Samstag, 20. Januar 2024

Creative Minority Report Nr. 13

Herzlich willkommen beim neuen Wochenbriefing – das sich inhaltlich einmal mehr so weitgehend auf die Basisarbeit in Familie und Pfarrei konzentriert, dass einige der sonst üblichen Rubriken aus Zeit- und Platzgründen entfallen müssen. Ich habe den Eindruck, dass sich damit ein Trend verfestigt, der sich schon seit ein paar Wochen abzeichnet, aber ich denke, ich sollte dazu stehen: Schon vor Jahren hat mir ein Redakteur den Rat gegeben, ich solle mich auf das konzentrieren, was kein Anderer so kann wie ich oder jedenfalls nicht so macht wie ich, und erst kürzlich meinte ein anderer Redakteur, es sei innerhalb der katholischen Medienlandschaft hierzulande geradezu mein Alleinstellungsmerkmal, dass ich tatsächlich eigenhändig Basisarbeit mache und darüber schreibe. Und schließlich ist es auch eine Kernforderung der guten alten (und gerade in Deutschland immer noch viel zu wenig rezipierten) #BenOp, Dinge selber zu machen, statt darauf zu warten, dass es jemand Anderes tut; und ich hoffe ja, dass ich durch meine Berichte aus der Praxis auch den einen oder anderen Leser dazu anregen und motivieren kann, selbst aktiv zu werden – jedenfalls eher als durch bloßes Theoretisieren. 

Themen, die angesichts dieser Schwerpunktsetzung im Wochenbriefing keinen Platz mehr finden, könnten theoretisch in eigenständige Artikel ausgelagert werden; praktisch würde das natürlich erfordern, dass ich über die Wochenbriefings hinaus insgesamt (wieder) mehr blogge. Nun, immerhin habe ich heute morgen schon mal einen Anfang gemacht. Schauen wir mal, wie's weitergeht... 


Was bisher geschah 

Wie schon angekündigt, war am Sonntag in St. Joseph Siemensstadt Kinderwortgottesdienst, und zwar der erste, den ich eigenständig konzipiert und geleitet habe; was dabei so alles schiefgelaufen ist und warum ich trotzdem gar nicht so unzufrieden mit dem Ergebnis bin, werde ich weiter unten (in "Schwarzer Gürtel in KiWoGo") ausführlich schildern. Die Messe zelebrierte übrigens der örtliche Pfarrvikar, und hinterher sprachen meine Liebste und ich noch ein paar Worte mit ihm und drückten ihm ein Konzeptpapier in die Hand, in dem es um Ideen dazu geht, wie wir als Familie uns noch stärker in die Gemeindearbeit einbringen können. Man darf gespannt sein, was dabei herauskommt. – Von der Kirche aus machten wir uns direkt auf den Weg zu einem Kindergeburtstag, zu dem wir eingeladen waren; ich klinkte mich da aber gegen 15 Uhr aus, um noch ein bisschen Ruhe zu bekommen, ehe die Arbeitswoche wieder losging. Am Montag war wieder "Omatag"; am Dienstag war am späten Nachmittag "Elterncafé" in der Schule des Tochterkindes. Dieses war schwach besucht, aber in gewissen Sinne denke ich, gerade deshalb war es ganz gut, dass wir da waren: Zu den wenigen anderen Teilnehmern gehörten nämlich die Eltern eines Jungen, der gerade seine Probewoche an der Schule absolviert – und diesen Jungen und seine Eltern kannten wir tatsächlich "von früher", von #kindergartenfrei-Spieltreffen, die meine Liebste vor ein paar Jahren organisiert hat. – Im Anschluss an das Elterncafé kam eine Schulfreundin unseres Tochterkindes noch ein bisschen mit zu uns nach Hause, und als ihre Mutter sie abholen wollte, gab es ein ziemliches Drama, weil die Mädchen sich nicht voneinander trennen mochten; das passte auf eigentümliche Weise zum Thema "meines" Kindergottesdienstes. Am Mittwoch gingen wir endlich mal wieder zum JAM; passend dazu, dass es zum ersten Mal seit den Weihnachtsferien stattfand, wurde in der Kinderkatechese mit einem neuen Thema begonnen, nämlich mit dem Buch Nehemia. Im Übrigen war ich von Dienstag bis Freitag mit dem Jüngsten – übrigens auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin – so viel in den Kirchen der Großpfarrei St. Klara Reinickendorf-Süd unterwegs, dass es endlich mal wieder genug Stoff für die Rubrik "Wenn der Vater mit dem Sohne" gibt. Und wenn alles nach Plan läuft, werde ich heute – zu der Zeit, wenn dieser Artikel online geht – beim überkonfessionellen Gebets-Event "eins in Christus" in Hohenschönhausen sein. Und nächste Woche darüber berichten! 


