Donnerstag, 11. April 2019

Der Sound der #BenOp, Platz 5-1

Es ist soweit, Freunde: Die Top Five meiner persönlichen Hitliste von #BenOp-Songs wird enthüllt! Aber machen wir es ruhig noch einmal spannend und rekapitulieren zunächst noch einmal die Plätze 20-6: 


Details zu dieser Songauswahl gibt es hier, hier und hier. Nun aber zu den lange und mit Spannung erwarteten fünf Top-Nummern: 



Platz 5: U2, "I Still Haven't Found What I’m Looking For" (1987) 


Erinnert sich noch jemand an die Zeit, als U2 in dem Ruf stand, eine christliche Band zu sein? Ich schon -- wenngleich es schon damals Diskussionen darüber gab, ob Sänger Bono sich nicht vielleicht eher selbst für den Messias hielt. In jüngerer Zeit hat die Band ja eher dadurch von sich reden gemacht, dass sie für die Einführung der Homo-Ehe und die Legalisierung von Abtreibung in Irland warb; und es ist auch mehr als peinlich, dass Bono bei einem Konzert in Maryland im Jahr 2017 ausgerechnet das hier ausgewählte Lied seinem "alten Freund Kardinal McCarrick” widmete. Wobei ich zugeben muss: Schon allein die Gelegenheit, meinen Lesern diese Information zukommen zu lassen, wäre für mich ein völlig hinreichender Vorwand gewesen, diesen Song in meine Liste aufzunehmen. --- Nee, im Ernst: Ich mag den Song. Der Titel mag ein wenig orientierungslos wirken, aber der übrige Text ist reich an biblischer Motivik, und ganz am Schluss folgt ein Credo, das an Deutlichkeit wenig zu wünschen übrig lässt: "Du zerbrachst die Fesseln und löstest die Ketten / Du trugst das Kreuz meiner Schande / Du weißt, ich glaube daran." Die Bandmitglieder, nicht zuletzt Sänger Bono, zeigen sich hier auf der Höhe ihres Könnens; und das Video - mit Gitarrist "The Edge" als Straßenmusiker in Las Vegas - hat ja auch was von Jona in Ninive. Sollte mich wundern, wenn diese (oder zumindest eine ähnliche) Assoziation nicht beabsichtigt wäre. 



Platz 4: The Animals, "We Gotta Get Out of This Place" (1965) 


Jetzt kann ich es ja zugeben: Dieser Song war es, der mich zuerst auf die Idee mit dieser Liste gebracht hat. Es begann damit, dass ein befreundeter Priester mich via Facebook auf einen Presseartikel aufmerksam machte, dessen Autoren sich aus einer "bürgerlich-konservativen" Haltung heraus scharf gegen die Benedikt-Option positionierten. Zugleich ließ der Text einigermaßen deutlich erkennen, dass seine Verfasser von Rod Drehers Buch wohl höchstens das 4. Kapitel gelesen (und auch das wohl eher nur überflogen) hatten. Okay, mit so etwas muss man rechnen: Die schärfsten Kritiker eines Buches sind immer die, die es nicht gelesen haben. Was mich an dem Artikel aber wirklich ärgerte, war sein geradezu trotziges Festhalten an der Vorstellung, das christliche Abendland könne (und müsse) mit den Mitteln der konventionellen Politik und des Lobbyismus gerettet werden (und sei mehr oder weniger identisch mit der schlipstragenden bürgerlichen Gesellschaft der Kohl-Ära). Wir stehen an einer Zeitenwende, und diese Leute kriegen es nicht mit. Aber während ich mich noch darüber grämte, kam mir plötzlich das markante Bass-Riff von "We Gotta Get Out of This Place" in den Sinn und setzte sich als hartnäckiger Ohrwurm in meinem Kopf fest. Der Rest ist Geschichte. 



