Montag, 28. Oktober 2019

Kaffee & Laudes - Das Wochen-Briefing (30. Woche im Jahreskreis)

Was bisher geschah: Am Montag wurde die Krabbelgruppe, die eigentlich im evangelischen Gemeindehaus hätte stattfinden sollen, erneut ins katholische verlegt; am Dienstag wurde meine Tochter zwei Jahre alt. Dass meine Liebste und ich außerdem unseren dritten Hochzeitstag hatten, hätte ich, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, beinahe vergessen. Am Donnerstagabend erwischte mich die gefährliche Männergrippe, deren Vorboten schon seit mehreren Tagen zu bemerken gewesen waren, mit voller Wucht, und ich konnte mich nur noch fröstelnd und mit schmerzenden Gliedern ins Bett verkrümeln, während die Liebste neue Flyer für das "Dinner mit Gott" und unsere wöchentlichen Lobpreisandachten designte. Am Freitag ging es mir immerhin schon gut genug, um mit dem Kind einen Ausflug zu Berlins günstigstem Copyshop zu unternehmen und dort die neuen Flyer auszudrucken. Nach einer ziemlich unruhigen Nacht fühlte ich mich am Samstagmorgen wieder erheblich kränker, wollte aber dennoch keinesfalls darauf verzichten, mit Frau und Kind zum ökumenischen Lobpreis-Event EINKLANG zu gehen. Das erwies sich dann auch als richtige Entscheidung, denn dort wurde ich spontan geheilt. Okay, das klingt jetzt vielleicht übertrieben spektakulär, aber jedenfalls fühlte ich mich am Ende der Veranstaltung so gesund wie die ganze Woche nicht. Über das EINKLANG-Event, eine gemeinsame Veranstaltung des Erzbistums Berlin, des ökumenischen Netzwerks "Gemeinsam für Berlin" und des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg (ÖRBB), werde ich wohl noch ausführlicher berichten müssen, wenn ich in absehbarer Zeit dazu komme; jedenfalls war es vom Feeling her durchaus mit der MEHR zu vergleichen, wenn auch zwei, drei Nummern kleiner. Vom "harten Kern" unserer Pfarrgemeinde waren außer uns noch mindestens acht weitere Leute dort; das ist keine schlechte Quote, allerdings muss ich zugleich anmerken: In Anbetracht der Tatsache, dass die Veranstaltung auf dem Territorium unserer Pfarrei stattfand, war es doch etwas schade, dass die Pfarrei nicht "offiziell" beim EINKLANG vertreten war. Da muss ich mir aber auch und nicht zuletzt an die eigene Nase fassen, schließlich hätte ich, als ich Ende August eine Einladung zu diesem Event bekam, mal gemeinde-intern die Idee ins Gespräch bringen können, für die Pfarrei einen Infostand anzumelden. Andererseits: Muss ich mich eigentlich um alles selber kümmern? -- Im Gespräch mit Vertretern verschiedener Initiativen, die beim EINKLANG einen Infostand hatten, stellten wir fest, dass einige von ihnen bereits von unseren Mittwochsklub-Aktivitäten  gehört hatten, auch wenn sie noch nie bei einer unserer Veranstaltungen waren und uns daher noch nicht persönlich kannten. Interessant und ermutigend! Insgesamt war die Veranstaltung eine ausgezeichnete Möglichkeit zum spirituellen Auftanken; die Schattenseite solcher Erlebnisse ist aber natürlich, dass einem die alltägliche volkskirchliche Ödnis im direkten Vergleich nur umso trostloser erscheint... Am Sonntag nach der Messe wäre eigentlich Büchertreff gewesen, aber da einer unserer Mitorganisatoren, dem gerade diesmal eigentlich eine ziemlich zentrale Rolle bei der Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung zugekommen wäre, seine Beteiligung gegen vier Uhr morgens lakonisch per SMS absagte, kamen meine Liebste und ich überein, dass uns kaum etwas anderes übrig blieb, als den Büchertreff ausfallen zu lassen. Stattdessen trafen wir uns mit einer der beiden Patentanten unseres Kindes und gingen zum Herbstfest auf dem Kinderbauernhof Pinke Panke.  Wie es mit dem Büchertreff weitergeht, muss man mal sehen. Möglicherweise muss das ganze Veranstaltungskonzept neu überdacht werden, aber in jedem Fall könnten wir mehr und andere Mitarbeiter gebrauchen...  


Was ansteht: Meine Liebste hat eine kurze Arbeitswoche, da sie im Land Brandenburg beschäftigt ist, wo am Donnerstag gesetzlicher Feiertag ist, und am Freitag hat sie dann "Brückentag". Zugleich ist dies die eine Woche im Monat, in der abgesehen von der Lobpreis-Andacht am Dienstag keine Mittwochsklub-Veranstaltung ansteht; allerdings werden wir uns am Mittwochabend wahrscheinlich an der Gestaltung der letzten Rosenkranzandacht dieses Oktobers beteiligen. Am Dienstag gibt es im Baumhaus einen Kurs für "Textiles Upcycling"; das wäre theoretisch für die Liebste interessant, da sie z.B. gern lernen möchte, Stoffbeutel mit Reißverschlüssen, zusätzlichen Innentaschen usw. aufzupimpen, aber es bleibt abzuwarten, ob es zeitlich hinhaut. Falls nicht: In vier Wochen findet der Kurs das nächste Mal statt... Am Donnerstagabend soll es in St. Clemens, quasi als Alternativveranstaltung zu Halloween, einen Lobpreis- und Anbetungsabend geben, da wollen wir wahrscheinlich hin. Freitag ist Allerheiligen, da beginnt das Auftaktwochenende zum Firmkurs unseres Pastoralen Raums mit einer Jugendmesse in St. Marien Reinickendorf, aber wahrscheinlich werden wir lieber nach St. Joseph gehen, wo unser Lieblings-Pfarrvikar aus Nigeria die Messe hat. Und am Abend feiert die Kirche Allerheiligen in Borsigwalde ihr Patronatsfest; wäre vielleicht nicht blöd, da hinzugehen, zumal dies die einzige Kirche unseres Pastoralen Raums ist, in der ich bisher überhaupt noch nie war. Wie man hört, hat sie einen recht umtriebigen Förderverein. Am Samstag ist Allerseelen, und am Sonntag habe ich Lektorendienst. Das kann ja was werden. 


aktuelle Lektüre:

Die Lektüreliste, die mich die vergangenen rd. zwei Wochen beschäftigt hat, ist erfolgreich abgearbeitet, und ich darf sagen, es war die wohl ertragreichste Runde meiner "Lese-Rotation" seit Beginn der "Kaffee & Laudes"-Artikelserie. Vier der fünf Bücher haben sich eine Platzierung in meiner vorerst noch geheimen Rangliste #BenOp-relevanter Lesefrüchte verdient, drei bekommen einen Büchereistempel - das vierte nur deshalb nicht, weil es sich um ein eBook handelt - und das fünfte wird gnadenhalber wenigstens vorläufig in den Büchereibestand aufgenommen. Aber mal der Reihe nach: 

Mein erster Eindruck von den Theaterstücken der Hl. Thérèse von Lisieux war ja recht gemischt gewesen, und das ist auch weiterhin so geblieben. Wie aus dem Geleitwort vom Leiter des Theresienwerkes e.V., Anton Schmid, hervorgeht, wurde "Jesus in Betanien", das vierte und kürzeste der acht Stücke, im Jahr 2002 in Augsburg aufgeführt, aber mir scheint es für die Bühne nicht recht viel herzugeben. Hinzu kommt, dass die Intimität, die den Dialog Jesu mit den beiden Schwestern kennzeichnet, in einem kulturellen Klima, das "Intimität" nahezu automatisch mit Sex assoziiert, Fehldeutungen geradezu herausfordert. (Dass Thérèse übrigens Maria von Betanien mit Maria Magdalena und der nicht namentlich genannten Sünderin aus Lukas 7,37 gleichsetzt, entspricht durchaus einer seit dem Mittelalter verbreiteten Lesart.) -- "Der göttliche kleine Bettler in der Heiligen Nacht" ist, wie Andreas Wollbold in seiner Einführung erläutert, "weniger ein Stück mit verschiedenen Ereignissen als der Rahmen für das beliebte Ziehen von Losen, bei denen die Schwestern dem Jesuskind in der Krippe einzelne geistliche Geschenke machen" (S. 11f.); der Text ist durchaus gehaltvoll, aber aufführbar erscheint es mir nicht. -- Mit "Die Flucht nach Ägypten" folgt wieder ein längeres, aus zwei Akten bestehendes Stück; im I. Akt finde ich es etwas irritierend, dass die Heilige Familie nicht etwa von Betlehem, sondern von Nazaret aus zur Flucht vor den Häschern des Herodes aufbricht, aber viel interessanter ist ohnehin der II. Akt, in dem die Heilige Familie in einer Räuberhöhle Unterschlupf sucht. Offenbar basiert dieser Teil des Stücks auf einem apokryphen Kindheitsevangelium. Ich könnte ihn mir - unter Fortlassung des I. Aktes - gut im Stil eines Volksstücks oder  Märchenspiels inszeniert vorstellen, gern auch mit Musikeinlagen (warum sollte in einer Räuberhöhle kein Klavier stehen?). -- "Der Sieg der Demut" ist ein besonders interessanter Fall, denn dieses Stück, in dem drei Novizinnen ein Komplott von Teufeln belauschen, wurde angeregt durch Léo Taxils Enthüllungen über angebliche satanistische Rituale der Freimaurer. Nachdem Taxil selbst seine Enthüllungen als Hoax entlarvt hatte, nahm Thérèse Streichungen in ihrem Dramenmanuskript vor; die gestrichenen Passagen lassen sich nur zum Teil rekonstruieren. In Hinblick auf die Aufführbarkeit bereitet das Stück einige Schwierigkeiten, aber eine reizvolle Aufgabe wäre es allemal. -- Thérèses letztes Drama "Der Heilige Stanislaus Kostka" kann man in dramaturgischer Hinsicht als ihr reifstes bezeichnen, wenngleich ich persönlich "Die Engel bei Jesus in der Krippe", "Der Sieg der Demut" und tendenziell auch den II. Akt von "Die Flucht nach Ägypten" reizvoller und spannender finde. In Sachen Aufführbarkeit, und zwar ganz ohne Regietheater-Eigenwilligkeiten, liegt der "Stanislaus" jedenfalls weit vorn. Insgesamt ist also festzuhalten, dass das Bändchen zwar etwas hinter meinen Erwartungen zurückbleibt, aber auch so noch höchst bemerkenswert ist und definitiv in den Büchereibestand aufgenommen zu werden verdient. 

Ebenfalls zwiespältig, wenngleich aus anderen Gründen, ist mein Gesamteindruck von Karl Aloys Altmeyers "Katholische Presse unter NS-Diktatur". Altmeyers Loblied auf die (angebliche) Standhaftigkeit der katholischen Kirche und insbesondere ihres publizistischen Arms gegenüber der Nazi-Tyrannei ist derart dick aufgetragen und trieft dermaßen von selbstgerechten Pathos, dass das Buch eigentlich ein Fall für den Giftschrank wäre. Exemplarisch sei hier auf S. 178 verwiesen, wl Altmeyer der Kirche "ein reines Gewissen" attestiert: 
"Im Kampf um die katholische Presse gab es nichts was die Bischöfe hätten bereuen müssen. [...] Kein Wort des Nachtrauerns, kein Versinken in der eigenen Ohnmacht, kein selbstmörderisches Revoltieren - sondern das freudige Weiterarbeiten für das Reich Gottes. Hier lebt die Kirche der Hoffnung und der Freude. Diese Kirche über-lebte. Und ihr erstand neu katholische Presse, um an ihrer eigenen Geschichte zu erstarken." 
Na klar. (Augenroll-Smiley.) 

