Heute um 17 Uhr Ortszeit - das ist nach mitteleuropäischer Zeit morgen um Mitternacht - beginnt der Iowa Caucus, die erste Runde der parteiinternen Kandidatenkür für die US-Präsidentschaftswahl. Angesichts der überragenden weltpolitischen Rolle der USA ist es nur natürlich, dass die Frage, wer die Nachfolge Barack Obamas antritt, nicht nur in den USA selbst, sondern auch in der restlichen Welt, und somit auch hier bei uns, die Gemüter bewegt. Dabei tut man allerdings gut daran, zu bedenken, dass der US-Präsident, wenngleich seine Amtsführung Auswirkungen auf die ganze Welt haben wird, nicht als Weltpräsident gewählt wird, sondern als Präsident eines Landes. Selbstverständlich haben auch die Menschen in Europa, auch in Deutschland, Erwartungen, Hoffnungen und Befürchtungen in Hinblick darauf, wer der nächste US-Präsident sein wird und was für eine Politik er (oder sie) betreiben wird. Das Problem ist nur: Es ist nicht seine Aufgabe, diesen Erwartungen zu entsprechen.
Verschärft wird dieses Problem dadurch, dass wir Europäer nicht verstehen, wie Politik in den USA funktioniert. Oberflächlich betrachtet sieht eigentlich alles ganz einfach aus: Es gibt nur zwei Parteien (okay, in Wirklichkeit gibt es natürlich noch weitere, aber die sind praktisch nicht der Rede wert); die Republikanische Partei ist ziemlich rechts, die Demokratische Partei erheblich weniger, ohne deswegen nach europäischen Maßstäben ausgesprochen links zu sein. Dieser Wahrnehmung würden die US-Amerikaner selbst wohl mehr oder weniger zustimmen; der Punkt ist aber, dass "rechts" und "links" in den USA einfach nicht dasselbe bedeuten wie in Europa. Die politische Ausrichtung der US-Parteien oder auch einzelner Parteiflügel (gerade die Republikanische Partei setzt sich aus so vielen Flügeln mit zum Teil geradezu gegensätzlicher Programmatik zusammen, dass einem schwindlig werden könnte: da gibt es das so genannte "Establishment", die "Ideologischen Konservativen", die "Libertarians", die "Centrists", die "Tea Party", die "Religiöse Rechte"...) ist schlichtweg nicht in Positionen des politischen Spektrums Europas übersetzbar. Nicht nur das politische System der USA, sondern auch die Gesellschaftsstruktur unterscheidet sich massiv von der unseren, und folglich verlaufen auch die Konfliktlinien - die Interessengegensätze, die die politische Debatte prägen - anders. Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten mit Europa, aber die Unterschiede sind doch größer, als man auf den ersten Blick denken möchte.
Wenn ich sage, dass wir Europäer US-Politik nicht verstehen, dann heißt das natürlich: Ich verstehe sie auch nicht. Obwohl ich mich mehr damit beschäftige als die meisten Leute, die ich so kenne. Was mir immerhin einen Vorteil verschafft: Ich verstehe wenigstens, dass es da etwas gibt, was ich nicht verstehe.
