April, April: NEIN, in diesem Artikel soll es NICHT um die St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin gehen. Zwar wären die kontroversen Reaktionen auf den Beschluss des Erzbistums, die Kathedrale nicht nur zu sanieren, sondern umfassend umzugestalten, durchaus einen Blogartikel wert, aber zum gegebenen Zeitpunkt scheint es mir ratsamer, das Thema erst einmal ruhen zu lassen. Die Umbaugegner, vor allem jene aus dem Kreis der "Freunde der St. Hedwigs-Kathedrale", haben ohnehin schon so viel Schaum vor dem Mund, dass es mir, der ich nun auch nicht gerade ein euphorischer Befürworter der Umbaupläne bin, für den Moment jegliche Lust zu einer differenzierten Auseinandersetzung nimmt. Früher oder später wird wohl doch noch auf dieses Thema zurückzukommen sein, aber im Moment geht es mir um etwas Anderes - nämlich um meine Heimatpfarrei St. Willehad in Nordenham. Wo ich übrigens in gut drei Wochen mal wieder für ein paar Tage vorbeischauen werde - meine Leser können sich also schon mal auf einige Vor-Ort-Berichte freuen.
Symbolbild; Quelle: pixabay.com. Und nein, einen Berg gibt es in Nordenham nicht. |
Also, was geht in good old Nordenham? -- In der zweiten Oktoberwoche wurde das marode und schon seit längerer Zeit nicht mehr genutzte Pfarrhaus von St. Willehad (hier ein Bild aus besseren Tagen) abgerissen; auf der nun freien Fläche soll nicht etwa einfach ein neues Pfarrhaus, sondern ein "Pfarrzentrum" entstehen. Die Nordwest-Zeitung berichtet:
"Das neue Pfarrzentrum wird als zweigeschossiger Flachdachbau in L-Form mit einer Grundfläche von circa 380 Quadratmetern errichtet. Im Erdgeschoss sollen ein Empfangsbereich, ein Besprechungsraum sowie Büros für den Pfarrer, die Pfarrsekretärin, die Rechnungsführung und einen Pastoralreferenten entstehen. Im Obergeschoss werden sich die Wohnung des Pfarrers und eine Gästewohnung befinden."
Diese Pläne sind an sich nicht neu. Tatsächlich hatte die NWZ bereits im Juli 2014 darüber berichtet: "Neubau soll Begegnungsstätte werden", lautete damals die Überschrift. Schon damals also lagen die Pläne auf dem Tisch, die nicht nur vorsahen, das alte Pfarrhaus abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, sondern auch, dass dieser Neubau neben einer Wohnung für den Pfarrer auch "moderne Büroräume für Pfarrer, Pastoralreferent, Provisor und Pfarrsekretärin, ein Besprechungszimmer sowie ein[en] Versammlungsraum für Sitzungen des Pfarreirates und des Verwaltungsausschusses" beherbergen sollte. Im Juli 2014 hatte gerade der später heftig umstrittene Torsten Jortzick sein Amt als Pfarrer von St. Willehad angetreten, und der damalige NWZ-Artikel stellt die Neubaupläne - ob zu Recht oder zu Unrecht, kann ich nicht beurteilen - als ein sehr wesentlich von Jortzick persönlich betriebenes Projekt dar: "Für ihn kommt es darauf an, dass das neue Pfarrhaus zu einer einladenden Begegnungsstätte für die ganze Gemeinde und Gäste wird", heißt es da, und: "Pfarrer Torsten Jortzick wünscht sich, dass es ein einladendes Gebäude mit barrierefreiem Zugang und angenehmen Arbeitsplätzen wird".
Als ich im Oktober 2015, unmittelbar nach der Bekanntgabe von Torsten Jortzicks Rücktritt als Pfarrer von St. Willehad, in Nordenham war und einige Gespräche mit Anhängern und Gegnern des Pfarrers führte, hatte ich den Eindruck, dass dieses Bauprojekt durchaus ein Thema war, das bei der Stimmungsmache gegen ihn eine gewisse Rolle gespielt hatte. Wirklich verstehen konnte ich das nicht - schließlich stand schon damals fest, dass nicht die Gemeinde, sondern das Bischöflich Münstersche Offizialat in Vechta die Kosten für den Neubau tragen würde. Aber darauf kam es wohl nicht an. Jedenfalls vermittelten Gespräche mit Jortzick-Gegnern mir das Gefühl, sie betrachteten es mit einer gewissen Schadenfreude, dass der zurückgetretene Pfarrer in "sein" neues Pfarrhaus niemals einziehen werde.
