Samstag, 8. März 2025

Die 3 K der Woche (15): Kinder, Kirche, Karneval

Willkommen in der Fastenzeit, Freunde! Erneut liegt eine Woche hinter mir, in der ich nicht annähernd alles geschafft habe, was ich gerne hätte schaffen wollen; aber ich habe den Eindruck, die Fastenzeit hilft mir dabei, das gelassener zu sehen. Zu berichten gibt es jedenfalls auch so allerlei, daher muss ich diese Vorrede wohl nicht übermäßig in die Länge ziehen... 

Mittagssonne in der St.-Johannes-Basilika am Südstern

Update Pfarrhausfamilie 

Im vorigen Wochenbriefing hatte ich ja schon den bemerkenswerten Umstand angesprochen, dass uns kurz nach der Veröffentlichung meines Dossier-Artikels zum Thema "Pfarrhausfamilie" zwei konkrete Angebote zur Verwirklichung der dort skizzierten Projektidee erreichten; präziser ausgedrückt haben zwei verschiedene Pfarrgemeinden in verschiedenen deutschen Bistümern Interesse daran signalisiert, dass wir unser Projekt bei ihnen verwirklichen, und haben auch geeignete Immobilien dafür in petto. Nun befinde ich mich insofern in einem Zwiespalt, als ich einerseits nicht zu viel darüber verraten will, solange überhaupt noch nicht absehbar ist, ob da tatsächlich was draus wird – es gibt in beiden Fällen noch allerlei offene Fragen, sowohl auf unserer Seite als auch auf Seiten der betreffenden Gemeinden, und außerdem kann ich gar nicht genug betonen, dass eine Entscheidung dieser Tragweite gründlich durchdacht und im Gebet erwogen werden will –, aber andererseits eben auch gilt: Wes das Herz voll ist, des fließt der Mund über. Und ich bin gerade einfach ziemlich überwältigt von dem Echo auf diesen Artikel, der ja im Grunde nur eine "Compilation" aus früheren Artikeln war. In jedem Fall zeigt das, was für ein Potential in der "Pfarrhausfamilien"-Idee steckt – nicht nur für uns: Sollten wir an einen der beiden derzeit zur Debatte stehenden Orte ziehen, wäre an dem jeweils anderen Ort ja immer noch eine Stelle für eine Pfarrhausfamilie frei; oder richtiger gesagt: mindestens eine, denn in einem der betreffenden Häuser wäre sogar noch eine zweite Wohnung frei. Lasst das mal auf euch wirken, Leser! 

Eins kann ich euch jedenfalls sagen: In einer eMail einen Satz zu lesen wie "Alles das, was Sie anbieten, könnten wir gut gebrauchen", ist schon sehr motivierend, besonders wenn man mit denselben Angeboten jahrelang an verschiedenen Orten hausieren gegangen ist wie mit sauer Bier. 

Ohne voreilig allzu viele Details preiszugeben, möchte ich doch noch mitteilen, dass ich am vorigen Samstag Gelegenheit hatte, mich mit zwei Vertretern (m/w) einer der beiden in Frage stehenden Gemeinden zu treffen und darüber zu sprechen, was uns dort erwarten würde. An dieser Stelle muss ich gestehen: Ich bin zwar gut im Bauen von Luftschlössern, und wenn mir jemand mit Einwänden kommt, reagiere ich darauf gern mit vollmundigen Bekundungen von Gottvertrauen, aber gleichzeitig habe ich auch einen hartnäckigen Hang zum Pessimismus, der sich ausgerechnet immer dann zu Wort meldet, wenn es wirklich um etwas geht. So eine fiese innere Stimme, die mir einflüstert: Da wird ja doch nichts draus. Daher ging ich in das Treffen am Samstag so halb und halb mit der Erwartung, das, was meine Gesprächspartner mir vorschlagen würden, würde sich als für meine Familie nicht realisierbar bzw. nicht mit unseren Vorstellungen vereinbar herausstellen. Tja, und da muss ich sagen: Diese Erwartung hat sich schon mal nicht erfüllt. Daher müsste es nun, wie ich mir ebenfalls schon im Vorfeld überlegt hatte, eigentlich der nächste Schritt sein, eine große, Gilmore Girls-mäßige "Pro & Contra"-Liste zu erstellen – aber auf dem Rückweg von diesem konspirativen Treffen stellte ich fest, dass mir, soweit es mich persönlich betrifft, überhaupt keine Contra-Argumente einfallen. Ich könnte mir gewisse praktische Schwierigkeiten vorstellen, die sich einer Verwirklichung des "Pfarrhausfamilien"-Projekts in den Weg stellen könnten (wobei man das ja ganz gelassen sehen und sich sagen könnte: Wenn Gott uns da haben will, wird Er es auch möglich machen), aber wenn ich mich frage "Welche Aspekte meines jetzigen Lebens in Berlin, die ich für das Pfarrhausfamilien-Projekt aufgeben müsste, würden mir fehlen?", fällt mir tatsächlich nichts ein. Mir ist klar, dass das nicht für alle Familienmitglieder im selben Maße gilt, am wenigsten wohl für unser Tochterkind; aber gleichzeitig bin ich überzeugt, dass ein Umzug in eine kleinere Stadt gerade für die Kinder viele Vorteile haben könnte. 