Doch genug der Vorrede und zur Sache: Mit dem Iowa Caucus beginnt, wie gesagt, der langwierige Prozess der Kandidatenkür für die im November anstehende Präsidentschaftswahl. In den landesweiten Umfragen gibt es nach jetzigem Stand der Dinge klare Favoriten für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der jeweiligen Partei: Bei den Republikanern liegt Donald Trump vorn, bei den Demokraten - wenn auch nicht ganz so deutlich, wie man denken könnte - Hillary Clinton. Bliebe es dabei, liefe es auf eine Wahl zwischen Pest und Cholera hinaus. Aus europäischer Sicht, speziell der Sicht der europäischen Medien, mag es scheinen, einen schlimmeren Präsidenten als Trump könne es nicht geben, und an dieser Einschätzung ist wohl auch viel Wahres dran; aber es gibt gute Gründe, über Hillary Clinton dasselbe zu sagen, und viele US-Amerikaner sehen das ganz entschieden so. Anhand diverser Umfrageergebnisse analysierte die New York Post unlängst das bemerkenswerte Phänomen, dass diejenigen Kandidaten, die in den Umfragen zu den Vorwahlen ihrer jeweiligen Partei in Führung liegen, gleichzeitig bei der Gesamtbevölkerung die unbeliebtesten sind. Genauer gesagt: Trump wie Clinton haben innerhalb ihrer jeweiligen Partei eine Anhängerschaft, die groß genug ist, um sie in den Umfragen nach vorn zu bringen; aber gleichzeitig gibt es eine noch deutlich größere Zahl von US-Amerikanern, die gerade diese beiden auf keinen Fall im Weißen Haus sehen möchte. Was macht man jetzt aus diesem Dilemma?
Nun gut, es gibt ja zum Glück noch andere Kandidaten. In der Demokratischen Partei ist die Lage recht übersichtlich: Hier sind, nachdem einige Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur schon vor Beginn des eigentlichen Auswahlverfahrens aufgegeben haben, nur noch zwei mögliche Alternativen zu Hillary Clinton übrig geblieben. Da ist zum einen Martin O'Malley, ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Maryland. Er liegt in allen Umfragen stabil im einstelligen Prozentbereich, und es ist nicht absehbar, warum sich daran zukünftig etwas ändern sollte. Reden wir nicht drüber. Und dann gibt es noch Senator Bernie Sanders aus Vermont. Der wird von seinen Gegnern zwar als skurriler alter Zausel wahrgenommen, der für US-Verhältnisse viel zu links sei; aber in den Umfragen steht er bemerkenswert gut da: Im Bundesstaat New Hampshire, wo nächste Woche abgestimmt wird, liegt er sogar deutlich vor Hillary Clinton. Was wohl Einiges über die Unbeliebtheit der Ex-First Lady und Ex-Außenministerin aussagt.
Hingegen gibt es bei den Republikanern nicht weniger als zehn Kandidaten, die mit Donald Trump um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten konkurrieren. Mit ein bisschen Mühe würde ich aus dem Kopf alle zehn Namen zusammenbekommen, aber das lohnt sich eigentlich kaum, da nach Einschätzung annähernd aller politischer Kommentatoren in der US-Presse ohnehin nur zwei bis drei dieser Kandidaten eine realistische Chance haben, Trump in den Vorwahlen zu besiegen. Was mich zu meinem persönlichen Favoriten bringt: Marco Rubio, 44 Jahre jung, Senator aus Florida, Sohn kubanischer Einwanderer. - Warum gerade der? Nun ja, darum:
Supertyp, oder? - Aber ganz im Ernst: Dass er im Gegensatz zu den meisten seiner Mitbewerber einfach sympathisch 'rüberkommt, kann natürlich nicht der einzige Grund sein, ihn als zukünftigen Präsidenten zu favorisieren, und ist es auch nicht. Rubio steht im Ruf, einerseits überzeugend und konsequent konservative Positionen zu vertreten, aber gleichzeitig zu Kompromissen und somit zur konstruktiven Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg fähig zu sein. Er argumentiert sachlich und besonnen und führt keinen schmutzigen Wahlkampf gegen seine Partei"freunde", was beinahe schon ein Alleinstellungsmerkmal ist. Ein weiterer Pluspunkt aus meiner Sicht (für Andere mag es eher ein Minuspunkt sein): Rubio, der sich, von Haus aus Katholik, in seiner Jugend zunächst den Mormonen und dann den Baptisten zuwandte, später aber wieder zur Katholischen Kirche zurückkehrte, betont die Bedeutung seines christlichen Glaubens für seine politischen Entscheidungen - und er ist entschieden pro-life.