Erheblich irritiert hat es mich zunächst, dass Altmeyer in einer nebenbei hingeworfenen Anmerkung auf S. 183 unterstellt, das Attentat auf Hitler im Bürgerbräukeller 1939 sei von den Nazis zu propagandistischen Zwecken fingiert worden. Habe dann aber festgestellt, dass diese Theorie zu der Zeit, als Altmeyer sein Buch schrieb (1962), noch herrschende Meinung war. 

Der in "Miterbauer des Bistums Berlin" (s.u.) ausführlich gewürdigte Bischof Konrad Graf von Preysing spielt, da er von 1935-40 auch Pressereferent der Fuldaer Bischofskonferenz war, auch in Altmeyers Dokumentation eine nicht unbedeutende Rolle. Sehr stark finde ich einige Passagen aus einer Erklärung Preysings vom 14.02.1936 "zur Inhaltsgestaltung der Kirchenblätter", die Altmeyer auf S. 106ff. als Dokument Nr. 113 wiedergibt:
"Das gesamte im Dienst der Kirche stehende [...] Schrifttum hat zum beherrschenden Ziel die Weckung, Förderung und Pflege des religiösen Lebens. Lehre muss Leben, Erkenntnis Tat werden. Nicht der Glaube, sondern das Leben aus dem Glauben ist letztes Ziel aller Glaubensverkündigung... Das Leben aus dem Glauben umfaßt Natur und Übernatur, Göttliches und Menschliches, Überirdisches und Irdisches... Religion und Leben sind daher unzertrennbar miteinander verbunden, sie durchdringen einander: Religion ist 'der Sauerteig, der alles durchsäuert'. Die im Dienst der Kirche stehende Presse muß daher in der lebendigen Wirklichkeit, im flutenden Leben der Welt stehen, wenn auch ihr wesentlicher Inhalt, die Offenbarung Gottes, nicht von dieser Welt ist" (S. 107). 
Ich glaube, eine so präzise und differenzierte Beschreibung des Weltauftrags kirchlicher Publizistik habe ich sonst noch nirgends gelesen, und da sollte sich auch und gerade heute manch einer ein Beispiel dran nehmen. 

Dass Preysing 1940 als Pressereferent der Fuldaer Bischofskonferenz zurücktrat, und zwar aus Protest gegen die ewige Anbiederei des Konferenzvorsitzenden Kardinal Bertram (Breslau) bei den Nazis (vgl. Knauft. S. 111), erwähnt Altmeyer bezeichnenderweise nicht. Andererseits finden sich in der Dokumentation durchaus Belege dafür, dass auch Kardinal Bertram dem Regime gegenüber zuweilen recht scharfe Töne anzuschlagen vermochte. So schrieb er am 17.09.1936 an Goebbels: 
"Man scheint den Strömungen Rechnung tragen zu wollen, die die Sittenlehre von der Glaubenslehre lösen und dem Einfluß der Kirche entziehen wollen... Unnatürlich und innerlich unmöglich ist die Absonderung des sogenannten 'rein Religiösen' als ausschließliches Betätigungsfeld der Kirche und kirchlichen Presse. Das bedeutet Spaltung des Menschen, Trennung von Leib und Seele, von Religion und Leben; das heißt dem Baum nur die Wurzeln lassen, ohne äußeres Wachstum, ohne Blüten und Frucht; das bedeutet nicht nur Ausschaltung des Christentums aus der Öffentlichkeit, sondern Verkümmerung, Siechtum und Absterben der Religion Christi, eine Entwicklung, gegen die sich die Kirche mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln wenden muß..." (S. 138, Dokument Nr. 155) 
Das zunehmend repressive Vorgehen des Regimes gegen die Kirche wird in den von Altmeyer zusammengestellten Dokumenten ausgesprochen deutlich. Aus einem Hirtenbrief Preysings vom 30.11.1937 (Dokument Nr. 208) erfährt man, dass "[z]wölf Druckereien in Deutschland, die die Enzyklika 'Mit brennender Sorge...' gedruckt haben, [...] den Eigentümern entschädigungslos enteignet" wurden, "weil sie, wie ein Erlaß des Reichsinnenministers behauptet, sich durch den Druck der Enzyklika staatsfeindlich betätigt haben" (S. 172f.); weiter stellt Preysing in diesem Hirtenbrief fest: 
"Der gläubige Katholik steht in Deutschland unter Ausnahmerecht. Er muß Spott und Hohn, Unfreiheit und Bedrängnis für seinen Glauben dulden, ohne sich verteidigen zu können, während die Kirchenfeinde Freiheit des Wortes, des Angriffes und des Spottes genießen..." (S. 173) 
Wo wäre heute ein Bischof, der so etwas öffentlich sagt? -- Aus einem Schreiben von Walter Tießler, dem Verbindungsmann zwischen Parteikanzlei und Propagandaministerium, an Reichsleiter Bormann vom 13.08.1941 (Dokument Nr. 235, S. 192f.) geht hervor, dass Goebbels es befürwortet haben würde, "den Schein gegenüber den Kirchen während des Krieges zu wahren": 
"Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte man während des Krieges so getan, als wenn man mit den Kirchen loyal zusammenarbeite. Nach dem Kriege aber hätte der Führer bei der Bekanntgabe der großen sozialen Maßnahmen mit angekündigt, daß das gesamte Eigentum der Kirchen nunmehr dem deutschen Volk gehört. In der Siegesstimmung und der Freude über den sozialen Aufbau nach dem Kriege wäre es kinderleicht gewesen, diese Maßnahmen durchzuführen" (S. 192). 
Im selben Schreiben erwähnt Tießler seinen "Vorschlag, den Bischof aufzuhängen" (S. 193); gemeint ist, wie Altmeyer anmerkt, der Bischof von Münster, Graf von Galen. Am 10.12.1941 beschwerte sich Kardinal Bertram bei Hitler darüber, dass der "Neudruck christlich-religiöser Schriften, sogar der Bibel, [...] verboten" worden sei (S. 193, Dokument Nr. 237); fast gleichzeitig klagte der Münchner Kardinal Faulhaber in seiner Silvesterpredigt, neuerdings sollten "für den Religionsunterricht auch der Katechismus und die anderen Religionsbücher nicht mehr erscheinen dürfen" (S. 194, Dokument Nr. 238). 

Wie es in Diktaturen oft der Fall zu sein scheint - ich sag nur "Banalität des Bösen" -, fehlt es im Fundus der von Altmeyer dokumentierten Verboten und Gängeleien der katholischen Presse durch das NS-Regime allerdings auch nicht an Skurrilem und unfreiwillig Komischem. So erhielt die Zeitschrift "Hoffnung" am 22.12.1938 eine scharfe Rüge aus dem Propagandaministerium wegen eines Artikels mit dem Titel "Auf der Autobahn": Dieser sei "geeignet [...], die Reichsautobahnen in den Augen der Leser ganz allgemein herabzuwürdigen", und dies trotz der Tatsache, dass die in dem Text geschilderte "Autostraße Köln-Bonn nicht zu den Straßen des Führers gehört, sondern eine Schöpfung des dem Zentrum angehörenden früheren Oberbürgermeisters Adenauer ist", was indes "den wenigsten Lesern bekannt sein" dürfte (S. 141, Dokument Nr. 158). Noch schöner ist ein Prüfbericht der Reichspressekammer über die katholische Frauenzeitschrift "Monika"
"Die Beiträge 'Der Märchen-Kaffeewärmer' und 'Vom Hammelfleisch' auf S. 10 der Monatsausgabe sind unzulässig. In der Halbmonatsausgabe und Wochenausgabe sind folgende Veröffentlichungen nicht mit den Bestimmungen meines Erlasses in Einklang zu bringen:
'Von den Hagebutten', 'Für unsere Märchenstube', 'Alles für die Baby-Puppe' und 'Von bösen Krabbeltieren und sonstigen Dingen'. In dem letztgenannten Beitrag ist überdies eine unzulässige Textreklame enthalten.
Aufgabe einer katholischen Zeitschrift ist, worauf ich Sie schon seinerzeit hinwies, die Pflege religiösen Gedankengutes, wobei jeder Teil des Inhalts seinen Ausgang vom Religiösen nehmen muß" (S. 141, Dokument Nr.  159). 
Nicht uninteressant ist auch eine Bestimmung der Reichspressekammer über die Zulässigkeit von Stellenanzeigen in katholischen Zeitschriften: Diese sollten nur erlaubt sein, sofern 
"der Bewerber eine Tätigkeit ausüben soll, die ihrem Wesen nach unmittelbar mit dem katholischen Bekenntnis in Verbindung gebracht werden kann. Wenn z.B. in einem katholischen Haushalt eine Erzieherin für die Kinder angestellt werden soll, so kann im Rahmen der auszuübenden Tätigkeit das konfessionelle Moment für den Anzeigenden eine Rolle spielen.
Das gilt aber nicht für andere in einem Haushalt angestellte Personen, z.B. Köchin, Hausmädchen  Hausmeister, Diener, Chauffeur usw." (S. 111, Dokument Nr. 117). 
Ein bisschen um die Ecke gedacht, sehe ich da gewisse strukturelle Parallelen zu heutigen Debatten über kirchliches Arbeitsrecht. 

Für den Band "Miterbauer des Bistums Berlin" gilt weiterhin, was ich schon letzte Woche festgestellt habe, nämlich dass die Qualität der Einzelbeiträge recht uneinheitlich ist. Diversity-beflissene Leser dürfte es interessieren, dass unter den 14 Personen, die in diesem Buch als "Miterbauer" des Hauptstadtbistums gewürdigt werden, eine einzige Frau ist: die Sozialarbeiterin Dr. Margarete Sommer, die als Geschäftsführerin des "Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat Berlin" während der NS-Zeit wesentlichen Anteil daran hatte, verfolgten Juden bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder bei der Emigration aus Deutschland zu helfen oder sie, soweit dies nicht mehr möglich war, mit Lebensmitteln, Bekleidung und Geld zu versorgen. Der Beitrag über sie ist der längste des Bandes, allerdings ist er insofern eine Kuriosität, als er zum größten Teil aus einer kommentierten Nacherzählung eines Fernsehspiels besteht, dessen Drehbuch auf Erinnerungen Margarete Sommers basiert.