Kurz und gut, natürlich gibt es in dieser Angelegenheit noch Vieles zu bedenken und noch manche offene Fragen. Aber schon allein die Tatsache, dass sich eine Möglichkeit abzeichnet, den langgehegten Wunschtraum von der Pfarrhausfamilie zu verwirklichen, stimmt mich gerade ziemlich euphorisch. 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 

Am 8. Sonntag im Jahreskreis, dem letzten vor Beginn der Fastenzeit, war in St. Joseph Siemensstadt mal wieder Kinderwortgottesdienst, diesmal zum Thema "Den Baum erkennt man an seinen Früchten" (Lukas 6,43-45). In dem Ablaufplan, den der Gemeindereferent auf der Basis unseres Vorbereitungstreffens erstellt hatte, kam mir eine einigermaßen zentrale Rolle zu, und das war mir auch durchaus recht, zumal es mir – wenn ich das mal so sagen darf – eine gewisse "Kontrolle über die Message" gab. Die visuelle Gestaltung stammte indes nicht von mir, die hatte sich der Gemeindereferent ausgedacht: Verborgen unter großen Tüchern lagen auf dem Fußboden eine Schatztruhe mit Spielgeld, ein Apfel und ein großes rotes Herz. Als erstes (genauer gesagt: nach einer kurzen Begrüßung durch den Gemeindereferenten und einem von mir zur Gitarre vorgetragenen Lied, nämlich wieder einmal "Alles was ich hab") wurde die Schatztruhe aufgedeckt, und da zeigte sich dann auch gleich, wie sehr die Kinder, die am Kinderwortgottesdienst teilnehmen, bereits moralistisch vorgeprägt sind: Auf die Frage, ob es gut wäre, viel Geld zu haben, antworteten die meisten vorsichtshalber mit "Nein", nur mein Jüngster, der schlichtweg noch zu klein ist, um mit den Erwartungen der Erwachsenen 3D-Schach zu spielen, war anderer Meinung. Nun, wir einigten uns schließlich darauf, dass man eine große Menge Geldes zweifellos für gute und sinnvolle Zwecke einsetzen könnte, dass großer materieller Reichtum aber auch seine Schattenseiten haben kann; dann wurde als nächstes der Apfel aufgedeckt. Könnte man sagen, der Apfel sei auch eine Art Schatzkästlein?, fragte der Gemeindereferent, und Kinder kamen recht schnell darauf, worauf er hinauswollte: Der Apfel enthält Kerne, aus denen wieder neue Apfelbäume wachsen können. Dann kam das Herz an die Reihe, und im Gespräch mit den Kindern zu erarbeiten, was es damit auf sich hatte, war meine Aufgabe. – Einem Jungen aus der Runde fiel zu dem Herz-Symbol sofort das Stichwort "Liebe" ein; davon abgesehen reagierten die Kinder erst einmal etwas ratlos auf die Frage, was das Herz mit dem Schatzkästchen und dem Apfel gemeinsam haben könnte, also half ich ihnen mit einer kleinen Beispielgeschichte auf die Sprünge, die mir gerade noch rechtzeitig am selben Morgen eingefallen war. 

"Stellt euch mal vor: eine Kindergeburtstagsfeier in einem Garten, die Kinder essen Geburtstagstorte von Papptellern. Und dann fällt einem Kind das Tortenstück runter in den Dreck." 