Was ansteht 

Im Terminkalender für die kommende Woche steht bislang noch nicht viel Außergewöhnliches; umso mehr dafür im liturgischen Kalender: Buchstäblich jeder Tag von Montag bis Samstag ist dem Gedenken eines oder mehrerer Heiliger gewidmet, am Donnerstag ist sogar ein Fest, nämlich das der Bekehrung des Apostels Paulus. Mal sehen, ob und wie ich diesen Umstand im Rahmen des Projekts "Religiöse Frühförderung für den Jüngsten" sinnvoll würdigen kann. Am Freitag möchte ich, wenn es zeitlich hinhaut, mit dem Jüngsten zu einer Spielgruppe gehen, die mir empfohlen wurde: eine "Offene Eltern-Kind-Gruppe" für Kinder im Alter von bis zu 3 Jahren, die in den Räumen der charismatischen "Gemeinde auf dem Weg" stattfindet. Der nächste Samstag verspricht dann zur Abwechslung mal wieder volles Programm: Am Vormittag haben die Katholischen Pfadfinder Haselhorst ihr erstes reguläres Stammestreffen in diesem Jahr, und ich habe mir gedacht, das ist ein guter Anlass, auch mit der Wichtelgruppe ins neue Jahr zu starten; und am Abend ist, ebenfalls zum ersten Mal in diesem Jahr, Community Networking Night im Baumhaus. Ob wir da hingehen, steht erfahrungsgemäß unter einem gewissen Vorbehalt, aber Lust hätt' ich auf jeden Fall, die Liebste sicherlich auch, und die Kinder stehen sowieso total aufs Baumhaus. Also, schauen wir mal... 


Schwarzer Gürtel in KiWoGo 


Wie manche Leser sich erinnern werden und andere nicht, gibt es in St. Joseph Siemensstadt seit vorigem Sommer einen Arbeitskreis für die Gestaltung von Kinderwortgottesdiensten; dieser Arbeitskreis wird vom Gemeindereferenten geleitet, der zuvor allein für diese Aufgabe zuständig war. In der Regel finden Kinderwortgottesdienste in dieser Gemeinde einmal im Monat statt; der erste von dem neuen Arbeitskreis verantwortete KiWoGo war im Oktober und wurde vom Gemeindereferenten und mir gemeinsam konzipiert und geleitet, im November – an Christkönig – übernahm eine Frau aus dem Arbeitskreis zusammen mit ihrem Ehemann die Gestaltung. Im Dezember gab es keinen KiWoGo, stattdessen aber einen Familiengottesdienst zum 1. Advent; da war ich leider krank. Der Januar-Termin nun zeichnete sich dadurch aus, dass der Gemeindereferent bedingt durch anderweitige dienstliche Verpflichtungen nicht da war; er hatte sich aber im Vorfeld bereit erklärt, Materialien zu besorgen und in der Sakristei zu hinterlegen. Da zwei weitere Arbeitskreismitglieder derzeit wegen Arbeitsüberlastung weitgehend ausfallen, blieb die Gestaltung im Wesentlichen der Kollegin, die mit ihrem Mann den Christkönig-KiWoGo geleitet hatte, und mir überlassen. Bisher war im Arbeitskreis praktisch jedesmal diskutiert worden, ob man nicht getrennte altersgerechte Angebote für die Kinder im Erstkommunionalter und für jüngere gestalten solle, und da ich beim Vorbereitungsgespräch eine, wie ich hoffte, gute Idee für die jüngeren Kinder hatte, fiel der Teamkollegin die Aufgabe zu, sich etwas für die Erstkommunionkinder auszudenken. -- 

Ich weiß nicht, ob es beim nächsten Treffen des Arbeitskreises eine detaillierte Manöverkritik geben wird; falls ja, möchte ich dieser eigentlich nicht vorgreifen, aber in jedem Fall kann man wohl sagen, dass wir den Ablauf gründlicher miteinander hätten durchsprechen sollen. Das, denke ich, war unser zentraler Fehler; alles andere, was nicht ideal gelaufen ist, war mehr oder weniger Pech. – Der Teil des Ablaufs, über den wir uns noch einig waren, sah so aus, dass wir nach dem Tagesgebet die anwesenden Kinder einsammelten, mit ihnen durch den Mittelgang zum Ausgang und in den Gemeindesaal gingen und dort zur Eröffnung mit allen zusammen ein Lied sangen ("Einfach Spitze"). Dann sollte die Gruppe geteilt werden, und damit fingen die Unstimmigkeiten an. – Es waren um die 20 Kinder erschienen, was schon mal mehr war, als wir erwartet hatten; und auf die Frage, wer von ihnen schon zur Erstkommunionvorbereitung ging und wer noch nicht, erwies es sich, dass beide Gruppen ungefähr gleich groß waren. Ich hatte unsere Planung eigentlich so in Erinnerung, dass die Kollegin mit den Erstkommunionkindern ins kleine Pfarrzimmer gehen sollte und dass sich erst zum Schluss alle wieder im großen Saal versammeln sollten, aber nun hatte die Kollegin die vom Gemeindereferenten wie versprochen bereitgestellten Materialien für ihren Teil des Programms (Playmobil-Figuren, bunte Tücher usw.) bereits auf einem Tisch an einem Ende des Saales aufgebaut. Was mich noch mehr aus dem Konzept brachte, war, dass sie bevor sie mit ihrer Gruppe an den besagten Tisch umzog, die Bastelmaterialien, die nach meiner Auffassung erst am Schluss zum Einsatz kommen sollten, auspackte und etwas sagte wie "...und die Kleinen können solange basteln". Nun, wie gesagt: Da hatten wir uns offenbar im Vorfeld nicht gründlich genug abgesprochen, das kann man beim nächsten Mal besser machen. (Es sollte übrigens erwähnt werden, dass es sich bei den "Kleinen" überwiegend nicht um Kindergartenkinder handelte, sondern in der Hauptsache wohl um Kinder aus dem 1.-3. Schuljahr.) 