Rückhaltlos begeistert war ich von dem Beitrag über Friedrich Radek, verfasst vom Herausgeber Knauft selbst. Just zu diesem gibt es übrigens keine weiterführenden Literaturangaben, und auch der Wikipedia-Artikel über Radek nennt als einzige Quelle diesen Aufsatz von Knauft. Wer also war dieser Friedrich Radek? Ein Priester, der den größten Teil seines Lebens und Wirkens in der Diaspora Vorpommerns verbracht hat. Erstmals hellhörig wurde ich, als es hieß, bereits als Kaplan im oberschlesischen Biskupitz - wo seinerzeit, einer Anekdote zufolge, "der Nachtwächter noch katholisch sein" durfte, "der Obernachtwächter aber schon nicht mehr"
(S. 137) - habe Radek eine Pfarrbücherei (!) gegründet, "die nach drei Jahren bereits über 3.000 Bände zählte mit einer Jahresausleihe von mehr als 21.000 Büchern" und die "den preußischen Regierungsbeamten in Oppeln ein Dorn im Auge" war (S. 134). 1912 wurde er Kaplan in Nauen, wo es zu seinen Aufgaben gehörte, "in dem riesigen Havelländischen Luch die katholischen Viehhüter in den einsamen kleinen Höfen zu besuchen" (S. 137). Hach. Als Pfarrer von Stralsund (ab 1922) zeigte sich Radek als ebenso tatkräftig wie streitlustig, letzteres durchaus auch auf politischem Gebiet. Noch zur Weimarer Zeit äußerte er sich kritisch über die reich gefüllten Schatzkammern mancher Wallfahrtskirchen: 
"Wieviele Kirchenfeinde würden weniger heranwachsen, wenn die Reichtümer der Schatzkammern für Kirchenbauten, Krankenhäuser und andere Wohlfahrtseinrichtungen verwendet würden. Vielleicht räumen einmal die Kirchenfeinde die Schatzkammern aus und bauen mit dem Erlös sozialistisch oder Freimaurer-Krankenhäuser" (S. 140). 
Ein echter Knüller ist Radeks "auf dem Dekanatskonvent am 24. Mai 1934" vorgetragenes "geistliches Wort" über "Klerikale Trägheit": 
"Dem faulen Arbeiter und Angestellten wird seine Faulheit recht fühlbar zum Bewußtsein gebracht durch seine Entlassung aus der Arbeit, also aus der Brotstelle. Der faule Handwerker, der faule Kaufmann verliert seine Kundschaft. Dem faulen Arzt, dem faulen Rechtsanwalt schwindet die Praxis. Der faule Offizier, der faule Beamte wird nicht befördert. Welchen irdischen Nachteil zieht sich der faule Geistliche zu?" (S. 143). 
Besonders hart tadelt Radek "[g]etarnte Formen des Müßigganges: 
"Man sammelt Marken, Münzen, Schmetterlinge, Steine, treibt Rosenzucht, Taubenzucht, Bienenzucht, sitzt stunden- und stundenlang am Klavier, treibt Kunst und Kunstgeschichte -- alles sehr schön und sogar zu loben, wenn wirklich nur freie Zeit dafür verwendet wird. Wenn die Liebhaberei die Hauptsache und die Berufsarbeit nur eine lästige Abhaltung werden, dann ist der Vorwurf des geschäftigen Müßigganges nur zu berechtigt" (S. 144). 
Und nun die Pointe: "Wenn Hitler und Goebbels auf uns als Mitarbeiter angewiesen wären, wo stände dann heute der Nationalsozialismus?" (ebd.) 

"Weniger spektakulär" - so Knauft -, aber für mein Empfinden erheblich interessanter als alle "politischen Kontroversen" war allerdings "die alltägliche Arbeit von Erzpriester Radek in der zerstreuten Gemeinde und in den sozial-caritativen Institutionen der Diaspora" (S. 142). Zum Beispiel: 
"Das St.-Josef-Stift in Stralsund wurde umgebaut und erweitert, so daß nun 80-100 Kinder untergebracht werden konnten. In dieser Kommunikantenanstalt wurden Jungen und Mädchen aus den entlegenen Dörfern Vorpommerns für einige Monate aufgenommen und auf die Erstkommunion vorbereitet. Einige der Kinder hatten noch nie eine katholische Kirche gesehen, geschweige denn am Religionsunterricht teilgenommen" (ebd.). 
Nun stelle man sich mal vor, jemand würde heutzutage den Vorschlag wagen, die Erstkommunionvorbereitung für kirchenfern aufgewachsene Kinder auf solche Art zu organisieren... 

Kritisch bewertet Knauft Radeks Engagement in der CDU der DDR, deren Charakter als pseudodemokratisches Feigenblatt in einem totalitären System er nicht durchschaut habe, sowie insgesamt einen gewissen Mangel an Distanz zum DDR-Regime, der sich auch in seiner Auszeichnung mit dem Vaterländischen Verdienstorden der DDR zeigte. Zum Bruch mit dem Regime kam es allerdings, als der Staat im Frühjahr 1958 die Schließung des katholischen St.-Josefs-Kinderheims in Stralsund "und eine sofortige Verlegung sämtlicher Kinder in ein staatliches Heim" anordnete.
"Man warf der Kirche vor: Veruntreuung von Staatsgeldern, pädagogisches Versagen und einseitige Nichteinhaltung der Vereinbarungen, die zwischen dem Staat und den Trägern des Hauses getroffen wurden, als man ihnen Kinder übergab in der Erwartung, daß sie im Heim zu sozialistischen Menschen erzogen würden" (S. 150). 
Daraufhin gab Radek unter Protest seinen Orden zurück. Übrigens war das Kinderheim "in der NS-Zeit schon einmal geschlossen" worden (S. 149). 

Interessanter als erwartet war auch der Beitrag über Wilhelm Weskamm, Bischof von Berlin von 1951 bis zu seinem Tod 1956; und zwar vor allem wegen der Einblicke in die Geschichte des Katholizismus in der DDR, die dieser Beitrag gewährt. Bevor Wilhelm Weskamm als Nachfolger Kardinal Preysings zum 4. Bischof von Berlin ernannt wurde, war er Weihbischof im damals noch zum Erzbistum Paderborn gehörenden Magdeburg und erlebte so die Komplikationen, die die deutsche Teilung für die kirchliche Administration mit sich brachte, an vorderster Front mit. Zugleich erlebten die kirchlichen Strukturen in seinem Zuständigkeitsbereich einen massiven Umbruch durch den Zuzug katholischer Vertriebener aus den Ostgebieten. In dieser Zeit ermahnte Weskamm "seine" Gläubigen: 
"Manche Worte müssen wir heute neu verstehen. So auch 'Gemeinde'... Sind wir hier untereinander Fremde, Unbeteiligte, die sich treffen wie in der Bahn und sich umeinander nicht weiter kümmern, oder gehören wir innerlich irgendwie zusammen?" (S. 200) 
Noch Fragen in Sachen #BenOp-Relevanz? -- Als der Priesternachwuchs in der DDR akut gefährdet war, weil "im Westen ausgebildete Theologen ab Oktober 1951 keine Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung für die DDR mehr erhielten" (S. 201), ein eigenes Priesterseminar auf dem Territorium der DDR aber noch nicht existierte, verfasste Bischof Weskamm "eine pastorale Handreichung, eine Art Notprogramm mit dem Titel 'Die "eiserne Ration" des Christen - Wie können christliche Gemeinden und christliches Leben auch ohne Priester weiterbestehen?', die in mehreren Jurisdiktionsbezirken der DDR verbreitet wurde" (S. 202). Interessant! Ich nehme mal an, diese Denkschrift dürfte im Diözesanarchiv zu finden sein. -- In seiner "Schlußansprache beim 75. Deutschen Katholikentag 1952 in Berlin" warnte Bischof Weskamm vor der "Gefährdung der Kinder in einer gottlosen, materialistischen Atmosphäre und Erziehung": 
"Es geht hier um das nackte Leben, um die nackte Existenz, um die Frage, ob wir in Gott lebendig bleiben oder zugrunde gehen, ob Menschen gottlos werden oder den Weg zu Gott gehen" (S. 202).
Die von Weskamm geleitete "Berliner Ordinarienkonferenz" (BOK) ließ am 11. Januar 1953 "in allen Gottesdiensten ein gemeinsames Hirtenwort mit dem Titel 'Über christliche Elternpflicht in unseren Tagen' verlesen" (S. 203):
"Darin stellen die Bischöfe und Bischöflichen Kommissare zunächst 'mit tiefem Schmerz' fest: 'Unsere Schule ist religionslos, hat in ihrem Lehrplan keinen Raum für Religion... In diesen religionslosen Schulen wird der Materialismus gelehrt: vom materialistischen Geist sind die Lehr- und Lernbücher getragen und durchtränkt.' Dann appellieren sie an die Eltern, der marxistischen Ideologie in der Familie keinen Raum zu geben: 'Kinder, für die das gemeinsame Beten mit den Eltern nicht eine feiertägliche Ausnahme ist, sondern selbstverständlich wie das tägliche Brot, sind am sichersten gefeit gegen alle religionslosen und religionswidrigen Einflüsse, woher sie auch kommen mögen.'" (ebd.) 
Alles heute wieder höchst aktuell! -- Als eher ärgerlich würde ich den Beitrag über den Priester und Liturgiewissenschaftler Johannes Pinsk einordnen; er stammt von Johannes Günther, dessen geschwollene Schreibe mich schon in seinem Beitrag über Ernst Thrasolt genervt hat, aber hier kommt noch hinzu, dass Günther sich befleißigt, Pinsk durch die "nachkonziliare" Brille zu betrachten, was einen unvoreingenommen Zugang zu seinem Wirken und seinen Positionen effektiv verstellt. Das beginnt auf S. 209 mit der Feststellung: "Ökumenisches Engagement ist in der vorkonziliaren Zeit nicht ohne Risiko." Fun Fact: Die Rechtschreibautomatik möchte aus "vorkonziliar" "Gorgonzola" machen. Auf S. 210 wird der Ökumeniker Otto Karrer mit der Aussage zitiert: "Johannes Pinsk verdient als einer der ersten Vorkämpfer der ökumenischen Öffnung unsere Dankbarkeit." Na ist ja schön. Verfasser Günther fügt hinzu: 
"Sein ökumenischer Einsatz zieht im Laufe der Zeit immer weitere Kreise, so daß scherzhaft über ihn gesagt wird, er sei entweder auf Reisen oder er predige in evangelischen Kirchen. Das findet durchaus nicht allgemeine Billigung. Er gilt vielen als Außenseiter. Heute - man denke an das Wort der Würzburger Synode: 'Die ökumenische Aufgabe duldet keinen Aufschub... Ökumenische Orientierung muß neuer Stil der Kirche werden' - ist dagegen der ein Außenseiter, der sich ökumenischem Engagement verschließt." (ebd.)
Liegt es an mir, dass ich bei dieser Wortwahl Assoziationen von Mobbing auf dem Schulhof habe? Übrigens bin ich zu jung, als dass ich die "Würzburger Synode" miterlebt hätte, aber mir drängt sich hier der Eindruck auf, jene, die in dieser Synode rückblickend einen ersten verhängnisvollen Schritt hin zum heute von DBK und ZdK angestrebten Schismatischen Weg (den nenne ich jetzt nur noch so!) sehen, hätten möglicherweise nicht so ganz unrecht. -- Immerhin räumt Günther ein: 
"Heutige Irrwege des Ökumenismus - etwa Vernachlässigung der geistlichen Dimension des Ökumenismus, Verkürzung des Glaubens auf die ausschließlich horizontale Ebene der Mitmenschlichkeit, Vorwegnahme dessen wozu die 'offiziellen' Kirchen noch unterwegs sind, wie beispielsweise Interkommunion - hätten niemals seine Billigung gefunden." (ebd.) 
Interessant erscheint es mir auch dass Pinsk "mit einer Arbeit über die 'Missa Sicca', also über die 'trockene Messe'" promovierte: "eine 'Messe' ohne ihr eucharistisches Herzstück, durch die die im Mittelalter weit verbreiteten Meßstiftungen hatten abgegolten werden sollen" (S. 213). Heute nennt man das "Wort-Gottes-Feier", oder? Okay, kleiner Scherz. Aber nicht nur

Mit Blick auf Pinsks Beschäftigung "mit der geschichtlich gewordenen Gestalt der Liturgie" attestiert ihm Günther "eine Auffassung, deren Einseitigkeit heute - nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil - weithin kaum noch verstanden werden dürfte": 
"Gregorianik und lateinische Kirchensprache sind ihm [...] unverzichtbare Wesenselemente der Liturgie. [...] Mit der Zulassung der Volkssprache gemäß der Liturgie-Konstitution hätte sich Pinsk kaum abgefunden" (S. 215). 
Das ist natürlich ganz, ganz schlimm -- zumal Günther meint: "Aber gerade indem das Konzil über seine Auffassungen hinweggegangen ist, hat es der von ihm geforderten Christozentrik ein weltweites Verständnis verschafft" (S. 216). Das möchte ich dann allerdings doch bezweifeln. Auf S. 220f. wirft Günther schließlich die alles entscheidende Frage auf:
"Wo würden wir Pinsk heute - nach dem Konzil - anzusiedeln haben? Würde er uns lehren zurückzuschauen wie die Frau des Lot? Würde er die Brücke zur Überlieferung abbrechen wie Aaron bei der Aufstellung des Goldenen Kalbes? Fänden wir ihn also im Lager der Rückschrittlichen oder eher bei den Fortschrittsbeflissenen?"
Ich sag mal: WTF? 

