Samstag, 1. April 2023

Bloß keine Fragen stellen!

Wissen tät ich ja schon gern, wer eigentlich als erster die Idee zu dem Narrativ hatte, man könne aus der Bibel keine Ablehnung von Homosexualität ableiten, weil die Bibel Homosexualität im heutigen Verständnis des Begriffs gar nicht kenne. Eine kreative Leistung ist das ja schließlich schon irgendwie, und allemal origineller als das gute alte "Die Bibel verbietet auch den Verzehr von Schalentieren und das Tragen von Mischgewebe, und da haltet ihr euch schließlich auch nicht dran!". Ein raffinierter Dreh: Statt zu erklären, das, was ein Jahrtausende altes Buch zu einem bestimmten Thema sage, habe für den aktuellen Diskurs keine Relevanz mehr – was ja als Argument schon immer irgendwie prollig und bildungsfern wirkte –, sagt man kurzerhand: Ja Moment mal, das sagt das Buch doch überhaupt nicht. Wobei, ganz so originell ist diese Methode auch wieder nicht: "Hat Gott wirklich gesagt...?" war schon die opening line der Schlange im Paradies. 

Dass die Argumentationslinie "Die Bibel sagt über Homosexualität im heutigen Sinne überhaupt nichts aus" durchaus nicht nur von irgendwelchen Leuten in den Kommentarspalten Sozialer Medien vertreten wird, sondern auch von vermeintlich ernstzunehmenden Theologen, hätte man sich eigentlich denken können, da die ersteren – oder jedenfalls die meisten von ihnen – wohl kaum in der Lage wären, sich so etwas selbst auszudenken. Hinzu kommt, dass nicht wenige dieser Leute nur allzu gern mit mustetschülerhafter "Herr Lehrer, ich weiß was"-Attitüde signalisieren, dass sie, anders als die homophoben Ewiggestrigen in der Kirche, auf der Höhe des theologischen Diskurses seien. Berufen können sie sich dabei beispielsweise auf den Theologieprofessor Ulrich Berges, der in Bonn alttestamentliche Exegese lehrt und für die Münsteraner Bistumszeitung Kirche + Leben einen Gastkommentar unter der Überschrift "Das Alte Testament verurteilt keine Homosexualität" verfasst hat. Dieser Text erschien bereits im April 2021, ich bin aber erst jetzt auf ihn aufmerksam geworden, weil die Social-Media-Redaktion von Kirche + Leben ihn unlängst im Rahmen einer Facebook-Diskussion über den Schismatischen Weg verlinkte. Dazu später; erst einmal zum Inhaltlichen. Der erste Absatz von Prof. Berges' Artikel lautet:

"Das Alte Testament (AT) und die altorientalische Welt kennen keine homosexuellen Beziehungen im Sinne gleichberechtigter und rechtlich anerkannter Lebenspartnerschaften. Weil dies so ist, kann das AT solche Lebensentwürfe auch weder verbieten noch gutheißen." 

Sagen wir mal so: Wer nicht von alleine merkt, dass das haarsträubender Blödsinn ist, dem wird man es auch nur schwer erklären können. Ich versuche es trotzdem mal, so kurzgefasst wie möglich: Die hier zitierten Sätze wollen insinuieren, da es in biblischer Zeit keine "rechtlich anerkannte[n] Lebenspartnerschaften" zwischen Menschen gleichen Geschlechts gab, könne man nicht wissen, ob die Bibel sie, wenn es sie denn gegeben hätte, gutgeheißen hätte. Dabei muss man nun wirklich nicht studiert haben, um zu kapieren, dass es solche Lebenspartnerschaften exakt deshalb nicht gab, weil sie nicht gutgeheißen wurden.