Platz 3: John Cougar Mellencamp, "Paper in Fire" (1987) 


Die allmähliche Verwandlung des "teenage rebel" Johnny Cougar (den sein Management zunächst allen Ernstes als androgynen Glam-Rocker à la Ziggy Stardust vermarkten wollte) in den sozial engagierten, wertkonservativen Folkrock-Barden John Mellencamp ist für mich eins der faszinierendsten Phänomene der Popkultur der 1980er Jahre, und "Paper in Fire" ist ein bedeutender Meilenstein dieser Entwicklung. Schon die Instrumentierung mit Geige, Resonatorgitarre, Banjo und Akkordeon schmeckt nach Erde, Schweiß und ehrlichem, robustem, ländlichem Handwerk, und die Atmosphäre des Videos unterstreicht das. Wir können uns übrigens gern darüber streiten, ob auf dem Bild über der Jukebox in Minute 2:33 Jesus zu sehen ist oder irgend jemand anderes mit schulterlangen Haaren. Unstrittig ist dagegen, dass der Songtext vor biblischer Motivik nur so strotzt. Die zentrale rhetorische Frage des Refrains, "Who's to say the way a man should spend his days?", ist vom Buch Kohelet inspiriert; der Titel des Songs soll, wie Mellencamp selbst in einem Interview mit der BBC zu Protokoll gab, ein Bild für Verdammnis darstellen -- und in den Strophen geht es darum, was zur Verdammnis führt, nämlich ungezügelte Begierde, sei es in Form sexueller Gelüste (Strophe 2) oder rücksichtsloser Ausbeutung natürlicher Ressourcen (Strophe 3). Der Satz "We keep no check on our appetites" in der letzten Strophe stammt zwar, der englischsprachigen Wikipedia zufolge, aus dem Film "Hud" (deutscher Titel "Der Wildeste unter Tausend"), einem Lieblingsfilm Mellencamps, aber eine sehr ähnliche Formulierung findet sich auch im Kapitel "Waiting for Benedict" in Rod Drehers Buch "Crunchy Cons"



Platz 2: The Byrds, "My Back Pages" (1967) 


Über dieses Werk von Literaturnobelpreisträger Bob Dylan heißt es in der englischsprachigen Wikipedia-Version, es spiegele die Abwendung des Verfassers von seinen früheren politischen Idealen und seine wachsende Desillusionierung über die Folk-Protestbewegung der 60er-Jahre wider. So gesehen erscheint es bemerkenswert, dass dieser Song schon vor dem mythischen Jahr 1968 entstand: Erstmals veröffentlicht wurde er bereits 1964 auf dem Album "Another Side of Bob Dylan". Ich persönlich lese aus den Dylan-typischen kryptischen Metaphern der Strophen zwar ebenfalls eine Distanzierung von politischem Aktivismus und insbesondere von linker Ideologie heraus, empfinde aber den Refrain-Vers "I was so much older then, I'm younger than that now" als eine ausgesprochen optimistische Wendung. Etwa in diesem Sinne: "Früher, als ich mein Heil in linksradikaler Agitation suchte, dachte ich, ich wäre wer weiß wie jugendlich und rebellisch, aber im Herzen war ich alt und verknöchert. Seit ich mich von dieser falschen Ideologie frei gemacht habe, habe ich erst entdeckt, was es heißt, wirklich idealistisch und voll jugendlichem Enthusiasmus zu sein." Ziemlich genau so geht's mir mit der #BenOp. Man könnte auch an eine Passage aus dem jüngst erschienenen nachsynodalen Schreiben "Christus vivit" von Papst Franziskus denken: 
"35. Bitten wir den Herrn, [...] dass er die Kirche von einer anderen Versuchung befreie: zu glauben, dass sie jung ist, wenn sie auf alles eingeht, was die Welt ihr anbietet; zu glauben, dass sie sich erneuert, wenn sie ihre Botschaft verbirgt und sich den anderen anpasst. Nein. Sie ist jung, wenn sie sie selbst ist und wenn sie die immer neue Kraft des Wortes Gottes, der Eucharistie, der Gegenwart Christi und der Kraft seines Geistes jeden Tag empfängt. Sie ist jung, wenn sie fähig ist, immer wieder zu ihrer Quelle zurückzukehren."  
Die unbestritten beste Version dieses Songs - von Roger McGuinn, Neil Young, George Harrison, Eric Clapton, Tom Petty und Bob Dylan himself, live performt bei des Meisters 30th Anniversary Concert, ist auf YouTube nicht für Deutschland zugelassen, daher habe ich hier die Version der Byrds ausgewählt -- die ist relativ "nah dran". 


