Samstag, 20. Juli 2019

Neues von der Willehad-Option #1: Rumble on the Beach

Wenn man mit einem noch nicht zwei Jahre alten, aber motorisch sehr aktiven (fast möchte ich sagen "sportlichen") Kind Urlaub macht, dann tut man gut daran, am Urlaubsort erst einmal die verfügbaren öffentlichen Spielplätze in Augenschein zu nehmen. Und genau das taten meine Liebste und ich während der ersten Tage unseres unlängst zu Ende gegangenen Nordenham-Aufenthalts. Als wir im Zuge unserer Spielplatz-Expedition das ehemalige Strandbad erreichten - ich nenne es "ehemalig", weil dort seit Jahrzehnten Badeverbot herrscht -, war meine Liebste entzückt; nicht zuletzt, weil die Spielgeräte auf dem dortigen Spielplatz, darunter eine Seilbahn und eine Art Kettenkarussell, von ihrer Bauart her sämtlich erwachsenentauglich waren. Folgerichtig musste meine Liebste gleich einige davon ausprobieren. "Das ist ja großartig!", frohlockte sie. "Hier ist praktisch das ganze Jahr Kirmes!" Gleichzeitig wunderte sie sich, dass dieser exzellente Dauerrummelplatz offenbar so wenig genutzt wurde. Okay, vielleicht lag das zum Teil auch daran, dass zu dem Zeitpunkt, als wir dort waren, hartnäckiger Nieselregen herrschte. Aber trotzdem. Am Abend zuvor, als wir einen Spielplatz in Sichtweite des Nordenhamer Gymnasiums ausgetestet hatten, hatten wir beobachtet, dass die Jugendlichen dieses Städtchens sich offenbar bevorzugt auf dem Schulgelände treffen, sogar in den Ferien. Wieso nicht am Strand? Schließlich gibt es da sogar einen überdachten Grillplatz! Aber dazu später. 


Kurz und gut, unser Besuch am Strand trug trotz des schlechten Wetters erheblich zu einem Phänomen bei, das sich bei meiner Liebsten regelmäßig einstellt, wenn ich (ungefähr einmal im Jahr für jeweils 1-2 Wochen) mit ihr in Nordenham bin: Über kurz oder lang fängt sie an, darüber zu sinnieren, dass man an diesem Ort ja durchaus leben könnte, wenn nur die kirchliche Situation nicht so trostlos wäre, wie sie es leider ist. 

Ich habe darüber ja schon öfter geschrieben, will aber neu hinzugekommenen Lesern nicht unbedingt zumuten, das alles nachzulesen. Schlicht und brutal gesagt: Es gibt in Nordenham zwar eine nominell katholische Pfarrei - St. Willehad -, aber was da praktiziert wird, hat mit katholischem Christentum, oder mit Christentum überhaupt, nur entfernte Ähnlichkeit. Dieses Gesamturteil mag man in dieser Schärfe für übertrieben halten; darum möchte ich es mit einigen Impressionen aus den drei Messfeiern untermauern, die meine Liebste und ich während unseres jüngsten Urlaubs dort miterlebt bzw. durchlitten haben. 

Allen drei Messfeiern gemeinsam war, dass sie von dem Bemühen geprägt schienen, möglichst wenig Ähnlichkeit mit einer rite et recte zelebrierten Heiligen Messe in der Ordentlichen Form des Römischen Ritus zu haben. Natürlich enthielten sie zahlreiche Elemente dieses Ritus, die aber durch Auslassungen, Umstellungen, Hinzufügen von Fremdmaterial und jede Menge überflüssiges Privatgesabbel des Zelebranten bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden. In allen drei Messfeiern kam ein Eucharistisches Hochgebet zum Einsatz, das man wohl am besten als einen "Remix" von Bestandteilen der "für besondere Anlässe" approbierten "Schweizer Hochgebete" aus den 70er-Jahren bezeichnen kann; die Tagesgebete wirkten gänzlich selbstgestrickt. Die Unsitte,  dass der Zelebrant und die liturgischen Dienste erst am Ende der Kommunionspendung selbst kommunizieren, hängt der Gemeinde noch aus der Zeit des 2014 emeritierten Pfarrers Bögershausen an; natürlich soll das total bescheiden und un-klerikalistisch wirken, aber in Wirklichkeit ist es natürlich das genaue Gegenteil davon. (Dasselbe gilt nebenbei bemerkt für die Marotte des örtlichen Pfarrers, bei der Zelebration keine Kasel, sondern nur Albe und Stola zu tragen. Dazu gibt es eine schöne Anekdote über Dorothy Day und den Jesuitenpater Daniel Berrigan, aber die mag der geneigte Leser selbst nachlesen.) 