Es liegt auf der Hand, dass wir es hier mit einer Argumentation zu tun haben, die darauf zugeschnitten ist, dass am Ende das erwünschte Ergebnis herauskommt; dafür ist jedes noch so fadenscheinige Pseudoargument recht. In einer solchen Konstellation werden auch aus an sich richtigen Feststellungen fragwürdige Schlussfolgerungen gezogen. So ist Berges zweifellos zuzustimmen, wenn er betont, in der Sodom-Erzählung in Genesis 19 und der sehr ähnlichen Erzählung von der Schandtat zu Gibea in Richter 19 gehe es wesentlich um Vergewaltigung und somit um "brutalste Erniedrigung"; daraus zu folgern, es gehe in diesen Texten "gar nicht um Homosexualität", erscheint jedoch durchaus nicht zwingend, und erst recht nicht einsichtig ist es, dass Berges diese Erzählungen kurzerhand zum Beleg dafür heranzieht, dass die alttestamentliche Verurteilung gleichgeschlechtlicher Unzucht sich grundsätzlich und ausschließlich auf Fälle sexualisierter Gewalt bezögen. Wenn, wie er argumentiert, die Penetration eines Mannes durch einen anderen Mann "für das AT als Akt freier Entscheidung undenkbar" war und daher nur als "gewalttätige Handlung" aufgefasst werden konnte, dann müsste man sich doch zumindest fragen, warum das so war und wieso es dann heute ganz und gar anders sein sollte. Im Grunde läuft die ganze Argumentation auf die Aussage hinaus "Das Alte Testament betrachtet gleichgeschlechtliche Unzucht als etwas Verwerfliches, wir halten Homosexualität heute nicht für verwerflich, also muss es sich um verschiedene Sachverhalte handeln". So einfach ist das, und so doof. 

Symbolbild: Die drei weisen Affen. (Foto von Flickr-Nutzer "Ray in Manila", Quelle und Lizenz hier)

Aber eigentlich wollte ich hier nicht so sehr Professor Berges' Argumentation zerpflücken als vielmehr die Facebook-Diskussion schildern, innerhalb derer ich auf den Link zu diesem Text stieß. Die Diskussion fand im Kommentarbereich zu einem Artikel statt, der wohl als Trost und Ermutigung an die Adresse derer gedacht war, denen die Beschlüsse des Schismatischen Weges nicht weit genug gingen (gelesen habe ich den Artikel nicht). Der Tenor des Großteils der Nutzerkommentare ließ darauf schließen, dass der Artikel seine angestrebte Zielgruppe erreicht hatte; hingegen äußerte eine kleine, aber lautstarke Minderheit Kritik daran, dass die Synodalversammlung Beschlüsse gefasst hat, die geradewegs der Lehre der Kirche widersprechen – was wiederum scharfe Angriffe durch Vertreter der Mehrheitsmeinung nach sich zog. In der Hauptsache drehte sich diese Auseinandersetzung um die Haltung der Kirche zum Thema Homosexualität. Als die Kirche + Leben-Redaktion in diesem Zusammenhang den oben besprochenen Beitrag von Prof. Berges in den Kommentaren verlinkte, schaltete ich mich in die Debatte ein – mit der zugegebenermaßen etwas ruppigen Bemerkung "Hört doch mal bitte auf, die Leute anzulügen". 

Die Redaktion reagierte darauf zunächst mit einem klassischen Autoritätsargument: "In dem von uns verlinkten Text äußert sich ein Professor für Altes Testament." Ach so, na dann muss es ja stimmen, was er sagt, nicht wahr? Als ich erwiderte, gerade dies, dass er mit der Autorität eines Professors solchen Unsinn behaupte, mache die Sache um so schlimmer, und er könne unmöglich so dumm sein, den Quatsch selber zu glauben, kassierte ich meine erste Verwarnung: "Bitte bringen Sie Menschen, die (begründet) anderer Meinung sind als Sie ein Minimum an Respekt entgegen, falls nicht, verzichten wir auf Dauer auf Ihre Beiträge." – Mit anderen Worten: Nachdem das Autoritätsargument nicht gewirkt hat, greift man als nächstes zur Waffe des "tone policing". Nebenbei bemerkt: Die Unfähigkeit, zwischen Meinungen und Tatsachenbehauptungen zu unterscheiden, ist ausgesprochen charakteristisch für den Diskussionsverlauf. 