Damit konnten die Kinder etwas anfangen, und es gab einige Wortmeldungen dazu, wie man auf eine solche Situation reagieren könnte oder sollte. Dabei fiel auch explizit das Stichwort "Mitleid", und das griff ich auch: Mitleid sei eine Frucht eines guten Herzens, denn ein weniger gutes Herz würde stattdessen vielleicht mit Schadenfreude reagieren. "Und wenn euer Mitleid größer ist als euer eigener Hunger auf Torte, dann gebt ihr dem Kind, dem das Tortenstück runtergefallen ist, vielleicht etwas von eurem eigenen Stück ab." 

Im nächsten Schritt trug die Teamkollegin, die nicht beim Vorbereitungstreffen gewesen war, die für das Thema dieses KiWoGo relevanten Verse aus dem Evangelium vor, und dann war ich wieder an der Reihe mit ein paar ausdeutenden Anmerkungen. "Ihr habt vielleicht schon mal so Lebensweisheiten gehört wie 'Hör immer auf dein Herz', 'Tu immer, was dein Herz dir sagt' oder so. Das sagt Jesus nicht, und das sagt die Bibel nicht. Das Herz des Menschen ist nämlich gar nicht immer nur gut." An dieser Stelle führte ich ein paar Bibelstellen zum Thema "Herz" an, die ich bereits im Vorfeld des Vorbereitungstreffens zusammengetragen hatte (Jeremia 17,9; Matthäus 15,19f.; Psalm 51,12; Matthäus 5,8; Galater 4,6), und fasste zusammen: Gut ist das Herz nicht von allein, sondern gut wird ein Herz dadurch, dass Gottes Geist in ihm wirkt. "Es ist also nicht so, dass wir erst gut sein müssen, damit Gott uns liebt, oder dass wir Gutes tun müssen, um Gott näher zu kommen, sondern es ist genau umgekehrt: Weil Gott uns liebt, können wir überhaupt gut sein, und je näher wir Gott kommen, desto bessere Menschen werden wir auch." 

Dieses Fazit leitete wie von selbst über zu einem Abschlussgebet nach JAM-Art; als wir danach zurück in die Kirche kamen, hatte die Gabenbereitung schon begonnen. Insgesamt hätte man diesen KiWoGo vielleicht etwas kürzer und weniger wortreich gestalten können, aber ich war und bin eigentlich ganz zufrieden; übrigens auch damit, wie die Kinder (es waren diesmal 14, ein paar weniger als die letzten Male, aber das kann man wohl auf die Erkältungswelle schieben) bei der Sache waren und sich beteiligten. Den nächsten KiWoGo gibt's Ende März, dann ist das Gleichnis vom Verlorenen Sohn dran...


Närrisches und Nüchternes 

Vor die Fastenzeit hat die Tradition den Karneval gesetzt, und auch wenn ich persönlich damit noch nie viel am Hut hatte und meine Liebste auch nicht gerade der größte Karnevals-Fan ist, den ich kenne, gingen die närrischen Tage doch nicht ganz spurlos an uns vorüber, schon wegen der Kinder. Unsere Große hatte am Rosenmontag Schulfasching, aber einige Tage zuvor war uns glücklicherweise eingefallen, dass wir uns wohl mal nach einer Faschingsfeier umsehen sollten, bei der auch unser Jüngster mitfeiern konnte. Mit Hilfe der Instagram-Präsenz der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd fand ich heraus, dass es am Samstagnachmittag eine Kinderfaschingsfeier im Gemeindehaus von St. Bernhard in Tegel-Süd gab, also ging meine Liebste mit den Kindern dorthin, während ich noch auf dem Rückweg von meinem konspirativen Treffen in Sachen Pfarrhausfamilie war; ich stieß dann später dazu. Unsere Große war als Hermione Granger aus "Harry Potter" verkleidet und unser Jüngster als Captain America; beide fanden recht schnell Anschluss an andere Kinder ihrer Altersgruppe mit thematisch passenden Kostümen. Insgesamt war die Faschingsfeier ein großer Erfolg, es gab allerlei Tanzspiele und ein Mitbring-Büffet (dass wir nichts dazu beisteuerten, wurde uns glücklicherweise nicht verübelt), und wir tauschten mit den Eltern der neuen Freunde unserer Kinder Telefonnummern aus. 

