Das Bistum Limburg "hat ein neues Logo für Kinder entwickelt und wird damit künftig auf Veranstaltungen für Kinder hinweisen". Soweit, so schön. Dieses Logo, entworfen vom Limburger Illustrator Michi Schmitt, "zeigt einen kleinen Ritter mit einem
lustigen Drachen. Der Ritter heißt Georg, benannt nach dem Patron
des Limburger Doms und des Bistums". Aha. Soso. Hm hm. "Sein liebenswerter Begleiter, der
Drache, hat allerdings noch keinen Namen. Deshalb wird jetzt nach
einem Namen für das Fabeltier gesucht: Alle Kinder,
Messdienergruppen, Pfadfinder, Jugendverbände, Schulen und
Kindergärten sind eingeladen, dabei mitzumachen." Na fein.
Zur Erinnerung: Der Heilige Georg, der Legende nach ein Märtyrer der Christenverfolgungen unter dem römischen Kaiser Diokletian ( 284-305), war seit dem Mittelalter einer der populärsten Heiligen und wurde zu den Vierzehn Nothelfern gezählt. Da seine Historizität jedoch zweifelhaft ist, wurde er 1969 aus dem Heiligenkalender der Katholischen Kirche gestrichen, aber bereits 1974 wieder aufgenommen. Bekannt
ist vor allem die Legende von St. Georg als Drachentöter: Dieser
Erzählung zufolge lebte damals in einem See in Libyen (oder
im Libanon) ein
Drache, der die Gegend mit seinem giftigen Atem verpestete und dem
die Einwohner der nahe gelegenen Stadt regelmäßig Lämmer opfern
mussten. Als
es keine Lämmer mehr gab, opferten die Stadtbewohner dem Drachen
ihre Söhne und Töchter. Schließlich
fiel das Los auf die Königstochter; nun erschien Georg, besiegte den
Drachen, ließ ihn am Gürtel der Königstochter in die Stadt
schleppen und versprach den Bewohnern, das Untier zu töten, wenn
sich die ganze Stadt zum Christentum bekehrte.
Da ich aus Urheberrechtsgründen auf ein Bild des Limburger Drachen verzichten möchte bzw. muss, hier ein anderer Drache - aus der Feder von Peter Esser. Diesem Drachen würde ich allerdings auch kein Leid zufügen wollen... ;) |
Dass aus dem menschenfressenden, Gift schnaubenden Ungeheuer der Legende, das in der christlichen Ikonographie zudem traditionell als Symbol für den Teufel verstanden wird, im neuen Kinderlogo des Bistums Limburg nun ein "liebenswerter Begleiter" des Heiligen wird, fand nicht nur ich irritierend. Hier eine Auswahl der schönsten Reaktionen auf Facebook:
Wahrscheinlich hat Georg die persönlichen Differenzen mit dem Drachen bei einer Tasse Fencheltee besprochen.
.. und seine Agressionen im Stuhlkreis bei den "Anonymen Drachtentötern" gelernt im Zaum zu halten......
– Genau betrachtet, scheint es da nicht beim Fencheltee geblieben zu sein.
Kaum ist der Bischof weg, versöhnen sich in Limburg aber auch wirklich alle miteinander.
Ritter Georg und sein Kumpel testen die Limburger Weinheuyser.
Nun ja. Lachen ist die beste Medizin, und Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Man könnte ja durchaus der Meinung sein, gar so lustig sei es im Grunde nicht, was das Bistum Limburg sich da leistet. Mein spontaner Impuls angesichts dieses Logos lautete: Dass die Limburger Inkarnation des Hl.
Georg sich mit dem Drachen anfreundet, statt ihn zu töten, erscheint mir bezeichnender für den
Zustand der Kirche in Deutschland, als vermutlich beabsichtigt war. Zumindest dann, wenn man, wie oben angesprochen, den Drachen als Sinnbild für den Teufel auffasst. Oder, abstrakter und allgemeiner gesprochen, als Inbegriff des Gottwidrigen. So könnte man das Limburger Kinderlogo als Signum einer Kirche interpretieren, die das Böse nicht bekämpfen, sondern lieber mit ihm kuscheln möchte - wozu einem so die eine oder andere Assoziation in den Sinn kommen könnte, aber im Einzelnen überlasse ich das lieber meinen Lesern. Auch hierzu kamen auf Facebook allerlei Stellungnahmen zusammen. So wurde ich etwa auf eine Bronzeskulptur von Ad Wouters aufmerksam gemacht, die, in einer Kirche im belgischen Leuven aufgestellt, den anderen berühmten Drachentöter der christlichen Ikonographie - den Hl. Erzengel Michael - in etwas, nun ja, eigenwilliger Weise darstellt: Wouters' St. Michael, zu dessen Füßen sich der Lindwurm über die Erdkugel krümmt, zerbricht nämlich sein Schwert. Zu diesem Kunstwerk findet sich im Netz auch eine "Interpretationshilfe", die ich hier mal schnell und schludrig aus dem Englischen übersetze:
"St. Michael wird dargestellt als junger Mann in dem Moment, in dem er einsieht, dass Töten keine Lösung ist. Indem er darüber reflektiert, steht er an einem Wendepunkt seines Lebens. Er steht nackt da, weil Nacktheit Verletzlichkeit und einen möglichen Wendepunkt ausdrückt. Es dämmert St. Michael, dass er einen neuen Weg in seinem Leben einschlagen muss. Jeder hat Schwächen, aber jeder kann seinem Lebensweg eine neue Richtung geben. Deshalb zerbricht er sein Schwert. Er will nicht mehr töten. Töten ist keine Lösung. Das Schwert muss umgeschmiedet werden zu Werkzeugen, die der Menschheit nützen und insbesondere die Armut ausrotten. St. Michael will Frieden und keinen Kampf."