Ungefähr gleichzeitig mit dieser noch sehr zahmen Intervention der Redaktion fiel aus heiterem Himmel eine Dame über mich her, die in dieser Kommentarschlacht insgesamt sehr aktiv war: 
"Ich bin es leid, dass Menschen einzig, weil sie eine völlig verquere und merkwürdige Vorstellung von Sexualität haben, nicht bereit sind, ihr eigene Denkweise endlich einmal zu überdenken und lieber sofort hingehen und anderen Menschen in böswilliger Weise Lügen und anderes unterstellen. Fangen Sie bitte mal erst bei sich selber an und überlegen Sie mal, warum ihr Verhalten mehr als unchristlich ist. Guten Tag." 
Bemerkenswert, was diese Frau aus meinen knappen Anmerkungen so alles herausgelesen hat. Als ich bei der Redaktion anfragte, ob diese ad-hominem-Attacke in ihren Augen kein Anlass für eine Verwarnung sei, wurde die Dame erst richtig böse: 
"Ach, Sie dürfen einen Menschen der Lüge bezichtigen und ich benenne Ihre Ungerechtigkeit und Unchristlichkeit und soll deswegen sofort bestraft werden? Sie haben ja eine interessante Vorstellung von Netiquette. Sie können gerne verärgert sein über meinen Post, aber das, was Sie jetzt gemacht haben, ist doch wirklich einfach nur billig. Und zeigt genau im Grunde das, was ich meinte: Die Bereitschaft, einer anderen Person einfach mal zuzuhören, um sie zu verstehen, gibt es sehr sehr häufig von Menschen wie Ihnen ja wohl nicht. Und darum war ich jetzt auch nicht mehr bereit es zu tun. Guten Tag." 
Muss schön sein, ein Weltbild zu haben, das sich permanent selbst bestätigt. Ich verabschiedete mich vorerst aus der Diskussion, indem ich meine bisherigen Wortmeldungen noch einmal knapp rekapitulierte – um aufzuzeigen, dass sie zwar wohl polemisch in der Wortwahl, aber dennoch sachbezogen gewesen seien – und dann hinzufügte: 
"Es ist übrigens durchaus nicht so, dass ich heute Abend in mein Kissen weine, wenn Ihr mich blockiert. Ihr sollt Euch dabei nur nicht allzu sehr im Recht fühlen 😇". 

Tatsächlich geschah dies zunächst einmal nicht, was mich ermutigte, mich am nächsten Tag noch in einige weitere Diskussionen zu anderen Kirche + Leben-Artikeln einzumischen. Mein Schicksal ereilte mich dann aber doch in derselben Kommentarschlacht, in der ich bereits verwarnt worden war. Den konkreten Auslöser fand ich dann aber doch überraschend. – Es ging damit los, dass eine Dame, mit der ich tatsächlich einige gemeinsame Freunde auf Facebook habe, in bester oben bereits angesprochener "Herr Lehrer, ich weiß was"-Manier ihre Kenntnisse in fehlerhafter Theologie ausbreitete: "Da wir heute wissen, dass Homosexualität keine Krankheit ist, können wir davon ausgehen, dass sie von Gott gewollt ist. Wer weiterhin behauptet, Homosexualität sei eine Sünde und somit eine abartige Veranlagung, widerspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen." Der u.a. von Bloggerkollegin Anna – deren Kommentare, anders als meine, im Diskussionsverlauf noch zu lesen sind – unternommenene Versuch, ihr begreiflich zu machen, dass sie in dieser Aussage allerlei Kategorien durcheinanderwirft und verwechselt, dass z.B. Krankheit und Sünde grundsätzlich zwei verschiedene paar Schuhe sind und dass wissenschaftliche Erkenntnisse keine Werturteile implizieren, erwies sich als furchtlos: Die Dame wiederholte unbeirrbar immer nur dieselben talking points. "Die Tatsache, dass die Kirche Homosexuellen das Zölibat verordnet stellt eine Diskriminierung dar. Wer Menschen aufgrund ihrer sexuellen Veranlagung verbietet ihre Sexualität auszuleben, verstößt gegen die Menschenrechte." Aha. Soso. Da sie sich dabei immer wieder auf "wissenschaftliche Erkenntnisse berief, schaltete ich mich schließlich erneut in die Debatte ein, indem ich fragte, was für wissenschaftliche Erkenntnisse sie denn konkret meine. Die Antwort, die mir zuteil wurde, lautete knapp: "Die Erkenntnis, dass Homosexualität keine Krankheit ist." Nun hatte das zwar im vorangegangenen Diskussionsverlauf auch gar niemand behauptet und es ist – wie Kollegin Anna bereits dazulegen versucht hatte ("Der Katechismus stellt keine medizinischen Diagnosen") – für die Bewertung von Homosexualität durch die kirchliche Lehre auch überhaupt nicht entscheidend, aber ich stellte mich einfach mal dumm und hakte nach: "Was für wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es dazu?" 

