Dienstag, 4. Juni 2019

Drei Jahre Punkpastoral!

Neulich - und zwar (wenn es nicht ungebührlich ist, das zu sagen) unter der Dusche - ging mir im Zusammenhang mit den diversen Aktivitäten zur Gemeindeerneuerung, die meine Liebste und ich so betreiben, die Frage durch den Kopf: Wie lange machen wir das jetzt eigentlich schon? Dann dachte ich an jenen "Straßenfest-Crawl", bei dem wir erst das Torstraßenfestival, dann das Kenako Afrika Festival und als krönenden Abschluss die Fiesta Kreutziga besuchten und aus den Eindrücken dieses Tages gemeinsam den Schluss zogen, wir sollten uns bemühen, etwas von diesem Spirit auch in die kirchliche Basisarbeit hineinzutragen. Ich denke mal, jenen Tag kann man mit Fug und Recht als Initialzündung für das Projekt "Punkpastoral" betrachten. Dass das irgendwann im Frühsommer 2016 war, wusste ich noch aus dem Kopf, aber das genaue Datum musste ich nachrecherchieren. Und siehe da, es war der 4. Juni. 

Da haben wir heute ja wohl was zu feiern. 

Des Volksmundes Weisheit, dass aller Anfang schwer sei, bewahrheitet sich natürlich auch hier, aber ich möchte dennoch behaupten, wir haben in den zurückliegenden drei Jahren mit unseren bescheidenen Mitteln schon so allerlei erreicht. Rekapitulieren wir mal:
  • Praktisch unmittelbar nach dem besagten "Straßenfest-Crawl" begannen wir damit, über die Idee einer "Punkpastoral"-Initiative zu brainstormen; gewisse Grundlinien dieser Überlegungen kann man in meinem eine Woche später erschienenen Blogartikel "Wer, wenn nicht wir?" bewundern. Unter dem Datum vom 16. Juni findet sich in meinem damaligen Notizbuch (analog, so mit Tinte auf Papier) erstmals der Name "Donnerstagsclub" für eine angedachte Laieninitiative. Am selben Tag begann ich damit, mich mit dem am 15. Mai erschienenen Schreiben Iuvenescit ecclesia der Glaubenskongregation auseinanderzusetzen; dazu veröffentlichte ich am 1. Juli einen Blogartikel
  • Ungefähr um dieselbe Zeit beendete ich übrigens - ermutigt durch einen Bibelvers, den ich beim Nightfever auf dem Katholikentag in Leipzig gezogen hatte, und natürlich durch meine Liebste - mein Beschäftigungsverhältnis bei einer Berliner Touristenattraktion, um mich fortan als Freelancer durchzuschlagen. Was ich aus dem Kopf nicht mehr gewusst hätte, aber nachgelesen habe, ist der bemerkenswerte Umstand, dass ich bereits am 20. Juni 2016 erstmals eine Werktagsmesse in der Pfarrkirche Herz Jesu Tegel besuchte, offenbar bereits mit Blick auf die Option, nach der Heirat mit meiner Liebsten in diese Gegend zu ziehen. Eine Analyse der Pfarrbriefe verschiedener Gemeinden im Vergleich zum linksautonom-subkulturellen Veranstaltungskalender Stressfaktor veröffentlichte ich am 5. Juli unter dem augenzwinkernden Titel "Zahle 5 Euro, um deine Nachbarn zu treffen"
  • Unter den im Juni/Juli 2016 in mein Notizbuch gekritzelten Ideen für den "Donnerstagsclub" finden sich übrigens schon Ansätze in Richtung des "Dinners mit Gott" und des "Büchertreffs"; andere Ideen von "damals" harren weiterhin der Umsetzung, noch andere (aber nur wenige) sind inzwischen fallen gelassen worden. 
  • Ende Juli 2016 gingen meine Liebste und ich dann erst mal zusammen auf den Jakobsweg, was als spirituelle, aber auch praktische Vorbereitung auf künftige Aktivitäten schlechthin unbezahlbar war. Wieder zurück in Berlin, begannen wir regelmäßig in Herz Jesu Tegel in die Messe zu gehen; weitere Impulse für unsere "Punkpastoral"-Pläne brachte ein Besuch beim Kiezfest Suppe & Mucke und dem zeitgleich stattfindenden Sonne über Berlin Festival am 10. September 2016 (Bericht hier). Im Oktober heirateten wir. Als mich ziemlich genau einen Monat später ein Blogleser und Twitter-Kontakt mit der Frage überraschte, ob ich eventuell zur MEHR-Konferenz nach Augsburg kommen würde (die vom 5.-8. Januar 2017 stattfand), war meine Frau überzeugt: "Da musst du hin." Sie selbst musste am Donnerstag und Freitag noch arbeiten, kam dann aber nach -- buchstäblich über Nacht und trotz Erkältung. Und dieser Besuch bei der MEHR 2017 verpasste uns dann den letzten Schubs, uns nicht länger aufs Theoretisieren und Pläneschmieden zu beschränken, sondern einfach mal loszulegen. Zurück in Berlin, konzentrierten wir uns also zunächst einmal darauf, das "Dinner mit Gott" als feste (monatliche) Veranstaltungsreihe in der Tegeler Pfarrei zu etablieren; im Zuge dessen wurde dann auch der angedachte Name "Donnerstagsclub" zu "Mittwochsklub" geändert. Am 1. März fand das "Dinner mit Gott" erstmals statt. 
  • Das - übrigens auch schon in den Konzeptnotizen von Juni/Juli 2016 skizzierte - Vorhaben, sich im Café J in der Torstraße ein zweites Standbein zu schaffen, scheiterte hingegen. Was schade ist, denn das Café J ist eine echt schöne Location in hervorragender Lage; es wird nur von den falschen Leuten betrieben, bzw. mit der falschen Einstellung. 