Zu den Aspekten, die wir nicht unter Kontrolle hatten, gehörte der Zeitdruck. Ich habe dieses Problem schon einmal angesprochen: Je nachdem, wie lange im "Erwachsenenwortgottesdienst" gepredigt wird, wie lang die Lesungen sind, ob das Credo gesprochen oder gesungen wird usw., hat man für den KiWoGo mal etwas mehr und mal etwas weniger Zeit zur Verfügung, aber im Schnitt sind es um die 20 Minuten. Bei den Arbeitskreistreffen habe ich schon ein paarmal den Eindruck aufgeschnappt, die anderen Teammitglieder fänden es gar nicht so leicht, diese Zeit zu füllen, aber mir geht's da exakt umgekehrt: Ich finde es eher schwierig, ein Lied (eigentlich hätte ich zum Abschluss gern noch ein zweites gespielt, nämlich "Je-Je-Jesus ist größer"; ich hatte es fleißig auf der Gitarre geübt), eine kindgerecht aufbereitete Katechese zu den biblischen Texten vom Tag und eine Bastelarbeit (die man natürlich auch mal weglassen könnte, aber... dazu später) in 20 Minuten unterzubringen. Im vorliegenden Fall wurde mein Gefühl, unter Zeitdruck zu stehen, noch dadurch verschärft, dass die Lektorin schon mit der 1. Lesung begann, bevor wir mit den Kindern den Kirchenraum verlassen hatten. Sorry, bei sowas bin ich empfindlich. 

Was die Raumaufteilung anging, wäre es theoretisch vielleicht möglich gewesen, den großen Saal für beide Gruppen gleichzeitig zu nutzen – wenn es mir gelungen wäre, "meine" Gruppe dazu zu bewegen, an einem Ende des Gruppentisches zusammenzurücken. Aber irgendwie waren die lieben Kleinen mit dieser Aufforderung überfordert. Nach mehreren vergeblichen Anläufen, Ruhe und Struktur in die Situation zu bringen, kam ich zu dem Schluss, dass ich dann eben mit meiner Gruppe in das kleine Pfarrzimmer umziehen müsse. Was natürlich weiteren Zeitverlust bedeutete. 

Als das größere Problem erwiesen sich jedoch die Bastelmaterialien. Die Kinder Steine bemalen zu lassen, mit der sie dann bei sich zu Hause eine Art Andachtsecke gestalten konnten, war nicht meine Idee gewesen, ich fand sie aber durchaus nicht schlecht; meine Vorstellung wäre nun gewesen, das zum Schluss zu machen, nachdem man den Kindern aus der Katechese heraus erläutert hätte, was sie machen sollen und welchen tieferen Sinn das haben soll. Nun lagen die Steine und Malstifte aber schon gleich zu Anfang auf dem Tisch und absorbierten Aufmerksamkeit. Ich dachte also, okay, vielleicht können die Kinder ja auch "nebenbei" die Steine bemalen und dabei meiner Erzählung zuhören. – Merken wir uns fürs nächste Mal: Das geht nicht. Dieses Maß an Multitasking kann man von Kindern in diesem Alter schlichtweg nicht erwarten, und erschwerend kommt hinzu, dass Steine als Bastelmaterial einfach ziemlich viel Lärm machen. Der Super-GAU war dann allerdings, dass die Keramik-Malstifte, die eigens für diesen KiWoGo im Internet bestellt worden waren, einzeln in Folie eingeschweißt waren, und zum Teil malten sie gar nicht. 

Trotz der Unruhe, die das alles mit sich brachte, bemühte ich mich, mein vorbereitetes Programm "durchzuziehen". Das Evangelium dieses Sonntags war Johannes 1,35-42, die Berufung der ersten Jünger, und ich hatte mir gedacht, ich konzentriere mich auf die Frage der Jünger an Jesus: "Meister, wo wohnst du?". Ist doch interessant: Von allen möglichen Fragen, die sie an Jesus richten könnten, stellen sie Ihm ausgerechnet diese. Warum ist ihnen das so wichtig

Einen Ansatzpunkt dafür, wie man Kindern unter zehn Jahren einen Zugang zu diesem Text eröffnen kann, verdankte ich meinem Tochterkind. Mir war nämlich aufgefallen, dass es für sie und ihre Schulfreundinnen ein riesiges Thema ist, sich nach der Schule gegenseitig zu Hause zu besuchen. Auch wenn sie sich von montags bis freitags in der Schule sehen und da stundenlang zusammen sind: Sich zu Hause zu besuchen, ist offenkundig ein anderes Level, und damit, so scheint es, fängt die Freundschaft erst richtig an. 

Passend zu dieser Beobachtung wollte ich eine kurze Passage aus dem ersten Band von Isabel Abedis "Lola"-Buchreihe vorlesen, dann nochmals auf das Evangelium vom Tag zurückverweisen und schließlich zwei Leitgedanken in den Raum stellen: 

  • Jesus lädt auch uns zu sich nach Hause ein, nämlich in die Kirche zum Gottesdienst. 
  • Wie können wir Jesus zu uns nach Hause einladen? 

