Donnerstag, 4. April 2019

Der Sound der #BenOp, Platz 10-6

Und weiter geht's mit meiner Hitliste von Songs mit #BenOp-Feeling! Platz 20-16 können hier nachgelesen und -gehört werden, Platz 15-11 hier; und nun ohne weitere Vorrede kopfüber hinein in die Top Ten!

Platz 10: Bon Jovi, "Keep the Faith" (1992) 


Okay, das war jetzt vom Titel her fast ein bisschen zu offensichtlich. Der Song ist aber echt nicht übel -- und jedenfalls erheblich besser, als ich damals, als er aktuell war, zugegeben hätte. Unter meinen Freunden und Bandkollegen gehörte es damals nämlich zum guten Ton, Bon Jovi uncool zu finden. Okay, ganz unbegründet war das natürlich nicht. Aber immerhin, die Comeback-Single "Keep the Faith" und das gleichnamige Album waren, nachdem die Band sich vier Jahre zuvor so gut wie aufgelöst hatte, die Rock-Sensation des Jahres und markierte die Abwendung vom Haarspray-Rock hin zu einem erdigeren und reiferen Sound. Der Text ist, wie ich annehmen möchte, bewusst vieldeutig gehalten, enthält aber auch über die Titelzeile hinaus so allerlei, womit der #BenOpper etwas anfangen kann: Tell your children that their time has just begun / I have suffered from my anger, fought wars that can't be won... Father, Father... forgive your wayward son... I've been walking in the footsteps of society's lies / don't like what I see no more... Ich würde mal sagen, was immer man sonst von Bon Jovi halten mag, dieser Song hat sich einen Platz in den Top 10 redlich verdient. 



Platz 9: Marvin Gaye, "What's Going On" (1971) 


Mal abgesehen davon, dass dies einfach ein ganz großer Klassiker ist, ein Wendepunkt in der Karriere von Soul-Legende Marvin Gaye und ein Meilenstein in der Geschichte sozial und politisch engagierter R&B-Musik, verdient "What's Going On" seinen Platz auf dieser Liste schon allein dadurch, dass meine Liebste und ich diesen Song zusammen auf dem Torstraßenfestival 2016 gehört haben. Inwiefern ist das relevant? Insofern, als unser Besuch beim Torstraßenfestival ein Bestandteil ebenjenes "Straßenfest-Crawls" war, bei dem wir den Entschluss fassten, das Projekt einer christlichen Graswurzelrevolution in Angriff zu nehmen. Talk to me so you can see what's going on, Alter.



Platz 8: Buffalo Springfield, "For What It's Worth" (1966) 


Ein Klassiker des Genres "Protestsong", wenngleich die wahre Geschichte seiner Entstehung etwas hinter den Erwartungen zurückbleibt: Stephen Stills wurde zu diesem Song nicht durch den Vietnamkrieg, nicht durch Proteste gegen die Rassentrennung in den Südstaaten oder sonstige Ereignisse vergleichbarer Größenordnung inspiriert, sondern durch die "Sunset Strip Curfew Riots" -- Proteste gegen die Einführung einer Sperrstunde für die Lokale am Sunset Strip in Hollywood, durchaus vergleichbar mit den "Schwabinger Krawallen" in München einige Jahre zuvor. Immerhin, von den letzteren heißt es, sie hätten entscheidend zur Radikalisierung eines gewissen Andreas Baader beigetragen. -- Aber das mal nur am Rande. Tatsächlich ist es eine unbestreitbare Stärke des Songs, dass der Text nicht so richtig verrät, worum es eigentlich geht. Die ersten Verse ("There's something happening here / What it is ain't exactly clear...") sind da durchaus symptomatisch. Wenn die Vietnamkriegs-Generation meinte, in dem Song gehe es um den Vietnamkrieg, dann kann ich auch meinen, es gehe darin um die #BenOp. -- Atmosphärisch ist der Song jedenfalls kaum zu toppen. Ich habe mich hier für das Original entschieden, obwohl es auch sehr gute Coverversionen gibt, wie z.B. von Sergio Mendes & Brasil ‘66 oder Del McCoury & Friends