  • Ebenfalls noch im Frühjahr 2017 wurde ich erstmals auf Rod Drehers "Benedict Option" aufmerksam; praktisch das erste, was ich von diesem Buch mitbekam, war, dass Kritiker ihm Alarmismus und Defätismus vorwarfen, aber als ich selbst einen Blick ins Buch hinein warf, war ich unmittelbar begeistert vom darin entwickelten Konzept einer geistlichen Erneuerung auf Graswurzel-Niveau. "Ich glaube, das ist genau das, wonach wir gesucht haben", sagte ich zu meiner Liebsten. Ein von mir verfasster Essay über die Kernthesen des Buches erschien am 16. Mai in der Tagespost; vermittelt durch einen Leser dieses Artikels traf ich mich am 15. Juni (Fronleichnam) in München mit Rod Dreher, und eine Folge dieses Treffens war, dass er den Wunsch äußerte, ich solle die #BenOp ins Deutsche übersetzen. Die Verhandlungen über eine deutschsprachige Ausgabe des Buches zogen sich allerdings noch ein paar Monate hin. 
  • Im Sommer 2017 beteiligten wir und erstmals an Aktivitäten des Foodsharing-Netzwerks, bezogen unsere neue Wohnung in Tegel und feierten dort auf unkonventionelle und schöne Weise Einweihung, wozu wir gezielt zahlreiche Leute aus der örtlichen Pfarrgemeinde einluden; und praktisch unmittelbar nach der Wohnungseinweihung reisten wir erst mal nach Lourdes, zwecks weiterer geistlicher Stärkung. 
  • Nach den Sommerferien begannen wir uns im Lokalausschuss unseres Gemeindestandorts zu engagieren, ich zusätzlich auch im Lektorenkreis. Im Oktober wurde unsere Tochter Bernadette geboren. 
  • Vom 4.-7. Januar 2018 nahmen wir erneut an der MEHR-Konferenz teil, diesmal von Anfang an zusammen und mit Kind im Gepäck. Bei der Präsentation des "Mission Manifest" waren wir leider nicht live dabei, da wir um diese Zeit damit beschäftigt waren, das Kind ins Bett zu bringen; was aber nichts daran ändert, dass das "Mission Manifest" in der Folgezeit zu einer bedeutenden Inspirationsquelle für unsere Arbeit würde -- ebenso übrigens wie Father James Mallons Buch "Wenn Gott sein Haus saniert", das ich mir auf der MEHR kaufte, nachdem ich einen Vortrag und eine Predigt von Father Mallon gehört hatte.  Ich möchte behaupten, dass diese Konzepte sich mit ihren jeweils unterschiedlichen Perspektiven und Schwerpunktsetzungen durchaus gut ergänzen -- wobei die #BenOp, mit ihrem sub- bzw. "gegenkulturellen" Graswurzel-Ansatz, meinen Vorstellungen von "Punkpastoral" doch am nächsten kommt. 
  • Irgendwann zwischen diesen Terminen begannen wir damit, einmal wöchentlich in unserer Pfarrkirche eine Gebetszeit mit Lobpreismusik zu gestalten, zunächst "inoffiziell" und etwas unregelmäßig, aber seit Oktober 2018 steht diese Lobpreiszeit - jeden Dienstag um 17:30 Uhr - auch ganz offiziell im Wochenplan der Pfarrei. Bereits im September fand, sehr wesentlich auf unsere Initiative hin, ein "Nightfever Special" in unserer Pfarrkirche statt, und sogar noch ein bisschen früher, aber ebenfalls im September war der Mittwochsklub mit einem eigenen Stand beim "Berliner Fest der Kirchen" auf dem Alexanderplatz vertreten. 
  • Seit Anfang des Jahres 2019 arbeiten wir - unterstützt von einigen anderen Gemeindemitgliedern - verstärkt an der Realisierung einer unserer allerersten im Sommer 2016 skizzierten Ideen, nämlich dem Aufbau einer Leih- und Tauschbücherei in Räumen der Pfarrei. Seit März findet einmal im Monat im Anschluss an die Sonntagsmesse ein "Büchertreff" (mit Brunch-Büffet und Kinderspielecke) statt. Und vor etwas mehr als zwei Wochen ist unser neuestes Projekt gestartet: der "Krabbelbrunch", ein Treffpunkt für Familien mit Kindern im Alter von ca. 6 Monaten bis 3 Jahren, der vorläufig ebenfalls einmal im Monat stattfinden soll. Derweil findet das "Dinner mit Gott" am morgigen Mittwoch bereits zum 25. Mal statt. 
Symbolbild, Quelle: Pixabay 
Zusammenfassend gesagt organisieren wir in unserer örtlichen Pfarrgemeinde derzeit also eine wöchentliche und drei verschiedene monatliche Veranstaltungsreihen, darüber hinaus gestalten wir zu besonderen Zeiten des Kirchenjahres Andachten (aktuell gerade die Pfingstnovene) und helfen auch sonst gerne mit, wenn für irgendwelche Aktivitäten innerhalb der Pfarrgemeinde helfende Hände gebraucht werden. Verglichen damit, was wir theoretisch noch so alles gerne machen würden, ist das allerdings alles Kleinkram; der Punkt ist, mit unseren derzeitigen Kapazitäten an Zeit, Energie und irgendwo ja auch Geld schaffen wir erst mal nicht mehr als das. Hätten wir bei uns im Stadtteil noch fünf bis sechs weitere Familien - für den Anfang wären auch schon zwei oder drei nicht schlecht -, die, wenn schon nicht auf dieselbe, so doch zumindest auf eine ähnliche Art verrückt sind wie wir, und dazu möglichst noch ein paar junge, begeisterungsfähige Singles, dann könnten wir hier noch viiieeeel mehr auf die Beine stellen. Zum Teil verfolgen wir mit unseren regelmäßigen Veranstaltungen ja auch das Ziel, darüber Leute zu rekrutieren, mit deren Hilfe man dann auch größere Projekte in Angriff nehmen kann. Irgendwann muss der Knoten mal platzen! Ich bin da ganz optimistisch. 