In landesweiten Umfragen liegt Rubio derzeit auf dem dritten Platz der republikanischen Bewerber - mit deutlichem Abstand in beide Richtungen. Beobachter trauen ihm jedoch zu, kräftig zuzulegen, sobald das derzeit noch sehr breite Bewerberfeld sich ausdünnt. Dem Ergebnis in Iowa wird naturgemäß große Bedeutung für die weiteren Aussichten der Kandidaten beigemessen; auch hier sehen alle Umfragen Rubio auf einem stabilen dritten Platz - hinter Donald Trump und Ted Cruz.
Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass die Ergebnisse des Iowa Caucus traditionell sehr schwer vorauszuberechnen sind. Bei der letzten Wahl 2012 sah das tatsächliche Ergebnis völlig anders aus, als die Umfragen es hatten erwarten lassen. Gehen wir einstweilen dennoch davon aus, dass der Sieg in Iowa sich zwischen Trump und Cruz entscheiden wird, dann spricht allerdings Einiges dafür, dass, egal wie es ausgeht (!), Marco Rubio der im wahrsten Sinne des Wortes lachende Dritte sein wird.
Wie das? - Nun ja: Auf der einen Seite gibt es nicht unerhebliche Zweifel daran, ob es Trump gelingen wird, seine Anhänger in ausreichend großer Zahl dazu zu mobilisieren, tatsächlich zur Abstimmung zu gehen (zumal Iowa ein erheblich komplizierteres Wahlverfahren hat als andere Bundesstaaten). Es besteht also die Möglichkeit, dass Trumps Ergebnis weit hinter den Erwartungen zurückbleibt - und das könnte bereits den Todesstoß für seine Kampagne bedeuten, die sehr wesentlich darauf baut, Trump als den sicheren Gewinner aussehen zu lassen, weil er einfach ein Gewinnertyp ist. Sollte Trump in Iowa einbrechen, Rubio dagegen ein den Erwartungen entsprechendes oder sie übertreffendes Ergebnis erzielen, stünden er und Ted Cruz als die verbleibenden Favoriten da; Cruz jedoch ist in weiten Teilen seiner eigenen Partei sehr unbeliebt.
Gewinnt Trump hingegen doch in Iowa, dann wird das in erster Linie als Niederlage für Cruz angesehen werden, der noch vor wenigen Wochen in den Umfragen klar vorn lag. Gleichzeitig würde ein Trump-Sieg alle diejenigen Republikaner-Anhänger alarmieren, die Trump auf keinen Fall als Präsidentschaftskandidaten haben wollen - und davon gibt es, wie gesagt, eine ganze Menge. Die Notwendigkeit, sich auf eine Alternative zu Donald Trump zu einigen, würde also erheblich an Dringlichkeit gewinnen; und da Cruz durch die Niederlage in Iowa beschädigt wäre, wäre Rubio quasi die nächstliegende Wahl.
Natürlich kann alles auch ganz anders kommen. Auf jeden Fall aber sind sich Meinungsforschungsinstitute und politische Kolumnisten bemerkenswert weitgehend einig, dass Rubio von allen republikanischen Bewerbern die besten Chance hätte, die Hauptwahl gegen Hillary Clinton zu gewinnen. Aus europäischer Sicht könnte man nun natürlich der Meinung sein, eine Partei müsse doch total bekloppt sein, nicht den Kandidaten aufzustellen, der die besten Aussichten auf den Sieg hätte. Aber die Amerikaner ticken da einfach anders. Lassen wir uns also überraschen...
Wenn ich sage, dass wir Europäer US-Politik nicht verstehen, dann heißt das natürlich: Ich verstehe sie auch nicht. Obwohl ich mich mehr damit beschäftige als die meisten Leute, die ich so kenne. Was mir immerhin einen Vorteil verschafft: Ich verstehe wenigstens, dass es da etwas gibt, was ich nicht verstehe.
