Wir hatten uns das so schön vorgestellt: randvoll mit Segen aufgeladen von Lourdes nach Nordenham weiterreisen, um dort selbst "ein Segen zu sein", wie Gott es dem Abraham verheißen hat (Gen 12,2). Das "wie" war, bezogen auf den zweiten Teil des Plans, natürlich noch etwas unklar, nachdem uns der Diakon der Pfarrei St. Willehad bereits im Vorfeld auf unser Angebot hin, uns - beispielsweise mit Vorträgen zu geistlichen Themen - in das sommerliche Veranstaltungsangebot der Pfarrei "einzubringen", lakonisch mitgeteilt hatte, daran bestehe kein Bedarf. Doch dazu ein andermal mehr. Am Tag nach unserer Ankunft statteten wir der Kirche St. Willehad jedenfalls einen ersten Besuch ab und beteten dort die Terz. Und einen weiteren Tag später war dann ja schon Sonntag. Der 17. Sonntag im Jahreskreis.
Selbstverständlich erschienen wir zur Sonntagsmesse, und diese war auch insgesamt sehr gut besucht. Etwas misstrauisch registrierte ich Körbe mit Brotstücken im Altarraum; aber wenngleich ich aus der Ära Bögershausen ja nun allerlei Kummer gewöhnt bin, hätte ich mir nicht (alb-)träumen lassen, wofür diese tatsächlich gedacht waren. Doch ich will mir nicht vorgreifen. Halten wir zunächst mal fest: Wenn die liturgischen Dienste (sprich: Lektorin und Kommunionhelferin) gemeinsam mit Priester und Ministranten einziehen und der Priester keine Kasel, sondern nur Albe und Stola trägt, dann weiß man in der Regel schon, woher der Wind weht.
(Man halte das bitte nicht für banal, besonders soweit es die Kleidung des Priesters betrifft. Die Kasel betont nicht nur das besondere Amt des Priesters, sondern gleichzeitig die Unterwerfung seiner Person unter ebendieses Amt, verstanden als das "Joch Christi" [vgl. Mt 11,30]. Anders ausgedrückt, die individuelle Person des Priesters soll gewissermaßen unter der Kasel "verschwinden". Nicht umsonst wird beim Anlegen der Kasel in der Sakristei ein Ankleidegebet gesprochen. Es erscheint durchaus folgerichtig, dass - wie sich vielfach beobachten lässt - Priester, die bei der Zelebration der Messe keine Kasel tragen, sich auch sonst damit schwertun, ihre Individualität dem Gehorsam gegenüber der Kirche unterzuordnen.)
Nach dem Einzug erfolgte erst einmal die Aufforderung an die Gemeinde, sich zu setzen. Na gut, wenn's denn sein muss. Anschließend erläuterte Pfarrer Karl Jasbinschek, an diesem letzten Sonntag in den Sommerferien werde es "noch einmal einen thematischen Gottesdienst" geben, und zwar diesmal unter dem Motto "BrotZeit". Meine Liebste rollte bereits genervt mit den Augen. -- In den Allgemeinen Einführungen zum Nordenhamer Messbuch, dessen Existenz vor dem Rest der kirchlichen Welt geheimgehalten wird, gibt es offenbar die Bestimmung "Themengottesdienst in den Sommerferien verdrängt Sonntag im Jahreskreis"; jedenfalls wurden die Lesungen vom Tage kurzerhand durch andere ersetzt, die besser zum Motto des Themengottesdienstes passten. Als 1. Lesung gab es 1. Könige 19,3-8, garniert mit einer mindestens ebenso langen und sehr verzichtbaren pastoralen Einführung; statt Antwortpsalm wurde ein NGL des Grauens, "Brot, das die Hoffnung nährt" von Wilhelm Willms und dem unvermeidlichen Peter Janssens, gesungen; eine 2. Lesung gab es nicht, und als Evangelium wurde ein kurzer Ausschnitt aus der "Brotrede" Jesu in Johannes 6 (ungefähr Vers 48-51). Wir hatten schon am Morgen, bevor wir zur Kirche aufbrachen, darüber spekuliert, dass von dem eigentlichen Evangelium des Tages - Matthäus 13,44-52 - wohl nur eine Kurzfassung (bis Vers 46) verlesen werden würde, um den Leuten die Drohung mit dem Höllenfeuer zu ersparen; aber dass die Perikope gleich ganz durch eine andere ersetzt werden würde, damit hatten wir nicht gerechnet.