Davon abgesehen haben wir gehofft bzw. hoffen eigentlich immer noch, dass das bevorstehende Pfarrfest eine Gelegenheit bieten wird, unseren Initiativen breitete Aufmerksamkeit zu verschaffen; wie sich in der letzten Woche gezeigt hat, gibt es in den Reihen der Organisatoren allerdings recht weit auseinandergehende Vorstellungen darüber, wie dieses Pfarrfest aussehen soll. Aber dazu hatte ich ja einen eigenständigen Artikel in Aussicht gestellt.

Natürlich hoffe ich auch, dass mein Blog dazu beiträgt, andere Menschen an anderen Orten zu ähnlichen Initiativen anzuregen und zu ermutigen, und ich freue mich stets besonders, wenn ich erfahre, dass das hier und da tatsächlich der Fall ist. Alles in allem bin ich einfach sehr gespannt auf die nächsten drei Jahre...!



1 Kommentar:

  1. Lese deinen Blog seit ungefähr dieser Zeit, keine Ahnung, wie ich darauf gestoßen bin. Das Wort Punkpastoral jedenfalls sprach und spricht mich total an. Ich lebe in einer recht gutsituierten bayerischen Kleinstadt-Pfarrei (und bin da auch als Lektorin und im PGR aktiv). Ich bin längst nicht immer mit jedem Aspekt hier im Blog einverstanden, aber ich stelle mittlerweile fest: mit deutlich mehr, als ich mir vor drei Jahren hätte vorstellen können. An dieser Stelle also mein erster Kommentar hier: Danke für's Teilen deiner Erkenntnisse und Erlebnisse. Einiges erzeugt Reibung, Vieles inspiriert und festigt mich in meinem Glauben. Immer wieder der Abgleich mit meinem Alltag: was geht bei uns, was könnte ich mit Anderen anstoßen...
    Gottes Segen für dich und deine Familie, ich freue mich auf's Mitlesen.

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