Der Band schließt mit einem Beitrag über den Jesuitenpater Gebhard Graf von Stillfried-Rattonitz, als dessen wesentlicher Beitrag zur Geschichte des Bistums die Gründung der Sozialberatungsstelle "Offene Tür Berlin" (OTB) hervorgehoben wird. Den Beitrag fand ich im Ganzen eher so mittel-interessant, aber ein paar Details ließen mich dann doch aufhorchen. Etwa, wenn es auf S. 230 heißt, "auch in Fragen der Sexualmoral" habe Stillfried  "nicht die Bahnen der kirchlichen Lehre" verlassen: Wieso wird das so betont? Die "Offene Tür Berlin" gibt es heute immer noch, und auf der Website der Einrichtung heißt es unter der Rubrik "Über uns"
"Die Offene Tür Berlin ist eine gemeinnützige Beratungseinrichtung, die Menschen auf der Basis von gegenseitigem Respekt, unabhängig von ihrem religiös-weltanschaulichen Hintergrund und ihrer sexuellen Orientierung, unterstützt und begleitet."
-- Nicht dass ich da von der Sache her etwas dagegen hätte, aber warum wird ausgerechnet das Kriterium der "sexuellen Orientierung" so hervorgehoben? Mich stimmt das misstrauisch. Ebenfalls auf S. 230 liest man: 
"Die Beichten in der 'Offenen Tür' - ebenso wie Gottesdienste und Kurz-Andachten ein ständiges seelsorgliches Angebot - erreichten 1965 ihren Höchststand mit gut 2.200 und gingen dann auf rund 800 jährlich zurück. Zahlen, die doch einen gewissen Wandel kennzeichnen." 
Allerdings. Sollte man das unter den "Früchten des Konzils" verbuchen? Ich frag ja nur. 

Zusammenfassend lässt sich jedenfalls festhalten, dass allein die Beiträge über Sonnenschein, Klausener, Coppenrath, Preysing, Radek und Weskamm genug Interessantes und Bemerkenswertes enthalten, um dem Band "Miterbauer des Bistums Berlin" ein hohes Maß an #BenOp-Relevanz zu sichern -- und einen Platz im Büchereiregal sowieso. 

Irene Zimmermanns "Liebe, Stress, Gitarrenständchen" fand ich zwar über weite Strecken irgendwie doof, andererseits aber auch ganz süß -- auf eine süße Art doof oder vielleicht auch umgekehrt.  Die Handlung ist arg überkonstruiert; da wäre weniger mehr gewesen. Im Kern geht es darum, dass die Familie der Protagonistin Henriette, kurz Henri, in den Sommerferien umzieht, während Henris Boyfriend Tom Sprachlernurlaub in den USA macht. Mitten im Umzugsstress verknallt sich Henri Knall auf Fall in den neuen Nachbarsjungen David, gesteht sich diese Gefühle allerdings erst ein, als sie die (falsche) Nachricht erhält, ihr Tom habe sich am Urlaubsort ebenfalls eine Andere angelacht. Wäre das Buch für eine ältere Zielgruppe konzipiert, würden Henri und David an dieser Stelle zusammen im Bett landen, so aber küssen sie sich nur -- und noch ehe Tom aus Californioh zurückkehrt und sich alle Missverständnisse aufklären, verschwindet David nachhaltig aus Henriettes Leben, weil er mit seinen Eltern nach Frankreich (warum nicht gleich Französisch-Polynesien?) übersiedeln muss. Am Ende herrscht allgemeine Versöhnung; das hätte schlimmer kommen können. Hier und da überrascht das Buch übrigens durch wirklich charmante Details; ich finde es daher vertretbar, es zumindest vorläufig in die Jugendbuchabteilung der Pfarrbücherei aufzunehmen.  

Vorbehaltlos begeistert bin ich indes von Haley Stewarts "The Grace of Enough". Die Vision einer materiell bescheidenen, naturverbundenen und familienzentrierten Lebensweise, die das Buch vorstellt, umfasst auch Aspekte wie community building in der Nachbarschaft und in der Kirchengemeinde, und ein Kapitel über Natürliche Familienplanung gibt es auch. Jedes Kapitel endet mit praktischen Tipps und Anregungen zum selbständigen Weiterdenken, und ganz am Ende folgt noch ein Anhang für Reflexionsfragen, die z.B. auch zur Diskussion in einer study group geeignet sind. Insgesamt eine hervorragende Ergänzung zur #BenOp, würde ich sagen -- auch wenn ich kurz vor Schluss über die folgende Passage stolperte: 
"Should we just build an ark—maybe let in a chosen few and emerge when things look better and the storm has passed? No, that’s not really an option." (S. 142) 
Auweia. Ich schätze mal, falls Freund Rod das gelesen haben sollte, würde er diese Sätze - das Bild der "Arche" in auffälliger Verknüpfung mit dem Begriff "Option" - als frontalen Angriff auffassen. Dabei würde ich sagen, das, wovon Haley sich hier so demonstrativ abgrenzt, ist doch bloß eine verzerrte, verfälschte Lesart der #BenOp, wenn auch eine, der man auf Schritt und Tritt begegnet, besonders in den Kritiken von Leuten, die Rods Buch nicht oder nur ungenau gelesen, geschweige denn verstanden haben. Im Wesentlichen, wage ich zu behaupten, wollen Rod und Haley dasselbe. Vielleicht muss ich mal ein bisschen zwischen ihnen vermitteln.  

Die Leseliste für die kommenden Wochen ist ausgesprochen bunt gemischt:
Wieder ein Buch aus dem Paket, das Ich von meinem Bruder bekommen habe. Autor Manfred Scheuer ist seit 2015 Bischof von Linz, und was fällt uns zum Stichwort "Linz" ein? Richtig, dort hat das Nachrichtenportal kath.net seinen Sitz, folglich kann man sich vorstellen, dass die Amtsführung Seiner Exzellenz von konservativ-katholischer Seite ausgiebig kritisch begleitet wird. Als das vorliegende Buch erschien - 2007 nämlich -, war Scheuer noch Bischof von Innsbruck, außerdem aber auch Postulator im Seligsprechungsprozess für den 1943 wegen "Wehrkraftzersetzung" hingerichteten Franz Jägerstätter, und um den geht es in dem Buch. Den Überschriften im Inhaltsverzeichnis nach zu urteilen handelt es sich aber wohl weniger um eine Biographie Jägerstätters; vielmehr - so heißt es im Klappentext - "reflektiert und meditiert" das Buch "das Lebenszeugnis dieses beeindruckenden Mannes und führt den Leser zur tiefen Bedeutung des christlichen Martyriums". Als Anhang enthält das Buch drei Vorträge, die in den Jahren 2005-2007 beim jährlichen Jägerstätter-Gedenken in Innsbruck gehalten wurden, und einer dieser Vorträge stammt von jemandem namens Wolfgang Palaver. Na, da sind wir aber mal gespannt.
Außerdem fällt mir, wenn ich an Franz Jägerstätter denke, mich aber nicht auf seinen Namen besinnen kann, immer Hansi Hinterseer ein. Der Selige möge es mir verzeihen.
Ein Fundstück aus einer Büchertelefonzelle. Dem Titel nach ist mir das Buch natürlich ein Begriff, darüber hinaus allerdings kaum -- auch den Film habe ich nicht gesehen. Insofern unklare Erwartungen. Mit nennenswerter #BenOp- oder Punkpastoral-Relevanz rechne ich nicht unbedingt, außer vielleicht, dass Milieustudien aus der Kreuzberger "Szene" vor der Wende irgendwie aufschlussreich und anregend sein könnten. Schauen wir mal.

Und noch ein Buch aus dem Bücherpaket meines Bruders. "Ein Buch, das Mut macht sich aus fremdbestimmten Lebensumständen zu lösen und den eigenen Weg zu gehen", steht hinten auf dem Umschlag. Ich verkneife mir mal jegliche küchenpsychologischen Spekulationen darüber, was meinen Herrn Bruder wohl an dem Buch interessiert haben könnte. Was mein eigenes Interesse daran betrifft, na gut, ich habe Walter Kohl vor Jahren mal in der einen oder anderen Fernsehtalkshow gesehen, und da hat er einen recht guten Eindruck auf mich gemacht. Davon abgesehen: Mit dem Schicksal, der "Sohn vom Kohl" zu sein (wie es ebenfalls hinten auf dem Schutzumschlag heißt), kann sich ja wohl so ziemlich jeder von uns mehr oder weniger identifizieren: Helmut Kohl war einfach die Vaterfigur schlechthin. Als er Bundeskanzler wurde, war ich in der ersten Klasse, und als er abgewählt wurde, schon an der Uni; und wie die Gruppe Kraftklub - wenn auch in anderem Zusammenhang - mal sang: "Einer ganzen Generation geht's ähnlich." Das Walter Kohl aus dem Prozess der Abnabelung von der übermächtigen Vaterfigur ein Geschäftsmodell gemacht hat, sehe ich heute allerdings ein wenig kritischer als damals, als ich ihn in den Fernsehtalkshows sah. Nach dem Erfolg von "Leben oder gelebt werden" (2011), für das er einen Preis mit dem herrlich bescheuerten Namen "Mut zur Courage" erhalten hat, veröffentlichte er noch das Lebenshilfe-Ratgeber-Buch "Leben was du fühlst" (2013) und ein Jahr darauf "Was uns wirklich trägt. Über gelingendes Leben" -- zusammen mit Anselm Grün! Da hört meine Toleranz nun wirklich auf. Ich stelle gerade fest, dass ich mich so richtig in eine Unlust auf die Lektüre von Kohl juniors Erstlingswerk hineinschreibe. Aber ich werde dem Buch trotzdem eine Chance geben. 
An dieses Buch, das ich aus einer Büchertauschkiste in einem sehr netten Café an der Schönhauser Allee gezogen habe, knüpfe ich geradezu irrational hohe Erwartungen -- obwohl (oder weil?) ich nur recht vage Vorstellungen von seinem Inhalt habe. Auch den Film habe ich nicht gesehen. Was ich mir darunter vorstelle, ist eine Art "Herr der Fliegen"-Variante unter Rucksacktouristen und Surfer-Hippies, und was ich mir in puncto #BenOp-Relevanz davon verspreche bzw. erhoffe, ist eine Darstellung der Risiken und Nebenwirkungen des Versuchs, eine utopische Gemeinschaft zu erschaffen. Übrigens stammt die deutsche Übersetzung von Rainer Schmidt, der auch Donna Tartts Roman "The Secret History" ins Deutsche übersetzt hat; und da ich diesen Roman sowohl im Original als auch auf Deutsch mehrmals gelesen habe, kann ich sagen, dass seine Übersetzung exzellent ist. Das lässt mich hoffen, dass Schmidt bei "The Beach" ähnlich gute Arbeit geleistet hat.
Dieses Buch habe ich schon letztes oder sogar vorletztes Jahr von einem recht prominenten schwulen Filmemacher aus meinem Bekanntenkreis geschenkt bekommen (was ich natürlich nur erwähne, weil ich hoffe, den einen oder anderen Leser damit schockieren zu können). Jedenfalls hatte der das Buch, wenn ich mich recht entsinne, in einem Antiquariat oder auf einem Flohmarkt aufgegabelt und meinte, das könnte mich interessieren. Bisher hatte ich mich noch nicht an den Trumm herangetraut (1137 Seiten plus 35 Seiten Anhang!), aber nun sehe ich die Gelegenheit, das Thema "christliche Opposition gegen den Nationalsozialismus" mittels dieses Bandes um eine evangelische Perspektive zu ergänzen. Ob ich es tatsächlich schaffe, es komplett zu lesen, muss aber vorerst noch dahingestellt bleiben. 