(Etwas ausführlicher dargestellt hatte ich diesen KiWoGo-Entwurf bereits im Vorfeld in einem exklusiven Artikel für Patreon-Abonnenten.) 

Ich war allerdings noch bei der Einleitung, da ging die Tür auf, und die Gruppe der "Großen" kam mit in den Raum. Da ich nach der Messe keine Gelegenheit mehr zu einem Auswertungsgespräch mit meiner Teamkollegin hatte, weiß ich bis zur Stunde nicht, wie es dazu eigentlich gekommen ist: War sie mit dem Programm, das sie für ihre Gruppe vorbereitet hatte, schon fertig? Möglich. Grundsätzlich hatte ich auch gar nichts dagegen, die beiden Teilgruppen wieder zusammenzuführen, aber der Zeitpunkt war ungünstig – denn so entstand, kaum dass endlich ein bisschen Ruhe eingekehrt war, erneute Unruhe, zumal mindestens einer der älteren Jungen bewusst und absichtlich störte. Letzten Endes war ich froh, dass immerhin einige der wie gesagt rund 20 Kinder einen aufmerksamen und interessierten Eindruck machten und auf meine Fragen sinnvolle Antworten gaben. 

Was übrigens die Kalkulation des Zeitaufwands für die von mir vorbereitete Katechese betrifft, möchte ich zu Protokoll geben, dass ich trotz aller Unterbrechungen und allen Durcheinanders pünktlich zur Gabenbereitung fertig war. Länger als erwartet dauerte hingegen der Rückweg in die Kirche, vor allem weil einige Kinder beim Verlassen des Pfarrzimmers arg trödelten; infolgedessen waren wir dann doch erst zum Sanctus zurück. 

Zusammenfassend bin ich geneigt zu sagen, dieser Sonntag war ein durchaus erfolgreicher Schritt auf dem Weg zum "Schwarzen Gürtel in KiWoGo": Ich habe viel darüber gelernt, was so alles schiefgehen kann, und trotzdem hat letztendlich alles so einigermaßen hingehauen. Natürlich habe ich nachher meine eigenen Kinder um Feedback gebeten, und ihre Antworten spiegeln die Ambivalenz des Ergebnisses, wie ich finde, ganz gut wider: Die Große meinte, der chaotische Ablauf sei ihr "irgendwie peinlich" gewesen, wohingegen der Jüngste erklärte, den Kindergottesdienst "ganz, ganz schön" gefunden zu haben. 


Wenn der Vater mit dem Sohne 

"Wir müssen das wieder öfter machen", hatte ich vorige Woche notiert, nachdem ich das in den Wochen zuvor etwas vernachlässigte Programm der "religiösen Frühförderung für den Jüngsten" wieder aufgenommen hatte; und offenbar empfand nicht nur ich das so: Am Dienstag teilte mir der Knabe, nachdem wir das Tochterkind zur Schule gebracht hatten, mit, er wolle zur Kirche. Ich nehme an, er meinte die Werktagsmesse in Heiligensee, aber die ist ja nur mittwochs, also schlug ich ihm vor, wir könnten in St. Joseph Tegel eine Lobpreisandacht ("Beten mit Musik") abhalten, und das machten wir dann auch. Auf dem Weg dorthin hatte ich die plötzliche Eingebung, ich sollte als Lied zur Eröffnung "Sei willkommen hier" von Anton Svoboda feat. Joy Fackler spielen, und obwohl ich mich selbst über diese Idee wunderte und mir prompt der Einwand in den Sinn kam, bis Pfingsten sei es doch wohl noch eine Weile hin, machte ich das – und stellte einigermaßen überrascht fest, dass dieses Lied exzellent zur Kurzlesung (1 Kor 12,4-6) und zur Schlussoration der Terz vom Tag passte: 

"Allmächtiger, ewiger Gott. Um die dritte Stunde hast du deinen Heiligen Geist über die Apostel ausgegossen. Sende den Geist der Liebe auch in unser Herz, damit wir in Treue für dich Zeugnis geben vor den Menschen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn." 
Tags darauf meldete der Knabe erneut an, er wolle zur Kirche; ich hatte das auch bereits eingeplant, also kamen wir pünktlich zur Messe in der Kirche St. Marien Maternitas in Heiligensee an. Zelebriert wurde sie von dem "neuen" Pfarrvikar – wobei der so neu ja nun auch nicht mehr ist: Tatsächlich ist er immerhin schon seit drei Monaten in dieser Pfarrei beschäftigt, aber bisher hatte ich ihn in dieser ganzen Zeit erst einmal am Altar gesehen, nämlich beim Requiem an Allerseelen. Da hatte ich zu Protokoll gegeben, "nach diesem ersten Eindruck" könne ich "weder im Guten noch im Bösen" viel über diesen Priester sagen. Inwieweit wäre dieser Eindruck jetzt zu ergänzen? – Nun ja: An diesem Mittwoch war der Gedenktag des Mönchsvaters Antonius, und in seinen einführenden Worten sagte der zelebrierende Priester über den Tagesheiligen: "Durch Fasten, Gebet und immer strengere Lebensweise versuchte er Gott zu gefallen. Ob das so sein muss, sei dahingestellt." Ich würd' mal sagen, ob dieser Kommentar "sein musste", sei erst recht dahingestellt; ebenso die Bemerkung, mit der er seine Mini-Predigt (oder vielleicht sollte man lieber "Impuls" dazu sagen) einleitete: In der 1. Lesung (1 Sam 17,32–51, Davids Kampf gegen Goliath) habe es einen Toten gegeben, das könne man ja wohl kaum als Grund zur Freude betrachten. 