Doch genug der Vorrede und zur Sache: Mit dem Iowa Caucus beginnt, wie gesagt, der langwierige Prozess der Kandidatenkür für die im November anstehende Präsidentschaftswahl. In den landesweiten Umfragen gibt es nach jetzigem Stand der Dinge klare Favoriten für die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der jeweiligen Partei: Bei den Republikanern liegt Donald Trump vorn, bei den Demokraten - wenn auch nicht ganz so deutlich, wie man denken könnte - Hillary Clinton. Bliebe es dabei, liefe es auf eine Wahl zwischen Pest und Cholera hinaus. Aus europäischer Sicht, speziell der Sicht der europäischen Medien, mag es scheinen, einen schlimmeren Präsidenten als Trump könne es nicht geben, und an dieser Einschätzung ist wohl auch viel Wahres dran; aber es gibt gute Gründe, über Hillary Clinton dasselbe zu sagen, und viele US-Amerikaner sehen das ganz entschieden so. Anhand diverser Umfrageergebnisse analysierte die New York Post unlängst das bemerkenswerte Phänomen, dass diejenigen Kandidaten, die in den Umfragen zu den Vorwahlen ihrer jeweiligen Partei in Führung liegen, gleichzeitig bei der Gesamtbevölkerung die unbeliebtesten sind. Genauer gesagt: Trump wie Clinton haben innerhalb ihrer jeweiligen Partei eine Anhängerschaft, die groß genug ist, um sie in den Umfragen nach vorn zu bringen; aber gleichzeitig gibt es eine noch deutlich größere Zahl von US-Amerikanern, die gerade diese beiden auf keinen Fall im Weißen Haus sehen möchte. Was macht man jetzt aus diesem Dilemma?
Nun gut, es gibt ja zum Glück noch andere Kandidaten. In der Demokratischen Partei ist die Lage recht übersichtlich: Hier sind, nachdem einige Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur schon vor Beginn des eigentlichen Auswahlverfahrens aufgegeben haben, nur noch zwei mögliche Alternativen zu Hillary Clinton übrig geblieben. Da ist zum einen Martin O'Malley, ehemaliger Gouverneur des Bundesstaates Maryland. Er liegt in allen Umfragen stabil im einstelligen Prozentbereich, und es ist nicht absehbar, warum sich daran zukünftig etwas ändern sollte. Reden wir nicht drüber. Und dann gibt es noch Senator Bernie Sanders aus Vermont. Der wird von seinen Gegnern zwar als skurriler alter Zausel wahrgenommen, der für US-Verhältnisse viel zu links sei; aber in den Umfragen steht er bemerkenswert gut da: Im Bundesstaat New Hampshire, wo nächste Woche abgestimmt wird, liegt er sogar deutlich vor Hillary Clinton. Was wohl Einiges über die Unbeliebtheit der Ex-First Lady und Ex-Außenministerin aussagt.
Hingegen gibt es bei den Republikanern nicht weniger als zehn Kandidaten, die mit Donald Trump um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten konkurrieren. Mit ein bisschen Mühe würde ich aus dem Kopf alle zehn Namen zusammenbekommen, aber das lohnt sich eigentlich kaum, da nach Einschätzung annähernd aller politischer Kommentatoren in der US-Presse ohnehin nur zwei bis drei dieser Kandidaten eine realistische Chance haben, Trump in den Vorwahlen zu besiegen. Was mich zu meinem persönlichen Favoriten bringt: Marco Rubio, 44 Jahre jung, Senator aus Florida, Sohn kubanischer Einwanderer. - Warum gerade der? Nun ja, darum:
Supertyp, oder? - Aber ganz im Ernst: Dass er im Gegensatz zu den meisten seiner Mitbewerber einfach sympathisch 'rüberkommt, kann natürlich nicht der einzige Grund sein, ihn als zukünftigen Präsidenten zu favorisieren, und ist es auch nicht. Rubio steht im Ruf, einerseits überzeugend und konsequent konservative Positionen zu vertreten, aber gleichzeitig zu Kompromissen und somit zur konstruktiven Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg fähig zu sein. Er argumentiert sachlich und besonnen und führt keinen schmutzigen Wahlkampf gegen seine Partei"freunde", was beinahe schon ein Alleinstellungsmerkmal ist. Ein weiterer Pluspunkt aus meiner Sicht (für Andere mag es eher ein Minuspunkt sein): Rubio, der sich, von Haus aus Katholik, in seiner Jugend zunächst den Mormonen und dann den Baptisten zuwandte, später aber wieder zur Katholischen Kirche zurückkehrte, betont die Bedeutung seines christlichen Glaubens für seine politischen Entscheidungen - und er ist entschieden pro-life.