Linktipps: 
Über die schwangeren Holzfiguren, die während der Amazonas-Synode eine so zwielichtige Rolle gespielt haben, ist ja ausgiebig debattiert worden: Handelt es sich um heidnische Götzenbilder, gar um Darstellungen der indigenen Gottheit "Pachamama", oder nicht? Handelte es sich bei den Ritualen im Umfeld der Amazonas-Synode, in denen diese Figuren eine Rolle spielten, und bei der Aufstellung im Altarraum einer Kirche um Götzendienst? Muss man eine dämonische Beeinflussung der Synode befürchten? Hätten wir gemäß Matthäus 24,15 schon beim ersten Auftauchen dieser Figuren in die Berge fliehen sollen, und zwar ohne noch einmal  ins Haus zurückzugehen? War es richtig, die Figuren aus der Kirche Santa Maria in Transpontina zu entfernen und in den Tiber zu werfen, und wenn nein, warum nicht? Einigen Aspekten dieses Fragenkomplexes widmet sich Bloggerkollegin  "Mary of Magdala" und kommt dabei zu einem besonnener abgewogenen Gesamturteil, als ich es mir zutrauen würde. -- Und mehr als das will ich zu diesem Thema weder sagen noch hören...! 
Vorige Woche hatte ich hier einen auf häretisch.de erschienenen Artikel am Wickel, dem es recht offenkundig darum zu tun war, das Phänomen der eucharistischen Anbetung bzw. deren wachsende Popularität schlechtzureden. Nun hat sich Bloggerkollege "Sophophilo" (kenne ich den eigentlich? Und wenn nein, warum nicht?) denselben Artikel vorgeknöpft -- und konstatiert nüchtern, derartige Wortspenden seien im Prinzip nichts Neues: "Die Theologie in Deutschland und auch die Reflektionsprozesse in den deutschen Kirchenbehörden" seien vielmehr schon "seit ein paar Jahren (ausgelöst durch das Phänomen 'Nightfever') damit beschäftigt, nicht selten missgünstig auf die eucharistische Anbetung zu blicken". Warum? Weil sie ihnen schlichtweg nicht ins Konzept passt. Weil sie dem "im Kern des theologischen Mainstreams" nicht bloß als Tatsache behaupteten, sondern aktiv vorangetriebenen Trend zur "Entsakralisierung" widerspricht, und weil nicht sein kann, was nicht sein darf. -- Ein, wie ich finde, kluger und lesenswerter Artikel, der bei mir - auch in Hinblick auf die neulich mal verhandelte Frage "Wie tot ist eigentlich die Blogoezese?" - den Eindruck hinterlässt, den oder das Blog "Invenimus Messiam" sollte ich zukünftig im Auge behalten.


Heilige der Woche: 

Heute, Montag, 28. Oktober: Hll. Simon und Judas, Apostel und Märtyrer. In den Evangelien ist von diesen beiden Jünger Jesu kaum mehr als der Name überliefert, und selbst die Namensnennung ist uneinheitlich: So erscheint in den Apostellisten bei Matthäus (10,2-4) und Markus (3,16-19) an zehnter Stelle der Name Thaddäus (laut einigen Textzeugen auch "Lebbäus"), bei Lukas (6,14-16) hingegen "Judas, der Sohn (oder Bruder) des Jakobus"; auch im Johannesevangelium wird an einer Stelle (14,22) ein "Judas - nicht der Iskariot" erwähnt. Simons Beiname Kananaios (bei Matthäus und Markus) bzw. Zelotes (bei Lukas) bringt ihn mit einer militanten Gruppierung im damaligen Judentum in Verbindung, die die Messias-Erwartung dezidiert politisch-revolutionär verstand; der Umstand, dass ein (ehemaliger?) Anhänger dieser Bewegung unter den Zwölf Aposteln Jesu war, beschäftigt von jeher die Phantasie "historisch-kritischer" Exegeten und literarischer Bearbeiter des Lebens Jesu, und diesem Umstand verdankt Simon der Zelot auch eine beachtliche Solonummer in der Rockoper "Jesus Christ Superstar", wo er Jesus angesichts der jubelnden Massen beim Einzug in Jerusalem am Palmsonntag  dazu überreden will, einen Aufstand gegen die römische Besatzung anzuzetteln: "You'll get the power and the glory forever and ever and ever!" Worauf Jesus erwidert
"Neither you, Simon, nor the fifty thousand,
Nor the Romans, nor the Jews,
Nor Judas, nor the Twelve
Nor the priests, nor the scribes,
Nor doomed Jerusalem itself
Understand what power is,
Understand what glory is,
Understand at all." 
Und ich muss sagen: Ja, natürlich ist "Jesus Christ Superstar" in vielen Punkten heterodox und streift zuweilen sogar das Gebiet der Blasphemie, aber diese Stelle, doch doch, Mr. Rice, Hut ab.  -- Okay, Ende der Abschweifung. Da unter den im Matthäus- und Markusevangelium namentlich genannten "Brüdern" Jesu - nach katholischer Auffassung entweder Stiefbrüder aus einer früheren Ehe des Joseph oder aber Angehörige eines größeren Familienverbands, also etwa Vettern - ein Simon und ein Judas sind, wurden die Apostel Simon und Judas in der Tradition zuweilen mit diesen gleichgesetzt; demnach wäre Simon auch Leiter der Jerusalemer Urgemeinde und Judas der Verfasser des Judasbriefs im Neuen Testament. Laut außerbiblischer Überlieferung gingen die Apostel Simon und Judas später gemeinsam als Glaubensboten nach Mesopotamien und Persien und erlitten gemeinsam das Martyrium: Simon wurde zersägt, Judas mit einer Keule erschlagen. Übrigens wird Judas Thaddäus traditionell als Helfer für "hoffnungslose Fälle" angerufen

Donnerstag, 31. Oktober: Hl. Wolfgang (ca. 924-994), Glaubensbote und Bischof. Leitete die Trierer Domschule, wurde 964 Benediktinermönch, 968 zum Priester geweiht. Ging als Missionar zu den Ungarn, ehe er 972 Bischof von Regensburg wurde. 


Aus dem Stundenbuch: 

Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. (Epheser 2,20f.


Dienstag, 22. Oktober 2019

Suchen & Fragen Vol. IV (Gedanken beim Aufwachen)

Idee für einen Kurs für "kreatives Schreiben"

Die Kursteilnehmer bekommen den Auftrag, auf der Website von Amazon einen beliebigen Haushalts-, Hygiene- oder Freizeitartikel (kein Buch, kein Film, kein Tonträger) aufzurufen. Und dann müssen sie eine Kurzgeschichte schreiben, in der die ersten vier Gegenstände aus der Rubrik "Kunden, die diesen Artikel angesehen haben, haben auch angesehen" vorkommen müssen. 

Hier ein Beispiel: 


Wer es mal ausprobieren möchte, darf mir sein Ergebnis gern zusenden... 

***

Übrigens muss ich zu meinem Beitrag über die brutopische Gewürzgurkenbrause dringend ein Update loswerden; nämlich dies hier: 




Irgendwie wundert es mich überhaupt nicht, dass die sowas mag. Eine gewisse Gurken-Affinität war ihr ja auch schon früher anzumerken...



Montag, 21. Oktober 2019

Kaffee & Laudes - Das Wochen-Briefing (29. Woche im Jahreskreis)

Was bisher geschah: Der Plan für den Montagvormittag sah vor, dass ich mit dem Kind zur Krabbelgruppe im evangelischen Gemeindehaus gehe, während meine Liebste zum Friseur geht. (Ja, da müsste ich nach über drei Jahren auch mal wieder hin. Aber erst nach der Pfarrgemeinderatswahl. Ich möchte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, ich wolle seriös wirken.) Zu der besagten Krabbelgruppe muss ich anmerken, dass ich bis vor den Sommerferien relativ regelmäßig mit meiner Tochter da hingegangen war; dann war die Gruppe jedoch vorläufig zum Erliegen gekommen, da die Elternzeit der bisherigen Leiterin zu Ende war und sie für ihr eigenes Kind einen KiTa-Platz bekommen hatte. Eine andere Mutter aus der Gruppe hatte sich zwar bereit erklärt, die Leitung zu übernehmen, es hatte sich aber ziemlich lange hingezogen, bis sie von der evangelischen Kirchengemeinde einen Schlüssel für das Gemeindehaus bekommen hatte. Nun sollte die Krabbelgruppe erstmals wieder stattfinden; allerdings zeigte sich, dass das Gemeindehaus a) anscheinend ein Ratten- oder Mäuseproblem hat (ein Aushang informierte darüber, dass Giftköder gestreut worden seien) und dass b) der für die Krabbelgruppe vorgesehene Raum mit offenbar aus anderen Räumen ausgelagertem Zeug vorgestellt war. Ob zwischen a) und b) ein Zusammenhang besteht, sei mal dahingestellt. "Das hätte man mir aber auch ruhig mal vorher sagen können", murrte die neue Krabbelgruppenleiterin verständlicherweise, und ich schlug vor: "Wir könnten auf das katholische Gemeindehaus ausweichen. Der Raum ist frei, ich hab den Schlüssel und es gibt einen Schrank voller Spielzeug." Gesagt, getan! Die anderen Mütter waren ausgesprochen angetan von dem Raum und der Krabbelgruppenausstattung, und prompt stand die Überlegung im Raum, die Gruppe zukünftig ganz dorthin zu verlegen. (Tatsächlich hatte ich genau diese Idee schon vor ein paar Wochen gehabt und hatte das auch beim Lokalausschuss angesprochen. Steht im Protokoll, falls jemand fragt.) Im Anschluss an die Krabbelgruppe kümmerte ich mich dann gleich noch über die neu eingegangenen Bücherspenden fürs Büchereiprojekt (darüber habe ich bereits berichtet); am Nachmittag hatte meine Liebste mal wieder einen Foodsaving-Einsatz in einer Hummusfabrik. Insgesamt also ein ungewöhnlich produktiver Montag! Die nächsten Tage waren tendenziell weniger ereignisreich, aber zum Emergent Berlin Festival im Baumhaus schafften wir es trotzdem nicht. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hielt uns das gleichzeitig erkältete und zahnende Kind nahezu durchgehend wach; gemessen daran war der Freitag gar nicht so schlimm, nur die Lokalausschusssitzung am Abend empfand ich als zäh und unproduktiv. Am Samstag war Krabbelbrunch, und außerdem erinnerte mich Facebook daran, dass ich vor zwei Jahren erstmals, und zwar spontan und ungeplant, den Lektorendienst in Herz Jesu Tegel übernommen hatte. Am Gedenktag der kanadischen Marterpfahl-Märtyrer. Ein würdiger Einstand. Am Abend war in St. Bonifatius in Kreuzberg zehnjähriges Nightfever-Jubiläum; eigentlich dachten wir zwar, wir wären  zu müde und geschafft, um da hinzugehen, aber dann zeichnete sich ab, dass das Kind nach einem späten und langen Mittagsschlaf ohnehin noch ziemlich lange munter bleiben würde, wohingegen die Liebste ziemlich üble Kopfschmerzen hatte. Salomonische Lösung: Ich schickte meine Frau ins Bett und ging mit meiner Tochter auf Tour. Tatsächlich gefiel es ihr sensationell gut beim Nightfever: Sie war von der Kommunionbank kaum wegzubewegen, brachte auch ihrem Lieblingskuscheltier das Knien bei, und einen persönlichen Segen vom Erzbischof bekamen wir auch. Insgesamt ein höchst gelungener Abend! Am Sonntag schliefen wir alle drei erst einmal gründlich aus, umgingen so den Familiengottesdienst und gingen stattdessen in die Abendmesse -- wo wir eine sechsköpfige Familie kennenlernten, die vorerst nur auf Besuch in unserer Gegend war, aber derzeit auf Wohnungssuche ist und also möglicherweise hierherzieht. Wär ja schön! Gebetsunterstützung für dieses Anliegen ist willkommen... 