Nun ja, aber angesichts der Auswahl der Lesungstexte hätte man nun doch in der Predigt vielleicht eine Katechese zum Thema Eucharistie erwarten können, oder? Tja, Pustekuchen. Das Thema des Gottesdienstes war schließlich Brot. Nicht Leib Christi, sondern Brot. Bezüge zur Eucharistie wurden zwar am Rande hergestellt, aber so vage, dass der Eindruck entstehen musste, das sei nicht so wichtig. Jedenfalls längst nicht so wichtig, wie miteinander das Brot zu teilen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Oder so. Und dann wurden die Brotstücke aus den Körben verteilt. Mitten in der Predigt. Jeweils zwei Gottesdienstbesucher sollten sich ein Stück Brot teilen. Und es essen, wohlgemerkt. Mitten in der Predigt. Eine gefühlte Viertelstunde vor der Kommunion. Schon mal was von eucharistischer Nüchternheit gehört, anyone?
Natürlich weigerten meine Liebste und ich uns, an diesem Brotritual teilzunehmen, aber außer uns schien niemand Anstoß daran zu nehmen. Auch mein ehemaliger Religionslehrer nicht, der in der Reihe vor uns saß. Im Grunde ist das hier keine katholische Kirche mehr, dachte ich grimmig - obwohl gleichzeitig eine Art Filter oder Brandmauer in meinem Gehirn, aufrecht erhalten von Gedanken wie Ich bin hier in Urlaub und will noch über eine Woche bleiben, da sollte ich nicht gleich am Anfang so ein Fass aufmachen und Aber rein menschlich gesehen mag ich den Pfarrer, verhinderte, dass ich mich so sehr über dieses offenkundige Sakrileg aufregte, wie es der Sache nach eigentlich angemessen gewesen wäre. (Die übrig gebliebenen Brotstückchen - zwölf Körbe voll, oder so - wurden übrigens nach der Messe am Ausgang verteilt. Hätte man das nicht von vornherein so machen können? Dann wäre die Sinnhaftigkeit dieser Aktion, deren symbolischer Gehalt ja so oder so eher von der Bedeutung der Eucharistie ablenkt, immer noch zweifelhaft gewesen, aber immerhin wäre die überwiegend wohl nichts Böses ahnende Gemeinde nicht dazu getrieben worden, ein Sakrileg zu begehen.)
Im direkten Vergleich zu diesem liturgischen und sakramententheologischen Super-GAU fielen andere Schönheitsfehler dieser Messe - etwa, dass das Gloria-Lied kein richtiges Gloria, das Credo-Lied kein richtiges Credo und das Agnus Dei-Lied kein Agnus Dei war - kaum ins Gewicht; wobei: Das Credo scheint meiner zugegebenermaßen eher episodischen Erfahrung nach im "Nordenhamer Ritus" generell ein Punkt zu sein, um den man sich gern herumdrückt. Kann man auch verstehen. Schließlich könnte es den einen oder anderen Gottesdienstteilnehmer dazu veranlassen, darüber nachzudenken, ob er das, was er da aufsagt, eigentlich wirklich glaubt. Und das wäre gefährlich.
Dass bei der Kommunion der Pfarrer und die liturgischen Dienste erst ganz am Schluss, nach der Gemeinde, kommunizierten, ist nun wiederum etwas, das gar nicht geht - aber es ist ortsüblich. Man bräuchte vermutlich eine große Portion Entschlossenheit, Hartnäckigkeit und ein ordentlich dickes Fell, um dieses Übel abzuschaffen.
"Wenn das meine Ortspfarrei wäre", merkte meine Liebste auf dem Rückweg von der Kirche an, "würde ich umziehen. Besonders wenn ich Kinder hätte."
Aber nun sind wir einmal hier und wollen nicht so schnell wieder weg. Da werden St. Willehad und wir es also noch ein bisschen miteinander aushalten müssen. Werfen wir mal einen Blick in den liturgischen Kalender:
Im Übrigen verrät der Gemeindebrief ("Willehad aktuell") bezüglich des Hochfests Mariae Himmelfahrt am 15. August:
Dass bei der Kommunion der Pfarrer und die liturgischen Dienste erst ganz am Schluss, nach der Gemeinde, kommunizierten, ist nun wiederum etwas, das gar nicht geht - aber es ist ortsüblich. Man bräuchte vermutlich eine große Portion Entschlossenheit, Hartnäckigkeit und ein ordentlich dickes Fell, um dieses Übel abzuschaffen.
"Wenn das meine Ortspfarrei wäre", merkte meine Liebste auf dem Rückweg von der Kirche an, "würde ich umziehen. Besonders wenn ich Kinder hätte."