Davon, am letzten Wochenende vor der Fastenzeit einen Karnevalsgottesdienst mitzuerleben, blieben wir, anders als letztes Jahr, verschont; aber es gibt ja Internet. Auf dem Instagram-Account der Pfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd etwa wurde ein Video von der gereimten Predigt des dortigen Pfarrers, gehalten beim Karnevalsgottesdienst in St. Rita, veröffentlicht; im Text zum Beitrag hieß es, der Pfarrer sei "[ü]berregional bekannt [...] für seine gemeinten Predigten". Das berührt einen interessanten Sachverhalt: Ich stelle immer wieder mit einer gewissen Verblüffung fest, dass es Leute gibt, die diesen Geistlichen ernsthaft für einen guten Prediger halten. Dazu gehört vermutlich an prominenter Stelle er selbst, aber eben nicht nur er. Er macht gelegentlich auch Rundfunkgottesdienste. Und ich versteh's einfach nicht, wie man das gut finden kann bzw. was man daran gut finden kann. Über die Karnevalspredigt, die man auf Instagram bewundern kann, würde ich sagen, die Reimform trägt dazu bei, dass bestimmte Merkmale, die auch sonst charakteristisch für die Predigten dieses Geistlichen sind, besonders deutlich zur Geltung kommen. Dazu gehört an prominenter Stelle, dass er zunächst über sich selbst spricht: 

"Mein alter Brauch wird nicht gebrochen: 
Die Predigt wird gemeint gesprochen. 
Im letzten Jahr ging es 'on air'
die Resonanz darauf war sehr 
erstaunlich – ich hätt' nicht gedacht, 
wie sehr mein Reimen Freude macht" – 

und in diesem Duktus geht's noch ungelogen sieben Verspaare weiter, bevor er zum Thema seiner diesjährigen Reimpredigt kommt. Sodann bestätigt die Predigt die schon öfter angesprochene Tendenz, dass der Pfarrer von St. Klara lieber über Politik und Gesellschaft spricht als über geistliche Fragestellungen – und dies trotz der Tatsache, dass er im Allgemeinen nicht den Eindruck macht, viel von Politik zu verstehen; jedenfalls wirken seine Einlassungen meist arg oberflächlich und wenig reflektiert, was natürlich ebenfalls etwas ist, was durch die Reimform besonders deutlich wird. Seine diesjährige Karnevalspredigt dreht sich jedenfalls praktisch zur Gänze um Politik, und wenn an den Äußerungen des Pfarrers etwas überraschend ist, dann, dass er – abgesehen von einer Klage darüber, dass "die Klimaziele nicht erreicht" worden seien – vergleichsweise konservative Töne anschlägt; so etwa beim Thema Migration:  

"Doch wer hier plant ein Attentat 
und wer sich sehnt nach Kalifat, 
der kann das gern in andern Ländern 
einfordern oder dort was ändern"; 

und dann, ohne eindeutigen Bezug zu irgendwas Konkretem: 

"Doch niemand traut sich was zu ändern, 
außer dass nunmehr alle gendern." 

In der zweiten Hälfte der Predigt gewann dann aber der charakteristische Untertanengeist des Pfarrers die Oberhand, in Gestalt der Mahnung, man solle die Regierenden nicht zu sehr kritisieren, schließlich meinten sie es gut mit uns und hätten im Unterschied zu den zum Egoismus neigenden Bürgern das große Ganze im Auge. Das, o Leser, war allen Ernstes seine politische Interpretation des Jesuswortes vom Splitter im Auge des Nächsten und dem Balken im eigenen Auge (Lukas 6,41f.). Zwischendrin zitierte er einige Verse aus dem Ärzte-Song "Demokratie", was inhaltlich ins Bild passte, wenn auch formal nicht zum Reimschema der Predigt. (Dass sich die Ärzte, wie übrigens auch die Toten Hosen, in jüngster Zeit als Verfechter der korrekten staatsbürgerlichen Gesinnung profilieren, mag manch einer noch befremdlicher finden, als dass ein Pfarrer das tut, aber das mal nur am Rande.) 

Nebenan beim Instagram-Kanal von Horse & Hound posiert derweil Thomas Halagan im Clownskostüm einschließlich bunter Perücke und roter Knubbelnase, um unter dem Hashtag #kurzgesagt einen aus ca. vier gereimten Verspaaren bestehenden Predigtimpuls zum Evangelium vom 8. Sonntag im Jahreskreis zu präsentieren. Und schon beim ersten Verspaar – 

"Jesus ist's, der uns heute sagt: 
Es kommt darauf an, was du vollbracht" 

– entfuhr mir ein spontanes "Eben nicht!". Mein nächster Gedanke lautete: Der hätte mal lieber in meinen Kinderwortgottesdienst kommen sollen. Im Ernst: Da sieht man den Moralistisch-Therapeutischen Deismus live bei der Arbeit, und für diese Klarheit in der Verkehrtheit möchte man dem Herrn Halagan dann ja doch fast schon dankbar sein. 