Wo die Leseordnung zwei Lesungen vor dem Evangelium vorsah, wurde stets eine weggelassen; der Antwortpsalm wurde immer weggelassen bzw. durch ein inhaltlich in keinem Zusammenhang damit stehendes Lied ersetzt. Überhaupt nahm die Liedauswahl keinerlei Rücksicht auf die Position der Gesänge innerhalb der Liturgie. So wurde z.B. (ausgerechnet!) "Lied, das die Welt umkreist" in allen drei Messfeiern gesungen, stets an unterschiedlichen Stellen der Liturgie, einmal sogar anstelle des Agnus Dei (das übrigens in allen Messfeiern weggelassen bzw. durch irgendwas anderes ersetzt wurde, was ich für keineswegs zufällig halte). Mit Abstand am schlimmsten war die Messe am ersten Sonntag unseres Aufenthalts, dem 14. Sonntag im Jahreskreis also. 

Gleich zur Begrüßung, vor dem Kyrie, trug der Pfarrer im Wechsel mit dem Lektor einen Text von Phil Bosmans ("Tu etwas für dein Gesicht") vor -- pures Kalenderspruch-Material, pseudo-tiefsinniges Wellness-Geschwätz. Der 2012 verstorbene Bosmans scheint so etwas wie der Anselm Grün Belgiens gewesen zu sein. Das Evangelium war nicht das vom Tage; schade, es hätte so gut gepasst, besonders der Vers "Sodom wird es an jenem Tag erträglicher ergehen als dieser Stadt" (Lukas 10,12). Stattdessen hatte der Pfarrer (oder wer?) beschlossen, den Wortgottesdienst unter das Leitwort "Freude" zu stellen, hatte ein dazu passendes Evangelium ausgesucht, und statt einer Predigt wurden Papierschnipsel mit aus dem Zusammenhang gerissenen Bibelzitaten an die Gemeinde verteilt, deren Gemeinsamkeit darin bestand, dass das Wort "Freude" darin vorkam; einige Gemeindemitglieder durften "ihren" Zettel laut vorlesen. Kann man ja mal machen, aber... na ja. 

Vom Credo-Lied - "Ich glaube an den Vater" von Markus Pytlik - wurde die letzte Strophe weggelassen, das ist die mit der Auferstehung der Toten und der Vergebung der Sünden; genauso wurde in der Vorabendmesse zum darauffolgenden Sonntag in Burhave mit dem Gloria (in der Vertonung von Kathi Stimmer-Salzeder) verfahren. Ich will nicht unterstellen, dass die betreffenden Strophen aus bewussten inhaltlichen Erwägungen weggelassen wurden - ehrlich gesagt traue ich den örtlichen Liturgieverantwortlichen gar nicht zu, überhaupt so weit zu denken -, aber gleichzeitig bin ich überzeugt, dass es auf einer unterschwelligen Ebene durchaus nicht zufällig ist, welche Teile der liturgischen Texte unter den Tisch fallen. -- Nach Kommunion und Danklied trug der Lektor einen weiteren wellnessmäßigen "Impuls"-Text vor, der vielleicht aus demselben Buch von Phil Bosmans stammte wie der am Anfang, vielleicht aber auch nicht. Eine solche außerliturgische Schlusslesung gab es in der Vorabendmesse am folgenden Wochenende in Burhave auch wieder; auch dies ein Symptom eines verkappten Klerikalismus, der die Rolle des Zelebranten in der Messe auf eine Weise missversteht und überbewertet, dass er meint, im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit auch den ehrenamtlichen Laienmitarbeitern ihre 15 Minuten Ruhm gönnen zu müssen. 