Und DARAUFHIN, wegen dieser FRAGE, wurde ich geblockt. 

Die Begründung lautete: "Ihre Ansichten zu Homosexualität – und seien sie auch in scheinbar harmlose Fragen verpackt – sind mindestens diskriminierend. Wir verzichten auf Ihre Beiträge." – Im ersten Moment war ich tatsächlich noch naiv genug, anzunehmen, da habe lediglich ein Admin oder Moderator, der womöglich noch von der Diskussion am Vortag her genervt von mir war, im Affekt überreagiert. Aber als mehrere andere Diskussionsteilnehmer zu meinen Gunsten zu intervenieren versuchten, bekräftigte die Redaktion ihre Entscheidung: "Die Fragen von Herrn Klein zu Homosexualität waren diskriminierend, [...] die Antwort ist ohne wissenschaftliche Begründung [!] allgemein bekannt" – eine interessante Aussage, wenn man bedenkt, dass meine Frage explizit dadurch veranlasst worden war, dass meine Vorrednerin sich wiederholt auf "wissenschaftliche Erkenntnisse" berufen hatte. In einer weiteren Stellungnahme der Redaktion heißt es: "Dass Homosexualität eine natürliche Form der Sexualität wie Heterosexualität ist, wird wissenschaftlich ebenso wenig bestritten wie die Tatsache, dass heute Freitag ist." – Dieser Vergleich ist im Grunde passender, als es seinen Urhebern recht sein kann; denn welcher Wochentag jeweils gerade ist, ist schließlich eine Frage gesellschaftlicher Konventionen und nicht der objektiven Realität. Aber lassen wir das. 

Ich muss gestehen, unabhängig davon, um welches Thema es geht, ist die hier an den Tag gelegte "Das weiß man doch!"-Haltung ein "pet peeve" von mir: Wenn eine bestimmte Aussage angeblich allgemein bekannt, anerkannt und unstrittig ist, dann sollte es doch umso leichter möglich sein, einen Beleg dafür vorzulegen, und sei es mit Hilfe von Onkel Google und Tante Wikipedia. Daher werde ich immer misstrauisch, wenn jemand sich auch auf Nachfrage weigert, einen Beleg für seine Behauptung anzuführen, und sich stattdessen darauf beruft, das wisse man doch. Wenn es nun aber schon Sanktionen nach sich zieht, nach Belegen zu fragen, dann ist erst recht etwas faul. 

Die Mechanismen der Diskursverweigerung, die hier am Werk sind, erinnern mich stark an eine Passage aus der "Benedikt-Option"; da berichtet mein Freund Rod: 

"Ein christlicher Professor an der naturwissenschaftlichen Fakultät einer säkularen Universität weigerte sich, eine Frage über biologische Aspekte von Homosexualität zu beantworten, die ich ihm gestellt hatte. Er fürchtete, egal wie harmlos und ausschließlich faktenbasiert die Antwort sein mochte, könne sie dazu führen, dass er innerhalb seiner Universität verklagt würde oder dass ein Social-Media-Mob über ihn herfiele." 

Vor ein paar Jahren, als ich das las und übersetzte, war ich mir selbst nicht sicher, ob das nicht etwas zu alarmistisch dargestellt sei; war es aber wohl doch nicht. – Ironisch an der ganzen Sache ist nicht zuletzt, dass es "wissenschaftliche Erkenntnisse", die diese Bezeichnung verdienen, unter solchen Bedingungen gar nicht geben kann; denn Wissenschaft lebt davon, dass Forschungsergebnisse hinterfragt und kritisch überprüft werden können. 