Doppelter Aschermittwoch 

Am Aschermittwoch ging ich mit dem Jüngsten, nachdem wir das Tochterkind zur Schule gebracht hatten, erst einmal in St. Marien Maternitas in Heiligensee zur Messe, die bedeutend länger, feierlicher und besser besucht war als an einem "normalen" Mittwoch. Für meinen Sohn begann dieser Kirchbesuch mit einer schönen Überraschung, denn eine alte Dame aus der Gemeinde schenkte ihm aus heiterem Himmel einen Teddybären. Außerdem war die Mutter eines Jungen, mit dem mein Jüngster sich beim Kinderfasching angefreundet hatte, im Gottesdienst. Ein Gemeindefrühstück im Anschluss an die Messe gab es auch diesmal – mit Graupensuppe, Brot und Butter (ich hatte extra zu Hause nichts gefrühstückt außer zwei Tassen Kaffee). 

Am Nachmittag gingen wir natürlich zum JAM, aber da dort der Aschermittwoch keine besondere Rolle spielte, komme ich darauf in einem gesonderten Abschnitt zurück. Um 19 Uhr gingen wir jedenfalls mit der ganzen Familie in St. Stephanus Haselhorst in die Messe, die, ebenso wie die der beiden vorangegangenen Sonntage in St. Joseph Siemensstadt, von Padre Ricardo zelebriert wurde. Wogegen ja grundsätzlich nichts zu sagen ist, aber so langsam hätte ich auch ganz gerne mal wieder eine anregende Predigt. Na ja, vielleicht am nächsten Sonntag (also morgen)... In der Aschermittwochsmesse jedenfalls kündigte Padre Ricardo lediglich eine "ganz, ganz kurze Ansprache" an, die dann doch gut zehn Minuten dauerte, inhaltlich aber kaum darüber hinausging, in anekdotischer Form einige landläufige Missverständnisse über den tieferen Sinn des Fastens zu korrigieren. 

Im Großen und Ganzen würde ich indes sagen, dass wir in diesem Jahr recht gut in die Fastenzeit gestartet sind; ich habe mich bemüht, seit Aschermittwoch jeden Werktag mit "Kaffee & Laudes" zu beginnen, solange die Kinder noch schlafen (am Freitag gestaltete sich das allerdings schwierig, da der Jüngste praktisch gleichzeitig mit mir wach wurde), und Lobpreisandachten habe ich in der zurückliegenden Woche ganze drei abgehalten, am Montag und Dienstag mit "extra viel Halleluja" und dann am Freitag ohne Halleluja. Die Andacht am Freitag verschlief der Knabe allerdings; den Mittagsschlaf hatte er dann wohl nötig, wenn er nicht mal von der Musik aufwachte. – Am Donnerstag waren wir übrigens um die Mittagszeit in der St.-Johannes-Basilika am Südstern, wo man theoretisch einen Stempel für den vom Erzbistum Berlin zum Heiligen Jahr herausgegebenen Pilgerpass hätte bekommen können sollen, aber abgesehen davon, dass ich den Pilgerpass sowieso nicht dabei hatte (was mir indes erst auffiel, als wir schon fast da waren), konnte ich keine Stempelstation entdecken. Aber immerhin machte die durch die Buntglasfenster scheinende Mittagssonne schöne Lichteffekte. (Siehe auch das Vorschaubild.) 

Und hier noch ein weiteres Foto. 

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass auf der Patreon-Seite des Mittwochsklubs seit Aschermittwoch täglich kleine Fastenimpulse erscheinen (ich hoffe, diesen täglichen Rhythmus auch weiterhin einhalten zu können). Ab 5 € im Monat kannst du dabei sein, Leser... 