Was ansteht: Die Ferien sind vorbei, es gilt also, sich wieder an einen Tagesablauf zu gewöhnen, der wesentlich von den Arbeitszeiten meiner Liebsten bestimmt wird. Heute Vormittag ist erst einmal Krabbelgruppe angesagt, die, wie ich inzwischen mit der Leiterin besprochen habe, erneut in "unser" Gemeindehaus verlegt wird. Zudem steht die Option im Raum, dass die Gruppe sich auch längerfristig regelmäßig dort trifft -- an einem anderen Wochentag, zusätzlich zu dem Termin im evangelischen Gemeindehaus, sobald die da ihr Mäuseproblem in den Griff bekommen haben. Am Dienstag wird meine Tochter zwei Jahre alt, da gilt es also was Schönes zu unternehmen. Was die Woche sonst noch so bringen wird, bleibt abzuwarten; das Wochenende verspricht jedenfalls mal wieder sehr spannend zu werden: Am Samstag findet in der "Gemeinde auf dem Weg", rund einen Kilometer von meinem bequemen Sofa entfernt, das "ökumenische Lobpreis-Event" EINKLANG statt -- mit Vorträgen, Workshops, Infoständen und natürlich Lobpreis, Lobpreis, Lobpreis! Als Hauptredner ist Johannes Hartl mit von der Partie. Und am Sonntag veranstalten wir in Herz Jesu Tegel zum 7. Mal den "Offenen Büchertreff", diesmal mit einem Programm zum Thema "Pilgern auf dem Jakobsweg". Darauf werden wir uns wohl auch inhaltlich vorbereiten müssen. Außerdem brauchen wir dringend neue Flyer für unsere Mittwochsklub-Aktivitäten, und es wäre natürlich vorteilhaft, wenn die bis zum EINKLANG fertig wären... schauen wir mal. 


aktuelle Lektüre: Wie schon vorauszusehen war, erweist sich die aktuelle Runde meines Lektüreplans als erheblich ergiebiger als die vorherige. Auf die Theaterstücke der Hl. Thérèse von Lisieux war ich ja sehr gespannt gewesen, allerdings sah es zunächst so aus, als hätte ich dieses Bändchen mit übertriebenen Erwartungen überfrachtet; denn das erste der acht Stücke, "Jeanne d'Arc erhält ihren Auftrag", fand ich, bei allem Respekt vor der Autorin, nicht gut. Dass es sprachlich recht hölzern und unbeholfen wirkt, mag zum Teil auf das Konto der Übersetzerin Anja Schulze gehen, aber andererseits wird schon im Vorwort von Andreas Wollbold betont, die Stücke seien "keine literarischen Kunstwerke" (S. 11). Beides dämpfte natürlich auch meine Erwartungen bezüglich der weiteren Stücke ganz erheblich; aber schon das zweite,  "Die Engel bei Jesus an der Krippe", machte einen ganz und gar gegenteiligen Eindruck auf mich. Sprachlich könnte sicherlich auch dieses Stück eine Überarbeitung vertragen, stellenweise wären wohl auch Kürzungen ratsam, aber im Ganzen ist das ein Stück, das ich ausgesprochen gern mal aufführen würde. Ich sehe es lebhaft vor mir ---: mit Schminkmasken, krassen Lichteffekten und TripHop-Untermalung. Den ästhetisch Konservativeren unter meinen Lesern muss ich mitteilen, dass das leider mein voller Ernst ist. Ich habe schließlich nicht umsonst mal Theaterwissenschaft studiert. Vielleicht wäre das mal ein Projekt, das man mit dem Firmkurs in Angriff nehmen könnte; mit dem jetzigen sicherlich noch nicht, aber vielleicht in ein paar Jahren...? Mal sehen. 

Das dritte Stück, "Jeanne d'Arc führt ihren Auftrag aus", ist mit Abstand das längste der Sammlung und besteht aus drei Teilen, die die Siege der Jungfrau von Orléans, ihre Gefangenschaft und ihr Martyrium und schließlich ihre Verherrlichung im Himmel darstellen; für eine Aufführung würde es sich anbieten, das oben angesprochene erste Stück als Vorspiel voranzustellen, in gründlich überarbeiteter und gekürzter Fassung. Der Theaterwissenschaftler in mir könnte sich auch eine Montage mit Szenen aus Schillers und Shaws Stücken über die Heilige Johanna vorstellen. Auf jeden Fall schreit dieses Stück nach großer Ausstattung, großer Statisterie und einem genialen Raumkonzept, und das Lieblingswerkzeug des Dramaturgen, nämlich der Rotstift, dürfte auch gut zu tun bekommen. Mich persönlich reizt es weniger als "Die Engel bei Jesus an der Krippe", aber vorstellen könnte ich mir schon, dass Thérèses Jeanne d'Arc eine interessante Aufgabe für einen ambitionierten erzkatholischen Theaterregisseur sein könnte.

Karl Aloys Altmeyers Dokumentation "Katholische Presse unter NS-Diktatur" ist zwar durchaus interessant, aber leider nicht so interessant, wie ich gehofft hätte. Das liegt zum Teil daran, dass Altmeyer, wie er in der Einleitung verrät, "das Schicksal des katholischen Schrifttums [...,] also auch die Geschichte der Kalender, Flugblätter, Hirtenbriefe, Kleinschriften und Broschüren", "ausgeklammert" hat (S.10) -- und damit just den Teil des katholischen Pressewesens, der am ehesten die Chance hatte, unterhalb des Radars der staatlichen Überwachung zu agieren. "Die vorliegende Darstellung erstreckt sich nur auf die Katholische Tages- und Zeitschriftenpresse" (ebd.). Somit geht es in den von Altmeyer zusammengestellten Dokumenten zum allergrößten Teil um administrative Maßnahmen des NS-Regimes zur Gleich- bzw. Ausschaltung des katholischen Zeitungs- und Zeitschriftenwesens und die mehr oder weniger hilflosen Versuche von kirchenamtlicher Seite, diese Maßnahmen abzuwehren oder abzumildern. Noch ärgerlicher ist allerdings Altmeyers erklärte Zielsetzung, die katholische Presse von jedwedem Vorwurf der Kollaboration mit dem Naziregime freizusprechen, ja sogar, ihr ein "Ruhmeszeugnis" auszustellen (S. 50). Es entbehrt nicht einer gewissen Tragikomik, dass die vom Autor selbst ausgewählten Quellentexte diese Absicht teilweise unterlaufen. Gewiss stand die katholische Tagespresse der Weimarer Republik im Wesentlichen auf der Seite des Zentrums u./o. der Bayerischen Volkspartei und positionierte sich noch im Wahlkampf zur Reichstagswahl vom 5. März 1933 - als Hitler bereits Reichskanzler war - zum Teil scharf NS-kritisch, was eine Reihe von Verboten zur Folge hatte. Im weiteren Verlauf des Jahres 1933 ist jedoch ein hohes Maß an Bereitschaft zu beobachten, sich mit dem neuen Regime zu arrangieren und die politische Großwetterlage positiv zu sehen. Das betrifft auch und nicht zuletzt die Bischöfe; man ist geneigt zu sagen, die Haltung des deutschen Episkopats gegenüber dem Staat sei damals gar nicht so sehr anders gewesen als heute. Erst als sich zeigt, dass das NS-Regime, nachdem es sich seiner Machtposition ausreichend sicher fühlt, gar kein Interesse daran hat, irgendwie auf kirchliche Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen, wächst im institutionellen Apparat der Kirche wieder eine distanzierte Haltung gegenüber dem Regime, aber da ist es praktisch schon zu spät. 

Das soll allerdings nicht heißen, dass das  in der erklärten Absicht einer Apologie der katholischen Kirche hinsichtlich ihrer Haltung zum Nationalsozialismus zusammengetragene Quellenmaterial nicht teilweise recht bemerkenswert wäre. Man erfährt zum Beispiel, dass die Augsburger Postzeitung am 12.02.1933 schrieb, Hitler - der zu diesem Zeitpunkt bereits als Reichskanzler im Amt war - sei zwar katholisch, jedoch "nach den Richtlinien der deutschen Bischöfe von den Gnadenmitteln der Kirche ausgeschlossen" (S. 16, Dokument Nr. 3). Noch 1935 beschwerte sich Goebbels beim Chefredakteur der Zeitung Germania darüber, dass "Geistliche [es] für notwendig [hielten], ihn wegen seiner Ehe mit einer geschiedenen Frau für exkommuniziert zu erklären und gegen die reinen Absichten des Führers zu hetzen" (S. 53, Dokument Nr. 51).

Aber natürlich lese ich das Buch nicht in erster Linie aus historischem Interesse. Natürlich - das sei von vornherein eingeräumt - lassen sich die Erkenntnisse  über Vorgänge von damals nicht eins zu eins auf die Gegenwart oder die absehbare Zukunft übertragen; aber wenn einem immer gesagt wird "Das kann man doch gar nicht vergleichen!", dann kann man aus der Vergangenheit auch nichts lernen, und wer das nicht tut, der ist laut einem berühmten Ausspruch von George Santayana wozu verurteilt? -- Eben. Also: Natürlich kann man die Christentums- und Kirchenfeindlichkeit der Nazis mit heutigen säkukaristischen Ideologien und die Gleichschaltungspolitik der Nazis mit heutigen Formen der Einschränkung von Meinungsvielfalt vergleichen, solange man berücksichtigt, dass ein Vergleich noch keine Gleichsetzung ist, und somit neben den Gemeinsamkeiten auch die Unterschiede ins Auge fasst.