Immerhin gab es liturgisch nichts Großes zu beanstanden – mit einer Ausnahme, für die man aber kaum den Zelebranten verantwortlich machen kann: Als er beim Vaterunser an der Stelle, an der eigentlich der Embolismus zu folgen hätte (merke: Wird der weggelassen, stirbt irgendwo ein knopfäufiges Robbenbaby) eine kurze Atempause machte, bretterte mindestens ein Gemeindemitglied ungebremst dazwischen: "Denn dein ist das Reich...". Ich frage mich echt, was mit solchen Leuten los ist. 

Sympathiepunkte sammelte der Pfarrvikar bei mir übrigens dadurch, dass er sich sichtlich über die Anwesenheit eines Kindes in der Kirche freute. Wir hatten in der ersten Reihe Platz genommen, und beim Friedensgruß drückte der Priester erst mir die Hand und hielt sie dann auch meinem Sohn hin – und wirkte entzückt, als der sie tatsächlich ergriff. Frühstück gab es diesmal im Anschluss an die Messe nicht, aber ich nutzte die Toilette des Gemeindehauses, um dem Junior die Windel zu wechseln – und danach liefen wir nochmals dem Priester über den Weg, der in Zivilkleidung aus der Sakristei kam. Er kam auf uns zu, lobte den Knaben, er sei ja sehr lieb gewesen, und bedankte sich geradezu bei uns beiden für unser Kommen. 

Eine Erwähnung wert ist mir im Kontext des Themas "religiöse Frühförderung für den Jüngsten" auch das Abendessen beim JAM: Hier ist es üblich, dass eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter ein frei formuliertes Dankgebet spricht, zu dem alle "Amen" sagen, ehe sie sich an der Essensausgabe anstellen; so war es auch diesmal, aber als wir unsere gefüllten Teller dann vor uns hatten, bestand mein Sohn darauf, noch so zu beten, wie wir es zu Hause vor dem Essen tun – und zwar zusammen mit mir, denn: "Alleine kann ich das noch nicht." 

Am Donnerstag war es das Tochterkind, das auf dem Weg zur Schule anmerkte, wir sollten mal wieder zu Hause eine Familien-Gebetszeit mit Lobpreis abhalten. Nachdem wir die Große in der Schule abgeliefert hatten, erklärte der Jüngste, er wolle diesmal erst zu Hause Ritter Rost gucken und dann in eine Kirche; ich war damit einverstanden, aber in die Kirche schafften wir es dann doch nicht, da er auf dem Weg dorthin im Kinderwagen einschlief und es sich nach seinem Mittagsschlaf nicht mehr sinnvoll in den Tagesablauf einbauen ließ. Die vom Tochterkind angeregte Familien-Gebetszeit hielten wir aber ab – am frühen Abend, als die Familie wieder vollzählig versammelt war. Meine Liebste schlug vor, das zukünftig jeden Dienstag und Donnerstag zu machen; das Tochterkind votierte hingegen für "jeden Tag!". Schauen wir mal, wie sich das weiter entwickelt. 

Im Übrigen fiel mir auf, dass ich mit dem Jüngsten schon lange nicht mehr in Herz Jesu Tegel gewesen war, um Opferkerzen anzuzünden und die im Eingangsbereich ausgelegten Flyer zu kontrollieren, also erledigten wir das am Freitagvormittag. Nächste Woche geht's weiter...! 


Geistlicher Impuls der Woche 

Heute sehen wir die Anfänge der Jüngerschaft. "Kommt und seht", sagt Jesus, und die das hören, tun es – und gehen nicht mehr weg, weil das, was sie gesehen und gehört haben, sie an Seiner Seite Wurzeln schlagen lässt. Andreas berichtet seinem Bruder Simon: "Wir haben den Messias gefunden" (Joh 1,41). 

Als moderne Leser neigen wir dazu, allzu schnell darüber hinwegzugehen. Ah ja, sie haben den Messias gefunden. Aber Moment mal: Wie bitte? Sie haben den Messias gefunden! Das war keine beiläufige Angelegenheit; das war etwas, was das ganze Leben durcheinanderwirbelte, die Welt auf den Kopf stellte. Simon bekam sogar einen neuen Namen. Absolut alles änderte sich in diesem Moment, in dem die Jünger vom Messias beim Namen gerufen wurden, Ihm zu folgen. Dasselbe wird auch von uns verlangt. Wir können nicht einfach sagen "Ja, ja, Herr" und so weiterleben wie bisher. Wenn Jesus uns nicht verändert, dann heißt das, dass wir nicht auf Sein Wort hören; denn Sein Wort ist revolutionär, nicht nur in einem globalen, sondern in einem ganz persönlichen Sinn. Dorothy Day, die das Evangelium Jesu Christi so lebte wie jemand, der vom Meister persönlich dazu berufen wurde, sagte: "Die größte Herausforderung unserer Zeit ist es, eine Revolution des Herzens herbeizuführen. Eine Revolution, die bei jedem einzelnen von uns ihren Anfang nehmen muss." 