An den Rändern der Wissenschaft 

Beim JAM ging ich diesmal wieder direkt zum Elterncafé, da diesmal wirklich der schon vor ein paar Wochen angekündigte Vortrag zum Thema Evolution drankommen sollte. Ich möchte gleich von vornherein sagen, dass dieser Vortrag weniger bizarr war, als ich ihn mir vorgestellt hätte. Zunächst ging es um Grundlagen der Genetik: um den Aufbau einer eukaryotischen Zelle, um die Struktur der DNA, um Zellteilung – alles Sachen, an die ich mich vom Biologieunterricht in der 10. und 11. Klasse her noch so einigermaßen erinnerte, nur dass die Darstellung hier, schon aus Zeitgründen, oberflächlicher und ungenauer war. Die erste These, auf die der Vortrag zusteuerte, lautete, schon allein die Komplexität der im Zellkern gespeicherten Erbinformationen deuteten auf einen Schöpfergott hin, da es unglaubhaft sei, dass so etwas einfach von selbst und durch Zufall entstehe. So wenig ich dieser Aussage im Grundsatz widersprechen möchte, so sehr wunderte ich mich doch schon in diesem Teil des Vortrags über die, wie mir scheint, typisch evangelikale Versessenheit darauf, den Glauben durch naturwissenschaftliche Argumente abzusichern – oder, polemischer ausgedrückt: Lücken im naturalistischen Welterklärungsmodell ausfindig zu machen, in die Gott hineinpasst. Ich würde denken, für jemanden, der das Wirken Gottes im eigenen Leben als Realität erlebt, müsste die Frage, ob es Gott aus wissenschaftlicher Sicht geben könne oder sogar müsse, letztlich gegenstandslos sein. Etwa in dem Sinne, wie Johannes Hartl mal bei der MEHR-Konferenz sagte: "Wenn mir jemand sagt 'Gott ist tot', dann antworte ich immer: 'Das ist ja komisch, ich habe doch gerade noch mit Ihm gesprochen'." Im Ganzen bestärkte mich dieser Vortrag einmal mehr in meiner noch der systematischen Ausarbeitung harrenden Lieblingsthese, das evangelikale Christentum sei ein aus der Art geschlagenes Kind der Aufklärung – was sich übrigens auch schon im "Logozentrismus" eines überzogenen "sola scriptura"-Verständnisses zeigt: Wenn man Gott zwischen zwei Buchdeckel sperrt, kann man Ihm eben auch nur dort begegnen, und so wird die Beziehung zu Ihm zu einer Angelegenheit des theoretischen Wissens. (Natürlich, und auch dazu habe ich mich schon mal geäußert, gibt es im freikirchlichen Protestantismus auch gegenläufige Tendenzen, die man als "charismatisch" bezeichnen könnte und die den strengen "sola scriptura"-Evangelikalismus konterkarieren oder jedenfalls relativieren, aber das ist ein Thema für sich.) 

Im weiteren Verlauf konzentrierte der Vortrag sich mehr und mehr darauf, aufzuzeigen, wie neuere Erkenntnisse im Bereich der Genetik Aspekte der Evolutionstheorie in Frage stellen bzw. angeblich "widerlegen". Auch das war teilweise nicht uninteressant, aber es ist halt ziemlich misslich, wenn jemand wissenschaftliche Fakten, die er selbst nur oberflächlich versteht, zu Argumenten für eine bereits vorgegebene These zu frisieren versucht. Da schießen dann leicht die Strohmannargumente und fehlerhaften Schlussfolgerungen ins Kraut, und interessanterweise war es nicht etwa meine Liebste – die sich ja von Berufs wegen mit Genetik und Evolutionsbiologie auskennt –, sondern die Leiterin des Elterncafés, die die Referentin als erste bei einem Logikfehler in ihren Äußerungen ertappte. Meine Liebste ging insgesamt recht gnädig mit der Referentin um: Ein paarmal meldete sie sich sogar eigens dazu zu Wort, Sachverhalte, die die Referentin durchaus als Argumente für ihre Thesen verwenden konnte, korrekter, präziser und verständlicher darzustellen, als diese selbst es gekonnt hätte. An einigen Stellen hätte ich durchaus gern ein bisschen mehr bzw. Genaueres darüber gewusst, ob die kreationistischen Argumente gegen die Evolutionstheorie lediglich auf Missverständnissen bzw. Fehlinterpretationen beruhen oder inwieweit sie tatsächliche Unstimmigkeiten im Forschungsstand aufdecken; man muss aber wohl einräumen, dass eine differenziertere und – offen gestanden – kompetentere Darstellung wohl den Rahmen der Veranstaltung gesprengt hätte. Und ganz so interessant finde ich das Thema ja nun auch nicht, da ich es, wie oben schon angedeutet, als nicht sonderlich relevant für meinen Glauben empfinde. 

Am "schadesten" fand ich es, dass nach dem Vortrag keine Zeit mehr für Gebetsanliegen blieb. Alles in allem wäre es vielleicht doch die bessere Entscheidung gewesen, bei der "Kids"-Katechese zu bleiben; umso mehr, als meine Große, als ich sie hinterher fragte, was es denn diesmal für eine Geschichte gegeben habe, mir das nicht so richtig erklären konnte. 