Aber nun gibt es ja einen neuen Pfarrer, und mit dem ist ja alles anders. Oder doch nicht? Ich werde ja, wie gesagt, bald Gelegenheit haben, mir selbst ein Bild von Pfarrer Jasbinschek zu machen; bis dahin kann ich nur zu Protokoll geben, dass es mich ein bisschen misstrauisch macht, wenn - zumindest aus der Ferne betrachtet - der Eindruck entsteht, sämtliche Konflikte innerhalb der Gemeinde hätten sich seit dem Amtsantritt des neuen Pfarrers in Wohlgefallen aufgelöst. Nun gut, vielleicht sind die verfeindeten Fraktionen einfach des Kämpfens müde. Oder vielleicht ist Pfarrer Jasbinschek tatsächlich so begnadet im Ausgleichen von Interessengegensätzen. Kann ja sein. Im aktuellen NWZ-Artikel zum geplanten "Pfarrzentrum" taucht weder sein Name noch sein Gesicht auf.
Indessen kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Bauprojekt zu einer neuen Belastungsprobe für die Stimmung in der Gemeinde wird - obwohl, wie die NWZ erneut hervorhebt, "nicht die St.-Willehad-Gemeinde, sondern das Bischöflich Münstersche Offizialat Vechta" der Bauherr ist. "Dort wurde der Neubau zusammen mit einem Architektenbüro auch konzipiert." Als im Juli 2014 erstmals von den Umbauplänen die Rede war, waren laut NWZ "die Kosten noch nicht ermittelt", und es war "auch noch kein Architektenauftrag erteilt" worden. Diesbezüglich hat sich inzwischen Einiges getan. Im Haushaltsplan 2015 des Offizialats war ein Betrag von 640.000 € für den Neubau eingeplant worden; nach jetzigem Stand sind "die Kosten für den Neubau einschließlich der Gestaltung der Außenanlagen [...] auf 960000 Euro veranschlagt". Das sind mal eben 50% mehr als zunächst geplant. Und dabei ist noch nicht einmal der erste Spatenstich getan. Wie sich die Kosten von Bauprojekten zu entwickeln pflegen, wenn sie erst einmal im Gange sind, das kennt man ja. Ein Bloggerkollege und Facebook-Freund, der sich in solchen Fragen erheblich besser auskennt als zum Beispiel ich, merkt dazu an:
"Ehrlicherweise muss man sagen, das ein Objekt mit Wohn-, Gäste-, Büro- und Besprechungsräumen nicht viel günstiger zu bauen ist, da man kirchlicherseits ja heute superökoenergiesparendfairgehandelt bauen muss."
Gleichzeitig hat "die Kirche" - unabhängig davon, aus welchem Topf das Geld nun genau kommt - praktisch immer und automatisch ein Imageproblem, wenn sie viel Geld für etwas ausgibt, das ihr selbst zu Gute kommen soll. Bereits vor rund zwei Wochen berichtete die Kreiszeitung Wesermarsch über die Pläne zum Bau des neuen Pfarrzentrums; dieses Blatt hat zwar keine frei zugängliche Online-Ausgabe, veröffentlichte dafür aber einen "Teaser" auf seiner Facebook-Seite -- und die Leserkommentare zu diesem ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig:
"Kirche, allen voran die katholische = Mafia, wenn nicht noch schlimmer!"
"960000 €.... Für ein Haus.... Naja, man will es sich ja auch gut gehen lassen. Außerdem muss man sich ja auch vom schnöden Volk absetzen... *kopfschüttel*"
"Der Grund, warum ich mit 19 aus der Kirche ausgetreten bin."
"Das ist doch irre[,] soviel Geld für ein Haus [-] ist das aus Gold[?] ...... Wenn man bedenkt[,] wenn man normal bauen und ein bisschen sparen würde[,] könnte man mit dem übrig gebliebenen Geld viel [G]utes tun. Das wäre christlich[.]"
