2. "Spahn kritisiert Franziskus' Haltung zu Homosexualität"
3. "Sternberg: Minderheit der Bischöfe blockiert Mehrheit"
Was sollen wir nun hierzu sagen (Römer 6,1)? Offenbar sind mal wieder "Los Wochos" -- that most wonderful time of the year, wenn Hinz und Kunz sich berufen fühlen, der Kirche zu erklären, was sich in ihr so alles ändern müsse. Anstatt dass sie sich, was ja wohl die sinnvollere und angemessenere Aufgabenverteilung wäre, von der Kirche sagen ließen, was sich in ihrem Leben ändern müsste. Man muss freilich gestehen, dass die Kirche, gerade hierzulande, oft eher vor dieser Aufgabe zurückscheut; was möglicherweise bereits der Kern des ganzen Problems ist, aber dazu gleich. Erst einmal könnte man an dieser Stelle einwenden, die... äh... "Relevanz" der oben verlinkten Wortspenden liege doch gerade darin, dass Kramp-Karrenbauer, Spahn und Sternberg gerade nicht "Hinz und Kunz" seien: Die eine ist CDU-Generalsekretärin, der andere ist Bundesgesundheitsminister und der dritte -- okay, der dritte ist nur Präsident des "Zentralkomitees der deutschen Katholiken", was aber immerhin noch besser ist, als bei Möbelhauseröffnungen als Frank-Walter-Steinmeier-Imitator aufzutreten. Im Ernst: Zweifellos sichert die relative Prominenz der genannten Personen ihren Äußerungen erheblich größere mediale Aufmerksamkeit - auch innerkirchlich -, als wenn dein Nachbar an der Wursttheke bei Edeka dasselbe sagen würde. Und genau das führt dazu, dass dein Nachbar an der Wursttheke bei Edeka, der dasselbe sagen würde, wenn ihn denn jemand fragte, sich in seiner Auffassung bestärkt fühlt. Zu Unrecht, denn nur weil er diese Leute aus dem Fernsehen kennt, heißt das nicht, dass sie in der Sache irgendwie kompetenter wären als er.
Tatsächlich zeichnen sich die Äußerungen von Kramp-Karrenbauer, Spahn und Sternberg nämlich gerade durch ihren ausgeprägten Mangel an sachlicher Kompetenz aus. Die CDU-Generalsekretärin hat das Sakrament der Priesterweihe nicht verstanden, der Bundesgesundheitsminister hat nicht verstanden, was "Sünde" bedeutet, und Sterni hat wie üblich überhaupt nichts verstanden (und sollte sich vielleicht mal Gedanken darüber machen, ob das mit den Möbelhauseröffnungen nicht doch eine nette Karrierealternative wäre). Das gravierendste, weil grundlegendste Missverständnis dürfte allerdings wohl doch darin bestehen, dass alle drei - UND dein Nachbar an der Wursttheke bei Edeka - nicht einsehen, dass es nicht Aufgabe der Kirche ist, sich in Lehre und Praxis ihren Vorstellungen und Wünschen anzubequemen.
Nun ist es allerdings - ich deutete es ja schon an - gerade hierzulande ein Problem, dass der institutionelle Apparat der Kirche nicht selten zu dem Missverständnis beiträgt, es sei eben doch so. Und das übrigens auf allen Ebenen, von der Bischofskonferenz über die Social-Media-Präsenzen einzelner Bistümer bis hin zum Liturgieausschuss deiner örtlichen Pfarrei. Zum Teil haben wir es in diesen Strukturen zweifellos mit Leuten zu tun, die es infolge jahrzehntelang vernachlässigter Katechese selbst nicht besser wissen und den Glauben der Kirche mit einer postchristlichen Wellnessreligion verwechseln, für die der Soziologe Christian Smith die Bezeichnung "Moralistisch-Therapeutischer Deismus" (MTD) geprägt hat. Und die, die es theoretisch sehr wohl besser wüssten, trauen sich allzu häufig nicht, den Glauben der Kirche auch da entschieden zu bekennen, wo er allzu deutliches Konfliktpotential gegenüber postmodernen Befindlichkeiten aufweist. Man will halt niemandem auf die Füße treten. Tja, sorry, Kirche: Den Leuten, wenn's nötig ist, auch mal auf die Füße zu treten, gehört nun mal zu deinem Auftrag. Leb damit. Eine Kirche, die den Leuten exakt das predigt, was sie sowieso schon für richtig halten, und sie ansonsten in Ruhe lässt, braucht letzten Endes nämlich kein Mensch. Auch diejenigen nicht, die eine solche Kirche lautstark fordern.
