Montag, 24. August 2015

Notwendiger Nachtrag zu "Widersprich mir nicht..."

Ich hätte es ahnen können, ja vielleicht sogar müssen. Da setzt man sich - aus alles in allem doch eher nichtigem Anlass - mit Wut im Bauch an den Computer und tippt mal eben schnell eine Polemik 'runter, in der so richtig die Fetzen fliegen; und die zieht dann mit Hilfe der Sozialen Netzwerke innerhalb weniger Tage viel größere Kreise, als man erwartet hätte. Und auch viel größere Kreise als manche mit mehr Ruhe und Sorgfalt formulierte, auch inhaltlich eigentlich bedeutendere Blogartikel. Vermutlich ist das ein ganz normales mediales Phänomen. Aber es führt natürlich zu einigen Wahrnehmungsverzerrungen. 

Kurz und gut, ich komme zu dem Schluss, dass dieser Beitrag etwas mehr Überlegung und Sorgfalt hätte vertragen können. Nachträglich ändern mag ich ihn zwar nicht - von einem Detail abgesehen, auf das ich noch näher eingehen werde -, aber ein paar Anmerkungen und Präzisierungen sind wohl doch am Platz. 

Zunächst einmal: Der Artikel liest sich allzu sehr wie ein persönlicher Angriff auf einen einzelnen Menschen; dabei war der Tweet dieser bloggenden Pastorin eigentlich nur der Auslöser des Ganzen. Man hätte stattdessen auch ähnlich lautende Äußerungen anderer Personen heranziehen können; dass ich eine Person in den Mittelpunkt gestellt habe, die ich unlängst schon einmal am Wickel hatte, verstärkt womöglich noch den Eindruck einer persönlichen Vendetta gegen jemanden, der mir persönlich eigentlich gar nichts getan hat. Okay, die Dame ist mir unsympathisch. Ehrlich gesagt zum wohl größten Teil aus Gründen, an denen sie eigentlich nicht schuld ist. Vor allem aber tut es nichts zur Sache. Im Gegenteil, ich hätte besser daran getan, sie persönlich mit umso größerer Schonung zu behandeln, weil sie mir unsympathisch ist und ich somit ihr gegenüber voreingenommen bin. Und wenn es nur um einzelne Personen ginge, wäre das Thema letztlich die ganze Aufregung auch gar nicht wert. 

Worum geht's dann? Letztlich um meinen Ärger darüber, dass Christen, die man als theologisch konservativ bezeichnen könnte oder als bibeltreu (schwerpunktmäßig im protestantischen Bereich) bzw. lehramtstreu (im katholischen Bereich), in jüngerer Zeit gern in die rechte Ecke gestellt werden. Was ich noch einmal besonders ärgerlich finde, wenn das von Menschen ausgeht, die sich ihrerseits als Christen bezeichnen. Da findet so etwas wie ein Kampf um die öffentliche Deutungshoheit über den Begriff "christlich" statt. 

Wenn man nun auf solche Anwürfe in einer Weise antwortet, die jene Leute, die einen sowieso schon für einen "Rechtsaußenkatholiken" halten, in ihrer Wahrnehmung nur bestärkt, ist das zugegebenermaßen irgendwie auch doof. 

Also, genug der Vorrede. Erst einmal zu dem erwähnten Detail meines Artikels, an dem ich dann doch eine äußerlich minimale, aber inhaltlich nicht unwichtige Änderung vornehmen musste. In der ursprünglichen Fassung hatte ich die unterschwellige Botschaft, die ich aus dem inkriminierten Tweet von Frau Auge herauszulesen meinte, mit den Worten paraphrasiert: 
"Leute, die einen Fundamentalisten zum Landesbischof wählen, veranstalten auch Treibjagden auf Flüchtlinge."
In einer längeren Facebook-Diskussion mit einer wohlmeinenden Bloggerkollegin habe ich mich davon überzeugen lassen, dass der Vorwurf, die "bibeltreuen Christ*innen" Sachsens wären dieselben Leute, die Treibjagden auf Flüchtlinge veranstalten, sich nicht schlüssig aus diesem Tweet herauslesen lässt. Deswegen lautet die Passage jetzt: 
"Da, wo ein Fundamentalist zum Landesbischof gewählt wird, veranstalten Menschen auch Treibjagden auf Flüchtlinge." 
Wovon ich nicht abgehe, ist, dass die an den Haaren herbeigezogene Unterstellung, die "bibeltreuen Christ*innen" Sachsens, allen voran der designierte Landesbischof Carsten Rentzing, würden sich nicht oder nicht genügend gegen die eskalierende fremdenfeindliche Gewalt im Freistaat einsetzen, einzig und allein dazu dient, theologisch konservative Kreise innerhalb der Evangelischen Kirche in ein schlechtes Licht zu rücken. Wie ich schon andeutete, liest man derartige Äußerungen "liberaler" Protestanten derzeit auf Twitter öfter. Da sind einige Leute einfach sauer - vielleicht auch durchaus ernsthaft entsetzt - , dass ein "Fundamentalist" zum Landesbischof gewählt worden ist, und suchen nach etwas, womit sie ihm am Zeug flicken können. Vielleicht, soviel muss man einräumen, ist ihnen dabei gar keine böse Absicht bewusst - weil sie wirklich so überzeugt davon sind, dass konservative Christen schlechte Menschen seien. 