Platz 7: Tracy Chapman, "Talkin' ‘Bout a Revolution" (1988) 


In seiner Titanic-Kolumne vom Dezember 1989 wunderte sich der große Max Goldt darüber, dass "heute gar die Kunst des sozialistischen Liederschmiedens in Gestalt von Tracy Chapman aus den USA importiert" werde, und warf die Frage auf, ob die Sängerin wohl wisse, dass "ihre Lieder hier die Funktion von 'Kuschel-Rock' übernehmen": "Und wie würden wohl Amerikaner reagieren, wenn ihre Radiostationen Tag und Nacht Franz Josef Degenhardt spielen würden?" In der Tat stellte sich die Singer-Songwriterin unter der Revolution, von der sie sang, offenkundig eine dezidiert sozialistische vor, und dass sie eine solche gegen Ende der Reagan-Ära und mithin gegen Ende des Kalten Krieges in der Luft liegend zu wähnen schien, mag man aus heutiger Sicht als skurrile historische Fehleinschätzung betrachten. Das Lied ist trotzdem unkaputtbar. Im Jahr 2011 fungierte es gewissermaßen als inoffizielle Hymne des "Arabischen Frühlings" in Tunesien, 2016 setzte US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders es in seinem Wahlkampf ein. Wenn der Song also derart vielseitig einsetzbar ist, warum dann nicht auch als #BenOp-Hymne? -- Zugegeben: Dass "die armen Leute aufbegehren und sich nehmen, was ihnen zusteht", ist nun nicht direkt das primäre Ziel der Benedikt-Option, und zwar auch dann nicht, wenn man etwa versuchen wollte, den Sinn dieser Textstelle vom Materiellen ins Spirituelle zu wenden. Was mir hingegen sehr gut gefällt und sehr passend erscheint, ist das "It sounds like a whisper": Die Vorboten der Revolution sind leise, unscheinbar, leicht zu übersehen bzw. zu überhören.  Das ist geradezu ein Kerngedanke des Prinzips "Graswurzelbewegung": eine Bewegung, die heimlich, still und leise wächst, von ihren Gegnern unbemerkt, ignoriert oder zumindest nicht ernst genommen, und auf diese Weise unmerklich, aber nachhaltig das Antlitz der Erde verwandelt.



Platz 6: R.E.M., "It's the End of the World As We Know It" (1987) 


Da wären wir thematisch wieder bei der Apokalypse: "It starts with an earthquake, birds und snakes and aeroplanes" -- nur der geradezu ausgelassen heitere Tonfall irritiert zunächst ein wenig. Aber, hey: Warum nicht mal ein fröhliches, optimistisches Lied über den Weltuntergang? -- Wobei es sich, wie der Titel verrät, ja gar nicht eigentlich um das Ende der Welt handelt, sondern um das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Und dass das die Situation, in der wir uns derzeit befinden, ausgesprochen treffend beschreibt, dürfte ja wohl kaum einer besonderen Erläuterung bedürfen. Nicht umsonst wurde der Song nach dem 11. September 2001 von zahlreichen US-Radiosendern aus dem Programm genommen: Er passte einfach zu gut. 

Darüber hinaus ist der Songtext nicht weiter von Belang; über weite Strecken handelt es sich bloß um assoziative Aneinanderreihungen von Namen und Begriffen nach dem Vorbild von Bob Dylans "Subterranean Homesick Blues". Da sollte man den Wortlaut nicht auf die Goldwaage legen. Hingegen empfehle ich, in einer stillen Stunde mal über die Metaphorik des Videos zu meditieren. Es ist großartig. Obwohl ich zugeben muss, dass ich eigentlich erwartet hätte, der Junge würde das Haus mit dem ganzen Krempel darin am Ende kurzerhand anzünden


So, das war's schon wieder für heute! Die Top Five gibt's dann nächste Woche... Stay tuned!  



1 Kommentar:

  1. Der sich hinter dem Ohr kratzende Hund am Ende des Clips R.E.M. ist die Erdbeere auf dem Törtchen.

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