Die Geringschätzung gegenüber dem Messbuch drückte sich übrigens sehr sinnfällig auch darin aus, dass es nonchalant auf dem Altar abgelegt wurde, obwohl es eine Ministrantin gab, die es hätte halten können. Auch das war bei der besagten Vorabendmesse in Burhave wieder genauso. 

Fragen wir uns: Was würde ein verfolgter Christ aus Ägypten, Pakistan oder Nordkorea, der bei sich zu Hause mit dem Besuch der Sonntagsmesse möglicherweise sein Leben aufs Spiel setzt, zu so einer Veranstaltung sagen? -- Ich will an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass ich als Reaktion auf meine im Wochen-Briefing vom 8. Juli lediglich angedeutete Kritik an der Gottesdienstpraxis in St. Willehad eine private E-Mail erhielt, deren Verfasser mir nahelegte, ich würde mein "Herzblut in der falschen Schlacht" vergießen, wenn ich darauf beharre, dass Mängel in der Liturgie "einen der Hauptgründe des Niedergangs der Kirche(n)" darstellen: 
"Hat der Verlust des Glaubens/der Glaubenspraxis nicht etwas damit zu tun, dass das was Menschen 'im Kopf' haben in unserer Gesellschaft immer unwichtiger wird? Soll doch jede 'ihren Vogel füttern', Hauptsache man funktioniert als Leistungsträger oder Konsumentin! Kein Wunder, dass im gewöhnlichen Kirchenvolk die 'aktiven Jahrgänge' unterrepräsentiert sind."
An diesen Einwänden ist sicherlich Manches richtig. Mit der Kritik an der spätkapitalistischen Reduktion des Menschen auf seine Rolle als "Leistungsträger oder Konsumentin" etwa rennt mein Mail-Partner bei mir offene Türen ein (vgl. übrigens gern auch die Enzyklika "Centesimus annus" des Hl. Johannes Paul II.!); und ebenso trifft es zu, dass Liturgie allein keinen Ausweg aus Glaubensschwund und Kirchenkrise bietet. Auch in der "Benedikt-Option" wird betont, dass "Liturgie an und für sich nicht genügt" (S. 196, Paperback S. 208). An anderer Stelle im Buch heißt es: "Eine reiche Liturgie, die nicht mit solider Katechese und intensiver Glaubenspraxis einherginge, wäre kaum mehr als eine ästhetische Erfahrung für ihre Teilnehmer" (S. 177f. resp. 189f.). Aber es geht hier um weit mehr als nur um Ästhetik. Sinn und Zweck der Liturgie ist es, die Aufmerksamkeit der Gemeinde darauf zu fokussieren, worum es in der Feier der Heiligen Messe letztlich geht: die Begegnung mit Christus in Wort und Sakrament. Eine schlechte Liturgie lenkt die Gemeinde hingegen von diesem Eigentlichen ab und fokussiert ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf Nebensächlichkeiten und Banalitäten. Wenn mit der Liturgie so umgesprungen wird, wie es in St. Willehad gang und gäbe zu sein scheint, dann ist das ein starkes Indiz dafür, dass hier gar nicht mehr verstanden wird, was der tiefere Sinn dieser Veranstaltung am Sonntagvormittag ist. Ich stimme zu, dass dieses Problem sich nicht einfach dadurch beheben lässt, dass man die kaputte Liturgie repariert. Hingegen bin ich überzeugt: Wenn die kaputte Liturgie nicht repariert wird, wird sich dieses Problem erst recht nicht beheben lassen. 