Ohrwurm der Woche 

The Clash: Police and Thieves 

Der unmittelbare Anlass für diesen Ohrwurm war, dass der Jüngste und ich am Montag auf dem Weg zur S-Bahn in Tegel zwei Männer sahen, die den Anschein erweckten, entweder ein Geländespiel zu spielen oder aber ernsthaft verfolgt zu werden; Minuten später sahen wir dann zwei Polizisten in Schutzwesten und mit Schusswaffen, die den Eindruck machten, jemanden zu suchen. Das war dann wohl doch die ernstere Variante eines Geländespiels; und das im sonst so beschaulichen Tegel! Möglicherweise sensibilisiert durch dieses Erlebnis, fiel mir in den nächsten Tagen immer mal wieder auf, wie viel Polizei im Bezirk Reinickendorf unterwegs ist. Könnte mir vorstellen, dass das die Erfüllung eines CDU-Wahlversprechens ist: Mehr Polizei auf der Straße für mehr innere Sicherheit. Ich stelle allerdings immer wieder fest, dass ich nicht zu den Leuten gehöre, denen verstärkte Polizeipräsenz im öffentlichen Raum ein Gefühl von Sicherheit gibt; eher im Gegenteil. Vermutlich ist das mal wieder ein Beispiel von vielen dafür, dass ich nicht das bin, was man sich gemeinhin unter der Bezeichnung "konservativ" vorstellt. – Es ist nun mal so: Die einen fürchten sich vor Kriminalität, die anderen vor der Polizei, und ohne persönlich irgendwie Grund oder Veranlassung dazu zu haben, habe ich mich den letzteren schon immer irgendwie näher gefühlt. 

"Police and Thieves" ist ursprünglich ein Reggae-Song von Junior Murvin aus dem Jahr 1976, wurde aber schon ein knappes Jahr nach seinem Erscheinen von The Clash gecovert. Ich habe mich hier für die Clash-Version entschieden, weil, hey, ich mach' schließlich Punkpastoral und nicht Reggaepastoral. Hehe. 


9 Kommentare:

  1. >>Durch Fasten, Gebet und immer strengere Lebensweise versuchte er Gott zu gefallen. Ob das so sein muss, sei dahingestellt." Ich würd' mal sagen, ob dieser Kommentar "sein musste", sei erst recht dahingestellt; ebenso die Bemerkung, mit der er seine Mini-Predigt (oder vielleicht sollte man lieber "Impuls" dazu sagen) einleitete: In der 1. Lesung (1 Sam 17,32–51, Davids Kampf gegen Goliath) habe es einen Toten gegeben, das könne man ja wohl kaum als Grund zur Freude betrachten.

    Ürks. Ürks. Ürks. Das mag eiDurch Fasten, Gebet und immer strengere Lebensweise versuchte er Gott zu gefallen. Ob das so sein muss, sei dahingestellt." Ich würd' mal sagen, ob dieser Kommentar "sein musste", sei erst recht dahingestellt; ebenso die Bemerkung, mit der er seine Mini-Predigt (oder vielleicht sollte man lieber "Impuls" dazu sagen) einleitete: In der 1. Lesung (1 Sam 17,32–51, Davids Kampf gegen Goliath) habe es einen Toten gegeben, das könne man ja wohl kaum als Grund zur Freude betrachten.

    Ürks. Ürks.Ürks. Das mag eine Marginalie sein, aber bei sowas werde ich zur Hydra, will sagen, bekomm ich nen Hals (und ich hab doch schon einen).

    Aber insofern sogar (formell gesehen) ein leichter Widerspruch zu unserem Gastgeber: Wenn der Priester so empfindet, unter dieser Voraussetzung für sich genommen mußte sein Kommentar vielleicht tatsächlich sein. *Aber er hat gefälligst nicht so zu empfinden.*

    Genauere Ausführung folgt.

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    1. Bitte um Entschuldigung für die Doppelung (ich muß mein n mit Strg+C produzieren, und das hat hier wohl nicht geklappt).

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  2. Das verstehe ich nicht.

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  3. Also, zum ersten: Was ist so schlimm an der Bemerkung "ob das so sein mußte, sei einmal dahingestellt"?

    Alles.

    Wenn wir sie wörtlich verstünden, wäre zunächst einmal zu sagen: Der Zelebrant braucht nicht zum Tagesheiligen predigen; er braucht ihn selbst bei einem "großen G" meines Wissens nur dadurch erwähnen, daß er sein Tagesgebet nimmt. (Was er übrigens scheint's auch gemacht hat. Ob er ihm das Evangelium gegönnt hat, weiß ich nicht, aber die Lesung jedenfalls nicht; "David und Goliath" ist der Wochentag.) Und wenn er zur Einführung doch kurz dessen Leben zusammenfassen will, dann kann er das gerne tun, etwa so, wie es im Schott steht. Wenn er sonst nichts zu ihm sagen will, bitte, dann soll er doch um alles in der Welt einfach nichts sagen.

    Aber natürlich: er *wollte* etwas sagen, und zwar: "Ich bin dagegen. Aber da die Kirche bei einem so wichtigen Heiligen darauf besteht, daß ich ihn feiere, und ich mich nicht auf den Wochentag retten kann, muß ich ihn leider feiern; aber nur daß das bitte nicht mißverstanden wird, disclaimere ich mal meinen Dissens vorweg."