So gesehen sind einige der von Altmeyer zusammengestellten Quellentexte dann doch ziemlich aufschlussreich. In der oben bereits angesprochenen Unterredung zwischen Goebbels und dem Chefredakteur der Germania erklärte der Propagandaminister etwa, im Bereich der Tagespresse "könne eine kirchliche Einflußnahme nicht zugelassen werden, sie sei auch nicht notwendig, weil wir in einem christlichen Staat lebten, in welchem die christlichen Belange geschützt wären" (S. 53, Dokument 51). Was das in der Praxis bedeutete, wurde wenig später anhand einer öffentlichen Bekanntmachung des Leiters der Reichspressekammer, Max Amann, deutlich:
"Dafür zu sorgen, daß den Konfessionen Ihre Betätigungsfreiheit verbleibt, ist Sache der Regierung, aber nicht Sache einer 'katholischen Presse'. Eine katholische Presse in diesem Sinne kann es gar nicht mehr geben. Die Regierung hat den Schutz der Konfessionen übernommen. Das genügt für die Konfessionen" (S. 59, Dokument Nr. 61).
Was die Proteste der deutschen Bischöfe gegen die Gleichschaltung der katholischen Presse angeht, so waren diese - die sich zu einem beträchtlichen Teil auf die allzu optimistische Erwartung stützten, das Reichskonkordat sichere die Rechte der Kirche gegenüber dem Staat - zwar letztlich erfolglos, aber man muss doch anerkennen, dass die damaligen Bischöfe, jedenfalls einige von ihnen, den kirchlichen Standpunkt entschiedener vertraten, als ich es den heutigen zutrauen würde. Als durchaus stark empfinde ich etwa einen gemeinsamen Hirtenbrief der deutschen Bischöfe zur Pressefreiheit mit Datum vom 20.08.1935. Darin werden die Gläubigen angesichts der faktischen Ausschaltung der katholischen Presse ermahnt, "zu Hause treuer als sonst im heiligen Evangelium zu lesen" und "fleißiger als sonst die kirchlichen Predigten zu besuchen": "Ihr müßt gerüstet sein, über euren Glauben Rede und Antwort zu geben" (S. 65, Dokument Nr. 67).

Andererseits beharrte eine Konferenz katholischer Schriftleiter und Verleger noch im Oktober 1935 darauf, es sei notwendig, "darauf zu achten, daß wir uns nicht durch Abkapselung in ein katholisches Ghetto zurückziehen, das dem Gedanken der deutschen Volksgemeinschaft durchaus abträglich ist" (S. 90, Dokument Nr. 100). Ähnlichkeiten mit heutigen Einwänden gegen die #BenOp sind selbstverständlich rein zufällig...

Und dann noch ein Detail, das mir aufgefallen ist: In einem Schreiben des Präsidenten der Reichspressekammer an die "Fachschaft der katholisch-kirchlichen Presse" vom 12.07.1935 (S. 93, Dokument Nr. 105) heißt es u.a.: "Die Aufforderung, nur bei Glaubensgenossen zu kaufen, steht in krassem Widerspruch zum nationalsozialistischen Wollen." Demnach gab es also offenbar derartige Aufforderungen! Interessant.

Eine bemerkenswerte und vielschichtige Rolle in den Ereignissen, die der Band dokumentiert, spielt übrigens Walter Adolph, ab 1932 Chefredakteur des Berliner Bistumsblattes, 1933-36 Leiter der "Fachschaft der katholisch-kirchlichen Presse" innerhalb der Reichspressekammer und später (1961-69) Generalvikar des Bistums Berlin; Altmeyer erwähnt ihn auch in der Danksagung (s. 11). Interessant finde ich das nicht zuletzt deshalb, weil auf meiner möglichst noch vor Ende des Kirchenjahres abzuarbeitenden Lektüreliste ein von ebendiesem Walter Adolph verfasstes Buch mit dem Titel "Hirtenamt und Hitler-Diktatur" wartet. Ich hoffe darauf, dass dieses, wenn schon nicht weniger schönfärberisch, so doch zumindest weniger zäh und redundant sein wird als Altmeyers Dokumentation. 

Erheblich positiver fällt mein vorläufiges Urteil über den Band "Miterbauer des Bistums Berlin" - 1979 im Vorfeld des 50jährigen Bestehens des Bistums herausgegeben vom damaligen Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im Bischöflichen Ordinariat und späteren Domkapitular Wolfgang Knauft - aus, wenngleich die Qualität der von zwölf verschiedenen Autoren verfassten Einzelbeiträge durchaus uneinheitlich ist. Am spannendsten, auch in Hinblick auf die #BenOp-Relevanz, fand ich bisher die Beiträge über Carl Sonnenschein und Erich Klausener; sie machen Lust, sich eingehender mit dem Leben und Wirken dieser Männer zu befassen, und dankenswerterweise enthält der Band weiterführende Literaturangaben. Ebenfalls eine sehr interessante Figur ist natürlich der Sel. Bernhard Lichtenberg, aber der Beitrag über ihn ist mit nur acht Seiten Text der kürzeste der Sammlung und enthält wenig, was ich nicht schon wusste. Umgekehrt war mir Albert Coppenrath, der als Pfarrer von St. Matthias am Winterfeldplatz während der NS-Zeit durch regelmäßige regimekritische Kanzelvermeldungen Aufsehen erregte und nur knapp dem KZ entging, bisher überhaupt kein Begriff gewesen. Dasselbe gilt für Leonhard Adler, der in der Zeit der Weimarer Republik Berliner Baustadtrat für Verkehr war und später dank einer Sondererlaubnis Papst Pius' XII. trotz einer bestehenden Ehe in den Franziskanerorden eintrat, allerdings fand ich den Beitrag über ihn etwas dünn. Der Beitrag über den Priester und Lyriker Ernst Thrasolt ist an sich durchaus interessant, aber in einem unerträglich altbacken-schwülstigen und frömmlerischen Stil geschrieben. Auf die Spitze getrieben wird das auf S. 60, wo es über Thrasolt heißt: "In einer dunklen Stunde der Anfechtung versündigt er sich gegen seine priesterlichen Pflichten und wird schuldig vor Gott und vor den Menschen." Wer wissen will, was sich tatsächlich hinter diesen blumigen Formulierungen verbirgt, muss Tante Wiki fragen: "Als ihm der Bischof von Trier im Jahre 1915 wegen Verstoßes gegen den Zölibat die Pfarrstelle entzog, geriet Thrasolt in eine tiefe Krise." Ach so! Sag das doch gleich!

Richtig ärgerlich finde ich den Beitrag über Romano Guardini, und das ist nicht Guardinis Schuld. "Der Priesterberuf war für Romano Guardini kein Schritt ins katholische Getto; eng verknüpften sich ihm von Anfang an Glauben und Denken", schreibt der Autor des Beitrags, Prälat Dr. Stanis-Edmund Szydzik, auf S. 78 -- und insinuiert damit, normalerweise wären Glauben und Denken Widersprüche. Ebenda äußert Szydzik mit Blick auf die Auszeichnung Guardinis mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den vor ihm Albert Schweitzer erhalten hatte und nach ihm Martin Buber erhielt:
"Keiner von ihnen hat die Welt im Sinne ihrer Religionen [sic!] missioniert, eher muß man sagen, daß alle drei ihre Religionsgemeinschaften für die Welt missioniert haben". 
Mal ehrlich, was für ein Scheiß.  -- Man fragt sich, was eigentlich mit den Leuten kaputt ist, dass so eine Grütze schon 1979, nur elf Jahre nach Guardinis Tod, geschrieben werden und offenbar positiv gemeint sein konnte; zumal es in offenkundigem Widerspruch zu einer Aussage Guardinis steht, die Szydzik gleich zu Beginn seines Beitrags zitiert: 
"Was den modernen Menschen überzeugen kann, ist nicht ein historisch oder psychologisch oder wie immer modernisiertes Christentum, sondern nur die uneingeschränkte und ungebrochene Botschaft der Offenbarung." (S. 77; aus einem Schreiben an Papst Paul VI., 1965)
Das Zitat ist natürlich cool, und überhaupt denke ich, dass ich definitiv mehr von Guardini lesen sollte. Aber darauf wäre ich zur Not wohl auch ohne diesen biographischen Essay gekommen. 

Als eine bemerkenswerte Persönlichkeit sticht nicht zuletzt der dritte Bischof von Berlin, Konrad Graf von Preysing (1945 zum Kardinal erhoben), aus dem Buch hervor. Preysing stand der Diözese Berlin von 1935 bis zu seinem Tod 1950 vor und war somit unter zwei verschiedenen Diktaturen Hauptstadtbischof. Schon 1933, damals noch als Bischof von Eichstätt, positionierte er sich als der entschiedenste Nazi-Gegner innerhalb des deutschen Episkopats. Angesichts der Beteuerungen des NS-Regimes, auf dem Boden eines "positiven Christentums" zu stehen - wovon sich seinerzeit viele Christen beider großen Konfessionen täuschen ließen - warnte Preysing, "den Worten Gott, Christentum, Sittlichkeit, Recht" werde "ihr Sinn genommen und ihnen ein entleerter, besser gesagt, verdeckter Sinn gegeben" (S. 116); eine Feststellung, die auch heute noch, oder heute wieder, ausgesprochen aktuell wirkt. Ähnliches gilt für seine späteren Auseinandersetzungen mit der sowjetischen Militärverwaltung und dem DDR-Regime, für die er durch seine Erfahrungen mit den Nazis offenkundig sensibilisiert war. So protestierte er im Oktober 1945 gegen die beabsichtigte Abschaffung von konfessionellen Schulen mit dem Argument, er "wundere sich, daß man die Einheitsschule als die Schule der Zukunft bezeichne. Denn sie sei 'die Schule der nationalsozialistischen Vergangenheit'" (S. 128). Ende 1949 beklagte er, "daß die Religions- und Gewissensfreiheit in der Deutschen Demokratischen Republik von den staatlichen Stellen praktisch so gehandhabt wird, daß das religiöse Leben dadurch teils unterbunden, teils gefährdet ist" (S. 130).

Recht spannend sind zum Teil auch die inhaltlichen Querverbindungen zwischen den Einzelbeiträgen, denn sofern die porträtierten Persönlichkeiten zeitgleich in Berlin lebten und wirkten, kannten sie sich natürlich untereinander -- die katholische Welt Berlins war, damals wie heute, überschaubar. Ein Punkt, über den ich mir gern noch mehr Hintergrundwissen verschaffen würde, ist etwa, dass Carl Sonnenschein der katholischen Jugendbewegung skeptisch gegenüberstand und deshalb auch zu Romano Guardini ein gespanntes Verhältnis hatte, den er als Exponenten dieser "Szene" wahrnahm. Überhaupt: Fast alles, was ich bisher über den katholischen Zweig der bündischen Jugend weiß, habe ich aus einer Biographie über Karl Leisner, und ich denke, das Thema verdient eine vertiefte Auseinadersetzung. Wie kam es zum Beispiel, dass ein Hans Baumann Nazi wurde, ein Karl Leisner dagegen ins KZ kam? Nicht das Uninteressanteste an dem Band "Miterbauer des Bistums Berlin" ist, dass in den Beiträgen über Thrasolt und Guardini auf einige Zeitschriften der katholischen Jugendbewegung ("Efeuranken", "Das Heilige Feuer", "Vom frohen Leben", "Die Schildgenossen") hingewiesen wird; muss ich wohl mal gucken, ob es die irgendwo online gibt. 

Mein vorläufiges Urteil zu Irene Zimmermanns "Liebe, Stress, Gitarrenständchen" entspricht dem, was in "Per Anhalter durch die Galaxis" über die Erde gesagt wird: "Größtenteils harmlos". Andere Titel aus dem Gesamtwerk der Autorin lauten "Mathe, Stress & Liebeskummer", "Liebe, Chaos, Klassenfahrt" oder "Schule, Frust & große Liebe"; man kann sagen, die Dame hat ihr Thema gefunden. Was man nicht behaupten kann, ist, dass sie ihr Thema besonders ernst nähme. Alles ist locker, flockig, heiter und auf ein größtmögliches Ausmaß an chaotischen Verwicklungen hin komponiert wie eine handelsübliche Tür-auf-Tür-zu-Boulevardkomödie. Schmeckt gefällig, macht aber nicht satt. 