Am Donnerstag machte die Schule des Tochterkindes einen Ausflug ins Museum Europäischer Kulturen zu einer Ausstellung über Menstruation. Die Teilnahme war, wie so ziemlich alles an dieser Schule, freiwillig, aber unsere Große hatte Interesse daran gezeigt, und auch wenn man vielleicht der Meinung sein kann, mit sieben Jahren sei das Thema noch nicht so relevant, sahen meine Liebste und ich prinzipiell keinen Grund, ihr die Teilnahme auszureden oder gar zu verbieten. Wenn man sich allerdings den Video-Trailer zur Ausstellung ansah, in dem beispielsweise ein Pappschild mit der Aufschrift "Ich menstruiere aufs Patriarchat" hochgehalten wurde, und den Beschreibungstext zur Ausstellung auf der Website des Museums las, der u.a. verriet "Inhaltliche Schwerpunkte bilden die vier Themenbereiche 'Geschichte der Unterwäsche und der Menstruationsprodukte', 'Aufklärung und aktuelles Wissen', 'Diskurse rund um die Menstruation' sowie 'Popkultur und Kunst'" und aus dem weiterhin hervorging, dass zu dem "diskursive[n] Feld", das "den Rahmen für das Sprechen über Menstruation bildet", auch "Hashtags wie #periodpositivity und #menstruationmatters" zählen, dann mochte man schon ins Grübeln kommen, was genau den Kindern da eigentlich vermittelt werden sollte. Allerdings sagten wir – d.h. meine Liebste und ich – uns: Dass das Kind irgendwo fragwürdige "Informationen" aufschnappt, sei es an der Schule oder einfach irgendwo im öffentlichen Raum, lässt sich ohnehin nicht vermeiden; da hat so ein Museumsbesuch immerhin den Vorteil, dass man hinterher mit dem Kind drüber reden und gegebenenfalls Dinge geraderücken kann. 

Als wir unsere Große am Nachmittag abholten, äußerte sie sich zunächst wenig begeistert über den Ausflug, was aber, wie sich auf Nachfrage herausstellte, wohl weniger mit dem Inhalt der Ausstellung zu tun hatte als damit, dass sie und ihre Freundinnen Streit mit ein paar älteren Mitschülerinnen gehabt hatten, und außerdem waren ihr beim Mittagessen ihre Pommes runtergefallen. Zum Inhalt der Ausstellung äußerte sie sich kaum und nur vage; erst als ich sie kurz vor dem Schlafengehen fragte, ob sie denn auf diesem Ausflug etwas gelernt habe, was sie vorher noch nicht gewusst habe, sagte sie: "Ja – dass Männer manchmal auch eine Periode haben können." Das erforderte nun natürlich eine gewisse Richtigstellung – bei der es indes zu vermeiden galt, geradeheraus zu sagen "Das stimmt nicht" –, aber wir haben ja zum Glück eine Biologielehrerin in der Familie. 

Aber ich muss schon sagen: Wenn ich mir vorstelle, dass Leute es abwegig und inakzeptabel fänden, wenn (wie es ja dem Vernehmen nach mancherorts im "Bible Belt" der USA, aber auch hierzulande an freien Schulen in freikirchlicher Trägerschaft der Fall sein soll) Kreationismus und Evolution im Schulunterricht gleichberechtigt behandelt würden, selbst wenn es in der Form geschähe, dass die Argumente dafür und dagegen nüchtern gegeneinander abgewogen würden; dass aber dieselben Leute vermutlich kein Problem damit haben, dass Schulkindern erzählt wird "Es gibt auch Männer mit Gebärmutter", und das nicht einmal als These oder Meinungsäußerung, sondern als angebliche Tatsache – dann finde ich das sehr bizarr


Geistlicher Impuls der Woche 

Seht, an euren Fasttagen macht ihr Geschäfte und treibt alle eure Arbeiter zur Arbeit an. Obwohl ihr fastet, gibt es Streit und Zank und ihr schlagt zu mit roher Gewalt. So wie ihr jetzt fastet, verschafft ihr eurer Stimme droben kein Gehör. Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt? Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen. Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.