    So weit, so respektlos, und warum das ganze? Weil man mit Heiligen nichts anzufangen weiß als das "et conversione exemplum" der Heiligenpräfation, den Vorbild im Lebenswandel, zugegeben *ein* Punkt in der Heiligenverehrung, aber eben *einer*. Und dieses Vorbildsein versteht man dann in der Regel noch in einer ziemlich primitiven Braver-Bub-Fassung. Und so voreingenommen liest man dann die Berichte über den hl. Antonius von Ägypten und denkt sich: "Wenn wir mal ehrlich sind: so sieht vorbildliches Christentum für mich gerade *nicht* aus. Es wäre doch der Zusammenbruch der Gesellschaft, wenn wir jetzt alle in die Wüste hinauszögen und dort bei einer asketischen Ernährung unsere Ruhe hätten. Abgesehen davon habe ich keine Lust darauf und glaube nicht, daß Gott das von mir verlangt. Und selbst die Legende berichtet doch von unzähligen Versuchungen durch Dämonen: nicht gerade eine Lage, die man sich wünschen sollte, oder?"

    Soweit, so gut, aber:
    1. *Wir müssen den Heiligen nicht unbedingt alles nachmachen.*
    2. *Sie, und wir, dürfen aber, müssen nicht, aber dürfen, alles stehen und liegen lassen, um in einer sei es (scheinbar) auch überhaupt nicht gemeinnützigen Weise Gott zu dienen.* (Ich rede hier selbstverständlich nicht von echten Verpflichtungen etwa familiärer Art; denen hat man Gott zwar auch vorzuziehen, aber nur wo Er wirklich unter Sünde befiehlt; wohl aber von dem "sei gefälligst ein braver fleißiger Bürger", pp. Der Wunsch der Eltern nach Enkeln z. B. ist keine solche Verpflichtung familiärer Art.)
    3. Und vor allem ist, selbst wenn ein Priester Deutscher ist, Immanuel Kant trotzdem kein Kirchenlehrer.

    Um ein wenig auf das Motto dieses Blogs einzugehen, aber es stimmt halt auch: Der Heilige ist, solange in der Welt lebt, geistig in zumindest einem gewissen Sinn immer, in den kanonisierten Fällen aber sehr häufig auch erkennbar ein Punk; er gibt auf das alles einen Scheiß, auch wenn er das für gewöhnlich etwas feiner ausdrückt. Man schaue sich (mein klassisches Beispiel hier) doch mal den hl. Benoît Joseph Labre an: Sucht händeringend nach einem Kloster, das ihn aufnimmt, und als er endlich eins gefunden hat, flieht er bei Nacht und Nebel, wird zum römischen Obdachlosen, wandert gelegentlich von dort bis nach Loretto in den Marken und zurück und schreibt seinen Eltern, jetzt habe er endlich seine wahre Berufung gefunden und sei glücklich. Leute, das ist ein, nicht "der", gewiß, aber *ein* legitimer katholischer Lebensentwurf.

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  4. Und solange man das nicht begriffen hat, klappt auch das mit dem Stützen der Gesellschaft, zugegeben einem ganz erfreulichen Nebeneffekt (oder etwas, das unter normalen Umständen ein solcher wäre), nicht. Die Leute müssen freiwillig in die Kirche gehen, aber niemand (jedenfalls niemand Erwachsenes; wie das mit Kindern im Schulalter ist, sei, Zaunpfahlwinkwink, einmal dahingestellt) frequentiert freiwillig eine Anstalt, deren Zweck seine Erziehung ist. Man kann das Erzogenwordensein nur als erfreulichen Nebeneffekt entgegennehmen:

    "Morality did not begin by one man saying to another, 'I will not hit you if you do not hit me'; there is no trace of such a transaction. There IS a trace of both men having said, 'We must not hit each other in the holy place.' ... And only when they made a holy day for God did they find they had made a holiday for men." (GKC, Orthodoxy V)

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  5. Zum zweiten, das mit David und Goliath.

    Jeder Text verdient, daß man ihn so liest, wie es der Schreiber gemeint hat und wie es beim Leser, und zwar zunächst dem gemeinten Leser, ankommt. Was aber für "TKKG und der Horrortrip im Luxusauto" recht ist, das sollte man doch erst recht und in höherem Maße für das Wort Gottes gelten.

    Wer aber das mit dieser Geschichte tut, der kann nicht anders als festzuhalten: Der Verfasser; der originale Leser der Geschichte, sagen wir im Ersten Königreich Juda ("und das war fei der Ururururopa von Seiner Majestät unserm König"); die Juden bis heute, die Christen der ersten achtzehn christlichen Jahrhunderte und der Kommunionbub von heute (vom Mädel weiß ich's nicht), der das in der von der Patentante geschenkten Kinderbibel zum erstenmal liest, die sind sich alle, aber auch wirklich alle, über eins einig:

    Geil, daß der Feind aufs Maul bekommt. Wie toll, daß mit der Hilfe Gottes und dem Verstand von einem kleinen unscheinbaren Bübchen, und der war auch noch auf *unserer* Seite, dieser so hochnäsige Gegner, der aber auch ein wirklich starker Mann war, vernichtet worden ist.