In landesweiten Umfragen liegt Rubio derzeit auf dem dritten Platz der republikanischen Bewerber - mit deutlichem Abstand in beide Richtungen. Beobachter trauen ihm jedoch zu, kräftig zuzulegen, sobald das derzeit noch sehr breite Bewerberfeld sich ausdünnt. Dem Ergebnis in Iowa wird naturgemäß große Bedeutung für die weiteren Aussichten der Kandidaten beigemessen; auch hier sehen alle Umfragen Rubio auf einem stabilen dritten Platz - hinter Donald Trump und Ted Cruz.
Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass die Ergebnisse des Iowa Caucus traditionell sehr schwer vorauszuberechnen sind. Bei der letzten Wahl 2012 sah das tatsächliche Ergebnis völlig anders aus, als die Umfragen es hatten erwarten lassen. Gehen wir einstweilen dennoch davon aus, dass der Sieg in Iowa sich zwischen Trump und Cruz entscheiden wird, dann spricht allerdings Einiges dafür, dass, egal wie es ausgeht (!), Marco Rubio der im wahrsten Sinne des Wortes lachende Dritte sein wird.
Wie das? - Nun ja: Auf der einen Seite gibt es nicht unerhebliche Zweifel daran, ob es Trump gelingen wird, seine Anhänger in ausreichend großer Zahl dazu zu mobilisieren, tatsächlich zur Abstimmung zu gehen (zumal Iowa ein erheblich komplizierteres Wahlverfahren hat als andere Bundesstaaten). Es besteht also die Möglichkeit, dass Trumps Ergebnis weit hinter den Erwartungen zurückbleibt - und das könnte bereits den Todesstoß für seine Kampagne bedeuten, die sehr wesentlich darauf baut, Trump als den sicheren Gewinner aussehen zu lassen, weil er einfach ein Gewinnertyp ist. Sollte Trump in Iowa einbrechen, Rubio dagegen ein den Erwartungen entsprechendes oder sie übertreffendes Ergebnis erzielen, stünden er und Ted Cruz als die verbleibenden Favoriten da; Cruz jedoch ist in weiten Teilen seiner eigenen Partei sehr unbeliebt.
Gewinnt Trump hingegen doch in Iowa, dann wird das in erster Linie als Niederlage für Cruz angesehen werden, der noch vor wenigen Wochen in den Umfragen klar vorn lag. Gleichzeitig würde ein Trump-Sieg alle diejenigen Republikaner-Anhänger alarmieren, die Trump auf keinen Fall als Präsidentschaftskandidaten haben wollen - und davon gibt es, wie gesagt, eine ganze Menge. Die Notwendigkeit, sich auf eine Alternative zu Donald Trump zu einigen, würde also erheblich an Dringlichkeit gewinnen; und da Cruz durch die Niederlage in Iowa beschädigt wäre, wäre Rubio quasi die nächstliegende Wahl.
Natürlich kann alles auch ganz anders kommen. Auf jeden Fall aber sind sich Meinungsforschungsinstitute und politische Kolumnisten bemerkenswert weitgehend einig, dass Rubio von allen republikanischen Bewerbern die besten Chance hätte, die Hauptwahl gegen Hillary Clinton zu gewinnen. Aus europäischer Sicht könnte man nun natürlich der Meinung sein, eine Partei müsse doch total bekloppt sein, nicht den Kandidaten aufzustellen, der die besten Aussichten auf den Sieg hätte. Aber die Amerikaner ticken da einfach anders. Lassen wir uns also überraschen...