In krassem Gegensatz dazu ist "The Grace of Enough" von Haley Stewart, nach oder neben "The Long Loneliness" von Dorothy Day und "A Smile on the Face of God" von Adrian Plass, das Beste und zugleich #BenOp-Relevanteste, was ich seit Beginn der Artikelserie "Kaffee & Laudes", also seit über acht Monaten, gelesen habe. Okay, "Crunchy Cons" von Freund Rod spielt auch noch in derselben Liga. Was mich übrigens darauf bringt, mich zu wundern, dass Rod, soweit ich sehe, Haley Stewart und "The Grace of Enough" noch nie und nirgends erwähnt hat. Der innere Zusammenhang zwischen diesem Buch und der "Benedikt-Option" wird schon im Vorwort von Brandon Vogt deutlich, wo es heißt: 
"What St. Benedict did for the early monastics, Haley has done for modern suburbanites and families: provide a compelling rule, a practical life plan, one centered on community, simplicity, and charity." 
Aber auch und gerade zu "Crunchy Cons" gibt es jede Menge Parallelen bzw. inhaltliche Überschneidungen. Man könnte sagen, in beiden Büchern geht es um ein ganzheitliches Konzept vom Guten Leben, und dieses Konzept ist im Großen und Ganzen - und auch in zahlreichen Details - in beiden Büchern dasselbe. Im Einleitungskapitel von "Crunchy Cons" fand ich es bemerkenswert, wie Rod scheinbar mühelos einen thematischen Bogen von Bio-Blumenkohl und Birkenstocksandalen zu Homeschooling, Natürlicher Familienplanung und der liturgischen Gestaltung von Sonntagsmessen schlägt; in "The Grace of Enough" erlebt der Leser Ähnliches. Wenn man sich einmal auf den Gedanken einlässt, dass es zwischen diesen Themen einen Zusammenhang geben könnte, erscheint dies plötzlich überraschend einleuchtend. Gerade dieser ganzheitliche Blick ist es, der mir bei zeitgenössischen Debatten etwa zu Umwelt- bzw. Klimaschutz vielfach fehlt; auch und gerade wenn kirchliche oder kirchennahe Institutionen und Initiativen sich zu "umweltpolitischen" Fragen zu Wort melden. Umweltbewusstsein aus christlicher Verantwortung kann nicht heißen, ausrechnen zu wollen, um wie viel Prozent man den Ausstoß klimaschädlicher Gase in den nächsten Jahren reduzieren muss und mittels welcher Maßnahmen man diese Quote am effizientesten erreicht. Vielmehr - so macht Haley Stewart deutlich - geht es darum, Gott zu ehren, indem man respektvoll und sorgsam mit Seiner Schöpfung umgeht. Und dazu gehören Müllvermeidung oder der Konsum regionaler, saisonaler und ökologisch angebauter Lebensmittel ebenso wie beispielsweise einfach mal die Schönheit eines Sonnenuntergangs zu bestaunen. Ebenso selbstverständlich geht Haley Stewart davon aus, dass zu einem gesunden und gedeihlichen Familienleben ebensowohl gemeinsame Mahlzeiten gehören wie gemeinsames Gebet. Kurz und gut, "The Grace of Enough" macht wunderbar deutlich, dass intensive Frömmigkeit und eine "alternative", umweltbewusste und konsumkritische Lebensweise nicht (wie es gerade hierzulande in innerkirchlichen Auseinandersetzungen oft den Anschein hat) im Widerspruch zueinander stehen müssen, sondern einander geradezu bedingen können. Noch dazu ist das Buch umwerfend sympathisch geschrieben. Es wäre mir ein Fest, daran mitzuwirken, es auf Deutsch herauszubringen. 


Linktipps:
Peter Winnemöllers wöchentliche Kolumne "Montagskick" auf kath.net lebt davon, pointiert und provokant zu sein, und so ist es kein Wunder, wenn mancher geneigte Leser angesichts der einen oder anderen Formulierung schwer schlucken muss. Erst recht, wenn der Autor ein so sensibles Thema wie Abtreibung anpackt. Ich halte es jedoch durchaus nicht für eine polemische Überspitzung, sondern im Gegenteil für eine sehr notwendige Klarstellung, dass, wie es in diesem Artikel heißt, hinter der globalen Pro-Abtreibungs-Lobby eine "Maschinerie" steckt, "die Menschen zu willigen Arbeits- und Konsumbienen machen möchte" und deshalb danach strebt, "Reproduktion industriell und damit kontrollierbar zu regeln"; nämlich indem "chemische und mechanische Verhütung, Abtreibung in jeder Form, künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft gemeinsam mit LGBT- Agenden zu einer steuerbaren und kontrollierte Fortpflanzungsstrategie zusammengefasst werden". "Es braucht keine Verschwörungstheorie, um eine solche Annahme zu unterfüttern", betont Peter Winnemöller. Gerade mit Blick auf das oben anlässlich von Haley Stewarts "The Grace of Enough" angesprochene Prinzip der Ganzheitlichkeit möchte ich hinzufügen, dass ich es ausgesprochen bitter finde, wenn ausgerechnet Menschen, die in anderen Bereichen - sei es soziale Gerechtigkeit, gewaltfreie Kindererziehung, Tier- u./o. Klimaschutz - ein ausgeprägtes ethisches Bewusstsein an den Tag legen, sich im Namen sogenannter "sexueller Selbstbestimmung" vor den Karren dieser menschenverachtenden "Maschinerie" spannen lassen. 

In Altötting findet demnächst - vom 15.-17. November - ein "Kongress zur eucharistischen Anbetung und Erneuerung des Glaubens" unter dem Namen "Adoratio" statt; eigentlich wollten meine Liebste und ich da hin, aber im Moment sieht es danach aus, dass wir es wohl doch nicht schaffen. Wie auch immer, das Interesse an dieser Veranstaltung ist enorm; und auch sonst "boomen" Andachtsformen, die die Verehrung der Eucharistie in den Mittelpunkt stellen - allen voran natürlich Nightfever, siehe oben - gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das sieht häretisch.de, die hochsubventionierte Schismatikerpostille, mit Unbehagen. Darum befragt häretisch.de-Mitarbeiterin Gabriele Höfling den Salzburger Liturgiewissenschaftler Alexander Zerfaß, den BDKJ-Vorsitzenden Thomas Andonie und den Katechetik- und Didaktik-Professor Patrik Höring zu diesem Thema, und siehe da, all diesen ist gemeinsam, "dass sie der Renaissance der eucharistischen Anbetung und den dazugehörigen Veranstaltungen mit einer gewissen Reserviertheit gegenüberstehen" und allerlei an den Haaren herbeigezogene Einwände gegen sie vorbringen. Theologisch sei diese Praxis fragwürdig, ja ein Relikt der "mittelalterlichen Schaufrömmigkeit", und werde lediglich von "bestimmte[n] Kreise[n] [...] besonders aus dem charismatischen Sektor" propagiert, die "auch einen missionarischen Eifer entfalten", was natürlich igittebah ist. Und überhaupt könne man mit Blick auf Nightfever & Co. nicht von einer "Massenbewegung" sprechen, schließlich erreicht beispielsweise der BDKJ mit seiner "72-Stunden-Aktion" noch viel mehr junge Leute. (Auf die Idee, das eine gegen das andere aufzurechnen, muss man allerdings auch erst mal kommen.) -- Das alles hat man hier und da so oder so ähnlich schon mal gelesen, aber hier bekommt man's noch mal so richtig geballt in die Fresse. Wäre man dergleichen von häretisch.de nicht schon zur Genüge gewohnt, wäre man geneigt, sich die Augen zu reiben und zu fragen: Was ist denn mit denen kaputt? -- Man verstehe mich nicht falsch: Würde jemand von den im Artikel zu Wort kommenden Personen sagen "Die eucharistische Anbetung ist eine Frömmigkeitspraxis, mit der ich persönlich nicht so viel anfangen kann", dann müsste ich darauf ehrlicherweise erwidern: Es ist noch gar nicht so lange her, dass es mir genauso ging. So etwas kann sich also ändern, und wenn es sich nicht ändert, ist es vielleicht auch nicht besonders schlimm. Ihr Progressiven seid doch sonst immer so für individuelle Spiritualitäten zu haben, oder seh' ich das falsch? Offenbar, denn anstatt sich mit der Feststellung zu begnügen, die eucharistische Anbetung sei nicht unbedingt jedermanns Sache, wird alles daran gesetzt, diese Praxis klein- und schlechtzureden, als verdächtig und anrüchig darzustellen. Ich habe dafür nur eine Erklärung: Daraus spricht die nackte Angst davor, dass dieser Jesus tatsächlich existieren könnte. Und, seien wir ehrlich: Diese Leute haben auch allen Grund dazu, Angst davor zu haben. 


Heilige der Woche:

Heute, Montag, 21. Oktober: Hl. Ursula und Gefährtinnen, Jungfrauen und Märtyrerinnen. Der Legende nach war die Hl. Ursula eine bretonische Prinzessin, die gegen Ende des 4. Jhs. mit 11.000 Jungfrauen eine Wallfahrt nach Rom unternahm, auf dem Rückweg jedoch in Köln den Hunnen in die Hände fiel und das Martyrium erlitt. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit eine sehr populäre Heilige, wird noch heute besonders in Köln verehrt. 

Dienstag, 22. Oktober: Hl. Johannes Paul II. (1920-2005), Papst ab 1978. Der bislang wohl einzige offizielle Heilige der katholischen Kirche, den ich in meinem Leben "live" gesehen habe, sogar zweimal, wenn auch nur von Weitem. Ausführlich auf seine Biographie einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen und ist angesichts seiner Bekanntheit wohl auch kaum nötig; einige Schlaglichter möchte ich dennoch hervorheben: Während der deutschen Besatzung Polens besuchte er ein Untergrund-Priesterseminar; als Papst überlebte er 1981 ein Attentat, besuchte später den Täter im Gefängnis und vergab ihm; hielt umfangreiche Katechesen über die "Theologie des Leibes" und trat kompromisslos für den Lebensschutz ein (Enzyklika "Evangelium Vitae", 1995); ihm wird ein entscheidender Anteil an der Beendigung des Kalten Krieges zugeschrieben; begründete die Weltjugendtage; besuchte während seines Pontifikats 130 Länder der Erde. 

Mittwoch, 23. Oktober: Hl. Johannes von Capestrano (1386-1456), Ordenspriester. Aus adliger Familie, trat 1416 in den Franziskanerorden ein, wo der Hl. Bernhardin von Siena sein Novizenmeister war. Wirkte mit großem Erfolg als wandernder Volksprediger und als Inquisitor, rief 1455/56 zu einem Kreuzzug gegen die Türken auf und war als Feldprediger an der Schlacht bei Belgrad am 22. Juli 1456 beteiligt. 

Donnerstag, 24. Oktober: Hl. Antonius Maria Claret (1807_1870), Bischof und Ordensgründer. Stammte aus einer katalanischen Weberfamilie, wurde 1835 zum Priester geweiht. Hielt in einer Zeit aggressiver Säkularisierung zahlreiche Volksmissionen ab, gründete 1849 die Gemeinschaft der Söhne des unbefleckten Herzens Mariens (Claretiner) und 1855 auch einen weiblichen Zweig dieses Ordens. 1849 zum Bischof von Santiago de Cuba ernannt, gründete dort Genossenschaften und Sparkassen und setzte sich gegen Sklaverei und Rassismus ein. 1856 durch ein Attentat schwer verletzt, 1857 nach Spanien zurückberufen, dort Beichtvater der Königin Isabella II. und Prinzenerzieher. Ging nach dem Sturz Isabellas 1868 ins Exil, nahm am I. Vatikanischen Konzil teil und starb kurze Zeit später. 


Aus dem Stundenbuch: 

Leite mich, Herr, in deiner Gerechtigkeit, † meinen Feinden zum Trotz; * ebne deinen Weg vor mir! (Psalm 5,9)