Das betrifft nicht etwa nur formale Mängel; Form und Inhalt hängen hier eng zusammen. Ein Merkmal, das die diversen hier angesprochenen Gestaltungselemente - selbstgestrickte Tagesgebete, "Schweizer Hochgebete", Impulse von Phil Bosmans und Konsorten und tendenziell auch die grässlichen NGL-Liedtexte, die die Musikauswahl dominieren ("Suchen und fragen", "Da berühren sich Himmel und Erde", kotz/würg) - gemeinsam haben, ist ihre gefällig-gefühlige Schwammigkeit. Man wird darin wohl kaum etwas finden, was strikt dem Wortlaut nach eindeutig heterodox oder häretisch wäre, aber gerade dieses "nicht direkt Falsche" - mein kritischer Stammleser Imrahil nennt es auch gern das "an sich Richtige" - ist besonders heimtückisch: Es macht das Gehirn zu Suppe. Es verschiebt fast unmerklich die Akzente, untergräbt die Fähigkeit zur Unterscheidung, suggeriert mehr oder minder unterschwellig "Es kommt nicht so genau drauf an", bis sich schließlich in den Köpfen der Leute die Vorstellung festsetzt, es sei im Grunde egal, woran einer glaubt, solange er ein guter Mensch ist. Nochmals: Was würde ein verfolgter Christ aus Ägypten, Pakistan oder Nordkorea dazu sagen, der bereit ist, für sein Bekenntnis zum christlichen Glauben mit seinem Leben einzustehen? Wir sollten uns diese Frage viel öfter stellen, scheint mir. 

Vielsagend erscheint es mir auch, dass die ohnehin nicht gerade üppige Gottesdienstordnung in der Sommerferiensaison noch weiter zurechtgestutzt worden ist. Bis auf die monatliche Messe zum Herz-Jesu-Freitag (mit anschließender - kurzer - Eucharistischer Anbetung, immerhin!) gibt es während der Ferien keine Werktagsmessen in der Nordenhamer Pfarrkirche, auch das wöchentliche Rosenkranzgebet und die Wort-Gottes-Feiern in der Filialkirche in Burhave fallen in den Ferien aus. Dabei ist Burhave ein Badeort -- man sollte also eigentlich annehmen, dass es dort während der Badesaison eher mehr potentielle Kirchgänger gibt als zu anderen Zeiten des Jahres. Aber für die, so scheinen die Verantwortlichen zu denken, gibt es ja die Urlauberseelsorge. Dass Urlauberseelsorge auch darin bestehen könnte, solchen Badegästen, die eine regelmäßige religiöse Praxis gewohnt sind, diese auch an ihrem Urlaubsort zu ermöglichen, kommt ihnen offenkundig überhaupt nicht in den Sinn. Aber okay: Wenn den Einheimischen eine solche Praxis das ganze Jahr über nicht ermöglicht wird, wieso sollten die Urlauber es dann besser haben? 

Dem Zelt der ökumenischen Urlauberseelsorge auf dem Campingplatz in Tossens statteten wir übrigens auch einen Besuch ab. Anders als noch vor zwei Jahren kam man auch außerhalb der Programmzeiten wenigstens ins Zelt rein, aber der Anblick war eher trostlos. 




Und das Programm der Urlauberseelsorge? Ein Flyer, den wir schon am Tag nach unserer Anreise in der Nordenhamer St.-Willehad-Kirche fanden, verrät: 
"Montag bis Freitag:
10.30 - 12.00 Uhr Sing-, Spiel- & Bastelangebote für Kinder und Familien im Rahmen eines biblischen Themas
Montag bis Samstag:
19 Uhr Gute-Nacht-Geschichte - Rückblick - Abendlob." 
Darunter kann man sich ja nun alles Mögliche vorstellen, ziemlich Gutes ebenso wie total Furchtbares; und wenngleich ich Letzteres aus Erfahrung für erheblich wahrscheinlicher halte, finde ich es doch ein bisschen schade, dass es uns nicht möglich war, einen dieser Programmpunkte selbst mitzuerleben. So oder so stellt sich hier jedoch abermals die Frage, die ich schon anlässlich der Stellenausschreibung von "Willi's, der Urlauberkirche" für den Sommer 2018 einmal aufgeworfen habe: Was machen die Mitarbeiter denn die ganze restliche Zeit? Urlaub? Übrigens hatte die "Urlauberkirche" in früheren Jahren nicht nur in Tossens, sondern auch in Burhave ein Kirchenzelt. Hat man heuer einfach nicht genug Mitarbeiter für zwei Standorte rekrutieren können? Gut möglich. Die ganze Organisation wirkt derartig lustlos, trägt so überdeutlich die Einstellung "DAS INTERESSIERT JA DOCH KEINE SAU" vor sich her, dass man sich wahrhaftig nicht wundern muss, wenn potentielle Freiwillige sich auch nicht dafür interessieren. 