"Irgendwo muss [d]ie Kirchensteuer ja hin."
"Baut doch gleich ne Villa[.]"
"... kommt Franz-Peter Tebartz-van Elst nach Nordenham ... ???"
Man kann wohl davon ausgehen, dass diese Stimmen schwerpunktmäßig nicht unbedingt aus der Kirchengemeinde selbst kommen; dennoch zeigen diese Reaktionen, dass das keine einfachen Zeiten für St. Willehad werden. Derweil weiß die NWZ zu berichten, dass die Erdarbeiten für den Neubau noch im laufenden Kalenderjahr beginnen sollen - also schon sehr bald. "Einen Bauzeitenplan soll es noch nicht geben, jedoch soll das neue Pfarrzentrum in 2017 bezugsfertig sein." Wie das Bistum Münster bekanntgibt, soll ein Teil der Kosten aus Fördermitteln des Bonifatiuswerks bestritten werden:
"Mit 14 Millionen Euro unterstützt das Bonifatiuswerk 2016 die Katholiken in der Diaspora in Deutschland, Nordeuropa und im Baltikum. Davon gehen 66.500 Euro ins Bistum Münster [...]. Mit dem Geld wird der Bau des Pfarrhauses in St. Willehad Nordenham [...] unterstützt."
Hm. Verstehe ich das richtig, dass das Bistum Münster seinen Anteil an den diesjährigen Zuwendungen des Bonifatiuswerks komplett in dieses Bauprojekt steckt? Falls ja, dann wären damit zwar nur knapp 7% der veranschlagten Gesamtkosten gedeckt, aber gleichzeitig würde das Geld dann natürlich woanders fehlen. Auf jeden Fall wirft diese Verwendung der Fördergelder ein bemerkenswertes Licht darauf, was für eine hohe Priorität das Bistum dem neuen Pfarrzentrum in diesem abgelegenen Winkel der Diaspora einräumt. Da fragt man sich dann auch, wie das eigentlich kommt. Ich schätze, es wird spannend sein, die Angelegenheit weiter zu beobachten...
"Verstehe ich das richtig, dass das Bistum Münster seinen Anteil an den diesjährigen Zuwendungen des Bonifatiuswerks komplett in dieses Bauprojekt steckt?"
AntwortenLöschenMeines Wissens fördert das Bonifatiuswerk einzelne Projekte, nicht Bistümer.
Danke für diese ergänzende Information - das war für mich aus der Pressemitteilung des Bistums Münster nicht ersichtlich.
LöschenSo, nun habe ich mich mal direkt auf der Seite des Bonifatiuswerks informiert (hätte ich vielleicht besser gleich tun sollen). Es stimmt: Die 66.500 € vom Bonifatiuswerk wurden ausdrücklich für dieses Bauvorhaben bewilligt. Es ist also nicht so, dass das Bistum Münster diesen Betrag pauschal zur Verfügung gestellt bekommen und selbst über die Verwendung entschieden hätte.
AntwortenLöschenOb man ein Pfarrzentrum in Deiner Heimatgemeinde braucht, kann ich nicht beurteilen, aber 1 Mio. Euro für 760 qm Geschossfläche (wenn ich das richtig sehe), ist für einen Neubau nicht zu viel, vermutlich sogar viel zu wenig. Gut: L-Form, Flachdach - das kann man günstig hinbekommen, aber trotzdem. - Man schafft sich damit natürlich auch laufende Kosten... Fassadensanierung eines solchen Gebäudes liegt bei 120 bis 150.000 Euro... In 20 Jahren fällig... Aber, OK. Das muss man durchrechnen. - Was mich viel mehr wundert: Bonifatiuswerk? Bistum Münster?? Diaspora???
AntwortenLöschenLG, Josef
Zum Stichwort "Diaspora": Ich hab das grad mal durchgerechnet, der Katholikenanteil an der Bevölkerung im Einzugsgebiet der Pfarrei St. Willehad liegt bei etwa 8%. Sowas gibt's sogar im Bistum Münster. Insofern ist das Bonifatiuswerk da durchaus"zuständig". Über die Prioritäten bei der Mittelvergabe kann man sich natürlich trotzdem wundern.
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