Freitag, 29. April 2016

Vom Moor an die Elbe

Heinrich Timmerevers, seit 2001 Weihbischof und Bischöflich Münsterscher Offizial in Vechta, wird Bischof von Dresden-Meißen. Das wurde heute um 12 Uhr zeitgleich im Vatikan und in Dresden bekanntgegeben, nachdem der MDR die Personalie bereits gestern „geleakt“ hatte. Aber immerhin waren die „gut informierten Kreise“ der offiziellen Ernennung diesmal nur einen Tag voraus.

Dresden-Meißen ist nach Passau, Erfurt und den Erzdiözesen Freiburg, Köln, Hamburg und Berlin die siebte deutsche Diözese, die seit Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus neu besetzt wird. Unter den von Papst Franziskus ernannten Diözesan- und Metropolitanbischöfen ist Timmerevers mit 63 Jahren der älteste; gleichzeitig ist er seit 1954, als Johannes Pohlschneider Bischof von Aachen wurde, der erste Offizial von Vechta, der zum Diözesanbischof „befördert“ wird. Es spricht wohl Einiges dafür, dass er bis zu seiner Emeritierung – die unter normalen Bedingungen frühestens im Sommer 2027 anstehen wird – in Dresden-Meißen bleiben wird. Für die Katholiken Sachsens ist das sicher eine gute Nachricht, nachdem ihr voriger Oberhirte Heiner Koch, jetzt Erzbischof von Berlin, nur rund zweieinhalb Jahre im Amt war. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige kritisierte seinerzeit, es entstehe „der Eindruck, ostdeutsche Bistümer seien inzwischen so etwas wie ein 'Verschiebebahnhof' oder wie 'Praktikumsstellen' zur Qualifizierung für 'höhere Ämter'“. Das steht im aktuellen Fall wohl eher nicht zu befürchten.

Die Ernennung Timmerevers' zum 40. Nachfolger des Hl. Benno erfolgt knapp vier Wochen vor der Eröffnung des 100. Deutschen Katholikentages in Leipzig. Ganz so schnell wird sich die Amtseinführung gewiss nicht bewerkstelligen lassen, aber sicherlich bietet der Katholikentag eine gute Gelegenheit für den designierten Bischof, sich seiner künftigen Diözese schon einmal vorzustellen.

Interessant ist auch, dass Bischof Timmerevers aus einer zutiefst katholisch geprägten Gegend in die äußerste Diaspora kommt: Nur 3,3% der Bevölkerung des Territoriums der Diözese Dresden-Meißen sind katholisch, die große Mehrheit ist konfessionslos. Ganz neu ist die Diasporasituation für Heinrich Timmerevers aber auch wieder nicht; immerhin gehören zu seinem bisherigen Zuständigkeitsbereich auch die Dekanate Delmenhorst und Wilhelmshaven, in denen die Katholiken ebenfalls eine recht kleine Bevölkerungsminderheit darstellen.


Nun ist dem Menschen ja, wie man in meiner Heimat zu sagen pflegt, „das Hemd näher als die Büx“, und daher muss ich – so sehr ich den sächsischen Katholiken ihren neuen Oberhirten gönne – anmerken, dass mich an der Personalie Timmerevers vor allem interessiert, wer sein Nachfolger in Vechta wird. Gerade auch in Hinblick auf die weitere Entwicklung in der „Problempfarrei“ St. Willehad in Nordenham. Im Zuge meiner Berichterstattung aus dieser Gemeinde hatte ich zu Weihbischof Timmerevers zwar nie persönlichen Kontakt, habe aber von allen Seiten praktisch nur Gutes über ihn gehört (was in einer so konfliktreichen Situation ja schon mal sehr bemerkenswert ist), und auch sein Offener Brief an die Nordenhamer Gemeinde, der die letzten Zweifel hinsichtlich der Abberufung von Pfarrer Jortzick aus St. Willehad ausräumte, hat, wie berichtet, einen ausgesprochen positiven Eindruck auf mich gemacht – unabhängig davon, dass ich es schade fand und finde, dass Pfarrer Jortzick nicht in Nordenham bleiben konnte. Da man wohl kaum damit rechnen kann, dass sich mit der in drei Wochen anstehenden Amtseinführung des neuen Pfarrers von St. Willehad sämtliche Konflikte in der Pfarrei in Luft auflösen, wird die Situation in Nordenham sicher auch Timmerevers' Nachfolger noch beschäftigen. Darüber, wer der neue Bischöflich Münstersche Offizial in Vechta wird, lässt sich schwer spekulieren: Man könnte annehmen, es würde jemand aus dem „Apparat“ des Offizialats – etwa der bisherige Ständige Vertreter des Bischöflichen Offizials, Monsignore Peter Kossen, oder vielleicht Offizialatsrat Monsignore Bernd Winter, mit dem ich ja schon persönlich das Vergnügen hatte. Aber davon ist nicht zwingend auszugehen: Heinrich Timmerevers selbst war vor seiner Berufung in dieses Amt einfacher Gemeindepfarrer in Visbek, sein Vorgänger Max Georg Freiherr von Twickel war Dechant in Lüdinghausen. Es ist wohl nicht unwahrscheinlich, dass das Amt – das seit 1973 auch mit der Bischofsweihe verbunden ist – erneut an jemanden vergeben wird, der direkt aus der Seelsorge kommt. Wünschenswert wäre es, dass es jemand wird, der die Region gut kennt. Um konkrete Kandidaten zu benennen, fehlt mir ehrlich gesagt der Überblick; lassen wir uns also überraschen… 



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