Uuuund... Trommelwirbel... 



Platz 1: Thunderclap Newman, "Something in the Air" (1969) 



Ich gebe zu - was mit Blick auf meinen Geburtsjahrgang verzeihlich sein mag -, dass ich diesen Song zuerst in Gestalt einer Coverversion von Tom Petty & The Heartbreakers kennenlernte, die quasi als Zugabe auf ihrem "Greatest Hits"-Album von 1994 mit drauf war. Das Original “entdeckte" ich erst einige Jahre später. Und, so sehr ich Tom Petty & The Heartbreakers ansonsten schätze: Ihre Coverversion dieses Songs hat gegenüber dem Original so wenig musikalischen "Eigenwert", dass man sie eigentlich nur als Resultat von "Hey, wir mögen den Song einfach, es hat uns Spaß gemacht, ihn nachzuspielen, und außerdem war auf dem Album noch Platz" gutheißen kann. Die Originalversion dagegen ist ganz großes Kino. "Something in the Air" hätte ein netter, schlichter, folkiger Hippie-Protestsong mit Akustikklampfe werden können wie tausend andere, die in jenem Jahr erschienen, aber die vom The Who-Gitarristen Pete Townshend gegründete Band Thunderclap Newman machte ein episches Schlachtengemälde daraus, mit Bläser- und Streicherarrangements, die nach dem ersten Refrain einsetzen und zum Schluss hin immer fetter werden, unterbrochen von einem in seiner Art nicht weniger spektakulären, Ragtime-inspirierten Piano-Solo. Der Text ist sehr minimalistisch - die erste und zweite Strophe unterscheiden sich nur durch einen Vers voneinander - und lässt Raum für ein breites Spektrum an Interpretationen: Irgendwas liegt in der Luft, und wir müssen uns zusammentun. Warum? Weil die Revolution da ist. Wir müssen es auf die Reihe kriegen, und zwar jetzt. Nur  am Rande sei angemerkt, dass das Spiel mit den Formulierungen "get together" (in den Strophen) und "get it together" (im Refrain) raffinierter ist, als man auf den ersten Blick denken könnte. Dass in der dritten Strophe (die in der Tom Petty-Version bezeichnenderweise fehlt bzw. durch eine Wiederholung der ersten ersetzt wurde) nach Waffen und Munition gerufen wird, bitte ich nicht allzu wörtlich zu nehmen. 

Dass ich diesen Song auf Platz 1 meiner #BenOp-Hitliste gesetzt habe, ist aber letztlich natürlich eine Entscheidung "aus dem Bauch heraus". Die Nummer hat Power, und sie motiviert mich. Wenn ich sie höre, bekomme ich Lust, Berge zu versetzen. Und dieses Maß an Motivation braucht es, wenn man Basisarbeit in Sachen #BenOp machen will... 



2 Kommentare:

  1. Von wegen "Basisarbeit" und so würde ich - ausnahmsweise einmal gar nicht BenOp-kritisch gesinnt - ja *den* Song hier vorschlagen, den ich selber (übrigens allen Ernstes) dazu hernehmen würde, die Tugenden der Buße sowie die nervige moralische Arbeit der Arbeit-an-sich, Bekehrung-im-kleinen usw. zu illustrieren (das Intro von wegen "ich hab das geträumt und es war der Horror" wäre dabei ignorieren):

    https://www.youtube.com/watch?v=-2BQQkoj3i4

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    1. *zu* ignorieren^^

      Und: wer nicht kopieren und aufrufen will: gemeint ist "Schiebt den Wal zurück ins Meer" von den Toten Hosen.

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