Donnerstag, 23. Mai 2019

"Jedes verkaufte Buch ist ein potentieller Kleingarten"

Ich hatte schon davon berichtet: Am vergangenen Wochenende war in Krefeld die "8. Nacht der offenen Kirchen", und die dortige russisch-orthodoxe Gemeinde hatte mich eingeladen, zu diesem Anlass in ihren Räumen einen Vortrag über die "Benedikt-Option" zu halten. Dieser Vortrag, mitsamt den Highlights der anschließenden Publikumsdiskussion, ist inzwischen bei YouTube online: 


Vorausgegangen war meinem Auftritt ein kurzer Vortrag des Priesters der Gemeinde, Vater Alexej Veselov, über die Russisch-Orthodoxe Kirche im Allgemeinen und die örtliche Gemeinde im Besonderen. Dieser Teil des Abendprogramms richtete sich naturgemäß hauptsächlich an ein Publikum, das ein - wenn man das so sagen kann - distanziertes, gewissermaßen "touristisches" Interesse an der Gemeinde hatte; stark vertreten unter den Besuchern waren allem Anschein nach "engagierte Laien" aus anderen, liberaleren christlichen Konfessionen. Kurz gesagt derselbe Typus, der beispielsweise auch das Erscheinungsbild der "Maria 2.0"-Proteste dominierte: Frauen mit kurzen silbergrauen Haaren, scharfem, etwas vogelartigem Profil, Brille und Batik-Halstuch, teilweise begleitet von optisch zu ihnen passenden, unauffällig und schweigsam agierenden Männern. Und natürlich stellten sie dem Priester auch die typischen Fragen: wie es denn in seiner Kirche mit Ämtern für Frauen aussehe, mit dem Zölibat, und ob es bei den Orthodoxen auch, wie in der katholischen und der evangelischen Kirche, Nachwuchsmangel beim geistlichen Personal gebe. Ich nahm mit einem gewissen Maß an stiller Erheiterung zur Kenntnis, dass diese Klientel schon während des ersten Drittels meines Vortrags freiwillig den Rückzug antrat. Zurück blieben rund 20 überwiegend wohlwollende Zuhörer, von denen, wie Vater Alexej mir mitteilte, ein großer Teil zur örtlichen russisch-orthodoxen Gemeinde gehörte. 

In der Diskussion, die sich an meinen Vortrag anschloss, wurde unter anderem der Umstand angesprochen, dass die "Benedikt-Option" in Deutschland, ganz anders als in anderen Ländern, von den Mainstream-Medien kaum wahrgenommen und auch (und gerade) von kirchlichen oder kirchennahen Medien nahezu totgeschwiegen wird. Dazu, warum das so ist, kann man natürlich eine Menge sagen, und wie man dem Video entnehmen kann, habe ich auch eine ganze Menge dazu gesagt; umso bemerkenswerter erscheint es mir allerdings, dass das Buch ja offenbar trotzdem sein Publikum findet. Dass sich dies weitgehend unterhalb des Radars der großen Öffentlichkeit abspielt, scheint mir durchaus gut zum Prinzip "Graswurzelrevolution" zu passen; im Gegensatz zu gewissen anderen Initiativen im kirchlichen Raum, die sich gern als Graswurzelbewegung in Szene setzen, tatsächlich aber von gewieften Strippenziehern innerhalb des institutionellen Apparats lanciert werden. Wie zum Beispiel eben der "Maria 2.0"-"Kirchenstreik", der ja im Großen und Ganzen ein Medienphänomen war und, soweit ich es aus erster und zweiter Hand mitbekommen bzw. gerade nicht mitbekommen habe, im "Real Life" an der kirchlichen Basis praktisch überhaupt nicht stattgefunden hat. Wenn man sieht, wie die Aktion "Maria 2.0" im Vorfeld auf allen möglichen kirchenamtlichen Medienportalen, bis hin zur Webpräsenz der Deutschen Bischofskonferenz, promotet wurde, wie sich dann aber ein Bischof nach dem anderen, wenn auch zögerlich und zum Teil halbherzig, von dem Kirchenstreik distanzierte, kann man darin eigentlich kaum etwas anderes sehen als einen cleveren Schachzug von Vertretern des kirchlichen Establishments, ein recht überschaubares Häuflein frustrierter, größtenteils schon ziemlich in die Jahre gekommener Ehrenamtsträgerinnen künstlich zu einer großen Protestbewegung aufzubauschen, um dann die eigenen "Reform"-Vorhaben als vermeintlich gemäßigte Alternative verkaufen zu können. 