Realistisch gesehen ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass Rubio es schafft Kandidat der GOP zu werden. Und auch wenn hätte er gegen Clinton kaum eine Chance. Seine Zielgruppe ist einfach zu klein. Für die republikanischen Kernzielgruppen ist er zu wenig WASP und zu pro-Immigrant außerdem hat er es sich mit der Tea Party verdorben. Und um wie McCain in der Mitte zu punkten steht er einfach zu weit rechts. Inwieweit Rubio´s Positionen nun genuin katholisch sein sollen erschließt sich mir auch nicht. Er ist für ein liberales Waffenrecht, entschieden für die Todesstrafe, gegen staatliche Sozialhilfe, für zusätzliche 1.000 Milliarden Rüstungsausgaben, gegen öffentliche Gesundheitsvorsorge (sein Programm sieht ein "Tax Refunding" für soziale Stützung vor und eine weitgehende Anbindung der Krankenversicherungen an den freien Markt). Klar ist, dass bei Verwirklichung von Rubio´s Ideen gerade die Armen, die Arbeitslosen und natürlich die allein erziehenden Mütter unter die Räder kommen würden. Denn die Zahlen kaum Steuern, die man ihnen gut schreiben könnte. Würde mich erstaunen, wenn Papst Franziskus ein Fan von diesem Wahlprogramm wäre.
AntwortenLöschenNun ja, es geht ja nicht um den besten theoretisch (aus)denkbaren US-Präsidenten, sondern darum, wer der beste der zur Wahl stehenden Bewerber ist. Nach mittel- und westeuropäischen Maßstäben mag Vielen Bernie Sanders als der wünschenswerteste Kandidat erscheinen. Der wird's aber nicht. Trump oder Clinton wären eine Katastrophe - ich bin mir wirklich nicht sicher, wer von beiden schlimmer wäre. Und wenn Sie meinen, Rubio stehe zu weit rechts, dürfte Ihnen Ted Cruz noch weniger gefallen. Was gibt's sonst für Alternativen? Jeb Bush vielleicht, aber dessen Aussichten auf die Nominierung sind wohl sehr gering.
LöschenWie es um Rubios Chancen steht, werden wir in Kürze besser einschätzen können als jetzt. Was Ihre Einschätzung angeht, er hätte in der Hauptwahl schlechte Karten gegen Hillary Clinton, kann ich jedenfalls sagen, dass die Umfrageergebnisse auf RealClearPolitics etwas anderes behaupten. (Auch wenn mir bewusst ist, dass am Ende nicht die absolute Stimmenzahl entscheidet, sondern die gewonnenen Bundesstaaten).
Übrigens ist die Frage der staatlichen Krankenversicherung ein gutes Beispiel für meine These, dass Europäer, ich selbst eingeschlossen, die USA nicht verstehen. Diesseits des Atlantik hätte wohl annähernd Jeder gedacht, ObamaCare wäre eine gute Sache. Ist es aber nicht. Tatsächlich hat sich die Gesundheitsversorgung vieler US-Bürger dadurch verschlechtert.
Ich halte es durchaus für möglich, dass Bernie Sanders sich auch als Präsidentschaftskandidat der Demokraten gar nicht mal so schlecht schlagen würde. Es gibt diese eine Umfrage (müsste ich nach suchen), wo nach den Chancen von jeweils Sanders und Clinton gegen die wichtigsten Republikaner gefragt wurde. Das interessante: Gegen alle Kandidaten hatte Sanders besser abgeschnitten als Clinton, die gegen Rubio sogar zurück lag. Gut möglich wäre es freilich, dass Clinton-Wähler dann bei den Hauptwahlen sagen "lieber Rubio als Sanders", aber das dürfte wohl umgekehrt nicht so viel anders sein - du hast Clintons Unbeliebtheit ja schon angesprochen. Bei dem Stichwort muss ich grad an ihr sichtbar amüsiertes "We came. We saw. Aaaand he died." (zu Gaddafis Tod) denken... da kommt mir's hoch. :/
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