(Jesaja 58,3c-8) 


Ohrwurm der Woche 

Joe Falk: Blessed Be Your Name 

Mein persönlicher Motto-Song zur diesjährigen Fastenzeit stammt ursprünglich aus der Feder des international erfolgreichen Lobpreismusikers Matt Redman und seiner Frau Beth, aber es gibt zahlreiche stilistisch recht unterschiedliche Coverversionen. Die sehr folkrockige Version von Johannes "Joe" Falk gefällt mir vor allem deshalb besonders gut, weil sie frei von Süßlichkeit ist. Und weil sie rockt. Auch ein guter Vorsatz für die Fastenzeit könnte es sein, dieses Stück auf der Gitarre zu üben... 


Vorschau / Ausblick 

Heute sind wir mit der ganzen Familie auf einem Tagesausflug, der mit unseren Plänen in Sachen "Pfarrhausfamilie" im Zusammenhang steht; je nachdem, was der Tag so bringt, werde ich vielleicht nächste Woche schon Genaueres zu diesem Thema verraten können, vielleicht bleibt aber auch vorerst noch alles "top secret". – Morgen sollte eigentlich Familientag in St. Stephanus sein, beginnend mit der Heiligen Messe um 9:30 Uhr, gefolgt von "Austausch, Impulse[n] und Kinderprogramm" und zum Abschluss (gegen 14 Uhr) Mittagessen; und dann stände natürlich wieder die Möglichkeit im Raum, noch zum 15-Uhr-Gottesdienst in der EFG The Rock Christuskirche zu gehen wie nach dem letzten Familientag Ende November. Allerdings habe ich gehört, es sei zweifelhaft, ob der Familientag nicht mangels Beteiligung ausfällt, und in dem Fall wäre es vielleicht doch sinnvoller, von vornherein in Siemensstadt in die Messe zu gehen. Dienstag jährt sich mein Blogger-Comeback zum zweiten Mal, das dürfte eigentlich Anlass für einen Jubiläumsartikel sein, sofern ich dazu komme. Im Übrigen deutet von der Papierform her alles auf eine "ganz normale" Schul- und Arbeitswoche hin, aber lassen wir uns mal überraschen...


4 Kommentare:

  1. Nichts für ungut, aber ausgerechnet an einem der letzten zwei verbliebenen Fast- und Abstinenztage, Betonung auf dem ersten Teil, ein graupiges, aber, denke ich an, ausgiebiges Frühstück anbieten fällt, denke ich - sehr freundlich formuliert - unter „nicht mitgedacht“. Mindestens. Die glauben doch nicht wirklich, daß - zumal ohne Hinweis - die 18- bis 59jährigen Teilnehmer, soweit keine Schwerarbeiter (etc.), sich dann den Rest des Tages mit größenordnungsmäßig genau einem Tomaten-Mozarella-Sandwich (als Beispiel; war meine Wahl) begnügen? Zumal ohne Hinweis genau darauf?

    Wie abstinent das Frühstück dann auch immer ist. Macht sowas halt am Freitag, zumindest solange die jetzt gültige Fastenordnung nicht wieder verschärft wird. Gern auch am Karfreitag um 17 Uhr, *mit* Hinweis „wer heute noch nichts gegessen hat und das auch nicht vorhat“. Aber am Aschermittwochmorgen?

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    1. Man muss dazu sagen, dass es von der Uhrzeit her schon so einigermaßen gegen Mittag ging.

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    2. Okay, das macht die Sache besser.

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  2. Ihre „Lieblingsthese“ findet sich auch bei Alan Watts (Behold the Spirit; Unterkapitel: The Gift of Union)

    „Protestantism emerged among the new economic and social group, young, vigorous, despised by the old aristocracy, and whose power lay not in lands and titles but in trade and money.
    But the generations before relied on nature who with its cycles and seasons can be generally relied upon; and so these people learned to have faith in mysteries beyond their control. But in business and trade we deal with other people who cheat and rob, …and thus the man of business forms the habit of trusting but little. He has to be “shown.” He must “have it in writing.” And the new merchant class wanted its religion in writing, it wanted it in the form of Holy Writ for the mysteries of priests were not to be trusted. The Bible, the law book, not the Host, became the centre of Protestant worship.

    How could anyone prove that the bread, which still looked like bread, was the Body of Christ? How could one trust in such an intangible miracle? Not being able to trust, the businessman is compelled to take more things under his control.
    He felt safer, therefore, to receive the Body of Christ by the power of his own mind, by so-called “faith,” rather than by an external miracle which his senses could not verify. It was inevitable then that [this religion] should become more and more dependent on his own will and consciousness, and less and less dependent on the unseen actions of God.“

    Vielleicht motiviert das ja zur weiteren Ausarbeitung!

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