Zum nächsten designierten Aufregerzitat: 
"Wer eine post- bzw. pseudochristliche Phantasiereligion verkündigt, ja sogar im Auftrag der Evangelischen Kirche allsonntäglich das Christentum verleugnet" - 
Oouuh ja, ich war wirklich ganz schön sauer. - Klar und deutlich gesagt: Ich weiß nicht, woran Frau Auge und ihr gleichgesinnte evangelische Pastoren glauben. Das kann ich gar nicht wissen, das wissen nur sie selbst und Gott. Im Übrigen geht es mich auch gar nichts an, was sie persönlich glauben. Aber als Pastoren haben sie eben einen Verkündigungsauftrag. Auch das müsste mich persönlich nicht großartig bekümmern, es handelt sich ja nicht um Geistliche meiner Kirche. Aber wenn sie sich als Christen verstehen und bezeichnen und im Dienst einer Kirche stehen, die sich ebenfalls als christlich versteht und bezeichnet, dann will ich das auch in ihrer Verkündigung sehen. Dass sie sich für Flüchtlinge und für Opfer von Gewalt einsetzen, hat meinen Beifall. Hungernde speisen, Durstige Tränken, Fremde beherbergen (!), Nackte bekleiden, Kranke pflegen - das gehört geradezu zu den Kernforderungen christlicher Ethik. Aber Christentum besteht eben nicht nur aus Ethik - darauf werden auch Diejenigen bestehen, die dasselbe tun und sich dabei dezidiert nicht als Christen verstehen und bezeichnen. Und wenn ich mir so manche Predigt anschaue, die aus der gemeinten Richtung kommt - Entschuldigung, wenn ich jetzt wieder ins Polemisieren gerate -, dann kann ich da von einer Verkündigung überhaupt nichts erkennen. Ja, es wird auf biblische Texte rekurriert, insofern spielen Versatzstücke der jüdisch-christlichen Glaubenstradition schon irgendwie mit hinein, aber statt Glaubensaussagen finde ich nur vieldeutiges Geraune. Wenn so die Predigten in evangelischen Gottesdiensten aussehen, dann empfinde ich das in der Tat als eine Verleugnung des Christentums (kann meine obige Aussage also nicht widerrufen).
- "und seine Sakramente schändet"
Ja, das ist sehr scharf formuliert, und ja, ich wollte an dieser Stelle eine knallige Formulierung bringen. Aber was würde es inhaltlich ändern, wenn ich mich zahmer ausdrückte? - Aus strikt katholischer Sicht ist eine evangelische Abendmahlsfeier in jedem Fall ein Sakrileg. Im Zeichen der Ökumene ist es natürlich nicht sehr schick, das zu sagen. Und obendrein wäre es natürlich sinnlos, von Angehörigen der Evangelischen Kirche zu erwarten oder zu verlangen, dass sie sich um das katholische Sakramentenverständnis bekümmern. Wenn jedoch neuheidnisch-esoterisch anmutende Rituale wie die hier und hier gezeigten in christlichen Kirchen zelebriert werden, würde ich eigentlich erwarten, dass auch aufrechte Protestanten das als Sakrileg empfinden (und ich kenne durchaus auch einige, die das tun). 

War noch was? - Ach ja, die "Hausfrauenlyrik". 'Tschuldigung. Da sprach ausnahmsweise mal nicht der Katholik, sondern der Literaturwissenschaftler aus mir. 

Abschließend: Ja, Christen sollen sich für Flüchtlinge einsetzen und gegen Fremdenhass. Neben anderen Dingen. Aber Christen sollen sich auch da für ihren Glauben einsetzen, wo er sperrig ist und "unzeitgemäß" wirkt und nicht den Großteil der öffentlichen Meinung auf seiner Seite hat. Das vermisse ich hierzulande doch vielfach sehr. Und nicht zuletzt sollen sie das Heilige heilig halten und es nicht den Hunden geben. Ups, das war jetzt schon wieder etwas polemisch. Hab aber eigentlich gar nicht ich gesagt. Sondern dieser Andere da

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