[Dieser kleine Impuls kam mir vorigen Sonntag auf dem Weg zur Kirche in den Sinn, und als ich aus der Kirche zurückkam, veröffentlichte ich ihn umgehend bei Patreon. Nun möchte ich ihn aber gern auch noch hier präsentieren, zumal ich finde, er passt auch zu Christkönig.]
*
Neulich sah ich auf Facebook einen Cartoon mit dem Titel "Ways the World Might End". Neben mehr oder weniger "üblichen" Weltuntergangsszenarien wie "Wir jagen uns selbst in die Luft", "Zombie-Apokalypse" oder "Roboter übernehmen die Macht" fand sich da auch die Option "The child who's dreamt us into reality wakes up". – Es kam mir so vor, als hätte ich von der Vorstellung, die ganze Welt sei nur der Traum eines Kindes und werde enden, wenn das Kind erwacht, schon mal irgendwo gehört oder gelesen, und ich dachte mir: Schon interessant, dass Leute sich von solchen und ähnlichen Gedankenspielen angesprochen fühlen und davon fasziniert sind, gleichzeitig aber den Glauben an Gott für primitiven, "vorwissenschaftlichen" Aberglauben halten. – Aber dann fiel mir plötzlich auf, dass das schlafende Kind, das die Welt träumt, eigentlich ein bemerkenswertes Bild für Gott ist. Wohlgemerkt nicht für Gott, wie Ihn das Christentum lehrt; auch nicht, wie irgendeine andere mir bekannte Religion Ihn lehrt. Es ist, wenn man so will, eine nicht-religiöse Vorstellung von Gott.
Man kann wohl behaupten, dass das eine Minimaldefinition für "Gott" ist – also dafür, was ein Mensch, der selbst nicht religiös ist, sich unter dem Begriff "Gott" vorstellt: ein allmächtiges, jenseits von Raum, Zeit und Materie existierendes Wesen, das die Welt erschaffen hat und am Leben erhält, sie aber auch vernichten könnte. Unser Katechismus lehrt, dass Gott die Welt aus dem Nichts erschaffen habe, ohne Notwendigkeit, einfach aus Seinem freien Willen heraus. Wenn man darüber hinaus nichts über Gott weiß – ja, wenn man der Auffassung ist, man könne gar nichts über Ihn wissen, da Er außerhalb der Grenzen unser Realität existiere –, dann ist das eine durchaus erschreckende Vorstellung: ganz und gar der Willkür eines Wesens ausgeliefert zu sein, das man nicht kennt. Was, wenn dieses Wesen böse ist? Was, wenn Gut und Böse ihm schlichtweg gleichgültig sind? Was, wenn es ihm Spaß macht, uns in die Irre laufen zu lassen?
Es ist daher nur folgerichtig, dass der Mensch, sobald er die Existenz eines Gottes als real annimmt, bestrebt ist, diesen Gott kennenzulernen, Kontakt zu Ihm aufzunehmen, eine Bindung zu Ihm herzustellen. Das ist es, was Religion im weitesten Sinne bedeutet. Deshalb bittet der Apostel Philippus im Johannesevangelium Jesus "Herr, zeig uns den Vater" (Joh 14,8), und deshalb ist es so sensationell, so großartig, dass Jesus sagt "Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen" (Joh 14,9) und "Ich und der Vater sind eins" (Joh 10,30).
Letztlich hängt alles davon ab, ob wir Jesus vertrauen, dass Er uns die Wahrheit über Gott sagt – und nicht nur sagt, sondern zeigt, vorlebt, erfahrbar macht. Wenn wir dieses Vertrauen nicht haben, dann ist es nur zu verständlich, wenn uns die Vorstellung lieber ist, es gäbe keinen Gott.
Eat this:
AntwortenLöschen„Gott und Welt stehen sich hier gleichsam unvermittelt gegenüber“ und man denkt dann „an ein gleichsam mirakulöses schöpferisches und intervenierendes Handeln Gottes“ „Hier schimmern anthromorphe Restbestände durch,die Projektion eines göttlichen Gegenübers, eines zu einem göttlichen Individuum hypostatisierten freien Ich- eine Konzeption, die mit der Kopernikanischen Wende und deren Erkenntnis der Unendlichkeit des Universums kaum noch zu vermitteln ist.“
In Freiheit glauben (S.82, Fußnote 164)
Prof. Dr. Saskia Wendel
Inhaberin des Lehrstuhls für Fundamentaltheologie, Tübingen
Da kommt mir doch glatt der Begriff Schwurbler(in) ins Gedächtnis.
Stimmt. Bin vollkommen Ihrer Meinung.
Löschen