Im Übrigen sei hier nochmals betont, dass wissenschaftliche Erkenntnisse allein noch kein Werturteil darstellen oder ein solches implizieren. Wäre es mir rechtzeitig eingefallen – also bevor ich geblockt wurde – hätte ich gern argumentiert, die eigentliche Diskriminierung bestehe doch darin, Homosexualität zu ontologisieren; also davon zu sprechen, dass Menschen homosexuell SIND, anstatt zu sagen, dass sie homosexuelle Empfindungen, Neigungen o.ä. HABEN. Aber das würde wahrscheinlich niemand verstehen, und dann wäre man schon wieder der Böse. 

Ein vielsagendes Fazit der ganzen Sperr-Affäre zog ausgerechnet die Dame, die sich so beharrlich auf wissenschaftliche Erkenntnisse berief, die sie selbst nicht benennen konnte. Sie merkte an, es sei "ein Problem, wenn das Gegenüber die Sexuallehre der katholischen Kirche voll in Ordnung findet und somit gar nicht verstehen kann bzw. will, um was es geht. Das macht die Diskussion letztendlich sinnlos." Lassen wir uns das auf der Zunge zergehen: Wer die Lehre der Kirche bejaht, mit dem kann man nicht sinnvoll diskutieren, weil er "nicht verstehen kann bzw. will, um was es geht". Und das liest man nicht etwa auf der Facebook-Seite von queer.de oder der Giordano-Bruno-Stiftung, sondern auf derjenigen einer katholischen Bistumszeitung. Diese Äußerung ist auch nicht etwa ein Einzelfall, sondern charakteristisch für das toxische Diskussionsklima auf dieser und ähnlichen Seiten. Man könnte lang und breit darüber sinnieren, wie es dazu gekommen sein mag, aber der Befund ist schwer zu leugnen: Die erbittertsten Feinde der Kirche findet man hierzulande in ihren eigenen Gremien und Verbänden, in den Redaktionen kirchenamtlicher Medien – und unter deren Lesern. 

Abschließend sei daher noch ein weiteres Fallbeispiel angeführt – aus einer Diskussion zu einem anderen Artikel auf der Seite von Kirche + Leben. Da wirft ein "Top-Fan" der Seite die Frage auf, "wie jesuanisch" die "katholische Leere, ähm Lehre" (sic!) eigentlich sei. Ein anderer Diskussionsteilnehmer, übrigens langjähriger "Huhn meets Ei"-Leser, reagiert darauf mit der naheliegenden Frage, welcher Konfession oder Glaubensrichtung sein Vorredner sich denn zurechne, worauf dieser erklärt: 

"Ich bin katholisch, römisch-katholisch, getauft, gesalbt, gefirmt, an den Juden Jesus glaubend und selbständig denkend. Letzteres ist allerdings nicht immer eine römisch-katholische Eigenschaft." 

Ja ja, schon klar: Aufs selbständige Denken halten sich immer die Leute besonders viel zugute, die es nicht besonders gut beherrschen; hat ja auch eine gewisse Logik. "Also zum Mitschreiben", rekapituliert sein Kontrahent: "Sie halten katholische Lehre und Glauben für falsch und un'jesuanisch', sehen sich aber nichtsdestotrotz selbst als katholisch an (nur halt mit anderen Glaubensinhalten als, naja, die katholische Kirche) und meinen als Krönung, dass die Weltkirche ihre Lehrmeinungen Ihnen (!) anpassen müsste, um wahrhaft katholisch und 'jesuanisch' zu sein." Auf diese treffende Zusammenfassung reagiert der "Top-Fan" nicht gerade erbaut: 

"Wer bitte sind Sie, dass Sie meinen über mich richten zu müssen? Pflegen Sie von mir aus Ihre geistliche Enge, Ihre Phobien, aber belästigen Sie damit nicht andere Menschen. Wähnen Sie sich von mir aus im wahren Christentum, aber nutzen Sie die frohe Botschaft nicht als Steinbruch für krude Ausgrenzungstheorien." 

Bei einer derartigen Vernageltheit weiß man ja nun wirklich nicht mehr, ob man lachen oder weinen soll. Natürlich erntet der "Top-Fan" für seine Tirade eine Stange "Likes". – Max Goldt schrieb einmal, Satiriker versuchten der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten, dies sei jedoch zwecklos, da "Gesellschaften wie Tiere" seien: "Sie erkennen sich im Spiegel nicht". Zumindest auf die Gesellschaft, die sich im Kommentarbereich von Schismatikerpostillen wie Kirche + Leben tummelt, trifft diese Einschätzung offenkundig zu. 