Jetzt werden hier andere Saiten aufgezogen! |
Nebenbei bemerkt: Ein Schelm, wer angesichts der oben aufgezeigten Häufung von aus Promi-Mund an die Kirche gerichteten Reformwünschen oder -forderungen einen Zusammenhang mit der Tatsache wittert, dass gerade Katholikentag ist. Für mich persönlich übrigens das erste Mal seit 2014, dass ich bei einem Kirchen- oder Katholikentag nicht am Start bin. Leute, ich hab Familie. Da muss man klare Prioritäten setzen, und die lauten in diesem Fall: Zu Veranstaltungen dieser Art gehe ich nur noch, wenn man mich dafür bezahlt.
Böse Zungen mögen mir übrigens nachsagen, besser als beim diesjährigen Katholikentag mit dem Motto "Suche Frieden" wäre ich beim parallel stattfindenden "Ketzertag" mit dem Motto "Suche Streit" aufgehoben; und es ist durchaus nicht ausgeschlossen, dass ich da tendenziell mehr Spaß hätte. Ich muss ja schon grinsen bei der bloßen Idee, als Gegen(!)veranstaltung zum Katholikentag einen "Ketzertag" auszurufen. Hätte man nicht gleich beides zusammenlegen können? Nun, letztlich zeigt das nur, wie wenig Ahnung die "Ketzertag"-Veranstalter - der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten und die Giordano-Bruno-Stiftung - von ihren vermeintlichen Gegnern haben.
Geharnischte Kritik am Veranstaltungskonzept "Katholikentag" kommt heuer von Erik Flügge. Und was immer man sonst von dem jungen Mann halten mag: Manchmal hat er schlicht und einfach Recht. Eine "brutale Geldverschwendung" sei der Katholikentag, sagte er der Augsburger Allgemeinen Zeitung. "Und noch schlimmer: In Münster werden auch Tausende Kirchenmitarbeiter herumlaufen – in ihrer Arbeitszeit. Diese Personalkosten wären besser in der Seelsorge investiert, nicht in dieser Selbstbespaßung." Obendrein sende die Veranstaltung das Signal, dass in der Kirche "alles gleich bleibt. Oder dass man noch mehr um sich selbst kreist".