Doch zurück nach Nordenham: Dass ein Strand, an dem man nicht baden kann bzw. darf, im Vergleich zu den Badeorten Tossens und Burhave nicht der ganz große Touristenmagnet ist, dürfte auf der Hand liegen, aber immerhin gibt es am Nordenhamer Weserstrand außer dem schon erwähnten Dauerrummelplatz und dem überdachten Grillplatz einen "Mehrgenerationen-Fitnessparcours", eine Skater-Anlage und eine im Jahr 2004 mit EU-Fördermitteln neu gestaltete Strandpromenade einschließlich einer durch eine halbkreisförmige steinerne Sitzbank eingefassten "Veranstaltungsfläche". Einen "Beitrag zur Wiederbelebung" dieser Fläche, "die viele Jahre lang kaum genutzt wurde", leistet nach Einschätzung von Jens Milde von der Lokalredaktion der Nordwest-Zeitung die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Nordenham mit ihren sommerlichen Abendandachten. Ich stimme zu, dass diese im Prinzip ein richtiger Ansatz wären -- wenn, ja wenn den Teilnehmern dort etwas Echteres geboten würde als behaglich-betuliche Wellness-Spiritualität à la Susanne Niemeyer. In diesem Punkt unterscheidet sich die örtliche evangelische Kirchengemeinde offenbar kaum von der katholischen -- oder allenfalls dadurch, dass man sich bei den Evangelen noch ein kleines bisschen ungenierter dazu bekennen kann, eigentlich gar nicht so richtig an Gott zu glauben. 

Aber sei's drum. Meine Liebste jedenfalls begann schon auf dem Rückweg von unserem ersten Besuch beim stillgelegten Strandbad damit, Ideen für eine ganzjährige Strandmission zu entwickeln, nicht nur oder hauptsächlich auf Urlauber ausgerichtet, sondern auch und gerade auf die Einheimischen. Die haben eine Neuevangelisation schließlich offenkundig sehr nötig. Kein Wunder, dass ich sofort Feuer und Flamme war: Ich bin ja quasi am Strand aufgewachsen - nicht an dem mit dem Badeverbot, sondern an dem in Burhave (der, nebenbei bemerkt, auch schon bessere Zeiten gesehen hat als die gegenwärtigen) - und dabei allerlei Erfahrungen mit Strandseelsorge-Konzepten verschiedener Konfessionen gesammelt. Irgendwann werde ich darüber mal ausführlich schreiben müssen. Ebenfalls wenig überraschend dürfte es sein, dass unsere Vorstellungen sich erheblich von den real existierenden "kirchlichen Angeboten" vor Ort unterscheiden. Wir denken da eher in Richtung "ganze Tage am Strand verbringen, bei jedem Wind und Wetter, egal ob jemand kommt oder nicht". Mit einem bunt bemalten Bauwagen oder Camper als Operationsbasis, von der aus man Passanten je nach Wetter kalte oder heiße Getränke anbieten und so mit ihnen ins Gespräch kommen kann. Spiel-und-Spaß-Angebote müssen natürlich sein, im Sommer z.B. Hackysack oder Frisbee, im Herbst Drachen steigen lassen; aber eben auch mehrmals am Tag Gebetszeiten nach dem Stundenbuch, dazu Lobpreismusik mit Klampfe und Percussion... 

"Und in der Osteroktav wird die ganze Woche lang durchgefeiert, jeden Abend Grillparty!" 
"Und was ist mit der Weihnachtsoktav?" 
"Grillen im Winter? Warum nicht! Und dazu Glühwein!" 
"Und überhaupt: An jedem Hochfest, das auf einen Freitag fällt, werden Burger gebraten -- unter dem Motto MEAT FRIDAY." 
"Und bei Sonnenuntergang klingt der Tag mit einer musikalisch gestalteten Komplet aus." 