14 Kommentare:

  1. Besonders interessant finde ich die Behauptung, was keine Krankheit sei, sei gottgewollt. Daraus lässt sich ableiten, daß Gottesleugnung, Ehebruch, Verleumdung und Mord gottgewollt sind, denn es sind ja keine Krankheiten. Außerdem müsste man dann jede Krankheit auf Sünde zurückführen. Manche Sekten tun das.

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  2. Die literarisch schönste Referenz zum »Guten Tag«, mit dem deine erste Dialogpartnerin bekundete, dass sie lieber nicht mit jemandem diskutieren wolle, der ihrer Ansicht nach nicht diskutieren wolle 🧶, hat natürlich Tolkien im Eröffnungskapitel des »Hobbit« geschrieben. Guten Tag.

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  3. Diasporakatholik2. April 2023 um 13:43

    Es ist natürlich eine Lüge, noch dazu von einem Professor für Altes Testament, zu behaupten, das Alte Testament verurteile keine praktizierte Homosexualität.
    Ich zitiere hierzu Levitikus (= 3. Buch Mose) 18,22 aus der Einheitsübersetzung von 1997 wörtlich als Thoragesetz:

    "Du darfst nicht mit einem Mann schlafen, wie man mit einer Frau schläft; das wäre ein Greuel."

    Die unmittelbar darauf in Levitikus folgenden Verbote betreffen übrigens den Sexualverkehr von Menschen (Männer sowie Frauen) mit Tieren.

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  4. Diasporakatholik2. April 2023 um 16:58

    Prof. Berges behauptet in seinem Beitrag, bei der im AT verurteilten praktizierten Homosexualität handele es sich ausschließlich um homosexuelle Vergewaltigungen.

    Dem ist jedoch nicht so, wie ja bereits der oben von mir zitierte Wortlaut von Lev 18,22 wiedergibt:

    Da ist nur vom praktizierten Sex zwischen 2 Männern analog zum sex. Verkehr eines Mannes mit einer Frau die Rede, nicht von einer Vergewaltigung eines Mannes durch einen anderen Mann.

    Noch deutlicher wird das bei der wegen dieses Unzuchtverbrechens ausgesprochenen Strafe in Lev 20,13:

    "Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben *sie* eine Gräueltaten begangen; *beide* werden mit dem Tod bestraft; *ihr* Blut soll auf *sie* kommen."

    Diese extrem harte Strafe ist nur bei vordem einvernehmlichen Homosex denkbar - bei einer sexuellen Vergewaltigung wäre sie für das erniedrigt Opfer im Vergleich zum Vergewaltigungen Täter doppelt grausam.

    So kann die vorgesehene bibl. Bestrafung m.E. doch keinesfalls gemeint sein, nicht wahr?

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  5. Ich zitiere hier mal Konrad Adenauer: "Es gibt Dinge über die ich noch nicht mal mit mir selbst spreche."

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  6. In der evangelikalen Gemeinde, der ich angehöre, ist der Argumentationsstrang ungefähr folgender: Ethische Fragen sind keine Kernfragen des christlichen Glaubens, aus missionarischen Gründen (gemeint ist: um außen Stehende nicht an dieser Stelle völlig zu irritieren und zu befremden) sind gewisse Anpassungen an den Zeitgeist daher erlaubt. Wirft neue Probleme auf (öffnet man christusfeindlichen Ideologien damit möglicherweise Tür und Tor?), erscheint mir aber ehrlicher als das ewige Herumdoktern an Bibelstellen, um sie beim 1001. Lesen dann qua Erleuchtung "endlich richtig" zu verstehen.

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  7. Diasporakatholik3. April 2023 um 13:32

    Fakt ist - zumindestens für MICH -, dass das AT sehr wohl etwas zu einvernehmlich praktiziertem Homosex etwas sagt (diesen nämlich streng verbietet!) und somit die gegenläufigen Behauptungen des Alttestamentlers Berges falsch bzw. gelogen sind.