    "Denn der Unterdrücker ist nicht mehr da, der Schurke ist erledigt, ausgerottet sind alle, die Böses tun wollen." (Jes 29,20 nach der alten EÜ)

    Das kommt ja so sogar bei der Gemeinde im heutigen Berlin an, einschließlich des Zelebranten, was man gerade daran sieht, daß er händeringend bemüht, die Bibel hier zu, genaugenommen, korrigieren. Die Kirche ist aber, selbst wo sie nebenher nicht umhinkann als Erziehungsanstalt aufzutreten, nicht dafür da, die Etepetetegefühle der Schickimickigesellschaft dem Volk zu vermitteln, auch da nicht, wo gewisse dieser Gefühle das Mäntelchen des besonders Christlichen angehängt worden ist. Man kann sich ja sogar denken warum: in den letzten beiden großen Kriegen waren *tatsächlich* wir Deutschen die Bösen, weswegen es *tatsächlich* objektiv etwas Böses war, wenn ein deutscher Soldat (dies ist keine Äußerung über dessen subjektive Schuld) einen Gegner tötete. Aber wäre das nicht so gewesen, wäre es eben nicht so: Der gesunde Instinkt, der trotz Schock über die eigene Schuld nicht einmal den Deutschen so wirklich auszutreiben ist, geschweigedenn den anderen, ist, daß es eine gute Sache ist, wenn das Gute über das Böse und die Guten über die Bösen siegen und zwar so, wie solche Siege nuneinmal aussehen.

    "Vom ungerechten und listenreichen Menschen befreie mich" betete einst der Priester vor fast jeder Messe, und der Psalmist meinte relativ offensichtlich einen äußeren Feind. Es ist schon richtig, daß, wie wir feinfühlig festgestellt haben, auch der *innere* Schweinehund (wie wir Deutschen in so trefflich nennen) ein harter Gegner ist, aber wie im alles in der Welt kommt man darauf, daß als Widerspruch dazu aufzufassen? Daß wir auch den bösen Menschen in uns bekämpfen, unterstreicht das vielmehr noch.

    Und am Ende aller Tage werden (hoffentlich nicht allzu viele, aber) Menschen verdammt werden, und wir* werden uns, wie die Theologen ausdrücklich lehren, über deren Strafqualen freuen (auch wenn wir* uns *noch mehr* gefreut hätten, wenn sie den Sprung der Reue noch geschafft hätten). Da ist es, selbst *wenn* man die Kirche als Erziehungsanstalt auffaßt (wie gesagt: ürks), schwer kontraproduktiv, uns* erstmal den vollkommen gesunden Instinkt der Freude an der Tötung eines lästerlichen Kriegsgegners abzutrainieren zu versuchen.

    (* "Wir", d. h.: jedenfalls die Kirche, der ich *jetzt angehöre*, mit Gewißheit. Ich hoffe natürlich auch, *selber* dabeizusein, aber selbst wenn ich das, was Gott verhüten möge, nicht wäre, könnte ich *doch* in diesem Sinne hier "wir" sagen.)

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    1. Und hey, praktische Bemerkung: wenn er etwas gegen die Geschichte von David und Goliath hat, dann ist das zwar falsch, aber wieso nimmt er nicht einfach die Lesung vom hl. Antonius ("zieht die Rüstung Gottes an") aus Epheser 6, wie man es bei bedeutenden Heiligenfesten *sowieso tun sollte*?

      Mit "sollte" meine ich nicht, daß es eine liturgische Vorschrift gibt, die das verlangt, sondern daß es leider keine gibt. Und gut, zugegeben, gelegentlich gibt es *wirklich* wunderbare Zusammenklänge mit der Wochentagslesung; aber dann müßte der Zelebrant sie m. E. sehen und darüber auch wenigstens kurz predigen. Also so nach dem Motto: "Die Lesung für den heiligen Antonius, die wir heute nicht gehört haben, sagt: 'zieht die Rüstung Gottes an'. Aber wie so eine Rüstung genauer aussieht, das zeigt uns die Lesung vom heutigen Wochentag", etc., etc., einschließlich einer Erläuterung, auf welche Weise der hl. Antonius mit David zu vergleichen ist; und dann auch noch *sehr kurz*, es ist Werktag, die Leute sind freiwillig da und haben Termine danach. Will man sich diese Arbeit als Zelebrant und potentieller Prediger nicht antun (was völlig legitim ist) und ist der Zusammenhang nicht *wirklich offensichtlich*, dann sollte man die Lesung vom Heiligen nehmen.

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  6. Mit der Kritik bin ich schon fertig, aber hier noch aus Anlass die kurze Bemerkung: Das Kirchenjahr ist ja ein Möbiusband, sein Anfang und Ende am Ersten Advent ist einer von vielen Punkten, die für einen Wendepunkt geeignet wären.

    Ein anderer solcher wäre ja tatsächlich, mit der Kathedra Petri zu Rom (dem alten Termin 18. Januar) zu beginnen, wo wir uns in der vom Apostelfürsten geleiteten Kirche versammeln, um den Glauben zu lernen... und mit dem Fest des hl. Antonius von Ägypten zu enden, wo wir geistig mit hinausgehen in die Wüste, um Gott zu finden.

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