Aber nun sind wir einmal hier und wollen nicht so schnell wieder weg. Da werden St. Willehad und wir es also noch ein bisschen miteinander aushalten müssen. Werfen wir mal einen Blick in den liturgischen Kalender:
- Montag, 31.08.: Hl. Ignatius von Loyola (gebotener Gedenktag, wird aber im Nordenhamer Ritus vom liturgiefreien Montag verdrängt).
- Dienstag, 01.08.: Hl. Alfons Maria von Liguori, Kirchenlehrer (gebotener Gedenktag). Dienstags wäre in St. Willehad normalerweise Messe um 17 Uhr, die fällt an diesem Tag aber aus, da vormittags eine Beerdigung mit Seelenamt ist. Dann gehen wir halt da hin.
- Mittwoch, 02.08.: Mittwoch der 17. Woche im Jahreskreis, 15 Uhr Messe in der "OASE St. Sturmius und St. Benjamin" in Tossens. Ob wir es dahin schaffen, müssen wir mal sehen. Es ist letzter Ferientag, und in den Ferien fahren noch deutlich weniger Busse als in der Schulzeit.
- Donnerstag, 03.08.: Donnerstag der 17. Woche im Jahreskreis. 14:30 Uhr Rosenkranzandacht in Herz Mariae, Burhave; anschließend ebd. "Wort-Gottes-Feier". Wollen wir da wirklich hin? Schauen wir mal.
- Freitag, 04.08.: Hl. Pfarrer von Ars (Johannes-Maria Vianney); gebotener Gedenktag, außerdem Herz-Jesu-Freitag. Messe in St. Willehad (mit Eucharistischem Segen!) um 17 Uhr. Muss sein.
- Samstag, 05.08.: Weihetag der Basilika Santa Maria Maggiore. In St. Willehad um 14 Uhr eine polnische Hochzeit. Heißa!
- Sonntag, 06.08.: Verklärung des Herrn (Fest). Messe in St. Willehad um 10:30 Uhr, vorher [!?!] Kolpingfrühstück.
Im Übrigen verrät der Gemeindebrief ("Willehad aktuell") bezüglich des Hochfests Mariae Himmelfahrt am 15. August:
"Am Hochfest 'Aufnahme Mariens in den Himmel' feiern wir in der St. Willehad-Kirche um 17 Uhr [...Trommelwirbel...] einen festlichen Wortgottesdienst mit Kommunion-Austeilung."Ahem. Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung ist ja an und für sich schon recht grenzwertig. Aber an einem HOCHFEST? -- Nun, bis dahin sind wir glücklicherweise schon wieder weg. Ein anderes "Highlight" könnten wir uns hingegen durchaus antun, nämlich am kommenden Donnerstag:
"19:30 Uhr Oase Tossens: Atempause - Zwischen Himmel und Erde. Meditativer Tanz und bewegende Geschichten mit Ingrid Janke."Can't hardly wait...
Thematischer Gottesdienst? Gottesdienste in denen Gott nicht vorkommt. Eucharistischer Nüchternheit? Verbindet der landläufige Gottesdienstbesucher wohl nur noch mit der Promillegrenze im Straßenverkehr.
AntwortenLöschenfestlicher Wortgottesdienst - die Worte besonders schön gesagt?
AntwortenLöschenDas mit den Lesungen klingt, finde ich, irgendwie am schlimmsten. Die vorgeschriebenen Lesungen gibt es ja gerade, damit die Gemeinde eben nicht nur das aus der Bibel mitkriegt, was dem Herrn Pfarrer gerade gefällt, sondern eben die ganze Bibel. Das unterscheidet uns ja zum Glück von den freikirchlichen Gemeinden. Und zum Glück kommt so was bloß selten vor...
AntwortenLöschen- Crescentia.
Ja, ich finde auch, dass es wichtig wäre, sich an die Leseordnung zu halten. Aber die Aktion mit dem Brot fand ich dann doch noch schlimmer.
LöschenJa, stimmt eigentlich. Wenn man praktisch eine Ersatz-Kommunion vor der eigentlichen Kommunion veranstaltet - das hat schon was echt Schlimmes.
Löschen- Crescentia.
Danke für Deinen Blog. Er hilft mir, Orientierung zu finden in einer konfusen Zeit. Und manchmal ist er einfach tröstlich....
AntwortenLöschenDas passt jetzt zwar nicht zu diesem Eintrag, aber gestern hat katholisch.de einen Artikel geschrieben zu "Ordensfrau traut Ehepaar" oder so ähnlich. Ich bin fast eine Stunde in den zugehörigen Kommentaren hängen geblieben. Wenn Du die Zeit finden würdest ... Deine Gedanken helfen mir oft, die meinigen zu sortieren.
-Sandra