Nun geht es mir bei Flügge durchaus öfter so, dass ich seine Kritik am Ist-Zustand der Institution Kirche in Deutschland zumindest in Teilen treffsicher und angebracht finde, mich aber gerade da, wo er durchblicken lässt, wie er sich eine Veränderung zum Besseren vorstellt, mit Grausen abwende. Folgerichtig hielt sich meine Begeisterung darüber, dass er unlängst ein neues Buch ankündigte, in dem er seinen "eigenen Entwurf für eine lebendige Kirche" vorstellen wolle, doch sehr in Grenzen. Das Buch - oder sagen wir "Büchlein"; mit 80 Seiten eher ein längerer Essay - , das Flügge gemeinsam mit David Holte, einem Mitarbeiter seiner Agentur "Squirrel & Nuts", verfasst hat, trägt den Titel "Eine Kirche für viele statt heiligem Rest", und diese Überschrift allein lässt ja bereits erwarten, dass es sich um einen diametralen Gegenentwurf zur Benedikt-Option handelt. Was ja auch kaum anders zu erwarten war, schließlich ist Flügge Consultant von Beruf und betrachtet daher auch die Kirche in erster Linie unter Marketing-Gesichtspunkten. Der Werbetext des Verlags unterstreicht diesen Eindruck:
Nun geht es mir bei Flügge durchaus öfter so, dass ich seine Kritik am Ist-Zustand der Institution Kirche in Deutschland zumindest in Teilen treffsicher und angebracht finde, mich aber gerade da, wo er durchblicken lässt, wie er sich eine Veränderung zum Besseren vorstellt, mit Grausen abwende. Folgerichtig hielt sich meine Begeisterung darüber, dass er unlängst ein neues Buch ankündigte, in dem er seinen "eigenen Entwurf für eine lebendige Kirche" vorstellen wolle, doch sehr in Grenzen. Das Buch - oder sagen wir "Büchlein"; mit 80 Seiten eher ein längerer Essay - , das Flügge gemeinsam mit David Holte, einem Mitarbeiter seiner Agentur "Squirrel & Nuts", verfasst hat, trägt den Titel "Eine Kirche für viele statt heiligem Rest", und diese Überschrift allein lässt ja bereits erwarten, dass es sich um einen diametralen Gegenentwurf zur Benedikt-Option handelt. Was ja auch kaum anders zu erwarten war, schließlich ist Flügge Consultant von Beruf und betrachtet daher auch die Kirche in erster Linie unter Marketing-Gesichtspunkten. Der Werbetext des Verlags unterstreicht diesen Eindruck:
"Wer zahlt, schafft an. Heißt es. Nur in der Kirche nicht. Da bezahlen 90 Prozent das, was 10 Prozent wollen und nutzen – ein Fakt, der Kirche ad absurdum führt. Von dieser Diagnose ausgehend zieht Bestsellerautor Erik Flügge zusammen mit David Holte, der selbst aus der Kirche ausgetreten ist, messerscharf Konsequenzen. Er zeigt, weshalb Kirche so zum Scheitern verurteilt ist, was sie ändern muss und wie sie das tun kann."
Na denn man tau. Wenn ich mir derweil beispielsweise auf Amazon das Ranking der "Neuerscheinungen Christentum & Theologie" ansehe, dann scheint sich da tatsächlich schon jetzt abzuzeichnen, dass Flügges schmales Bändchen sich anschickt, quasi der "Endgegner" der Benedikt-Option zu werden. Ansonsten besteht die Konkurrenz in den höheren Rängen nämlich überwiegend aus Geschenkbüchern zu Erstkommunion oder Konfirmation, Schundroman-eBooks aus dem Grenzbereich der Genres Mystery/Fantasy/Thriller/Historienschinken/Softporno sowie Titeln wie "Clean Eating - über 100 Superfoods für die gesunde Ernährung (gesund abnehmen mit Hirse, Quinoa, Kokosöl, Matcha, Avocado,Zuckersucht, Gesundheit, Fett verbrennen, schlank, Paleo abnehmen, fit werden)". Kein Scherz. Bei der letztgenannten Kategorie von Büchern könnte man den Umstand, dass sie in der Rubrik "Christentum & Theologie" auftauchen, ja noch verständlich finden - nach dem Motto: Wusst' ich's doch, dass politisch korrekte und angeblich gesunde Ernährung die neue Religion ist. Aber spätestens angesichts von Titeln wie "Gestaltwandler - Deine Seele gehört mir!" (Auszug aus der Inhaltsangabe: "Seitdem Amy in Peter die Liebe ihres Lebens gefunden hat, ist ihre gesamte Welt auf den Kopf gestellt worden. Eines Tages musste er ihr sein beinahe unglaubliches Geheimnis enthüllen, kein echter Mensch, sondern ein Gestaltwandler-Bär zu sein. Trotzdem haben sich ihre Gefühle für ihn nicht verändert. Weil sie es nicht mehr ertragen könnte, ihn zu verlieren, hat sie sich bereit erklärt, ihm zu den tief im Wald verborgenen Höhlen seines Rudels zu folgen") ahnt man, dass die wahren Hintergründe andere sein müssen. Offenbar handelt es sich um einen SEO-Trick, mit dem die Anbieter der betreffenden Titel ihren Produkten ein besseres Bestseller-Ranking erschummeln wollen. Na fein. Man wird ja sehen, wer auf längere Sicht die Nase vorn haben wird: Flügge, der Hl. Benedikt oder womöglich doch der Gestaltwandler-Bär...