Gut, dass wir das geklärt haben: Kämpfen is' nich'. Nicht mal gegen den Teufel. Der wird wahrscheinlich auch lieb, wenn man ihn füttert, oder er verwandelt sich womöglich gar in einen Goldenen Drachen der Weisheit wie Frau Mahlzahn in Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer.
Im Kontrast dazu fällt es auf, dass Papst Franziskus erst kürzlich via Twitter zum Gebet zum Heiligen Erzengel Michael um Beistand "gegen die Nachstellungen und Fallen des Teufels" aufgerufen hat. Verschiedene Kommentatoren beklagten diesem Zusammenhang, dass das St. Michaels-Lied "Unüberwindlich starker Held" in der Neuausgabe des Gotteslobs nicht mehr enthalten ist. Damit nicht genug: Im Zuge einer Facebook-Diskussion wurde zudem hervorgehoben, dass im neuen Gotteslob auch aus Angeli Silesii "Mir nach, spricht Christus, unser Held" (GL 461) die besonders kämpferische 4. Strophe (mit Textpassagen wie "Ich kämpfe selbst, ich brech die Bahn" und "Ein böser Knecht, der still mag steh'n, / sieht er voran den Feldherrn geh'n") getilgt worden sei: "Kampf fällt aus, nicht nur beim Erzengel."
Ist also neben all den anderen genannten Indizien auch der putzige Drache des neuen Limburger Kinderlogos symptomatisch für eine Kirche, die vom Geist der 'ecclesia militans' nichts mehr wissen will, sondern lieber mit Allem und Jedem gut Freund sein und bloß nirgends anecken will? - Nun, ganz so eng muss man es wohl nicht sehen. Ist ja schließlich ein Logo für Kinder. Und Kinder mögen Drachen. Dass diese Großechsen in der abendländischen und nahöstlichen Tradition (anders als im fernöstlichen Kontext) eigentlich die Bösen sind, ist spätestens seit Dragonheart, Eragon und Drachenzähmen leicht gemacht wohl etwas aus dem Bewusstsein geschwunden. Dass aus dem Jungfrauenfresser mit dem Giftatem, den die Legende des Hl. Georg schildert, in Limburg nun "Ritter Georgs" bester Kumpel geworden ist, bedeutet also nicht zwangsläufig, dass das Bistum an der Lahn nun endgültig von allen guten Geistern verlassen wurde und ins Lager des Satans übergelaufen ist. Aber irgendwie doof finde ich das schon. Diese zwanghafte Verniedlichung, die ja auch kein Einzelfall ist (vgl. z.B. "Vamos a Nicaragua! – Die neue Reisegeschichte von Gans Auguste"). Als könnte man die altehrwürdigen Überlieferungen der Kirche Kindern nicht mehr zumuten ohne eine dicke Schicht Zuckerguss mit Liebesperlen. Und das betrifft ja nicht allein die kirchlichen Angebote für Kinder. In der Erwachsenenpastoral sieht's ja nicht so viel anders aus: Auch da ist kaum einmal von Märtyrertum und Heroismus, vom Kampf gegen das Böse, ja vom Bösen überhaupt, von den Verlockungen des Satans oder von Hölle und Verdammnis die Rede - dafür umso mehr von Friede, Freude und Eierkuchen. Wenn man sich beispielsweise die Facebook-Seiten mancher deutscher Bistümer ansieht...
Ach, ich wiederhole mich. Aber wie schon der Apostel Paulus an die Philipper schrieb: "Euch immer das Gleiche zu schreiben wird mir nicht lästig".
Ich glaube, das zitiere ich in Zukunft öfter. :D
Und noch ein paar Essersche Drachen. Was die wohl kochen? |
[Anmerkung des Verfassers: Die Überschrift "Der Teufel steht unter Artenschutz" verdanke ich, ebenso wie einige andere inhaltliche Aspekte dieses Artikels, meinem Leser Roland Högner.]
Neben den von Dir angesprochenen Punkten möchte ich nicht in der Haut des Kindes stecken, was, inspiriert von der Freundschaftsgeschichte zw Georg und dem (bisher) namenlosen Drachen das Original mal liest...
AntwortenLöschenSicherlich ist der Kumpel-Drache nicht der Untergang des Abendlandes, aber er nervt einfach Menschen ab Teenie-Alter. In Berlin gibt es in der St. Michael in Wansee die Jugendkirche. Wie, öhm, "toll" es da ist merkt man am Namen: "Jugendkirche SAM". Sorry, aber das fand ich als Teenie derart traurig, nicht mal zu einer der coolsten Gestalten des christlichen Glaubens stehen zu wollen, daß ich da nie hinging.
Gebt Acht auf diese Hunde, gebt Acht auf die falschen Lehrer, gebt Acht auf die Verschnittenen! Sagt Paulus, wiederhol ich gerne.
AntwortenLöschenDank für diesen ganz und gar unniedlichen Artikel!
Wobei ich die Sache mit dem schwertzerbrechenden Erzengel noch schlimmer finde. Ich kenne Kämpfe mit dem Bösen - knüppelhart, und kaum zu ertragen, und ohne härtesten, unaufhörlichen Einsatz der Waffen des Glaubens keine Stunde lang zu bestehen.
Drachen raus! (Bringen sonst ihre ganze Sippe mit!)