Aber das mal nur am Rande. Ich erwähne das unter anderem auch deshalb, weil mein Trip in die russisch-orthodoxe Diaspora mir ein bisschen vorkam wie Urlaub von dem ganzen "Maria 2.0"-Gedöns. Die in der katholischen Kirche derzeit etwas überbordende Klerikalismusdebatte sieht man übrigens auch in einem ganz anderen Licht, wenn man erlebt, wie russischstämmige Senioren einem Priester, der dem Alter nach ihr Sohn sein könnte, im Vorbeigehen die Hand küssen. 





Wie dem auch sei: Zurück zur #BenOp und der Frage nach der Resonanz, die sie im deutschsprachigen Raum findet. Mir liegen zwar keine präzisen aktuellen Verkaufszahlen vor, aber die Gesamtzahl der bislang verkauften Exemplare der deutschsprachigen Ausgabe dürfte auf jeden Fall im mittleren vierstelligen Bereich liegen, und das ist ja schon mal nicht schlecht. Was aber noch wichtiger ist als die reinen Verkaufszahlen, ist, wie Vater Alexej es formulierte: 

"Jedes verkaufte Buch ist ein potentieller Kleingarten." 

Mein Lieblingssatz des Abends. Der Mann hat's einfach kapiert

Aus dem Publikum wurde mir übrigens - wie auch im Video zu hören ist - zugetragen, dass in der Bibliothek einer ungenannten theologischen Hochschule die #BenOp das am meisten ausgeliehene bzw. zur Ausleihe vorgemerkte Buch ist, abgesehen von solchen, die zur Pflichtlektüre für bestimmte Lehrveranstaltungen gehören.

Zum Abschluss der "Nacht der offenen Kirchen" wurde ein Vespergottesdienst gefeiert, und anschließend ging ich noch mit Vater Alexej einen Happen Essen und Bier trinken; dabei unterhielten wir ganz hervorragend. Am folgenden Vormittag und Mittag, während ich mich erst noch ein wenig in Krefeld umsah und mich dann mit einem alten Freund traf, fand daheim in Berlin die erste von meiner Liebsten organisierte und geleitete "Krabbelbrunch"-Veranstaltung in unserer Pfarrei statt. 

Geheimwaffe Straßenmalkreide 
Schade, dass ich nicht dabei sein konnte, aber der nächste Krabbelbrunch kommt bestimmt (nämlich am 15. Juni), und wie meine Liebste mir berichtete, war die Premiere ein voller Erfolg. Bei der Teilnehmerzahl ist zwar durchaus noch Luft nach oben, aber hey, der Anfang ist gemacht, allen, die da waren, hat es ausgesprochen gut gefallen, und das spricht sich ja auch rum. Ich bin jedenfalls optimistisch für die Zukunft dieses Projekts. 

Aus Datenschutzgründen sind auf diesen Bildern keine Kinder zu sehen, ich kann aber versichern, dass welche da waren. 



Die zentralen Elemente des Veranstaltungsformats "Krabbelbrunch" - die Spielecke für Kinder im Alter von ca. sechs Monaten bis drei Jahren und das leckere Büffet - gibt es überdies auch beim "Büchertreff", und der findet schon am kommenden Sonntag wieder statt, im Anschluss an die 09:30-Uhr-Messe in Herz Jesu Tegel. Und auch da werde ich einen kleinen Impulsvortrag zur #BenOp halten, womit sich thematisch also der Kreis schließt. Herzliche Einladung also an alle Leser, die sich in erreichbarer Nähe aufhalten!




2 Kommentare:

  1. Es hat schon was die Idee, in den Schrebergärten als Christen zu überleben, alleine es gibt zuwenig davon und wo man hinguckt werden sie zu Bauland :-(. Aber ja es ist ein gangbarer Weg.

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  2. Es war ein sehr schöner Abend in Krefeld. Wenn ich mir das dortige Pastoralteam anschaue und mit dem durchschnittlichen katholischen Bodenpersonal vergleiche könnte ich heulen.

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