    Wenn andere das anders sehen (wollen), so ist das deren ureigenste Sache, die mich aber nicht argumentativ überzeugt.

    Ich bin auch nicht der Ansicht, dass man solche Themen im Christentum von vornherein übergehen oder ganz ausklammern sollte - aus welchen Gründen auch immer.
    Dass man mit wahrheitsgemäßer Auslegung von Gottes Wort und Offenbarung manche potentiell zu missionierende Menschen vielleicht abschreckt, muss dabei in Kauf genommen werden.
    Das ist auch die Rede des Herrn an seine Jünger für die künftige Weiterverbreitung des christlichen Glaubens (Mt10,11-15,23).

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  8. "Wäh wäh ich will doch nur meinen Glauben als Grund vorschieben um andere Menschen wegen ihrer Sexualität zu hassen wäh wäh und dann mag mich auf einmal keiner also geh ich hier heulen"

    Und sich dann fragen, wieso junge Menschen keine Lust mehr haben, in die Kirche einzutreten - Gott kann dem Individuum eine Bereicherung sein, Wichser wie ihr verbreitet Hass in Gottes Namen, wieso sollte man damit was zu tun haben wollen? Und Kindesvergewaltigung durch Priester, wie steht die Bibel eigentlich dazu?

    Kurzum: Halt dein Maul :) Du stehst auf der falschen Seite der Geschichte, was du nicht mitbekommen wirst, weil Menschen glücklicherweise von Natur aus nur bedingt lange Leben können.

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    1. Du hast ja von nix eine Ahnung. Aber das sehr kompetent.

      Ernst Gudrunbrunner

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    2. Der Kommentar klingt, im Gegensatz zum Artikel, extrem kindisch und infantil.

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    3. Diasporakatholik25. April 2023 um 08:46

      Nein, ich "halte nicht mein Maul", wie es "Anonym" wohl gerne möchte. Auf die persönlichen Beleidigungen gehe ich nicht ein - sowas fällt auf den betr. Kommentator selbst zurück.
      Aber was "die Bibel" zu Kindesvergewaltigungen durch Priester sagt, steht als Wort Jesu in Mt 18,6:

      "Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde."

      Eine sehr ernste, ja geradezu drohende Mahnung des Gottessohnes Jesus Christus an alle, die ihnen Anvertraute durch Taten oder auch "nur Worte" zum Bösen, zur Sünde, verführen!

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    4. Es bringt nichts, auf die Beleidigungen oder gar die versteckten Körnchen verbliebener Fragen in diesem Kommentar einzugehen. Aber eine Sache: *das* soll ei Argumet sei??

      >>Du stehst auf der falschen Seite der Geschichte.

      Das tut er und tue ich zwar nicht, denn wir werden beim Spezialgericht, und die ganze Welt wird beim Jüngsten Gericht, (neben manchen peinlichen Geschichten über unsere Disziplin, versteht sich) bestätigt bekommen, daß wir Recht gehabt haben, *aber nehmen wir einmal an, es wäre so*: Waum um alles in der Welt soll der Mensch verpflichtet sein, irgendeine Seite für die richtige nur deswegen zu halten, weil eine launische Fortuna ihr den geschichtlichen Sieg verleiht? Bitte warum?

      "I am off to die with Odin." "Victrix causa diis placuit, sed victa Catoni." "Wenn Er uns aber nicht rettet, sei dir, König, kundgetan: *Auch dann* dienen wir deinen Göttern nicht und werden das Standbild, das du errichtet hast, nicht verehren."

      >>was du nicht mitbekommen wirst, weil Menschen glücklicherweise von Natur aus nur bedingt lange Leben können.

      Ach, die aus Ihrer Sicht glückliche christentumslose (denn religionslos wird sie nicht sein) Zeit *kommt erst noch*? Ist ja interessant.

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  9. Der typische Kommentar eines Spießers. Undialogisch, argumentbefreit, selbstgerecht. Und dass er am Ende seinem eigenen Toleranzanspruch nicht gerecht wird, zeigt der Anonymus durch die beleidigend gemeinte Beschimpfung der »Wichser« (für Self Sex People). Wo bleibt die Body Positivity? Da bleibe ich doch lieber katholisch.

    (Peter Esser)

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