Bibel steht, dass wir uns an die Gesetze halten sollen und dass wir dem Staat gehorchen sollen." Nun wohl, die einschlägigen Bibelstellen kennen wir alle, gerade in der Corona-Zeit war vielfach die Rede davon. Ich muss allerdings sagen, dass ich die Argumentation "Man darf das nicht, weil es illegal ist" ein bisschen schwach und obendrein zirkelschlüssig finde. Zumal Legalität und Illegalität im demokratischen Staat – innerhalb der Grenzen verfassungsmäßig garantierter Grundrechte – grundsätzlich verhandelbar und veränderlich sind; ja, man kann sagen, der demokratische Rechtsbegriff basiert geradezu darauf, dass die Gesellschaft sich immer wieder neu darauf verständigt, "was recht ist". Und dass geltendes Recht und Gerechtigkeit nicht unbedingt immer deckungsgleich sind, dürfte ja nun eine weit verbreitete Erfahrung sein. Insofern ist das Problematische an der Berufung auf die Pflicht des Christen zur Gesetzestreue und zum Gehorsam gegenüber dem Staat, dass man damit so ziemlich alles rechtfertigen kann (und auch tut). Und genau deswegen stehen in der Bibel andererseits auch Sätze wie "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen" (Apg 5,29). Damit will ich – auf das konkrete hier vorliegende Beispiel bezogen – nicht unbedingt behaupten, dass das geltende Urheberrecht widergöttlich wäre und Gott uns zum Filesharing berufen hätte; aber ich muss gestehen, eine Diskussion zu diesen Thesen könnte ich mir als ganz reizvoll vorstellen. 


Geistlicher Impuls der Woche 

"Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter" (Lk 1,46f.). Mit diesen Worten preist Maria zunächst zwar die besonderen Gaben, die ihr geschenkt wurden, dann aber zählt sie auch die allgemeinen Wohltaten auf, mit denen Gott unaufhörlich und auf ewig für das Menschengeschlecht sorgt. Ihre Seele preist den Herrn, der alle Regungen ihres inneren Menschen für das Lob und den Dienst Gottes gefangen nimmt, weil sie durch die Beobachtung der göttlichen Gebote zeigt, dass sie stets an die Macht und Majestät Gottes denkt. Ihr Geist jubelt über Gott, ihren Retter, ihr Geist, den allein das Denken an seinen Schöpfer erfreut, von dem er das ewige Heil erhofft. Die Worte passen zwar auf alle, die vollkommen sind, doch vor allem auf die selige Gottesmutter, da sie kraft ihres einzigartigen Gnadenvorzugs in einer geistgeschenkten Liebe zu dem entbrannt ist, dessen leiblicher Empfängnis sie sich erfreuen darf. Mit besonderem Recht kann sie über Jesus, das heißt: ihren Retter, in einer vor allen Menschen ausgezeichneten besonderen Freude jubeln. Denn sie kennt ihn als den ewigen Urheber des Heils und weiß, dass er bei seinem Eintreten in die Zeit aus ihr geboren wird, er, ihr Sohn und ihr Herr in ein und derselben Person. 

"Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig" (Lk 1,49). Nichts schreibt sie also ihren Verdiensten zu. Ihre ganze Größe führt sie auf das Geschenk Gottes zurück, der seinem Wesen nach mächtig und groß ist und gerne seine Gläubigen, die klein und schwach sind, stark und groß macht. Treffend fügt sie hinzu: "und sein Name ist heilig", um ihre Hörer aufhorchen zu lassen, ja um alle, an die ihr Wort gelangt, zu lehren, wie schnell sie zum Glauben und zur Anrufung des göttlichen Namens bereit sein sollen, damit auch sie der ewigen Heiligkeit und des wahren Heils teilhaftig werden können, nach dem Spruch des Propheten: "Wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet" (Joel 3,5). Das ist ja der Name, von dem sie sagt: "Mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter."

Darum hat sich in der Kirche der gute und heilbringende Brauch eingebürgert, dass alle jeden Tag beim Abendlob ihren Hymnus singen. So sollen die Herzen der Menschen immer wieder an die Menschwerdung des Herrn denken und dadurch zu liebender Hingabe entbrennen, und die häufige Erinnerung an das Beispiel der Gottesmutter soll die Herzen in der Tugend festigen. 

(Beda Venerabilis, Homilie zu Ehren der Gottesmutter) 


Ohrwurm der Woche 

Danny Wilson: Mary's Prayer 

Der Titel passt zum Fest Mariä Heimsuchung, nicht wahr? Und nicht nur der Titel, sondern auch Textstellen wie "If I say ten Hail Marys, leave a light on in Heaven for me" oder "Blessed is the one who shares / your power and your beauty, Mary". Eine klare religiöse Aussage hat der Songtext dennoch nicht – es handelt sich eher um ein assoziatives Spiel mit religiösen Motiven –, aber ein schönes Lied ist es allemal, finde ich. Diese musikalische Stilrichtung, die um die Mitte der 80er ziemlich en vogue war und zu der auch Gruppen wie Roxy Music, ABC, Spandau Ballet, Johnny Hates Jazz oder Matt Bianco ihren Teil beitrugen, nannte sich übrigens "SophistiPop", und ob man's glaubt oder nicht, das war eine der zahlreichen Facetten des Gesamtphänomens Post-Punk. Was auch noch zu sagen wäre: Danny Wilson war nicht der Name des Sängers oder eines anderen Bandmitglieds, sondern der Name der Band. Sie hatte sich nach dem von Frank Sinatra dargestellten Titelhelden des Films Meet Danny Wilson (deutscher Titel: "Zu allem entschlossen") benannt, allerdings erst nachdem die Erben des Schauspielers Spencer Tracy es der Band untersagt hatten, sich Spencer Tracy zu nennen. Klingt komisch, is' aber so. 


3 Kommentare:

  1. Hallo, war es diese Geschichte mit dem Blatt Papier?
    https://kircheketzberg.de/wp-content/uploads/2020/04/Ein-Blatt-Papier....pdf

    Grüße, Silvia

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    1. Tatsächlich, das war's!

      Vielen herzlichen Dank für den Link!

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    2. Naja, mich erinnert das an die u.a. auch auf Bibel.tv präsentierten Zauberkuststückchen von Michael Kasterke, mit denen er dann beiläufig christliche Glaubenswahrheiten zu erklären sucht.
      Ist zwar irgendwie beeindruckend, aber bei mir zumindest bleibt von der jeweiligen Heilsbotschaft da nix hä gen. Also vergebene Liebesmüh.

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