Ach ja, auch noch im Rennen: eine Biographie über Margot Käßmann, die "Bischöfin der Herzen" (kein Scheiß). Auch hier verrät bereits der Buchtitel alles, was man über das Werk wissen muss: "Folge dem, was dein Herz dir rät". Margot Käßmann, eine Ikone der postchristlichen Wellnessreligion. Don't even let me get started.
Für den Moment habe ich jedenfalls den Eindruck, dass Die Benedikt-Option sich auf dem Buchmarkt recht wacker schlägt -- insbesondere wenn man bedenkt, dass in der deutschsprachigen Medienlandschaft noch kaum über diese Neuerscheinung berichtet worden ist und, soweit ich sehe, auch noch keine Rezensionen vorliegen. Insgesamt hoffe ich aber natürlich darauf, dass das Buch nicht nur gekauft, sondern auch fleißig gelesen wird und dann auch eine öffentliche Debatte anstößt. Ich behalte das im Auge und werde berichten!
Warum glaubt Spahn, man kann einen Sünder nicht für ihm zugefügtes Unrecht um Verzeihung bitten? Das ist doch ganz logisch, und zwar auch dann, wenn es bei dem zugefügten Unrecht um eine falsche, übertriebene Reaktion auf seine Sünde geht.
AntwortenLöschenUnd das Kässmann-Buch - nuja: "Arglistig ohnegleichen ist das Herz und unverbesserlich. Wer kann es ergründen?" (Jer. 17,9)
Mein Exemplar der Benedikt-Option ist heute angekommen - ich bin mal gespannt :)
AntwortenLöschen"Und die, die es theoretisch sehr wohl besser wüssten, trauen sich allzu häufig nicht, den Glauben der Kirche auch da entschieden zu bekennen, wo er allzu deutliches Konfliktpotential gegenüber postmodernen Befindlichkeiten aufweist. Man will halt niemandem auf die Füße treten. Tja, sorry, Kirche: Den Leuten, wenn's nötig ist, auch mal auf die Füße zu treten, gehört nun mal zu deinem Auftrag." Hier finde ich allerdings, dass man je nach Situation unterscheiden muss. Wenn jemand z. B. bei der Pfarrgemeinderatssitzung oder dem Liturgieausschuss nur zurückhaltende Kritik oder maßvolle Verbesserungsvorschläge anbringt, liegt das vielleicht einfach daran, dass das größere Erfolgsaussichten hat, als den Modernisten im Gremium zu arg auf die Füße zu treten.
Etwas offtopic, aber: Wenn man sich die Gestaltwandlerbär-Inhaltsangabe so weiter durchliest, sieht man mal wieder, wie hier Frauen beigebracht wird, dass Kontrollwahn und Unterdrückung ja eigentlich irgendwie romantisch sind, und man jemanden, der einen schlecht behandelt, ganz einfach ändern kann, indem man lieb und gehorsam ist - nach 50 Shades und ähnlichem Schund nichts Neues, aber trotzdem immer wieder schlimm...
- Crescentia.
"Fürchte dich nicht, du kleine "Minderheit"; denn eurem Vater hat es gefallen, euch das Reich zu geben."
AntwortenLöschenofftopic
AntwortenLöschen"Zu Veranstaltungen dieser Art gehe ich nur noch, wenn man mich dafür bezahlt. "
Ich halte es immer so, daß ich Weihnachtsmärkte erst ab 50€ die Stunde betrete.