Sicherlich müsste man sich, wenn das nicht bloße Spinnerei bleiben sollte, die oder der Frage stellen, wie man ein solches Projekt finanziert bekommt. Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Geld ist nie das eigentliche Problem. Mit ausreichend Gottvertrauen findet sich da schon ein Weg, wir beten im Vaterunser ja nicht ohne Grund "Unser tägliches Brot gib uns heute"

Als größeres Hindernis könnte es sich erweisen, dass die Nordenhamer - oder zumindest die Honoratioren und Entscheidungsträger des Städtchens - nichts so sehr zu fürchten scheinen wie Unruhe. Bezeichnend hierfür fand ich einen am 11.07.2019 in der Kreiszeitung Wesermarsch erschienenen Artikel mit dem Titel "Am Strand ist es ruhiger geworden". Las sich ein bisschen wie ein Lagebericht von der Front, fand ich. "Omaha Beach meldet keine besonderen Vorkommnisse", oder so. "In der Vergangenheit", so erfährt man da, sei es nämlich "immer wieder vorgekommen, dass Partys am Strand aus dem Ruder gelaufen sind. Seit Pfingsten patrouilliert im betroffenen Bereich deshalb täglich ein privater Sicherheitsdienst, der mögliche Übeltäter [!] ermahnen und im Ernstfall die Polizei herbeirufen soll." Tatsächlich, so die Zeitung weiter, habe es "in den letzten vier Wochen weniger Ärger gegeben"; unklar sei jedoch, ob das tatsächlich ein Erfolg des neuen Wachdienstes sei oder doch eher einer des schlechten Wetters: "Es war vergleichsweise kühl, manchmal auch windig. Da hatte natürlich kaum einer Lust, am Strand zu feiern." Na herzlichen Dank! Es als Erfolgsmeldung zu verkaufen, dass am Strand nichts los ist, da muss man auch erst mal drauf kommen. 

Aber auch das ist noch nicht das eigentliche Problem. Ich würde nicht ausschließen, dass man die Nordenhamer Stadtväter dazu bewegen könnte, einzusehen, dass regelmäßiges "Programm" am Strand das beste Mittel gegen "wilde" und aus dem Ruder laufende Strandpartys ist -- sogar besser als die Beauftragung eines privaten Sicherheitsdienstes. Was einem BenOp- bzw. Punkpastoral-Projekt in Nordenham und Umgebung hingegen sehr ernsthaft im Wege steht, ist der Mangel an geistlicher Begleitung. Sicher, man kann allsonntäglich die Eucharistie empfangen -- das ist in anderen Gegenden der Welt nicht so leicht möglich. Auf Anfrage kann man bestimmt auch formal korrekt und somit gültig das Bußsakrament empfangen (feste Zeiten dafür sucht man in den Pfarrnachrichten vergeblich). Aber mal ehrlich, wie soll ein missionarisches (oder sagen wir "evangelistisches") Projekt gedeihen können, wenn dessen Mitarbeiter jedesmal, wenn sie zur Sonntagsmesse gehen, damit rechnen müssen, nicht etwa geistlich gestärkt, sondern vielmehr mit Wut im Bauch von dort zurückzukommen? 

Frei heraus gesagt, ein BenOp- bzw. Punkpastoral-Projekt hätte an diesem Ort nur eine Chance, wenn es seinen eigenen Priester mitbrächte. Am besten einen Ordenspriester, damit es keine Kompetenzrangeleien mit der Territorialpfarrei (oder gar dem Bistum) gibt. Noch schöner wär's natürlich, wenn eine Ordensgemeinschaft eins der von der Pfarrei aufgegebenen Kirchengebäude übernehmen könnte. Aber das ist ein Thema für sich -- dazu in Kürze mehr...

Symbolbild, aufgenommen am "Friesenstrand" in Tossens

Man beachte: Die Arche hat ihren eigenen Regenbogen an Bord! 



1 Kommentar:

  1. Auch auf die Gefahr hin überheblich und hochnäsig zu klingen: Bei liturgischem Missbrauch jeder Art, lehne ich mich lässig zurück um dann im Stillen die Worte des Herrn zu wiederholen: "Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte werden nicht vergehen!" Genau das wird der Richter am Ende der Zeiten denen entgegenschleudern, die auch dann noch die Frechheit besitzen zu behaupten, in seinem Namen gelehrt zu haben. "Weg von mir ich kenne euch nicht!" Für uns bleibt: "Wer bis zum Ende durchhält, der wird gerettet werden!"

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